Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.12.2014, Az. 5 C 32/13

5. Senat | REWIS RS 2014, 604

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Hilfe zur Erziehung; Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege von Enkelkindern bei grundsätzlicher Bereitschaft zu unentgeltlicher Pflege


Leitsatz

1. Großeltern können gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege von Enkelkindern (§ 27 Abs. 1, § 33 Abs. 1 SGB VIII ) auch dann haben, wenn sie das Jugendamt nicht ernsthaft vor die Alternative stellen, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste zu verzichten.

2. Soweit in der früheren Rechtsprechung des Senats die Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von dieser Anforderung abhängig gemacht worden ist (BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <437> = Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 3 S. 10 f.; ebenso Urteil vom 4. September 1997 - 5 C 11.96 - Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 4), ist diese Rechtsprechung durch nachfolgende Gesetzesänderungen überholt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt jugendhilferechtlichen Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihrer beiden Enkel im Zeitraum vom 12. Mai 2011 bis zum 21. März 2012.

2

Für die im Januar 2008 bzw. Oktober 2009 geborenen Kinder stand zunächst ihrer leiblichen Mutter, der Tochter der Klägerin, das alleinige Sorgerecht zu. Nach Angaben der Klägerin lebten die Kinder aber bereits seit Ende Februar 2008 bzw. Mai 2010 durchgehend bei ihr, da ihre Tochter nicht in der Lage gewesen sei, genügend für sie zu sorgen. Die Klägerin erhielt für sich und die Kinder Grundsicherungsleistungen. Mit Beschluss vom 20. Januar 2011 übertrug ihr das Amtsgericht die elterliche Sorge für beide Kinder. Am 12. Mai 2011 beantragte die Klägerin bei dem Jugendamt der Beklagten die Bewilligung von Vollzeitpflege für beide Kinder bei ihr als Pflegeperson. Anfang Januar 2012 teilte sie dem Jugendamt auf Nachfrage schriftlich mit, dass sie nicht gewillt sei, die Kinder kostenlos zu betreuen.

3

Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2012 zurückgewiesen. Es bestehe kein Hilfebedarf, weil die Kinder schon vor Antragstellung beim Jugendamt von der Klägerin gut betreut worden seien. Eine Herausgabe der Kinder habe die Klägerin durchgängig abgelehnt.

4

Das Verwaltungsgericht hat der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, der Klägerin wirtschaftliche Jugendhilfe für beide Kinder für den streitigen Zeitraum zu gewähren.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz geändert und die Klage abgewiesen. Auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - auch wenn diese im Ergebnis unbefriedigend sei - stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung wirtschaftlicher Jugendhilfe in Form von Unterhaltsleistungen für ihre Enkel zu. Danach habe, weil sie diese zunächst unentgeltlich betreut habe, ein erzieherischer Bedarf nur entstehen können, wenn die Klägerin ihre Bereitschaft zur unentgeltlichen Pflege zurückgezogen und das Jugendamt der Beklagten ernsthaft vor die Alternative gestellt hätte, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste verzichten zu müssen. Das habe sie jedoch nicht getan.

6

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie rügt eine Verletzung der §§ 27, 33 und 39 SGB VIII.

7

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

8

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Klägerin.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das angefo[X.]htene Urteil des [X.] verletzt Bundesre[X.]ht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die ents[X.]heidungstragende Annahme des [X.], dass ein personensorgebere[X.]htigter Großelternteil, der den erzieheris[X.]hen Bedarf eines Enkels zunä[X.]hst unentgeltli[X.]h de[X.]kt, nur dann einen Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung haben kann, wenn er seine Bereits[X.]haft zu unentgeltli[X.]her Pflege zurü[X.]kzieht und das Jugendamt ernsthaft vor die Alternative stellt, für seine Entlohnung zu sorgen oder aber auf seine Betreuungsdienste verzi[X.]hten zu müssen, steht mit § 27 Abs. 1 und 2a des [X.] - (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, [X.]) - [X.] - i.d.F. der Bekanntma[X.]hung vom 11. September 2012 ([X.]) ni[X.]ht in Einklang. Das angegriffene Urteil beruht auf dieser Verletzung von Bundesre[X.]ht und stellt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht im Ergebnis als ri[X.]htig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der ents[X.]heidungserhebli[X.]he Sa[X.]hverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sa[X.]he selbst ents[X.]heiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

Die Klägerin hat einen Anspru[X.]h gegen die Beklagte aus § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] auf Übernahme ihrer erforderli[X.]hen Aufwendungen für die von ihr in der [X.] vom 12. Mai 2011 bis zum 21. März 2012 erbra[X.]hte Vollzeitpflege ihrer Enkel.

