Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. XI ZR 169/05

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5773

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 10. Januar 2006 [X.], Justizamtsinpektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja _____________________ BGB §§ 312, 312f, 1204 a) Das Widerrufsrecht eines Verpfänders gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB hängt nicht von der [X.] des persönlichen Schuldners oder einer auf diesen bezogenen Haustürsituation ab (Abweichung von [X.], Urteil vom 14. Mai 1998 - [X.], [X.]Z 139, 21). b) Zu den Voraussetzungen des § 312f Satz 2 BGB, wenn der persönliche Schuldner seine Ehefrau bittet, zur Abgabe einer Verpfändungserklärung aus der gemeinsamen Wohnung in seine Geschäftsräume zu kommen. [X.], Urteil vom 10. Januar 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 10. Januar 2006 durch [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Ellenberger und Prof. Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zi-vilsenats des [X.] vom 25. Mai 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin, eine Rentnerin, nimmt die beklagte Bank auf Heraus-gabe von Wertpapieren in Anspruch, die sie als Sicherheit für Darle-hensverbindlichkeiten des Unternehmens ihres Ehemannes und ihres [X.] verpfändet hat. 1 Der Ehemann und der [X.] der Klägerin betrieben in der Rechts-form einer [X.] ein Luftheizungs- und [X.] - 3 - minbauunternehmen. Die Geschäftsräume dieses Unternehmens befan-den sich in einem Miets- und Geschäftshaus, das dem Wohnhaus der Klägerin und ihres Ehemannes gegenüber liegt. Die beiden Gebäude, die unterschiedliche Hausnummern haben, stehen auf verschiedenen Flur-stücken, die sich optisch als ein Grundstück darstellen und [X.] zur [X.] haben. Am 5. Dezember 2002 suchte ein Mitarbei-ter der [X.] den Ehemann und den [X.] der Klägerin in den [X.] auf. Der Ehemann rief die Klägerin aus dem Wohnhaus in die Geschäftsräume. Dort unterzeichnete sie eine Erklärung über die Verpfändung von Wertpapieren, die sie kurz zuvor von einer Verwandten erhalten hatte. Auf die gleiche Weise kam es am 23. Dezember 2002 zur Unterzeichnung der streitigen Verpfändungserklärung durch die Klägerin. Diese Erklärung, die ebenso wie die vom 5. Dezember 2002 keine Beleh-rung über das Recht zum Widerruf von Haustürgeschäften enthielt, [X.] der Sicherung der Forderung der [X.] gegen die [X.] aus einem Darlehensvertrag vom 19. Dezember 2002 in Höhe von 115.000 •. Nachdem die [X.] war, kündigte die Beklagte am 8. April 2003 die Geschäftsver-bindung und stellte der Klägerin die Verwertung der Sicherheiten in [X.]. Die Klägerin hat die [X.] als Haustürgeschäf-te widerrufen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe sie über die be-reits bei Unterzeichnung der [X.] Lage der [X.] und ihres [X.] aufklären müssen und die mit der Verpfändung verbundenen Risiken ver-harmlost. 3 - 4 - Das [X.] hat der Klage auf Herausgabe der Wertpapiere stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wieder-herstellung des landgerichtlichen Urteils. 4 Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 6 Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf [X.] der Wertpapiere, weil sie diese wirksam zur Sicherung der [X.] der [X.] aus dem Darlehensvertrag vom 19. Dezember 2002 verpfändet habe. Sie könne die der Pfandrechtsbestellung [X.] liegende Sicherungsabrede nicht gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB widerrufen. Die Bestellung eines Pfandrechts falle ebenso wie eine Bürgschaftserklärung ([X.], 649, 651; [X.]Z 139, 21, 25 f.) nur dann in den Anwendungsbereich des [X.] bzw. des § 312 BGB, wenn das Pfandrecht eine Verbindlichkeit sichere, die ein Verbraucher im Rahmen eines Haustürgeschäfts gegenüber einem 7 - 5 - Gewerbetreibenden als Gegenleistung für Waren oder Dienstleistungen eingegangen sei. Die Rechtsprechung des [X.] zur Be-stellung einer Grundschuld ([X.]Z 131, 1, 5) rechtfertige keine andere Beurteilung, weil sie vor der zitierten Entscheidung des [X.] ergangen sei. Zudem sei die Grundschuld anders als Bürgschaft und Pfandrecht nicht akzessorisch. Da die gesicherte Forderung der [X.] im Rah-men der gewerblichen Tätigkeit der Gesellschaft des Ehemannes und des [X.] der Klägerin begründet worden sei, habe die Klägerin kein Widerrufsrecht.
