Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2018, Az. 4 StR 458/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 15619

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:160118B4STR458.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 458/17

vom
16. Januar
2018
in der Strafsache
gegen

wegen Diebstahls mit Waffen u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
16.
Januar 2018
ge-mäß §
46 Abs.
1, §
349 Abs.
2 und 4, §
357
Satz
1 StPO beschlossen:

1.
Dem Angeklagten [X.]

wird auf seinen Antrag Wiederein-
setzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 30.
Mai 2017 gewährt.
Der Angeklagte hat die Kosten der Wiedereinsetzung zu tra-gen.
2.
Auf die Revision des Angeklagten [X.]

wird das vorbe-
zeichnete Urteil
mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben,
a)
diesen Angeklagten betreffend,
aa)
soweit
er
im Fall
II.2 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
bb)
in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und die Maßregel der Besserung und Sicherung,
b)
die Mitangeklagten H.

und M.

N.

be-
treffend,
im Umfang ihrer Verurteilung.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit--
3
-
tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.
4.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen Diebstahls mit Waf-
fen in Tateinheit mit fahrlässiger

Gefährdung des Straßenverkehrs, vorsätz-lichem
Fahren ohne Fahrerlaubnis und fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und vorsätzlicher Körperverlet-zung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt; ferner hat es die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten
vor Ablauf einer Frist von drei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen. Die nicht revidieren-den
Mitangeklagten
H.

und M.

N.

hat das [X.] we-
gen Diebstahls mit Waffen
(H.

N.

.

N.

) jeweils zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr
bei Strafaussetzung zur
Bewährung verurteilt.
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte [X.]

mit der auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten
Revision. Das
Rechtsmittel erzielt nach Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begrün-dung der Revision
den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Umfang der Aufhebung war die Entscheidung auf die Mitangeklagten
zu erstre-cken.
Im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1
-
4
-
1.
Nach den zugunsten der Angeklagten getroffenen Feststellungen zu Fall
II.2 der Urteilsgründe kam der in der Spielhalle "F.

" in G.

beschäfttigte Zeuge

Al.

auf die Idee, mittels eines vorgetäuschten
Überfalls einen höheren Bargeldbetrag zu erbeuten. Auf der Grundlage eines gemeinsam mit den drei Mitangeklagten gefassten Tatplans wurde der [X.] des 12.
Oktober 2016 ausgeführt. Der Angeklagte [X.]

, der, wie
er wusste, nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war,
fuhr mit einem
Pkw der Marke [X.] zusammen mit den beiden früheren [X.] zu der in Aussicht genommenen Spielhalle; dort trafen sie kurz vor 7.00
Uhr ein. H.

N.

hatte sich,
wie zuvor verabredet,
teilweise mas-
kiert und ging in die Halle
4a der Spielhalle. Der Zeuge
Al.

, der sich auf die
Öffnung der Spielhalle vorbereitete,
stand hinter einem Tresen und zählte Geld. H.

N.

ging auf ihn zu, hielt ihm in einer Entfernung von ca. einem
Meter ein etwa 22
cm langes Küchenmesser
mit ungefähr 11
cm langer Klinge vor die Brust und forderte
ihn auf, ihm das auf dem Tresen bzw. in der offenen Kasse liegende Geld zu übergeben. Der Zeuge tat verängstigt und übergab H.

N.

, scheinbar von dem vorgehaltenen Messer beeindruckt, tat-
sächlich jedoch aufgrund der vorangegangenen Absprache, einen Betrag in Höhe von 2.512,50
Euro, den
H.

N.

in einer mitgeführten Plastiktüte
verstaute. Anschließend flüchteten die drei
Mitangeklagten in dem weiterhin vom Angeklagten [X.]

geführten Pkw.
[X.]

fuhr mit hohem Tempo von teilweise mehr als 160
km/h über die
Bundesstraße
3 in Richtung B.

. Zur gleichen Zeit verließ der Zeuge

K.

aus Richtung N.

kommend

mit seinem Pkw Marke Audi
Typ
A
2 die Bundesstraße
3
an der Ausfahrt B.

(G.

Straße). In

der dortigen, auf einer Kuppe gelegenen
Kreuzung befand er sich in bevorrech-tigter Position, als [X.]

des ungehinderten Fortkommens wegen mit sehr ho-
2
3
-
5
-
her und den Straßenverhältnissen nicht angepasster Geschwindigkeit ebenfalls in die Kreuzung einfuhr. Er missachtete

gleichgültig und ohne [X.] auf andere Verkehrsteilnehmer

das in seiner Fahrtrichtung
an der [X.] befindliche Stoppschild und fuhr mit dem zur Flucht
genutzten Fahrzeug in die Beifahrerseite des Pkw des Zeugen K.