Diese Bestimmung verleiht einen Anspru[X.]h auf Übernahme der erforderli[X.]hen Aufwendungen für selbst bes[X.]haffte Hilfen. Das sind Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsbere[X.]htigten selbst abwei[X.]hend von § 36a Abs. 1 und 2 [X.] erbra[X.]ht werden, ohne dass eine Ents[X.]heidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung dur[X.]h diesen vorangegangen ist. Der [X.] setzt na[X.]h § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] voraus, dass der Leistungsbere[X.]htigte den Träger der öffentli[X.]hen Jugendhilfe vor der Selbstbes[X.]haffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die De[X.]kung des Bedarfs keinen zeitli[X.]hen Aufs[X.]hub geduldet hat (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1. Die Klägerin, die als Personensorgebere[X.]htigte anspru[X.]hsbere[X.]htigt im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] und mithin Leistungsbere[X.]htigte ist, hat die Beklagte zu Beginn des [X.]raums, für den die Übernahme der Aufwendungen beanspru[X.]ht wird, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Dies ges[X.]hah spätestens mit dem Antrag der Klägerin vom 12. Mai 2011, mit dem diese die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege bei der [X.] beantragt hat.

2. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe lagen im streitgegenständli[X.]hen [X.]raum vor. Der Klägerin stand ein Anspru[X.]h auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege (§§ 27, 33, 39 [X.]) zu.

§ 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährt dem Personensorgebere[X.]htigten bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendli[X.]hen einen Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendli[X.]hen entspre[X.]hende Erziehung ni[X.]ht gewährleistet (a) und die Hilfe für seine Entwi[X.]klung geeignet (b) und notwendig ([X.]) ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere na[X.]h Maßgabe der §§ 28 bis 35 [X.] gewährt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Na[X.]h § 33 Satz 1 [X.] soll Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege Kindern oder Jugendli[X.]hen unter anderem entspre[X.]hend den Mögli[X.]hkeiten der Verbesserung der [X.] in der Herkunftsfamilie in einer anderen Familie eine zeitli[X.]h befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendli[X.]hen außerhalb des Elternhauses erforderli[X.]h, so entfällt der Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung ni[X.]ht dadur[X.]h, dass eine andere unterhaltspfli[X.]htige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen (§ 27 Abs. 2a [X.]. 1 [X.]). Wird Hilfe zur Erziehung unter anderem in Form der Vollzeitpflege gewährt, so ist au[X.]h der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendli[X.]hen außerhalb des Elternhauses si[X.]herzustellen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Dana[X.]h konnte die Klägerin die Gewährung von Vollzeitpflege eins[X.]hließli[X.]h des Unterhalts für ihre Enkel beanspru[X.]hen.

a) Ein erzieheris[X.]her Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] war gegeben. Die Vors[X.]hrift setzt voraus, dass eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendli[X.]hen entspre[X.]hende Erziehung ni[X.]ht gewährleistet ist. Sie verlangt damit, dass infolge einer erzieheris[X.]hen Defizit- bzw. Mangelsituation ein entspre[X.]hender erzieheris[X.]her Bedarf begründet worden ist (vgl. BVerwG, Bes[X.]hluss vom 12. Juli 2005 - 5 B 56.05 - [X.] 2005, 524 f.; [X.], Bes[X.]hluss vom 22. September 2011 - 12 A 1596/10 - juris Rn. 18). Dabei ist dana[X.]h zu fragen, ob diese Mangelsituation infolge des erzieheris[X.]hen Handelns bzw. Ni[X.]hthandelns der leibli[X.]hen Eltern des Minderjährigen eingetreten ist, diese also ni[X.]ht in der Lage sind, den Bedarf zu de[X.]ken (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 19).

