Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2014, Az. VI ZR 507/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2046

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

21. Oktober 2014

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 134; [X.] § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2, § 3, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Die Abtretung einer Forderung (hier: des durch einen Verkehrsunfall Geschä-digten auf Erstattung von Sachverständigenkosten) durch einen Sachverständi-gen an ein Factoring-Unternehmen, das nicht über eine Registrierung nach §
10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] verfügt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] in Verbindung mit § 3 [X.] gemäß § 134 BGB nichtig, wenn das Factoring-Unternehmen nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.

[X.], Urteil vom 21. Oktober 2014 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
21. Oktober
2014
durch den Vorsitzenden [X.], den Richter
Wellner, die Richterin [X.], [X.] und die Richterin
von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision
gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 24. Oktober 2013 wird auf Kosten der Kläge-rin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, die ein Unternehmen für Factoring-Dienstleistungen be-treibt, macht gegenüber dem beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer aus abgetre-tenem Recht Ansprüche auf Erstattung von Sachverständigenkosten geltend. Diese hat ein durch
einen
Verkehrsunfall Geschädigter an den
von ihm mit der Begutachtung des Schadens
beauftragten Kfz-Sachverständigen abgetreten, der seinerseits auf der Grundlage einer "Dienstleistungsvereinbarung"
vom 27.
Juli 2010 die Forderung an die Klägerin abgetreten hat. Nach Ziffer
1 der
überwiegend formularmäßigen
"Dienstleistungsvereinbarung"
übernimmt die Klägerin für die
eingereichten Forderungen den Einzug. Bei ankaufsfähigen Forderungen erfolgt der Einzug mit Vorfinanzierung und Übernahme des [X.]. Die Auszahlung des Rechnungsbetrages der ankaufsfähigen Forde-rungen erfolgt
nach Ziffer
2 der Vereinbarung
zu (handschriftlich ergänzten) 1
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3

-

80
% nach drei Bankarbeitstagen abzüglich der [X.]. Ferner enthält Ziffer 2 den
handschriftlichen Zusatz: "Auszahlung der restlichen 20 % erfolgt nach Zahlungseingang".
Die Beklagte hält die Abtretungen wegen Verstoßes gegen das Rechts-dienstleistungsgesetz (im Folgenden: [X.]) für unwirksam und hat hilfsweise die Aufrechnung mit einem vermeintlichen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Sachverständigen erklärt.
Das Amtsgericht hat die Abtretungen für wirksam erachtet und der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlt der Klägerin die [X.], weil die Abtretungsvereinbarung zwischen ihr und dem [X.] gemäß §
134 BGB wegen Verstoßes gegen §
3 [X.] nichtig sei. Eine Erlaubnis zur Erbringung
von selbständigen Rechtsdienstleistungen sei der Klägerin unstreitig nicht erteilt worden. Die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Beklagten sei eine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung im Sinne des §
2 Abs.
2 [X.], da die Klägerin auf fremde Rechnung
handele. Ausweislich ihres Internetauftritts biete sie ihre Dienstleistungen im Rahmen des [X.] dergestalt an, dass das wirtschaftliche Ergebnis dem Zedenten zu [X.] kommen soll. An dem Tatbestandsmerkmal der Fremdheit ändere auch der vorgelegte Factoring-Vertrag
zwischen dem Sachverständigen und der Klä-2
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-

4

-

gerin nichts. Im Gegenteil bestätige dieser, dass die Klägerin nicht das volle Risiko der Beitreibung der Forderung übernommen habe,
weil die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungseingang abhängig sei.

II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Be-rufungsgericht hat die (Zweit-)Abtretung
der Forderung durch den
[X.] an die Klägerin ohne Rechtsfehler wegen Verstoßes gegen
das
gesetzli-che
Verbot des §
2 Abs.
2
Satz
1 [X.] in Verbindung mit
§
3 [X.] gemäß §
134 BGB als nichtig
erachtet.
1. Nach §
2 Abs.
2
Satz 1
[X.] ist die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen
eine Rechtsdienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Ge-schäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Die selbständige Erbringung au-ßergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nach §
3 [X.] nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. [X.] im Sinne des §
2 Abs.
2 Satz
1 [X.] dürfen
nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]
nur von Personen, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), aufgrund [X.] Sachkunde erbracht werden.
Die Einziehung einer abgetretenen Forderung auf fremde Rechnung ([X.]) soll nach der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesre-gierung vom 30.
November 2006 unter Erlaubnisvorbehalt stehen, weil hier nur die formale Forderungsinhaberschaft auf den [X.] übertragen wird, die Einziehung aber weiterhin auf Risiko und Rechnung des Zedenten erfolgt und die Forderung für den Zessionar wirtschaftlich fremd bleibt (BT-Drucks. 5
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-