Außerdem lasse sich nicht feststellen, dass die Klägerin zur Abga-be der [X.] durch mündliche Verhandlungen be-stimmt worden sei, und dass eine Haustürsituation und das damit ver-bundene Überraschungsmoment für die Abgabe der Erklärungen zumin-dest mitursächlich geworden seien. Die Klägerin sei schon vor dem [X.] der [X.] in den Geschäftsräumen ihres Ehe-mannes und ihres [X.] von ihrem Ehemann damit konfrontiert [X.], dass sie ihre kurz zuvor erlangten Wertpapiere voraussichtlich [X.] müsse, um einen finanziellen Engpass des Unternehmens zu überbrücken. Hierzu sei sie ohne Einwirkung des Mitarbeiters der [X.] bereit gewesen. Ihr sei lediglich gesagt worden, sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut. Ob der Mitarbeiter der [X.] am 5. Dezember 2002 gesagt habe, die Klägerin solle sich wegen des Risikos, die Wertpapiere zu verlieren, keine Sorgen machen, könne da-hinstehen. Die maßgebliche Verpfändungserklärung, aus der die [X.] ihre Rechte herleite, habe sie erst am 23. Dezember 2002 unter-schrieben. Dass die Verpfändung die Gefahr begründe, den Pfandge-genstand zu verlieren, sei der Klägerin bereits bewusst gewesen, als ihr 8 - 6 - Ehemann sie erstmals gefragt habe, ob sie den finanziellen Engpass seines Unternehmens mit ihren Wertpapieren überbrücken könne. Sie habe nicht damit rechnen können, dass die Beklagte ihr dieses Risiko abnehme. 9 Die Klägerin habe keinen Schadensersatzanspruch wegen positi-ver Vertragsverletzung oder Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, der auf Rückabwicklung der Pfandrechtsbestellung gerichtet sei. Da die Klägerin von ihrem Ehemann auf die Verpfändung der Wertpapiere an-gesprochen worden sei, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass sie über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ihres Eheman-nes und ihres [X.] unterrichtet sei. Es könne nicht festgestellt wer-den, dass der Mitarbeiter der [X.] die mit der Verpfändung der Wertpapiere verbundenen Gefahren pflicht- und wahrheitswidrig ver-harmlost habe.
I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht Stand. 10 1. Allerdings ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kläge-rin könne die Herausgabe der Wertpapiere nicht gemäß § 346 Abs. 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht kein Widerrufsrecht gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB zu. 11 - 7 - a) Dies kann aber, anders als das Berufungsgericht meint, nicht damit begründet werden, dass das von der Klägerin bestellte Pfandrecht einen gewerblichen Kredit sichert. Der [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 26. September 1995 - [X.] ZR 199/94 ([X.]Z 131, 1, 4) entschieden, dass eine Sicherungsabrede, die auf die Bestellung einer Grundschuld gerichtet ist, auch dann in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 HWiG, der Vorgängerregelung des § 312 BGB n.F., fällt, wenn die Grundschuld einen gewerblichen Kredit sichert. Dasselbe muss für die Bestellung eines Pfandrechts und anderer akzessorischer Sicherungs-rechte gelten. Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat zwar im [X.] an das Urteil des [X.] ([X.]) vom 17. März 1998 ([X.], 649 ff.) entschieden, dass ein [X.], der zur Absicherung eines gewerblichen Kredits [X.] wird, kein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG sei ([X.]Z 139, 21, 24 ff.). Diese Auffassung, die in der Literatur ganz über-wiegend auf zum Teil massive Kritik gestoßen ist ([X.], [X.]. § 312 [X.]. 22; [X.], in: [X.]/[X.], BGB § 312 [X.]. 8; [X.]/[X.], [X.]. § 312 [X.]. 8; [X.], in: [X.]/Boujong/[X.], HGB [X.] [X.]. 522; [X.], in: Derleder/[X.]/[X.], Handbuch für [X.] und internatio-nales Bankrecht § 20 [X.]. 64; [X.] ZBB 1999, 161, 168; [X.] (2000), 273, 353 f.; [X.], 1046, 1055 f.; [X.] ZIP 2001, 93, 94; [X.] 1999, 485, 491 f.; [X.] NJW 1998, 2937, 2939; [X.] [X.] 1999, 833, 836 f.; [X.] 1998, 1129, 1137; [X.]/[X.] ZIP 1998, 893, 894 f.; [X.] [X.], 138, 143; [X.] NJW 2001, 1015, 1027; Treber [X.], 1908, 1918 f.; a.A.: [X.], 1362, 1364), teilt der nunmehr für das [X.] zuständige, erkennende [X.] nicht. 12 - 8 - 13 § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB dient dem Schutz des Verbrauchers vor der Gefahr, bei der Anbahnung eines Vertrages in einer ungewöhnli-chen räumlichen Situation überrumpelt und zu einem unüberlegten Ge-schäftsabschluss veranlasst zu werden ([X.], Urteil vom 27. Januar 2004 - [X.] ZR 37/03, [X.], 620, 623; [X.]