Ni[X.]ht maßgebli[X.]h für die Feststellung des erzieheris[X.]hen Bedarfs im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist entgegen der Ansi[X.]ht des [X.], ob ein Verwandter - wie hier die Klägerin als Großmutter - den Bedarf des Kindes (im Einvernehmen mit den Eltern) freiwillig de[X.]kt. Dadur[X.]h kann ni[X.]ht der aus der Mangelsituation in der Herkunftsfamilie herrührende Bedarf als sol[X.]her, sondern nur die Notwendigkeit seiner De[X.]kung dur[X.]h den Träger der Jugendhilfe entfallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <437> = Bu[X.]hholz 436.511 § 27 [X.] Kinder- und [X.] Nr. 3 S. 10 f.). Soweit der Senat in dem vorgenannten Urteil vom 12. September 1996 (a.a.[X.]) für die soeben bezei[X.]hnete Konstellation der freiwilligen [X.] au[X.]h s[X.]hon ein Entfallen des erzieheris[X.]hen Bedarfs erwogen bzw. angenommen hat, wird daran ni[X.]ht mehr festgehalten. Die Frage, ob eine erzieheris[X.]he Mangelsituation besteht, ist ni[X.]ht mit Bli[X.]k auf denjenigen zu beantworten, der si[X.]h als Verwandter um das Kind kümmert und der deshalb ggf. die elterli[X.]he Sorge vom Familiengeri[X.]ht übertragen bekommen und ein Kind in Pflege genommen hat. Es kommt vielmehr darauf an, ob die vor dem In-Pflege-Nehmen oder einer sorgere[X.]htli[X.]hen Ents[X.]heidung des Familiengeri[X.]hts verantwortli[X.]hen Eltern oder anderen Sorgebere[X.]htigten eine dem Wohl des Kindes förderli[X.]he Erziehung gewährleistet haben (vgl. etwa S[X.]hmid-Obkir[X.]hner, in: [X.] , [X.], 4. Aufl. 2011, § 27 Rn. 16 m.w.[X.]).

Gemessen daran lag hier ein erzieheris[X.]her Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor. Die Beteiligten gehen - wie in der mündli[X.]hen Verhandlung erörtert - auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] zu Re[X.]ht übereinstimmend davon aus, dass si[X.]h weder die Väter no[X.]h die alleinstehende und zunä[X.]hst sorgebere[X.]htigte Mutter der Kinder tatsä[X.]hli[X.]h in dem erforderli[X.]hen Maße um die Pflege und Erziehung der Kinder gekümmert haben, so dass eine erzieheris[X.]he Mangelsituation in der Herkunftsfamilie bestand.

b) Die Hilfe dur[X.]h die Klägerin war au[X.]h geeignet im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.], den bestehenden erzieheris[X.]hen Bedarf im Hinbli[X.]k auf die Entwi[X.]klung der Kinder zu de[X.]ken.

Die Geeignetheit ist dabei ni[X.]ht nur allgemein, sondern au[X.]h im Hinbli[X.]k auf die konkrete Form der Hilfe zur Erziehung - hier der in Rede stehenden Vollzeitpflege (§ 33 [X.]) - zu überprüfen. Dabei kann die Vollzeitpflege dur[X.]h Großeltern nur dann ein geeignetes Mittel zum Ausglei[X.]h eines Erziehungsdefizits sein, wenn die Großeltern ihrerseits als Pflegepersonen geeignet sind. Zur Geeignetheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] gehört also au[X.]h, dass die Pflegepersonen zum einen eine dem Wohl des Kindes entspre[X.]hende Erziehung gewährleisten können und si[X.]h zum anderen auf die Kooperation mit dem Jugendamt einlassen und gegebenenfalls zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sind (DIJUF-Re[X.]htsguta[X.]hten vom 1. März 2006, [X.] 2006, 129; [X.], in: [X.]. , LPK-[X.], 5. Aufl. 2014, § 27 Rn. 36 jeweils m.w.[X.]). Dies folgt au[X.]h ausdrü[X.]kli[X.]h aus § 27 Abs. 2a [X.]. 2 [X.], wona[X.]h die Person geeignet und bereit sein muss, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentli[X.]hen Jugendhilfe zu de[X.]ken. Großeltern - wie die Klägerin - bedürfen zwar keiner Pflegeerlaubnis (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]), ihre persönli[X.]he Eignung ist jedo[X.]h anhand der Vorgaben des § 44 Abs. 2 [X.] und damit insbesondere daran zu messen, ob das Kindeswohl in der Pflegestelle gewährleistet ist.

