Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2007, Az. I ZR 71/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5342

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL UND VERSÄUMNISURTEIL [X.] Verkündet am: 8. Februar 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] [X.] [X.] § 26 Abs. 3 Besteht eine Übung, zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung mehre-re Marken zu verwenden - etwa eine auf das Unternehmen hinweisende Hauptmarke und eine der Kennzeichnung der einzelnen Artikel dienende Zweitmarke -, können beide Marken für sich genommen rechtserhaltend be-nutzt werden. [X.], [X.]. u. [X.]. v. 8. Februar 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8. Februar 2007 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 1. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist Inhaberin der am 25. Oktober 1996 angemeldeten und am 7. März 1997 unter anderem für "Parfümerien, [X.], [X.]" 1 - 3 - eingetragenen Wortmarke "[X.]". Sie geht aus dieser Marke gegen die Benutzung des [X.]vor, das die Beklagte zu 2 für von der [X.] zu 1 vertriebene Duftwässer ([X.] und [X.]) verwendet. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin der am 18. August 1998 für "Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer" eingetragenen Wortmarke "[X.]". Die Klägerin verwendet die Marke "[X.]" wie nachstehend wieder-gegeben in Verbindung mit ihrer Marke "[X.]": 2 Die Klägerin sieht in der oben wiedergegebenen Verwendung der Kenn-zeichnung "[X.] [X.]" eine Verletzung ihrer Marke "[X.]". Das zusammengesetzte Zeichen "[X.] [X.]" werde durch den Bestandteil "[X.]" geprägt. Dagegen sei der Bestandteil "[X.]" ein rein [X.] - 4 - der Gattungsbegriff, der lediglich darauf hinweise, dass es sich um einen Duft für Männer handele. Bei der von ihr verwendeten Marke stelle "[X.]" den Oberbegriff für eine Vielzahl von Parfümartikeln dar, die sie vertreibe. Die Klägerin macht Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die [X.] geltend. 4 Die [X.] sind der Klage entgegengetreten. Sie haben eine rechts-erhaltende Benutzung der Marke "[X.]" durch die Klägerin in Abrede ge-stellt, da sie ausschließlich die Marke "[X.] [X.]" verwendet habe. Durch das Hinzufügen des ebenfalls prägenden Bestandteils "[X.]" sei ein neues [X.] entstanden, das der Verkehr nicht mehr mit der Marke "[X.]" gleichsetze. 5 Das [X.] hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. 6 Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] zu 1 beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstin-stanzlichen [X.]eils. Die Beklagte zu 2 war im Revisionsverfahren nicht [X.] 7 Entscheidungsgründe: [X.] Über den gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Revisionsantrag ist - da die Beklagte zu 2 trotz ordnungsgemäßer Ladung im [X.] - 5 - termin nicht vertreten war - auf Antrag der Klägerin durch [X.]eil zu entscheiden. I[X.] Das Berufungsgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung der Marke "[X.]" durch die Klägerin verneint. Dazu hat es ausgeführt: 9 Die Klägerin habe die Wortmarke "[X.]" nicht benutzt, sondern nur das - im Tatbestand wiedergegebene - Zeichen "[X.] [X.]". Gemäß § 26 Abs. 3 [X.] gelte als Benutzung einer Marke zwar auch die Verwendung einer Form, die von der Eintragung abweiche, soweit der kennzeichnende Cha-rakter der Marke durch die Abweichungen nicht verändert werde. Der Verkehr verstehe "[X.]" als Hinweis auf eine bestimmte Duftserie der Klägerin und "[X.]" als die Bezeichnung einer Duftnote aus dieser Serie, zumal bei [X.] eine derartige Kennzeichnungspraxis nicht unüblich sei. Mit "[X.]" werde auf die gemeinsame Qualität der Produkte dieser Duftserie verwiesen und das Produkt gleichsam als Serienmitglied zusätzlich gekennzeichnet. Dem Bestandteil "[X.]", der selbst als Wortmarke für die Klägerin eingetragen sei, messe der Verkehr eine eigene kennzeichnende Wirkung bei und sehe daher in der Eintragung ("[X.]") und der tatsächlichen Benutzungsform ("[X.] [X.]") nicht mehr ein und dasselbe Zeichen. Der Bestandteil "[X.]" trete auch nicht aus anderen Erwägungen in dem Maße in den Hintergrund, dass der Verkehr ihm keine eigene kennzeichnende Wirkung beimesse. 10 II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur [X.] an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hätte in Betracht ziehen müssen, dass der Verkehr in der Verwendung des Zeichens "[X.]" neben "[X.]" möglicherweise eine zweite Marke erkennt. 11 - 6 - 1. