Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2018, Az. VII ZR 71/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11735

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:220318UVIIZR71.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR
71/17
Verkündet am:

22.
März 2018

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 631
a)
Ein [X.] einer elektronischen Werbeanzeige unter einer Domain ist rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren.
b)
Vertragliche Regelungen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören
vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Vertragsparteien
nicht zum wesentlichen Inhalt eines Vertrags, der auf die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer konkret bezeichneten Domain
gerichtet ist.

[X.], Urteil vom 22. März 2018
-
VII [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22.
März 2018 durch den Richter Dr.
Kartzke und die Richterinnen
Graßnack, [X.], [X.] und Dr.
Brenneisen

für Recht
erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1.
Zivilkammer des [X.] vom 1.
März 2017 -
1
S
86/16
-
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein Unternehmen, das im Bereich der Werbe-
und Medien-technik tätig ist, verlangt von dem Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im [X.].
Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit schriftlichem Vertrag, unter der [X.].[X.]"
eine Werbeanzeige der Größe 440 x 130 Pi-der Klage eine Vergütung in Höhe von 1.n-kosten geltend gemacht.
1
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3
-
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen. Bei einem [X.]-Werbevertrag als Sonderform des Werkvertrags erschöpfe sich der von der Klägerin geschuldete Erfolg im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB jedoch nicht in der Erstellung und bloß faktischen Einstellung der Anzeige im [X.]. Die Besonderheit des [X.] liege darin, dass es dem [X.] entscheidend darauf ankomme, mit dem in Auftrag gegebenen Werbemittel das Produkt, das er bewerben möchte, bei einem möglichst großen Kreis poten-tieller Kunden bekannt zu machen. Dies sei auch erkennbar das ausschließli-che Interesse des Beklagten gewesen. Wenn

wie hier
-
eine [X.]-Werbeanzeige auf einer Website des Unternehmers geschaltet werden solle, habe der Unternehmer für die Verbreitung der Anzeige Sorge zu tragen. Der Besteller habe darauf keinen Einfluss.
Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rück-schlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit 3
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auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer sol-chen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leis-tung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle.
Der Vertragsinhalt sei bei [X.] nur dann hinreichend be-stimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des [X.] enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom [X.] nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsäch-lich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. "clicks") auf der von der Klägerin unterhaltenen [X.]seite in einem bestimmten Zeit-raum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivi-tät der Seite für interessierte [X.]nutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit be-stimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.

8
-
5
-
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der Berufung der Klägerin nicht gerechtfertigt werden.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht den zwischen den Parteien ge-schlossenen [X.] einer Werbeanzeige unter der im [X.] angegebenen Domain rechtlich als Werkvertrag gemäß § 631 BGB qualifi-ziert.
a) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, § 631 Abs. 1 BGB. Für die Abgrenzung von Dienst-
und Werkver-trag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien [X.]. Es kommt darauf an, ob auf dieser Grundlage eine Dienstleistung als sol-che oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg geschuldet wird. Bei der tatrichterli-chen Feststellung, was bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung Vertragsge-genstand ist, sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2002
X
ZR
27/01, [X.]Z
151, 330, 332, juris Rn.
14; Urteil vom 19.
Juni 1984
X
ZR
93/83, NJW 1984, 2406 f., juris Rn.
13 m.w.[X.]). Ein Vertrag, durch den es eine Vertragspartei übernimmt, auf eine be-stimmte Dauer Werbeplakate der anderen Vertragspartei an bestimmten [X.] zum Aushang zu bringen, ist danach rechtlich als Werkvertrag einzu-ordnen (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Juni 1984
X
ZR
93/83, aaO, S.
2406, juris Rn.
12). Gleiches gilt für einen Vertrag, der das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungsfrequenz zum Gegen-stand hat (vgl. [X.], Urteil vom 26.
März 2008
X
ZR
70/06, NJW-RR 2008, 1155 Rn.
13) und für einen Vertrag, der die Eintragung in einem elektronischen 9
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Branchenverzeichnis zum Gegenstand hat (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Juli 2012

VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261), sowie für einen Vertrag über die Erstel-lung und Betreuung einer [X.]präsentation
sog. "[X.]-System-Vertrag"
(vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2011
VII
ZR
133/10, [X.]Z 188, 149 Rn. 9; Urteil vom 4. März 2010
III ZR 79/09, [X.]Z 184, 345 Rn. 15).
b) Der hier zu beurteilende Vertrag ist als Werkvertrag einzuordnen. Mit der Einstellung einer elektronischen Werbeanzeige auf einer bestimmten [X.] für die Dauer der Vertragslaufzeit ist ein bestimmtes Arbeitsergebnis als die von der Klägerin geschuldete Leistung vereinbart worden. Eine Werkleis-tung verliert ihren erfolgsbezogenen Charakter nicht dadurch, dass sie [X.] zu
erbringen ist oder es sich um dauernde Leistungen handelt (vgl. [X.], Urteil vom 7.
März
2002
III
ZR
12/01, NJW 2002, 1571, 1573, juris Rn. 12 m.w.[X.]). Der [X.] einer elektronisch gestalteten Werbe-anzeige unter einer bestimmten Domain ist ebenso wie ein Vertrag über das Zeigen von Werbespots auf einem Videoboard mit einer bestimmten Wiederho-lungsfrequenz und ebenso wie ein Vertrag über die Schaltung einer [X.] in einem Printmedium oder als Plakataushang darauf gerichtet, eine be-stimmte Werbemaßnahme in der im Vertrag festgelegten Form dem potentiellen Kundenkreis zur Kenntnis zu bringen. Darin besteht der vom Unternehmer zu erbringende Werkerfolg.
Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des [X.] vom 21. April 2016 ([X.], NJW-RR 2016, 1511 Rn. 11) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Ausführungen des [X.], es lasse keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, die Beklagte habe sich gegenüber der
Klägerin rechtswirksam zur Zahlung Branchenverzeichnis der Klägerin mit einer Laufzeit von 36 Monaten verpflich-12
13
-
7
-
tet, betreffen lediglich die Rechtswirksamkeit eines solchen [X.] nicht jedoch seine rechtliche Einordnung als Dienst-
oder Werkvertrag. Über diese für die damalige Entscheidung nicht erhebliche Frage hat der [X.] damals nicht entschieden.
2.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, der von den
Parteien ge-schlossene Werbevertrag sei mangels näherer Vereinbarungen zur Werbewirk-samkeit der in Auftrag gegebenen Anzeige nicht hinreichend bestimmt und [X.] unwirksam, ist dagegen von [X.] beeinflusst.
Die von der Klägerin geschuldete Leistung ist nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag hinreichend bestimmt. Vertragliche Regelun-gen, wie die Werbewirksamkeit der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige im konkreten Fall erreicht werden kann, gehören

vorbehaltlich einer anderweiti-gen Vereinbarung der Vertragsparteien

nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf die Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrags. Ihr Fehlen führt daher nicht dazu, dass ein solcher Vertrag als unwirksam anzuse-hen wäre. Vielmehr trägt der Besteller grundsätzlich das Risiko, dass mit der in Auftrag gegebenen Werbemaßnahme die gewünschte Werbewirkung tatsäch-lich erzielt werden kann. Aus den tatrichterlich getroffenen Feststellungen ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung eine solche ausdrückliche Vereinbarung zur Werbewirksamkeit der Werbeanzeige nicht zu entnehmen.
Aus der Entscheidung des [X.] vom 19.
Juni 1984 (X
ZR
93/83,
NJW 1984, 2406 f., juris Rn. 13) ergibt sich nichts anderes. Der Werkerfolg des dort zu beurteilenden [X.] bestand darin, dass an geeigneten Standorten Plakate angebracht wurden und dort für den gesamten vereinbarten Zeitraum ausgehängt blieben. Dieser dauernde Aushang der Pla-kate während der Vertragszeit als Arbeitsergebnis war der vertragsgemäß ge-14
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8
-
schuldete Erfolg. Lediglich auf dieses Arbeitsergebnis bezog sich die vom Un-ternehmer geschuldete "einheitliche und fortdauernde planmäßig erzielte [X.]". Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Klä-gerin die vom Beklagten ihrer Form und Art nach gebilligte Werbeanzeige unter der im Vertrag angegebenen Domain während der Vertragslaufzeit einzustellen hatte.
Die vom Berufungsgericht herangezogene Instanzrechtsprechung (vgl. LG
Mönchengladbach, Urteile vom 11.
Juli
2006 -
2
S
176/05, juris, und vom 7.
April
2006
2 S 172/05, juris; [X.], NJW-RR 1999, 1655; [X.], NJWR
1998, 631; [X.], Urteil vom 25.
Juli 2002

31
C
176/02, juris; AG
Köpenick, NJW 1996, 1005) bezieht sich im Übrigen nicht auf Verträge über die Platzierung
einer Werbeanzeige unter einer konkret bezeichneten Domain. Die dort im Einzelfall angestellten Erwägungen, wonach für die Bestimmtheit eines [X.] Regelungen zur Beurteilung der Wir-kungsweise der in Auftrag gegebenen Werbeanzeige erforderlich seien, ist [X.] auf den vorliegenden Sachverhalt nicht ohne weiteres übertragbar.
3.
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der [X.] kann in der Sache nicht

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selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus fol-gerichtig keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die übrigen Anspruchsvo-raussetzungen vorliegen und der Rechtsstreit daher nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

Kartzke

Graßnack

[X.]

[X.]

Brenneisen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2016 -
22 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 01.03.2017 -
1 [X.]/16 -

Meta

VII ZR 71/17

22.03.2018

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2018, Az. VII ZR 71/17 (REWIS RS 2018, 11735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11735

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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