Hieran gemessen bestehen auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] keine dur[X.]hgreifenden Zweifel daran, dass die in Rede stehende, von der Klägerin selbst geleistete Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§ 33 [X.]) geeignet war, den erzieheris[X.]hen Bedarf ihrer beiden Enkelkinder zu de[X.]ken. Die Geeignetheit dieser Hilfeform lässt si[X.]h insbesondere aus den vom Oberverwaltungsgeri[X.]ht in Bezug genommenen Umständen s[X.]hließen, die im Ablehnungsbes[X.]heid der [X.] vom 19. Januar 2012 und im Wi[X.]pru[X.]hsbes[X.]heid vom 9. März 2012 festgestellt worden sind. Dana[X.]h waren die Kinder bei der Klägerin gut untergebra[X.]ht und betreut und ihre Erziehung si[X.]hergestellt. An der persönli[X.]hen Eignung der Klägerin, für die Pflege und Erziehung der Kinder zu sorgen, hat au[X.]h die Beklagte weder im Verwaltungs- no[X.]h im geri[X.]htli[X.]hen Verfahren Zweifel aufkommen lassen. Ebenso wenig ist die Bereits[X.]haft der Klägerin, die Vollzeitpflege ihrer Enkelkinder na[X.]h § 27 Abs. 2a [X.] in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der [X.] entspre[X.]hend einem Hilfeplan zu leisten, ernsthaft in Frage gestellt worden.

[X.]) Die Hilfe dur[X.]h die Klägerin in Form der Vollzeitpflege war au[X.]h zur De[X.]kung des erzieheris[X.]hen Bedarfs ihrer Enkelkinder notwendig im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.].

Notwendig ist die Hilfe zur Erziehung, wenn sie zur Bedarfsde[X.]kung erforderli[X.]h ist, weil andere Leistungen oder Maßnahmen des [X.], die Hilfe Dritter oder die Eigenhilfe der Eltern ni[X.]ht ausrei[X.]hen, um den festgestellten erzieheris[X.]hen Bedarf zu de[X.]ken (vgl. [X.], in: jurisPK-[X.], 1. Aufl. 2014, § 27 Rn. 46; [X.]/Tren[X.]zek, in: [X.]/[X.]/Tren[X.]zek , [X.] Kommentar [X.], 7. Aufl. 2013, § 27 Rn. 12; [X.], in: [X.]. , LPK-[X.], 5. Aufl. 2014, § 27 Rn. 11). An die Notwendigkeit sind im Fall der [X.] - hier der Pflege dur[X.]h die Großmutter - keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Die gegenteilige ents[X.]heidungstragende Annahme des [X.] steht mit Bundesre[X.]ht ni[X.]ht in Einklang ([X.]). Die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Vollzeitpflege lässt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen verneinen (bb).

[X.]) Großeltern können gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspru[X.]h auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege von Enkelkindern (§ 27 Abs. 1, § 33 Abs. 1 [X.]) au[X.]h dann haben, wenn sie das Jugendamt ni[X.]ht ernsthaft vor die Alternative stellen, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste zu verzi[X.]hten. Soweit - woran das Berufungsgeri[X.]ht anknüpft - in der früheren Re[X.]htspre[X.]hung des Senats die Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] von dieser Anforderung abhängig gema[X.]ht worden ist (BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <437> = Bu[X.]hholz 436.511 § 27 [X.] Kinder- und [X.] Nr. 3 S. 10 f.; ebenso Urteil vom 4. September 1997 - 5 C 11.96 - Bu[X.]hholz 436.511 § 27 [X.] Kinder- und [X.] Nr. 4), hält der Senat daran ni[X.]ht mehr fest. Die vorgenannte Re[X.]htspre[X.]hung verhielt si[X.]h zur früheren Gesetzeslage und ist jedenfalls aufgrund na[X.]hfolgender Änderungen, namentli[X.]h der Einfügung des § 27 Abs. 2a [X.] und des § 39 Abs. 4 Satz 4 [X.] dur[X.]h das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwi[X.]klungsgesetz (KICK) vom 8. September 2005 ([X.] [X.]), überholt. Dies ers[X.]hließt si[X.]h im Wege der Auslegung der eins[X.]hlägigen gesetzli[X.]hen Bestimmungen.

Zwar ergeben si[X.]h aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 [X.], der dur[X.]h das vorgenannte Änderungsgesetz ni[X.]ht modifiziert worden ist, keine näheren Hinweise und Grenzen dafür, wie das Merkmal der Notwendigkeit im vorliegenden Zusammenhang zu verstehen ist. Dass an den erhöhten Anforderungen, wel[X.]he der Senat in seiner früheren Re[X.]htspre[X.]hung aufgestellt hat, ni[X.]ht mehr festzuhalten ist, folgt jedo[X.]h aus systematis[X.]hen (1) und teleologis[X.]hen Erwägungen (2) sowie insbesondere aus den Gesetzesmaterialien (3).