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1 [X.] erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die [X.] verwendet wird, für die sie eingetragen ist ([X.], [X.]. v. 13.6.2002 - I ZR 312/99, [X.], 1072, 1073 = [X.], 1284 - SYLT-Kuh; [X.]. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, [X.], 1047, 1049 = [X.], 1527 - [X.]). Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 [X.] nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen [X.] bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht ([X.], [X.]. v. 28.8.2003 - I ZR 293/00, [X.], 1047, 1048 = [X.], 1439 - Kellogg's/[X.]). 12 2. Werden zur Kennzeichnung einer Ware - wie im Streitfall - zwei [X.] verwendet, liegt es in der Regel nahe, dass der Verkehr darin ein aus zwei Teilen bestehendes zusammengesetztes Zeichen erblickt. Denkbar ist aber auch, dass der Verkehr in der Kennzeichnung keinen einheitlichen [X.], sondern zwei voneinander zu unterscheidende Zeichen sieht (vgl. [X.], [X.]. v. 5.4.2001 - I ZR 168/98, [X.], 171, 174 = [X.], 1315 - Marlboro-Dach; [X.]. v. [X.] - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = [X.], 1281 - [X.]). Da zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auch deren Verwendung als Zweitmarke ausreicht (vgl. [X.], [X.]. v. 1.7.1993 - I ZR 194/91, [X.], 972, 974 - Sana/Schosana; [X.]. v. 10.11.1999 - [X.], [X.], 510 = [X.], 541 - [X.]), muss diese Mög-lichkeit auch im Streitfall in die Betrachtung miteinbezogen werden (vgl. Hilde-brandt, Marken und andere Kennzeichen, § 12 Rdn. 24 f.). 13 - 7 - Der Verkehr ist vielfach an die Verwendung von Zweitkennzeichen ge-wöhnt ([X.] [X.], 972, 974 - Sana/Schosana, m.w.N.; [X.], 510 f. - [X.]; [X.], [X.]. v. [X.] - I ZB 31/03, [X.], 515, 516 = [X.], 620 - [X.]). Ohne weiteres wird die Verwendung einer Zweitmarke dann deutlich, wenn es sich bei einem der beiden Zeichen um den dem Verkehr bekannten Namen des Unternehmens handelt. Die Verwendung einer Zweitmarke liegt aber auch bei [X.] nahe, bei denen das eine Zeichen die Produktfamilie, das andere das konkrete Produkt benennt. Bei [X.] entspricht eine solche Kennzeichnungspraxis - wie auch das [X.] festgestellt hat - durchaus dem Üblichen. 14 Die Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung stellt eine weit verbreitete, wirtschaftlich sinnvolle Praxis dar. Insbesondere ist es üblich, neben einem auf das Unternehmen hinweisenden Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Arti-kel einzusetzen. In solchen Fällen können sowohl die Haupt- als auch die Zweitmarke auf die betriebliche Herkunft hinweisen mit der Folge, dass beide für sich genommen rechtserhaltend benutzt werden (vgl. [X.] [X.], 972, 974 - Sana/Schosana; [X.], 510 f. - [X.]; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], 8. Aufl., § 26 Rdn. 81). 15 3. Das Berufungsgericht hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob das mit der [X.] "[X.]" kombinierte Zeichen "[X.]" vom [X.] als eigenständiges Zeichen aufgefasst wird. Ist dies der Fall, kommt es bei der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung der [X.] nicht darauf an, dass die Produkte der Klägerin auch noch das Zeichen "[X.]" tragen. Für die Annahme, dass der Verkehr in dem [X.] "[X.]" eine [X.] - 8 - ge Zweitmarke erblickt, könnten im Streitfall etwa die häufige Verwendung von Zweitmarken auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet (vgl. [X.] [X.], 972, 974 - Sana/Schosana; [X.], 171, 174 - Marlboro-Dach) und insbesondere eine entsprechende Verwendung des Zeichens "[X.]" im Zu-sammenhang mit anderen Duftnoten sprechen. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin nicht nachgegangen ist. Hat die Klägerin - wie von ihr vorgetragen und vom [X.] festgestellt - unter dem Zeichen "[X.]" eine Vielzahl von Düften verschie-dener, gesondert gekennzeichneter Duftserien vertrieben, liegt die Annahme nahe, dass der Verkehr in dem Zeichen "[X.]" die eingetragene [X.] der Klägerin wiedererkennt. Diese Frage bedarf der Klärung. - 9 - IV. Danach ist das angefochtene [X.]eil auf die Revision der [X.]. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 17 [X.] [X.]

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.10.2003 - 13 O 100/03 - [X.], Entscheidung vom 01.06.2004 - 4 U 134/03 -

Meta

I ZR 71/04

08.02.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2007, Az. I ZR 71/04 (REWIS RS 2007, 5342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5342

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