Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2011, Az. VII ZB 128/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8332

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[X.]BESCHLUSS [X.] 128/09 vom 23. März 2011 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 240, 494a Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer [X.] eines selbständigen Beweisverfahrens ist die Entscheidung über einen [X.] nach § 494a ZPO nicht möglich, weil das Verfahren unterbrochen ist (Abgrenzung zu [X.], Beschluss vom 11. Dezember 2003 - [X.], [X.], 531 = NZBau 2004, 156 = [X.] 2004, 268). [X.], Beschluss vom 23. März 2011 - [X.] 128/09 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 23. März 2011 durch [X.] Dr. [X.] und [X.], [X.], [X.] und Prof. [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] vom 26. Oktober 2009 und der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 6. Juli 2009 aufgehoben. Das Verfahren wird an das [X.] zurückverwiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Antragsgegnerin. Gründe: [X.] Nach Abschluss einer von der Antragstellerin beantragten Beweiserhe-bung im selbständigen Beweisverfahren hat das [X.] durch Beschluss vom 6. Juli 2009 eine Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO zu Lasten der Antragstellerin getroffen. Zuvor war bereits am 1. Juni 2009 über das Vermögen der Antragsgegnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die gegen den Beschluss des [X.]s gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht zuge-lassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin, den Beschluss des [X.] aufzuheben und unter Abänderung des Beschlusses des 1 - 3 - [X.]s vom 6. Juli 2009 die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 beantragte Kostenentscheidung gemäß § 494a Abs. 2 ZPO zurück-zuweisen. I[X.] 2 Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Be-schlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, es sei in der Rechtsprechung umstritten, ob in den Fällen, in denen bei zu prognostizierendem Erfolg trotz entsprechender Fristsetzung eine Hauptsacheklage wegen Vermögenslosigkeit des Antragsgegners nicht erhoben werde, eine Kostenentscheidung nach § 494a ZPO zugunsten des Antragsgegners zu erlassen sei. Der Auffassung, dass es nicht dem Sinn und Zweck des § 494a ZPO entspreche, den [X.]steller in einen wirtschaftlich sinnlosen Prozess zu zwingen, folge das [X.] nicht. Der Antragsteller habe das Risiko eines Vermögensverfalls des [X.]sgegners in gleicher Weise zu tragen wie derjenige, der sofort eine Klage gegen den Antragsgegner erhoben hätte. 3 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 4 Auf die vom Beschwerdegericht angestellten Erwägungen kommt es nicht an. Der Beschluss des [X.]s ist schon deshalb von Amts wegen aufzuheben, weil er ergangen ist, obwohl das selbständige Beweisverfahren gemäß § 240 ZPO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermö-gen der Antragsgegnerin am 1. Juni 2009 unterbrochen worden war. 5 - 4 - a) Der [X.] hat allerdings entschieden, dass ein selbstän-diges Beweisverfahren durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer der [X.]en trotz Vorliegens der tatbestandlichen Vorausset-zungen des § 240 ZPO nicht unterbrochen wird ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 2003 - [X.], [X.], 531 = NZBau 2004, 156 = [X.] 2004, 268). Diese Entscheidung betraf jedoch ein selbständiges Beweisverfah-ren, dessen Beweisaufnahme noch nicht beendet war. Für diesen Fall hat der [X.] darauf abgestellt, dass das Ziel des Verfahrens, nämlich eine schnelle Beweissicherung oder eine rasche und kostensparende Einigung der [X.]en nur erreicht werden könne, wenn das selbständige Beweisverfah-ren möglichst zügig und ohne die mit einer Unterbrechung nach § 240 ZPO verbundene zeitliche Verzögerung durchgeführt werde ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 2003 - [X.] aaO Rn. 10 f.). Außerdem sei die Unterbre-chung des selbständigen Beweisverfahrens in dieser Situation auch nicht des-halb geboten, weil den Beteiligten eine Überlegungsfrist hinsichtlich ihres weite-ren Vorgehens eingeräumt werden müsse ([X.], Beschluss vom 11. Dezember 2003 - [X.] aaO Rn. 12). 