(1) Entgegen der Ansi[X.]ht des [X.] lassen si[X.]h die in der früheren Re[X.]htspre[X.]hung des Senats aufgestellten erhöhten Anforderungen für die Notwendigkeit von Hilfe zur Erziehung ni[X.]ht damit re[X.]htfertigen, dass die Bereits[X.]haft zur unentgeltli[X.]hen Pflege der Enkelkinder „aufgrund der engen familiären Verbundenheit zwis[X.]hen Großeltern und ihren Enkeln regelmäßig erwartet werden“ könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <439 f.> = Bu[X.]hholz 436.511 § 27 [X.] Kinder- und [X.] Nr. 3 S. 11). Dieser Erwägung liegt mehr eine ethis[X.]he als eine re[X.]htli[X.]he Bewertung zugrunde. Sie hat au[X.]h als sol[X.]he im Gesetz keinen Nie[X.][X.]hlag gefunden und vermag daher für si[X.]h genommen den re[X.]htli[X.]hen S[X.]hluss ni[X.]ht zu tragen. Re[X.]htli[X.]he Wertungen, die si[X.]h unter anderem aus der Gesetzessystematik ers[X.]hließen, legen vielmehr einen Verzi[X.]ht auf die genannten Anforderungen nahe. Aussagekräftig ist dabei sowohl der Zusammenhang zwis[X.]hen Absatz 1 und Absatz 2a des § 27 [X.] als au[X.]h der systematis[X.]he Rü[X.]ks[X.]hluss aus § 39 Abs. 4 Satz 4 [X.].

Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendli[X.]hen außerhalb des Elternhauses erforderli[X.]h - so stellt § 27 Abs. 2a [X.]. 1 [X.] klar -, entfällt der Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung ni[X.]ht dadur[X.]h, dass eine andere unterhaltspfli[X.]htige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Erhöhte Anforderungen dahingehend, die Notwendigkeit der Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Falle der Vollzeitpflege dur[X.]h unterhaltspfli[X.]htige Großeltern von deren ernsthafter Bereits[X.]haft, ohne wirts[X.]haftli[X.]he Jugendhilfe die Betreuung der Enkel ganz zu beenden, abhängig zu ma[X.]hen, lassen si[X.]h weder dieser Regelung no[X.]h sonstigen Vors[X.]hriften des A[X.]hten Bu[X.]hes des Sozialgesetzbu[X.]hes entnehmen. Derartige Anforderungen stünden vielmehr mit der Wertung des § 27 Abs. 2a [X.]. 1 [X.] in Wi[X.]pru[X.]h. Denn die Vors[X.]hrift erfasst mit dem Begriff der anderen unterhaltspfli[X.]htigen Personen gerade au[X.]h Großeltern und will mit der Festlegung, dass deren Unterhaltspfli[X.]ht einem Anspru[X.]h auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung ni[X.]ht entgegenstehen soll, die Gewährung an die Großeltern erlei[X.]htern, ni[X.]ht aber dur[X.]h erhöhte Voraussetzungen ers[X.]hweren. Glei[X.]hes gilt für die ebenfalls mit § 27 Abs. 1 [X.] im Zusammenhang stehende Regelung des § 39 Abs. 4 Satz 4 [X.]. Dana[X.]h ist, sofern die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind verwandt ist und diesem Unterhalt gewähren kann, die Höhe des zu gewährenden Pflegegeldes von einer Prüfung der Einkommensverhältnisse und gegebenenfalls von einer Ermessensents[X.]heidung des Jugendhilfeträgers abhängig. Au[X.]h darin kommt zum Ausdru[X.]k, dass die Unterhaltspfli[X.]ht (und Fähigkeit zur Unterhaltsleistung) der Großeltern den Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 [X.]) grundsätzli[X.]h ni[X.]ht auss[X.]hließen, sondern nur dazu führen soll, dass eine Kürzung des Pflegegeldes vorgenommen werden kann.

