Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.09.2001, Az. 1 StR 167/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1475

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 167/01vom4. September 2001in der [X.] -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]als Vorsitzenderund die [X.] am [X.]. Wahl,[X.],[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 25. Oktober 2000, soweit es den [X.] betrifft,1.im Schuldspruch dahin abgeändert, daßa)der Angeklagte im Fall [X.] der [X.] mit versuchter räuberischer Erpressung und ge-fährlicher Körperverletzung undb)in den Fällen [X.], 23 der Urteilsgründe der schweren räu-berischen Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Sich-verschaffen von Betäubungsmitteln schuldig ist, und2.im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 4 -Gründe:1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen fünfzehn Straftaten zueiner Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur [X.] ausgesetzt worden ist. Die Staatsanwaltschaft greift mit ihrer zuungunstendes Angeklagten eingelegten Revision ersichtlich nur den Schuldspruch in [X.] [X.], 22 und 23 der Urteilsgründe an. Zudem beanstandet sie die [X.]. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat insoweit mit der SachrügeErfolg.2. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen beging der An-geklagte mit zum Teil gesondert verfolgten Mittätern die Taten, um in der [X.] Drogenszene Geld oder Betäubungsmittel zu erbeuten.a) An zwei Tagen im [X.] 1999 beschlossen der Angeklagte und [X.], Drogendealer mit Gewalt dazu zu bringen, ihnen Drogen ohne [X.] auszuhändigen. In den Fällen [X.] und 23 der Urteilsgründe erklärtensie diesen jeweils, von ihnen für 100,-- DM Kokain kaufen zu wollen. Als dieseihnen das Rauschgift zeigten, versuchten sie danach zu greifen und ohne [X.] zu flüchten. Die Drogendealer hielten sie jedoch jeweils davon ab.Daraufhin bedrohte sie der Mittäter jeweils absprachegemäß mit einem Messer.Unter dieser Bedrohung übergaben sie ihnen das Kokain.Das [X.] hat den Angeklagten in beiden Fällen insoweit [X.] in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von [X.]. Die Staatsanwaltschaft erstrebt anstelle der Verurteilung wegen Nö-tigung eine Verurteilung wegen schwerer räuberischer [X.]) Am 26. November 1999 hatten der Angeklagte und seine Mittäter be-schlossen, sich als [X.] auszugeben und Kunden [X.] 5 -zockenfl, die Drogen erwerben wollten. Hierunter verstanden sie, daß sie sichvon ihren Opfern das Kaufgeld ohne eine Gegenleistung geben lassen wollten,entweder durch Täuschung oder zusätzlich mit Gewalt oder Drohungen. [X.] täuschten der Angeklagte und seine Mittäter im Fall [X.] dem [X.] - einem nicht offen ermittelnden Polizeibeamten - vor, diesem Heroinverkaufen zu wollen. Nachdem der Zeuge dem Angeklagten 100,-- [X.] hatte, liefen der Angeklagte und seine Mittäter mit dem Geld sofort davon.Als sie sich bereits 200 m entfernt hatten, holte der Zeuge sie ein und [X.] Geld zurück. Nunmehr wurde der Zeuge von dem Angeklagten und seinenMittätern in gemeinschaftlichem Zusammenwirken geschubst und getreten, umihm klarzumachen, daß er weitere Schläge zu befürchten habe, falls er nichtvon seinem Rückforderungsverlangen absehe. Kurz darauf griffen [X.] ein und nahmen die Täter fest. Der Angeklagte gab daraufhin dem [X.] das Geld zurück.Das [X.] hat den Angeklagten insoweit wegen vollendeten [X.] in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie tateinheitlich hier-zu begangener Nötigung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt anstelle [X.] wegen Nötigung eine Verurteilung wegen versuchter schwererräuberischer Erpressung.3. Die Würdigung des [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nichtstand.a) Nach den Feststellungen ist in den Fällen [X.] und 23 der Urteils-gründe schwere räuberische Erpressung (§§ 253, 255 i. V. m. § 250 Abs. 2 Nr.1 StGB) gegeben. Wer einen Rauschgifthändler mit Gewalt oder durch [X.] mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sichzu Unrecht zu bereichern, macht sich nicht der Nötigung, sondern der räuberi-- 6 -schen Erpressung schuldig. Das [X.] hat sich an einer entsprechendenVerurteilung gehindert gesehen, weil der unerlaubte Besitz von [X.] nicht durch § 253 StGB als Vermögen strafrechtlich unter Schutz stehe.Hierbei hat es verkannt, daß die Rechtsordnung im Bereich der Vermögensde-likte ein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthinschutzunwürdiges Vermögen nicht kennt (vgl. [X.]St 8, 254, 256; [X.], 184, 185 f.; [X.]