/[X.], [X.]. § 312 [X.]. 3). Diese Gefahr droht einem Bürgen immer, wenn er sich selbst in einer so genannten Haustürsituation befindet. Sie [X.] unabhängig davon, ob die Hauptschuld ein Verbraucherdarlehen oder ein gewerblicher Kredit ist und ob der Hauptschuldner ebenfalls durch eine Haustürsituation zum Vertragsschluss bestimmt worden ist ([X.]/[X.] DB 1998, 2001, 2003; [X.], 1046, 1056). Die Akzessorietät der Bürgschaft rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie eröffnet dem Bürgen zwar die Möglichkeit, sich analog § 770 BGB auf ein etwaiges Widerrufsrecht des [X.] zu berufen ([X.], [X.]. § 770 [X.]. 6; [X.], [X.], 138, 143), macht aber die Begründung eines eigenen Widerrufsrechts des Bürgen nicht von der [X.] des [X.] oder einer auf diesen bezogenen Haustürsituation abhängig ([X.], in: [X.]/Boujong/[X.], HGB [X.] [X.]. 522; [X.] ZBB 1999, 161, 168; [X.]/[X.] ZIP 1998, 893, 894; [X.], in: Festschrift für [X.] 415, 423). Der [X.] begründet ein eigenes Schuldverhältnis ([X.] 1999, 485, 492) und unter den Vorausset-zungen des § 312 BGB ein eigenes Widerrufsrecht des Bürgen. Dass ein [X.], der eine im Rahmen der Erwerbstä-tigkeit des [X.] begründete Verbindlichkeit sichert, nach [X.] des [X.] ([X.], 649, 651) nicht in den Geltungsbereich der 14 - 9 - Richtlinie 577/85/EWG des Rates vom 20. Dezember 1995 betr. den [X.] von außerhalb von Geschäftsräumen [X.]en Verträgen ([X.]. [X.] 372/31) fällt, obwohl deren Wortlaut dafür nichts hergibt und der vom [X.] angeführte akzessorische Cha-rakter der Bürgschaft und der Zweck des verbürgten Kredits für den von der [X.] bezweckten Schutz der [X.] in einer Haustürsituation bedeutungslos sind ([X.] (2000), 273, 353; [X.], 1046, 1055; Reini-cke/[X.] ZIP 1998, 893, 895; [X.] NJW 1998, 2937, 2938 f.; Treber [X.], 1908, 1915; [X.], in: Festschrift für [X.] 415, 423 f.), ändert nichts. Nach Art. 8 dieser Richtlinie können die Mitglied-staaten günstigere Verbraucherschutzbestimmungen erlassen oder bei-behalten. Davon ist hier unter Berücksichtigung der Entstehungsge-schichte des [X.] (vgl. [X.]/[X.] DB 1998, 2001, 2002) sowie zur Vermeidung unerträglicher [X.] auszugehen. Der Bürge, der in einer Haustürsituation einen gewerbli-chen Zwecken dienenden Kredit verbürgt, darf nicht schlechter stehen als derjenige, der in einer solchen Situation den Kreditvertrag als Mithaf-tender unterzeichnet.
b) Hingegen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht durch mündliche Verhandlungen in einer Haustürsituation zur Verpfändung der Wertpapiere am 23. Dezember 2002 bestimmt worden, im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Die Klägerin befand sich, als sie mit dem Vertreter der [X.] sprach und die [X.] unter-schrieb, weder an ihrem Arbeitsplatz noch im Bereich einer Privatwoh-nung im Sinne des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, sondern in den [X.] des Unternehmens ihres Ehemannes und ihres [X.]. 15 - 10 - 16 Die Klägerin war in diesem Unternehmen nicht beschäftigt und [X.] dort keinen Arbeitsplatz. 17 Die Geschäftsräume gehören auch nicht zum Bereich der Privat-wohnung der Klägerin und ihres Ehemannes. Der Bereich einer Privat-wohnung umfasst den gesamten räumlichen Wohnbereich, der dem Verbraucher oder anderen zum dauernden Aufenthalt dient ([X.]/ [X.] Saenger, [X.]. § 312 [X.]. 41). Er erstreckt sich auch auf Hausflur, Garten (BT-Drucks. 10/2876 S. 11) und andere zugehörige An-lagen wie Garagen und private Parkplätze, da hier die private Sphäre dominiert. Entscheidend ist, dass der Verbraucher an diesen Orten auf ein werbemäßiges Ansprechen nicht eingestellt ist und sich in seiner Entschließungsfreiheit typischerweise eingeengt fühlt ([X.], [X.]. § 312 [X.]. 36), weil er sich dem von anderer Seite initiierten Gespräch nicht ohne weiteres durch Weggehen entziehen kann (vgl. [X.]surteil [X.]Z 131, 385, 390 f.).