(2) Zudem spre[X.]hen der Sinn und Zwe[X.]k des § 27 Abs. 1 [X.] gegen die erhöhten Anforderungen an die Notwendigkeit im Rahmen der [X.]. Zwe[X.]k der Gewährung von Hilfe zur Erziehung na[X.]h § 27 Abs. 1 [X.] ist die Gewährleistung einer dem Wohl des Kindes oder Jugendli[X.]hen entspre[X.]henden Erziehung. Sofern die Großeltern aus ideellen Motiven und persönli[X.]her Verbundenheit die Pflege der Enkelkinder übernehmen, ist die Gewähr für die Orientierung am Kindeswohl grundsätzli[X.]h höher als in Fällen, in denen es ihnen vornehmli[X.]h um materielle bzw. finanzielle Aspekte geht. Mit der genannten Anforderung, dass ein ernsthafter Wille des [X.] bestehen müsse, ohne Gewährung wirts[X.]haftli[X.]her Jugendhilfe die weitere Pflege seines Enkels tatsä[X.]hli[X.]h einzustellen, wird dieser finanzielle Aspekt jedo[X.]h gerade in den Vordergrund gerü[X.]kt. Handeln Großeltern allein aus diesem Gesi[X.]htspunkt heraus, kann dies eher ihre Eignung für die Vollzeitpflege der Enkelkinder in Frage stellen. Mithin spre[X.]hen der Sinn und Zwe[X.]k der Vors[X.]hrift in gewi[X.]htiger Weise gegen die Statuierung der genannten Anforderungen. Hierauf weist au[X.]h das Oberverwaltungsgeri[X.]ht ([X.]) zu Re[X.]ht hin, soweit es ausführt, dass dana[X.]h Großeltern nur dann in den Genuss wirts[X.]haftli[X.]her Jugendhilfe gelangten, wenn sie unter allen Umständen allein gegen Entgelt bereit seien, ihre Enkel zu betreuen (oder wahrheitswidrig diesen Eindru[X.]k erwe[X.]kten), obwohl wegen dieser Einstellung Zweifel an ihrer Geeignetheit als Pflegeperson bestünden, während Großeltern, die aus persönli[X.]hem Verantwortungsgefühl für ihre Enkelkinder notfalls au[X.]h bereit seien, diese unentgeltli[X.]h zu betreuen, und die si[X.]h deshalb als geeigneter erwiesen als erstere, keinen Anspru[X.]h auf wirts[X.]haftli[X.]he Jugendhilfe hätten.

(3) Dieses Gesetzesverständnis, d.h. das Absehen von den genannten erhöhten Anforderungen bei der [X.], wird dur[X.]h die Ziele bestätigt, die der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 27 Abs. 2a [X.] dur[X.]h das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwi[X.]klungsgesetz (KICK) vom 8. September 2005 ([X.] [X.]) verfolgt hat. Er wollte damit nämli[X.]h gerade die [X.] unter erlei[X.]hterten Bedingungen zulassen. In der Begründung des Gesetzentwurfs ([X.]. 15/3676 [X.]) wird dazu ausgeführt, es entspre[X.]he einer jahrzehntelangen Praxis, Vollzeitpflege als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe ni[X.]ht nur in Haushalten von Personen zu gewähren, die mit dem Kind oder Jugendli[X.]hen ni[X.]ht (näher) verwandt seien, sondern au[X.]h in Haushalten von nahen Verwandten wie insbesondere Großeltern. Überdies hat der Gesetzgeber deutli[X.]h zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht, von den erhöhten Anforderungen, wel[X.]he die frühere Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesverwaltungsgeri[X.]hts an die [X.] geknüpft hat (nämli[X.]h den im Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 = Bu[X.]hholz 436.511 § 27 [X.] Kinder- und [X.] Nr. 3 statuierten Erfordernissen, dass Großeltern die Betreuung ihres Enkelkindes ni[X.]ht in Erfüllung ihrer Unterhaltspfli[X.]ht leisten dürfen und zur unentgeltli[X.]hen Pflege ni[X.]ht bereit sein müssen), Abstand nehmen zu wollen. Unter ausdrü[X.]kli[X.]her Bezugnahme auf das Urteil vom 12. September 1996 (a.a.[X.]) heißt es dazu in der Gesetzesbegründung ([X.]. 15/3676 [X.]), dass gegen diese Re[X.]htspre[X.]hung „unter fa[X.]hli[X.]hen und re[X.]htli[X.]hen Aspekten Kritik erhoben worden (dazu [X.], NJW 1998, 2409 = [X.] 1998, 340)“ sei. Darüber hinaus führe der Ansatz dieser Re[X.]htspre[X.]hung „zu kaum aufzulösenden Abgrenzungsproblemen mit der Sozialhilfe (vgl. DIJuF-Re[X.]htsguta[X.]hten, [X.] 2003, 473)“. Daraus wird die Folgerung gezogen: „Der Entwurf will - anknüpfend an die Diskussion im Deuts[X.]hen Verein für öffentli[X.]he und private Fürsorge - die Vollzeitpflege im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendli[X.]hen unter den Voraussetzungen des § 27 au[X.]h für Großeltern offenhalten. Dur[X.]h eine klarstellende Regelung soll künftig errei[X.]ht werden, dass allein die Bereits[X.]haft von Großeltern und anderen unterhaltspfli[X.]htigen Personen den Anspru[X.]h auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege bei diesen Personen ni[X.]ht auss[X.]hließt.“ In dieselbe Ri[X.]htung deuten die Ausführungen des Gesetzgebers zur Einfügung des § 39 Abs. 4 Satz 4 [X.] dur[X.]h dasselbe Änderungsgesetz im Jahre 2005 ([X.]. 15/3676 [X.]). Dort wird ausgeführt, es solle si[X.]hergestellt werden, „dass au[X.]h künftig Großeltern die Aufgabe von Pflegeeltern im Rahmen von Hilfe zur Erziehung na[X.]h den §§ 27, 33 übernehmen können, wenn die Leistungsvoraussetzungen na[X.]h § 27 vorliegen und der Hilfebedarf auf diese Weise gede[X.]kt werden kann.“