/[X.] 50. Aufl. § 263 Rdn. 29 m.w.[X.] an Sachen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Hand-lung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt,kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung Erpressung [X.] begangen werden. Der [X.] hat deshalb auch bereitsentschieden, daß das Nötigen zur Herausgabe von Betäubungsmitteln [X.] den Straftatbestand der schweren räuberischen Erpres-sung erfüllen kann ([X.]R BtMG § 29 I Nr. 1 Sichverschaffen 2; vgl. auch[X.]R StGB § 263 I Versuch 1).b) Nach den Feststellungen liegt im Fall [X.] der Urteilsgründe ein voll-endeter Betrug nach § 263 StGB vor. Der Zeuge [X.] hatte durch die Hin-gabe des Geldes eine Vermögensverfügung getroffen und dadurch einen [X.] erlitten. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß derjeni-ge einen Vermögensschaden erleidet, der eine Geldleistung im Rahmen einesverbotenen oder sittenwidrigen Geschäftes erbringt, ohne die vereinbarte Ge-genleistung zu erhalten. Betrug ist daher auch möglich beim unerlaubten Han-deltreiben mit Betäubungsmitteln (vgl. [X.] bei [X.], [X.] 1979, 806; [X.]/[X.] 50. Aufl. § 263 Rdn. 29). Der Vermögensschaden hatte [X.] dadurch realisiert, daß der Angeklagte das Geld erhalten hatte und200 m weit flüchten [X.] 7 -Der Angeklagte ist weiterhin neben gefährlicher Körperverletzung(§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) auch der versuchten räuberischen Erpressunggemäß §§ 249, 253 Abs. 1 und 3, 255 StGB schuldig; Anhaltspunkte für [X.] der Voraussetzungen von § 250 StGB sind dagegen nicht ersichtlich.Der Angeklagte und seine Mittäter wollten einen Drogenkäufer betrügen undgegebenenfalls zusätzlich Gewalt oder Drohungen anwenden, um das Kauf-geld ohne Gegenleistung zu erlangen. Tatsächlich wurde der Zeuge [X.]auch geschubst und getreten, um ihn davon abzuhalten, sein Rückgabeverlan-gen durchzusetzen, nachdem er die Täuschung bemerkt hatte. In solchen Fäl-len findet auch der [X.] jedenfalls dann Anwendung, wennunmittelbar anschließend das Mittel der Gewalt eingesetzt wird, um das Opferzu einem solchen Verhalten zu nötigen (vgl. auch [X.]St 25, 224, 226; [X.]NJW 1984, 501; [X.]R StGB § 263 I Versuch 1 m.w.N.; zum umgekehrten Fall,daß der Käufer sein Geld mit Nötigungsmitteln zurückverlangt, vgl. [X.] NStZ-RR 2000, 234). Da es dem Angeklagten und seinen Mittätern nicht gelungenist, den Zeugen [X.] von seinem Herausgabeverlangen abzuhalten, ist [X.] Versuch gegeben. Versuchte räuberische Erpressung und gefährliche Kör-perverletzung stehen zum Betrug in Tateinheit (§ 52 StGB). Tatmehrheit istnicht gegeben, weil der Betrug zwar vollendet, aber noch nicht beendet war.4. Infolge der Schuldspruchänderung zum Nachteil des Angeklagtenkann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Das [X.] hat den [X.], daß der Angeklagte - nach seiner Rechtsauffassung - in sechs [X.] verwirklicht hat, als straferschwerend hervorgehoben.Angesichts der Verwirklichung weiterer [X.] vermag [X.] nicht auszuschließen, daß das [X.] bei zutreffender rechtlicherWürdigung eine höhere Strafe verhängt [X.] ändert den Schuldspruch selbst. § 265 StPO steht dem nichtentgegen. Schon die Anklage war davon ausgegangen, daß der Tatbestandder (schweren) räuberischen Erpressung gegeben ist. Im übrigen ist auch nichtersichtlich, daß sich der Angeklagte gegebenenfalls erfolgversprechender alsgeschehen hätte verteidigen können.NackWahl[X.] Kolz [X.]

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1 StR 167/01

04.09.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.09.2001, Az. 1 StR 167/01 (REWIS RS 2001, 1475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1475

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