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PDF anzeigen[X.]/[X.] Juli 2000in [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB §§ 174 Abs. 2, 175; ZPO § 233 [X.] ist mit dem Rechtsstaatsgebot wurzelnden Grundsatz des fairen Verfah-rens unvereinbar, einer im Ausland wohnenden Partei, die ein nach§ 175 BGB als zugestellt geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes [X.] auf dem Postweg überhaupt nicht erhalten hat, die Wiedereinset-zung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist allein deshalb zu versagen,weil sie den Zustellungsbevollmächtigten nicht bestellt [X.], [X.]uß vom 24. Juli 2000 - [X.] - [X.] a.[X.] [X.] hat am 24. Juli 2000 durch den [X.] [X.] und [X.],Prof. [X.], [X.] und die Richterin [X.]:Auf die weitere sofortige Beschwerde des Beklagten werden der[X.]uß des 19. Zivilsenats des [X.] amMain vom 9. August 1999 und der [X.]uß der [X.] vom 2. Juni 1999 aufgehoben.Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegendie Nichteinhaltung der Einspruchsfrist hinsichtlich des [X.] des [X.] am Mainvom 19. November 1998 gewährt.[X.]: 10 Mio. [X.]:[X.] Die Klägerin nimmt als Konkursverwalterin über das Vermögen derD. Bank AG den in [X.]wohnhaften Beklagten auseinem Zeichnungsschein gemäß § 185 AktG sowie aus unerlaubter Handlungauf Zahlung von 10 Mio. DM in Anspruch. Die Klageschrift, die Verfügung [X.] zum schriftlichen Vorverfahren gemäß § 276 ZPO einschließlich [X.] 4 -Belehrung über das Erfordernis der Bestellung eines Zustellungsbevollmäch-tigten gemäß § 174 Abs. 2 ZPO und des Hinweises auf die Konsequenzen [X.] ansonsten möglichen Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175Abs. 1 ZPO) wurden dem Beklagten persönlich am 3. März 1998 im Wege [X.] nach § 199 ZPO zugestellt. Nachdem der Beklagte hierauf nichtreagiert hatte, erließ das [X.] am 19. November 1998 antragsgemäßohne mündliche Verhandlung ein entsprechendes Versäumnisurteil und setztedarin die Einspruchsfrist auf sechs Wochen fest. Dieses Urteil wurde dem [X.] am 24. November 1998 durch Aufgabe zur Post (§ 175 Abs. 1Satz 2 ZPO), der Klägerin per [X.] am 25. November 1998zugestellt. Auf Antrag der Klägerin wurde - im Hinblick auf eine beabsichtigteAuslandsvollstreckung - das Versäumnisurteil dem Beklagten nochmals, undzwar nunmehr laut einer förmlichen [X.] am 25. März 1999im Wege der Auslandszustellung, zugestellt. Der Beklagte legte über seinedaraufhin beauftragten Prozeßbevollmächtigten am 16. April 1999 [X.] das Versäumnisurteil ein. Das [X.], das den Einspruch [X.] wirksam hielt und dementsprechend die Frist zur Einspruchsbegründungantragsgemäß bis zum 10. Juni 1999 verlängerte, stellte sodann die frühereZustellung vom 24. November 1998 fest und ließ den bis dahin fehlenden [X.] nach § 213 ZPO durch die Urkundsbeamtin der [X.] am 6. Mai 1999 nachholen. Nach entsprechendem gerichtlichen Hinweisbeantragten die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten, denen erstmals am27. April 1999 Akteneinsicht gewährt worden war, am 10. Mai 1999 Wiederein-setzung in den vorigen Stand; zur Glaubhaftmachung bezogen sie sich auf ei-ne eidesstattliche Versicherung des Beklagten, nach der ihm das [X.] erstmals am 18. März 1999 zugestellt worden ist; dabei handelte es sich- seinem Vorbringen zufolge - um die formale Auslandszustellung, die entge-gen der offiziellen [X.] bereits an diesem Tage erfolgte. Das- 5 -[X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und den [X.] gegen das Versäumnisurteil als verspätet verworfen. Die dagegen ge-richtete sofortige Beschwerde des Beklagten hat das [X.] zu-rückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der weiteren sofortigenBeschwerde.I[X.] Die gemäß § 568 a ZPO statthafte weitere sofortige Beschwerde istbegründet.Die Vorinstanzen haben zwar zutreffend den Einspruch des [X.] das Versäumnisurteil vom 19. November 1998 als verspätet angesehen;sie haben ihm jedoch zu Unrecht die beantragte Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist verweigert und [X.] rechtsfehlerhaft seinen Einspruch als unzulässig verworfen.1. Bei Einlegung des Einspruchs am 16. April 1999 war allerdings dieEinspruchsfrist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - bereits verstri-chen. Sie begann - da es sich um ein im schriftlichen Vorverfahren erlassenesVersäumnisurteil handelte - mit der letzten der von Amts wegen zu bewirken-den Zustellungen an die Parteien, d.h. hier mit der Urteilszustellung an dieKlägerin am 25. November 1998 (§§ 310 Abs. 3, 331 Abs. 3, 339 Abs. 1 ZPO;vgl. dazu [X.], [X.]