Nach diesen Grundsätzen gehören die Geschäftsräume des Unter-nehmens des Ehemannes und des [X.] der Klägerin nicht zum Be-reich der Privatwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes. Das zum Teil vermietete Wohn- und Geschäftshaus, in dem sich die Geschäfts-räume befinden, liegt zwar in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses und hat mit diesem [X.] zur [X.]. Die Geschäftsräume gehören aber nicht zum Wohnbereich und sind nicht zum dauernden Aufenthalt bestimmt. In ihnen dominiert nicht die private, sondern die [X.] Sphäre. Die Klägerin hätte sich jederzeit aus freiem [X.] - 11 - schluss dem Gespräch mit dem Angestellten der [X.] und dessen Einwirkung durch die Rückkehr in ihr Wohnhaus entziehen können. 19 Entgegen der Auffassung der Revision findet § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB auch nicht gemäß § 312f Satz 2 BGB Anwendung. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin, ihr Ehemann habe sie auf Veran-lassung des Angestellten der [X.] ohne Angabe eines Grundes aus dem Wohnhaus in die Geschäftsräume herüber gerufen, nicht durch an-derweitige Gestaltungen umgangen worden. Die für einen Vertrags-schluss im Bereich einer Privatwohnung typische situative Überrumpe-lung lag bei Abgabe der Verpfändungserklärung am 23. Dezember 2002 nicht vor, weil für die Klägerin aufgrund der Bitte ihres Ehemannes, in die Geschäftsräume zu kommen, vorhersehbar war, dass geschäftliche An-gelegenheiten und Vermögensdispositionen erörtert werden sollten. Die Klägerin war von ihrem Ehemann bereits zuvor wegen der Pfandrechts-bestellung für einen gewerblichen Kredit angesprochen worden und hatte am 5. Dezember 2002 schon einmal, von ihrem Ehemann herbeigerufen, in den Geschäftsräumen eine Verpfändungserklärung unterzeichnet.
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das [X.] einen auf Rückgängigmachung der Pfandrechtsbestellung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-verhandlungen gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB verneint hat. 20 Ein Kreditinstitut ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, einen [X.], der eine Sicherheit zugunsten eines Schuldners des [X.] - 12 - tuts bestellt, über die damit verbundenen Risiken aufzuklären ([X.]Z 125, 206, 218; [X.], Urteil vom 17. März 1994 - [X.] ZR 174/93, [X.], 1064, 1066 f.; Ganter, in: [X.]/Bunte/[X.], [X.] § 90 [X.]. 184; [X.], in: [X.], Handbuch der Informati-onspflichten im Bankverkehr, [X.]. 14.63). [X.] handelt ein [X.] aber dann, wenn es durch sein Verhalten erkennbar einen Irr-tum des Sicherungsgebers über das Risiko hervorruft oder dieses Risiko bewusst verharmlost ([X.], Urteil vom 9. Oktober 1990 - [X.] ZR 200/89, [X.], 1956; [X.], Urteil vom 24. Februar 1994 - [X.] ZR 227/93, [X.], 680, 684). Ein solches Verhalten hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in den Tatsacheninstanzen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie hat behauptet, sie habe vor Unterzeichnung der [X.] gesagt, sie habe ihre Brille vergessen und könne die Erklärung nicht lesen. Außerdem habe sie gefragt, ob es denn richtig sei, wenn sie das jetzt unterschreibe. Das Wertpapierdepot dürfe auf keinen Fall verloren gehen. Darauf habe der Angestellte der [X.]n erwidert, sie solle sich keinerlei Sorgen machen. Die Verpfändung sei notwendig, weil das Unternehmen neuen Kredit brauche. Ferner sei ihr gesagt worden, sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut. Diese im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellenden Äußerungen beinhalten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Verharmlosung des Risikos, die für die Pfandrechtsbestellung [X.] geworden sein und deshalb einen auf deren Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertrags-verhandlungen gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB begründen kann. Ein solcher Anspruch bestünde unabhängig 22 - 13 - von einem Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB und bliebe vom Ablauf der Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB unberührt ([X.], Urteil vom 18. September 2001 - [X.], NJW-RR 2002, 308, 309 f., m.w.Nachw.). II[X.] Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 23 [X.] Joeres [X.] Ellenberger [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 27.05.2004 - 6 O 332/03 - [X.], Entscheidung vom 25.05.2005 - 3 U 130/04 -

Meta

XI ZR 169/05

10.01.2006

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. XI ZR 169/05 (REWIS RS 2006, 5773)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5773

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