. Dieser wurde durch den Zu-
sammenstoß verletzt, was [X.]

bei Aufwendung
der erforderlichen Sorgfalt
hätte erkennen und vermeiden können. An beiden Wagen entstand [X.] in Höhe vojeweils mehreren tau

Der Angeklagte [X.]

entfernte sich

ebenso wie seine Tatgenossen

von der Unfallstelle, ohne zuvor dem Zeugen K.

gegenüber Angaben zu
seiner Person und der Art der Unfallbeteiligung gemacht zu haben.
Das erbeu-tete Geld konnte in dem an der Unfallstelle zurückgelassenen Fluchtfahrzeug aufgefunden und sichergestellt werden.
2.
Der Schuldspruch
im Fall
II.2 der Urteilsgründe
hält rechtlicher Nach-prüfung nicht stand.
a)
Die Verurteilung des Angeklagten
[X.]

wegen Diebstahls mit Waf-
fen gemäß §
244 Abs.
1 Nr.
1a StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift vom 19.
Dezember 2017 das Folgende ausgeführt:

(wegen) Diebstahl(s)
mit Waffen (§
244 StGB) kann keinen Bestand haben. Möglicherweise kommt im vorliegenden Fall Un-terschlagung (§
246 StGB) in Betracht.
Ein Angestellter, der allein eine Kasse zu verwalten und über deren In-halt abzurechnen hat, hat in aller Regel [X.] am Kassen-4
5
6
-
6
-
inhalt. Ohne seine Mitwirkung darf niemand Geld aus der Kasse nehmen, damit bei [X.] die Verantwortlichkeit festgestellt werden kann. Das generelle Kontroll-
und Weisungsrecht des Dienstherren gegenüber seinem Bediensteten begründet
nicht ohne weiteres den [X.] des Dienstherrn (vgl. [X.]R StGB §
246 Abs.
1 [X.]
1 m.w.N.; [X.], Beschluss vom 03.
April 2001 -
1
StR
45/01

, Rn.
5, ju-ris.).
Die Feststellungen des [X.] verdeutlichen nicht, worin das [X.] einen [X.] des [X.] begründet sieht (vgl. UA S.
27). Vielmehr spricht der äußere Anschein, wie das [X.] und Zählen von Einnahmen durch den Zeugen Al.

sowie
das eigenverantwortliche Deponieren von Geldern im [X.] (vgl. UA S.
15, 24
f.), dafür, dass dieser allein die Kasse verwaltet hat. Ob die zur Tatzeit ebenfalls in der Spielhalle beschäftigte Zeugin G.

dort Auf-
gaben wahrgenommen hat, die gegebenenfalls einen [X.] am Kasseninhalt begründen, oder ob sonstige Umstände vorliegen, die die Annahme eines Diebstahls rechtfertigen könnten, beispielsweise die An-wesenheit des [X.], enthalten die Urteilsgründe nicht. Die Sache bedarf daher in diesem Punkt erneuter Verhandlung und Ent-scheidung.
Die Frage, ob das [X.] im Fall
II.
2. im Hinblick auf die verwirk-lichten Straßenverkehrsdelikte fehlerhaft Tateinheit statt Tatmehrheit an-nimmt, kann dahin gestellt bleiben, da der Angeklagte insoweit nicht [X.] ist.
Die Aufhebung der Verurteilung im
Fall
II.
2 der Urteilsgründe und der zugehörigen Einzelstrafe zieht neben der Aufhebung der Gesamtstrafe auch
die
der
Maßregel (§§
69, 69a Abs.
1 Satz
3 StGB) nach sich, denn bei der Begründung der Maßregel und bei der Bestimmung der Dauer der Sperrfrist stützt sich das [X.] auch auf die im Fall
II.
2 mit-verwirklichten Straftaten der fahrlässigen Gefährdung des [X.], des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und der fahrlässi-

Dem schließt sich der Senat an.
7
-
7
-
b)
Gemäß §
357 Satz
1 StPO ist die Aufhebung der Verurteilung des [X.] [X.]

im Fall
II.2 der Urteilsgründe auf die früheren Mitangeklagten
H.

und M.

N.

zu erstrecken.
3.
Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf
Grund der Revisions-rechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten [X.]

erge-
ben.
4.
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Fol-gendes hin:
Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, die Frage der Konkur-renz zwischen dem Diebstahl mit Waffen

Gefährdung des Straßenverkehrs, des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaub-nis und der fahrlässigen Körperverletzung andererseits erneut zu prüfen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen liegt eine Teilüberschneidung der Aus-führungshandlungen im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung des Tatgeschehens in der Spielhalle nicht vor. Die Verwirklichung des Tatbestands des §
315c Abs.
1 Nr.
2a und d, Abs.
3 Nr.
1 StGB beginnt erst mit Annäherung an die Kreuzung; die Tat ist kein Dauerdelikt [X.] in LK, StGB, 12.
Aufl., §
315c Rn.
2, 196; [X.], StGB, 65.
Aufl., §
315c Rn.
23). Auch wird der neue Tatrichter die Erfüllung der Voraussetzungen des §
315c Abs.
1 Nr.
2d StGB

sofern
er insoweit nicht von §
154a Abs.
2 StPO Gebrauch macht

genauer als bisher geschehen zu belegen haben [X.],
aaO, §
315c Rn.
110). Bei der Fassung des Tenors wird ggf. zu beachten sein, dass die vom [X.] auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen angenommene Verwirklichung der [X.] in §
315c Abs.
3 Nr.

r-

11 Abs.
2 8
9
10
11
-
8
-
StGB; vgl. [X.], Beschluss vom 24.
März 2015

4
StR
74/15;
Beschluss vom 31.
Januar 2017

4
StR
597/16,
NZV 2017, 278 mit [X.]. Sandherr).
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Bender
Quentin

Meta

4 StR 458/17

16.01.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2018, Az. 4 StR 458/17 (REWIS RS 2018, 15619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15619

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