bb) Das angegriffene Urteil des [X.], das einen Anspru[X.]h der Klägerin auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege, zu Unre[X.]ht aufgrund der genannten überhöhten Anforderungen an die [X.] abgelehnt hat, stellt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht im Ergebnis als ri[X.]htig dar. Zwar ist dem Träger der Jugendhilfe bei der Auswahl der notwendigen Hilfeleistung ein geri[X.]htli[X.]h nur begrenzt überprüfbarer Eins[X.]hätzungsspielraum zuzuerkennen. Die Beklagte hat die Grenzen dieses Spielraums jedo[X.]h übers[X.]hritten (1). Bei der Selbstbes[X.]haffung der Jugendhilfeleistung durfte die Klägerin von der Notwendigkeit ihrer Hilfeleistung ausgehen (2).

(1) Die Beklagte hat die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§ 27 Abs. 1, § 33 Satz 1 [X.]) ni[X.]ht mit Erwägungen abgelehnt, die einer geri[X.]htli[X.]hen Überprüfung standhalten. Zwar ist die geri[X.]htli[X.]he Kontrolldi[X.]hte aufgrund der Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers (§ 36a Abs. 1 Satz 1 [X.]) bes[X.]hränkt. Weil dana[X.]h der Hilfeplan eine unverzi[X.]htbare Voraussetzung der Gewährung von Jugendhilfe bildet, ist es für die Beurteilung der Re[X.]htmäßigkeit ents[X.]heidend, ob die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe au[X.]h ohne eine s[X.]hriftli[X.]he Fixierung in einem Hilfeplan festgestellt werden kann. Dabei ist zu bea[X.]hten, dass es si[X.]h bei der Ents[X.]heidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe um das Ergebnis eines kooperativen pädagogis[X.]hen Ents[X.]heidungsprozesses unter Mitwirkung des Kindes bzw. des Jugendli[X.]hen und mehrerer Fa[X.]hkräfte handelt, wel[X.]hes ni[X.]ht den Anspru[X.]h objektiver Ri[X.]htigkeit erhebt, jedo[X.]h eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten soll, die fa[X.]hli[X.]h vertretbar und na[X.]hvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgeri[X.]htli[X.]he Überprüfung hat si[X.]h dabei darauf zu bes[X.]hränken, ob allgemeingültige fa[X.]hli[X.]he und re[X.]htli[X.]he Maßstäbe bea[X.]htet worden sind, ob keine sa[X.]hfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 - BVerwGE 109, 155 <167> und vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 Rn. 32).