5

-

16/3655, S.
35
f., 48). Sie ist von den Fällen des Forderungskaufs abzugren-zen, "bei denen ein endgültiger Forderungserwerb stattfindet und das Risiko des [X.] auf den Erwerber übergeht"
(aaO,
S.
48), so dass die Einziehung auf eigene
Rechnung erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kommt es für die Abgrenzung darauf an, ob das wirtschaft-liche Ergebnis der Einziehung dem [X.] zukommen soll, wobei nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesam-ten ihr zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammen-hang abzustellen ist, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die eine Umge-hung des Gesetzes durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Einzie-hung an den
Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze vermeidet. Entscheidend ist insoweit, ob die Forderung einerseits endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser andererseits insbesondere das [X.], das heißt das volle
wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forde-rung übernimmt (vgl. [X.], Urteile vom 30.
Oktober 2012 -
XI
ZR 324/11, [X.], 59 Rn.
13
f., vom 11.
Dezember 2013 -
IV
ZR 46/13, NJW 2014, 847 Rn.
18 und vom 11.
Dezember 2013 -
IV
ZR 137/13, juris Rn.
18; Beschluss vom 11.
Juni 2013 -
II
ZR 245/11, [X.], 1559
Rn.
3; vgl. auch [X.], NJW-RR 2014, 852).
2. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der zwischen dem Zedenten und der Klägerin geschlossenen "Dienstleistungsvereinbarung"
vom 27.
Juli 2010, wonach die Klägerin als Zessionarin
das wirtschaftliche [X.] der Beitreibung der Forderung
nicht voll,
sondern nur teilweise
(zu 80
%) übernommen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das Revisionsgericht überprüft die Auslegung von [X.] durch den Tatrichter nur darauf, ob Verstöße gegen gesetzliche Aus-legungsregeln, Verfahrensvorschriften, anerkannte Denkgesetze oder Erfah-8
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6

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rungssätze vorliegen und ob der Tatrichter sich mit dem Verfahrensstoff umfas-send und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat (st. Rspr.;
vgl. nur [X.], Ur-teil vom 30.
Oktober 2012 -
XI
ZR 324/11, aaO Rn.
12 mwN). Derartige Rechts-fehler liegen nicht vor und werden von der Revision nicht aufgezeigt.
b) Entgegen der Annahme
der Revision hat das Berufungsgericht sich nicht nur in seinem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss auf den Internet-auftritt der Klägerin gestützt, sondern darüber hinaus ausdrücklich
die individu-elle
(handschriftliche)
Vereinbarung zwischen dem Zedenten und der Klägerin
berücksichtigt, wonach die Auszahlung der restlichen 20 % vom Zahlungsein-gang abhängig ist und mithin
die Klägerin
-
ebenso wie in den [X.] in ihrem Internetauftritt
-
auch im konkreten Fall nicht das volle
wirt-schaftliche Risiko übernommen hat.
Hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
c) An der Beurteilung
würde sich
nichts ändern, wenn man
der Revision darin folgte, dass
die handschriftliche Zusatzvereinbarung als Fälligkeitsabrede anzusehen sei (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Dezember 2013 -
IV
ZR 46/13, aaO Rn.
21). Denn der Zedent trägt einen Teil des [X.] auch dann, wenn der Anspruch auf Auszahlung der restlichen 20
% mangels Zahlungseingangs niemals fällig wird.
Da die Klägerin im konkreten Fall nicht das volle [X.] Risiko übernommen hat und sie deshalb mit der Einziehung der an sie ab-getretenen Forderung insgesamt eine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von §
2 Abs.
2 Satz 1 in Verbindung mit §
3 [X.] betreibt, kommt auch -
wie die Revision in der mündlichen Verhandlung zu erwägen gegeben hat
-
eine Teil-nichtigkeit nicht in Betracht.
3. Die Einziehung wird von der Klägerin zudem als eigenständiges Ge-schäft im Sinne von §
2 Abs.
2 Satz
1 [X.] betrieben. Ein solches liegt vor, 10
11
12
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7

-

wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt-
oder neben-beruflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Ne-benleistung im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt ([X.], Urteile
vom 30.
Oktober 2012 -
XI
ZR 324/11, aaO Rn.
21,
und vom 11.
Dezember 2013 -
IV
ZR 46/13, aaO Rn.
29).
Die
Einziehung abgetretener Forderungen bildet
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Haupt-geschäft der Klägerin, wovon auch die Revision ausgeht. Damit ist zugleich festgestellt, dass die Inkassotätigkeit der Klägerin keine bloße
Nebenleistung im Sinne von §
5 [X.] darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Dezember 2013 -
IV
ZR 46/13, aaO Rn.
30).
Galke

Wellner
[X.]

[X.]
v. Pentz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2013 -
453 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 24.10.2013 -
8 S 27/13 -

Meta

VI ZR 507/13

21.10.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2014, Az. VI ZR 507/13 (REWIS RS 2014, 2046)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2046

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