. v. 5. Oktober 1994 - [X.]/94, NJW 1994, 3359,3360 m.w.[X.]). Die Zustellung an den Beklagten galt bereits mit der Aufgabe [X.] am Tage zuvor als bewirkt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO), weil der [X.] - nach der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung - entgegen § 174Abs. 2 ZPO bis dahin keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hatte. [X.] Förmlichkeiten dieses - verfassungsrechtlich unbedenklichen ([X.]NJW 1997, 1772) - [X.] wurden eingehalten. Die Urkunds-- 6 -beamtin der Geschäftsstelle hat gemäß § 213 ZPO in den Akten vermerkt, zuwelcher Zeit und unter welcher Adresse die Aufgabe zur Post erfolgt ist; derWirksamkeit des Vermerks steht nicht entgegen, daß er erst einige Zeit nachdem [X.] während des [X.] gefertigt wurde([X.], [X.]. v. 22. Februar 1989 - [X.], [X.], 1287, 1288m.w.[X.]). Die mit der letzten der vorgenannten Amtszustellungen am 25. No-vember 1998 in Gang gesetzte Einspruchsfrist war zur [X.] zweifelsfrei abgelaufen.2. Dem Beklagten ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugewähren, weil er ohne Verschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist ge-hindert war (§ 233 ZPO). Das [X.] ist der Ansicht, der Beklagte habe als Adressatder Zustellung durch Aufgabe zur Post nach § 175 ZPO das Risiko des hier [X.] kommenden Verlustes der Sendung im postalischen Bereich und derdadurch bedingten Unkenntnis von der fingierten Zustellung und dem Fristen-lauf zu tragen, weil in der Nichtbenennung des Zustellungsbevollmächtigten eindie Wiedereinsetzung hinderndes Mitverschulden liege. Dieser [X.] der Senat nicht zu folgen.Die Regelungen der §§ 174 Abs. 2, 175 ZPO dienen allerdings - im In-teresse der Prozeßwirtschaftlichkeit, aber auch des Justizgewährungsan-spruchs des Klägers - einer zügigen Förderung des Rechtsstreits durch [X.] und die Parteien; sie sollen der Gefahr unangemessener Verzögerun-gen bei solchen Verfahren vorbeugen, an denen im Ausland wohnende [X.] beteiligt sind. Als unmittelbare Folge des Verstoßes gegen die in § 174Abs. 2 ZPO angeordnete Verpflichtung zur Bestellung eines [X.] 7 -vollmächtigten geht daher wegen der Fiktion des § 175 Abs. 1 Satz 3 ZPO beider Berechnung des Fristenlaufs die [X.] grundsätzlich zu Lasten [X.]. Damit ist jedoch kein genereller Ausschluß der [X.] verbunden; vielmehr wendet der Bundesgerichtshofin ständiger Rechtsprechung in den Fällen der Versäumung von Notfristen, dieaus Zustellungen gemäß § 175 ZPO resultieren, Wiedereinsetzungsrecht an([X.], Urt. v. 10. November 1998 aaO S. 1192 m.w.[X.]; vgl. dazu auch [X.]). Ein die Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden kann dahernicht - wie dem [X.] offenbar vorschwebt - ohne Rücksicht aufdie konkreten Hinderungsgründe für die Fristversäumung bereits aus dem [X.] gegen § 174 Abs. 2 ZPO hergeleitet werden. Führt die Fiktion des§ 175 ZPO im Extremfall dazu, daß beim tatsächlichen Zugang des Urteils [X.] bereits abgelaufen ist oder erhält der Empfänger - wie hier -bis zum Fristablauf wegen Verlustes der Sendung auf dem Postweg überhauptkeine Kenntnis vom Erlaß des Urteils, so wird eine wesentliche Aufgabe [X.], dem Empfänger rechtliches Gehör zu verschaffen und ein fairesVerfahren zu gewährleisten ([X.] NJW 1988, 2361), verfehlt. Mit dem [X.] wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens ist es nachAnsicht des Senats unvereinbar, einer im Ausland wohnenden Partei, die [X.] § 175 ZPO als zugestellt geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes [X.] auf dem Postweg überhaupt nicht erhält, den Rechtsbehelf des [X.]s endgültig abzuschneiden, und zwar allein deshalb, weil sie den [X.] nicht bestellt hat ([X.], [X.]