6 b) Diese Erwägungen treffen jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn in ei-nem selbständigen Beweisverfahren die Beweisaufnahme beendet und das Verfahren damit sachlich abgeschlossen ist (vgl. [X.], [X.], 688). Ab diesem Zeitpunkt besteht kein besonderes Beschleunigungsbedürfnis mehr. Andererseits setzt ein anschließend folgendes Verfahren nach § 494a ZPO in der Regel vergleichsweise kurz bemessene Fristen in Gang, innerhalb derer weitreichende Entscheidungen jedenfalls des Antragstellers über sein weiteres Vorgehen notwendig werden. Soweit über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist deshalb zu diesem Zeitpunkt auch ein Bedürfnis nach einer Überlegungsfrist für den Insolvenzverwalter in vergleich-barer Weise vorhanden wie während eines laufenden Rechtsstreits. Ähnliches 7 - 5 - kann auch für den Antragsgegner gelten, wenn die Entscheidungen nach § 494a ZPO in einem Rechtsmittelverfahren überprüft werden oder werden [X.]. In dieser Situation kann daher ein Ausschluss der Anwendung des § 240 ZPO nicht mehr mit dem Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens begründet werden. Soweit sich aus dem Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2004 ([X.] 23/03 Rn. 7, [X.], 133 = NZBau 2005, 42 = [X.] 2005, 174) etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest. c) Damit sind die Entscheidungen des [X.]s und des Beschwer-degerichts in einem Verfahren gegen die Insolvenzschuldnerin ergangen, ob-wohl das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen war. Solche Entscheidun-gen sind nicht nichtig, sondern mit den allgemein zulässigen Rechtsmitteln an-fechtbar. Sie unterliegen allein wegen dieses Fehlers von Amts wegen der [X.] und Zurückverweisung an das Gericht, bei dem die Sache zum Zeit-punkt der Unterbrechung anhängig war. Dieser Fehler kann vom [X.], aber auch von jeder [X.] geltend gemacht werden. Das [X.] kann eine entsprechende Entscheidung trotz der Unterbrechung erlas-sen, um der Unterbrechung Geltung zu verschaffen. Eine andere Entscheidung ist in diesem Stadium des Verfahrens dagegen nicht möglich (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 1997 - [X.], NJW 1997, 1445 m.w.N.). 8 d) Damit scheidet eine Aufhebung und Zurückverweisung an das Be-schwerdegericht von vornherein aus. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob - wofür vieles spricht - der angefochtene Beschluss im Übrigen schon mangels ausreichender Gründe hätte aufgehoben werden müssen. Denn Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachver-halt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge der [X.]en in beiden Instanzen erkennen lassen; anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen 9 - 6 - (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO; vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Juni 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1582; vom 28. April 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1455; vom 20. Juni 2002 - [X.], [X.], 2648). 10 3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass auch nach einer Aufnah-me des Verfahrens ein neuer Antrag, der Antragstellerin die dem Gegner ent-standenen Kosten aufzuerlegen, keinen Erfolg haben könnte. Denn wenn - wie nach dem Akteninhalt anzunehmen ist - der Antragstellerin eine Frist zur [X.] bis zum 9. Juni 2009 gesetzt worden ist, war ihr die Befolgung dieser Anordnung seit dem 1. Juni 2009 nicht mehr möglich. Eine Klage der Antrag-stellerin gegen die Schuldnerin wäre ebenso wie eine Klage gegen den [X.] unzulässig gewesen. Das Nichtbefolgen der getroffenen Anord-nung kann deshalb nicht mit einer negativen Kostenfolge sanktioniert werden. Die von der Antragstellerin geltend zu machenden Ansprüche können nur noch durch Anmeldung zur Insolvenztabelle verfolgt werden (§§ 87, 174 [X.]). Eine Fristsetzung hierzu mit negativer Kostenfolge im Falle der Nichtbefolgung sieht das Gesetz nicht vor. II[X.] [X.] beruht auf dem Rechtsgedanken des § 91 ZPO. Das Verfahren war bereits zu einem Zeitpunkt unterbrochen, als ein Kostenan-trag der Antragsgegnerin noch nicht vorlag. Mit der Eröffnung des [X.] hat die Antragsgegnerin die Verfahrensführungsbefugnis verloren, ihr späterer Antrag war damit unwirksam. Die Zurückverweisung führt daher dazu, dass er endgültig keinen Erfolg mehr haben kann. Der Grundsatz, dass im selbständigen Beweisverfahren keine Kostenentscheidung ergeht, hindert nicht an der Auferlegung der Kosten von Rechtsmittelverfahren. 11 - 7 - [X.] [X.] Eick [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 06.07.2009 - 5 OH 9/07 - [X.], Entscheidung vom [X.] - [X.]/09 -

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VII ZB 128/09

23.03.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2011, Az. VII ZB 128/09 (REWIS RS 2011, 8332)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8332

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VII ZB 128/09

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