. v. 4. Dezember 1991- IV ZB 4/91, [X.], 1701, 1702; [X.] aaO S. 1772).Im vorliegenden Fall ist danach - nicht anders als bei gewöhnlichen,nicht auf einer Fiktion beruhenden Inlandszustellungen - die [X.] Beklagten als unverschuldet anzusehen, weil ihm ein Verlust der [X.] 8 -auf dem Postweg nicht anzulasten ist. Ausweislich seiner eidesstattlichen Ver-sicherung vom 14. Mai 1999 ist ihm die am 24. November 1998 zur Post gege-bene Sendung mit dem Versäumnisurteil nie zugegangen, so daß von einemderartigen Verlust auszugehen ist. Nach Aktenlage besteht kein Anlaß, an [X.] der eidesstattlichen Versicherung zu zweifeln. Der Beklagte hat- obwohl ihm dies hinsichtlich eines etwaigen Fristenlaufes eher ungünstigwar - versichert, die im Wege der Auslandszustellung wiederholte [X.] bereits am 18. März 1999 tatsächlich erhalten zu [X.] nicht etwa eine Woche später - wie von der [X.] Behörde in der Zu-stellungsurkunde vermerkt. Die Richtigkeit der diesbezüglichen [X.] sich zudem daraus, daß der Inhalt der Sendung bereits durch die [X.] Rechtsanwälte des Beklagten am 23. März 1999 per Fax an seine der-zeitigen Prozeßbevollmächtigten übermittelt worden ist. Da der Beklagte nachErhalt der Auslandszustellung sogleich seine Prozeßbevollmächtigten bestelltund mit der Einlegung des Einspruchs beauftragt hat, erscheint seine weitereVersicherung glaubhaft, er würde selbstverständlich - auch angesichts [X.] von 10 Mio. DM - umgehend die Rechtsanwälte schon früher [X.] haben, wenn ihn die am 24. November 1998 zur Post aufgegebeneSendung tatsächlich erreicht [X.] Die - von den Vorinstanzen auf der Grundlage ihres [X.] folgerichtig nicht geprüften - formalen Voraussetzungen der Wiederein-setzung sind ebenfalls gegeben, insbesondere ist die Frist des § 234 ZPO [X.]. Diese Frist begann frühestens am 27. April 1999, dem Tag, an demden Prozeßbevollmächtigten des Beklagten erstmals Akteneinsicht gewährtwurde; somit war die Einreichung des Gesuchs am 10. Mai 1999 rechtzeitig.Eine frühere Behebung des Hindernisses - Unkenntnis von der gemäߧ 175 ZPO fingierten früheren Zustellung vom 24. November 1998 - [X.] -nicht in Betracht. Gerade weil die Auslandszustellung des Urteils am [X.] erfolgte, mußte der Beklagte nicht mit einer früheren Zustellung gemäߧ 175 ZPO rechnen, weil eine "doppelte" Zustellung jedenfalls grundsätzlichnicht ohne weiteres erwartet werden konnte. Folgerichtig haben seine Prozeß-bevollmächtigten auch zunächst am 31. März 1999 nur Akteneinsicht [X.] sich am 16. April 1999 mit der Einlegung des Einspruchs begnügt, weil dieAkte wegen der Auslandszustellung bei Gericht nicht vor dem 27. April 1999verfügbar war. Hinzu kam, daß selbst das [X.] zunächst von der [X.] des Einspruchs ausging, indem die [X.] den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten schriftlich beschei-nigte, daß das Versäumnisurteil am 25. März 1999 zugestellt sei, und im übri-gen die Frist zur Einspruchsbegründung antragsgemäß bis zum 10. Mai 1999verlängerte. Das Gericht selbst stellte erst am 6. Mai 1999 nach [X.] die bereits am 24. November 1998 gemäß § 175 ZPO bewirkte frühereZustellung fest und ließ den bis dahin fehlenden Aktenvermerk nach§ 213 ZPO nachholen; erst danach wies es durch Schreiben vom 6. Mai 1999den Beklagten auf die veränderte Situation hin. Bei dieser Sachlage mußtendie Prozeßbevollmächtigten des Beklagten jedenfalls nicht vor der eigenenAkteneinsicht die frühere [X.] zudem damals noch nicht förmlich bescheinigte -Zustellung vom 24. November 1998 bemerken.4. Mit der die Wiedereinsetzung stattgebenden Entscheidung ist zu-gleich die auf die Fristversäumung gestützte Einspruchsverwerfung durch das[X.] gegenstandslos.5. Über die Kosten des [X.] - zu denen auchdie Kosten der für den Beklagten erfolgreichen Beschwerdeverfahren gehö-- 10 -ren - ist erst in der Endentscheidung über die Hauptsache zu erkennen (vgl.[X.]/[X.], ZPO 21. Aufl. § 238 Rdn. 11 m. Rechtsprechungsnachw.).Röhricht[X.]Goette Kurzwelly Münke
Meta
24.07.2000
Bundesgerichtshof II. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2000, Az. II ZB 20/99 (REWIS RS 2000, 1567)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 1567
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VI ZR 288/11 (Bundesgerichtshof)
Zustellung im Ausland: Zustellung durch Aufgabe zur Post
VI ZR 227/11 (Bundesgerichtshof)
VI ZR 288/11 (Bundesgerichtshof)
VI ZR 226/11 (Bundesgerichtshof)
VI ZR 241/11 (Bundesgerichtshof)
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