Au[X.]h bei Zugrundelegung dieses Eins[X.]hätzungsspielraums erweist si[X.]h die Ablehnungsents[X.]heidung der [X.] jedo[X.]h als re[X.]htswidrig. Diese ist ni[X.]ht dur[X.]hweg von fa[X.]hli[X.]hen Gründen getragen, wel[X.]he die Geeignetheit oder die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Hilfe na[X.]hvollziehbar verneinen. Vielmehr hat si[X.]h das Jugendamt der [X.] an unzutreffenden re[X.]htli[X.]hen Maßstäben ausgeri[X.]htet, indem es die Gewährung von Hilfe zur Erziehung maßgebli[X.]h mit der Erwägung abgelehnt hat, dass kein Hilfebedarf bestehe, weil die Kinder s[X.]hon vor Antragstellung von der Klägerin gut betreut worden seien. Damit hat das Jugendamt der [X.] verkannt, dass es - wie oben dargelegt - bei der Frage, ob eine erzieheris[X.]he Mangelsituation vorliegt und damit ein erzieheris[X.]her Bedarf besteht, ni[X.]ht auf die Situation in der Pflegefamilie, sondern auf diejenige in der Herkunftsfamilie (der Eltern) ankommt. Weil au[X.]h sonst fa[X.]hli[X.]h dur[X.]hgreifende Gründe für die Verweigerung der Leistung fehlten, war die Hilfeplanung der [X.] insoweit als defizitär anzusehen, so dass die Steuerungsverantwortung des Jugendamts der [X.] für die selbst bes[X.]haffte Hilfe hier ni[X.]ht entgegensteht.

(2) Bei der Selbstbes[X.]haffung durfte die Klägerin von der Notwendigkeit der geleisteten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege ausgehen.

Hat das Jugendamt ni[X.]ht re[X.]htzeitig oder - wie hier - ni[X.]ht in einer den Anforderungen entspre[X.]henden Weise über eine begehrte Hilfeleistung ents[X.]hieden und bes[X.]hafft si[X.]h ein Leistungsbere[X.]htigter daraufhin die begehrte Leistung im Sinne von § 36a Abs. 3 [X.] selbst, so kann er an Stelle des [X.] den sonst diesem zustehenden und nur begrenzt geri[X.]htli[X.]h überprüfbaren Eins[X.]hätzungsspielraum für si[X.]h beanspru[X.]hen. Denn in dieser Situation ist er - obglei[X.]h ihm der Sa[X.]hverstand des [X.] fehlt - dazu gezwungen, im Rahmen der Selbstbes[X.]haffung eine eigene Ents[X.]heidung über die Geeignetheit und Erforderli[X.]hkeit einer Maßnahme zu treffen mit der Folge, dass si[X.]h die Verwaltungsgeri[X.]hte hinsi[X.]htli[X.]h der Geeignetheit und Erforderli[X.]hkeit der selbst bes[X.]hafften Hilfe auf eine fa[X.]hli[X.]he Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betra[X.]htung des Leistungsbere[X.]htigten zu bes[X.]hränken haben. Ist die Ents[X.]heidung des Leistungsbere[X.]htigten in diesem Sinne fa[X.]hli[X.]h vertretbar, kann ihr im Na[X.]hhinein ni[X.]ht etwa mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet oder notwendig gehalten (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 Rn. 34 m.w.[X.]).

Daran gemessen bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin von der Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung ausgegangen ist. Sie durfte die Aufnahme der Kinder in ihren Haushalt und die Gewährung von Vollzeitpflege als erforderli[X.]h ansehen, um das bestehende erzieheris[X.]he Defizit in der Herkunftsfamilie (ihrer To[X.]hter) zu de[X.]ken.

3. Die von der Klägerin erbra[X.]hte Vollzeitpflege duldete au[X.]h keinen zeitli[X.]hen Aufs[X.]hub im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]. Der erkennende Senat ist im Zusammenhang mit der sozialhilfere[X.]htli[X.]hen Hilfe zum Lebensunterhalt stets davon ausgegangen, dass s[X.]hon während des Verwaltungsverfahrens ein unaufs[X.]hiebbarer Bedarf vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <158>). Ni[X.]hts anderes gilt, wenn es - wie hier - um die De[X.]kung des erzieheris[X.]hen Bedarfs von Kleinkindern dur[X.]h jugendhilfere[X.]htli[X.]he Maßnahmen und die Si[X.]herstellung des Unterhalts geht (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 21).

4. Was die Re[X.]htsfolge des § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] betrifft, so ist die Klägerin dana[X.]h so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die (selbst bes[X.]haffte) Jugendhilfeleistung, auf die ein Anspru[X.]h bestand, re[X.]htzeitig bewilligt worden wäre. Denn in Fällen der vorliegenden Art entspri[X.]ht der Umfang der na[X.]h § 36a Abs. 3 Satz 1 [X.] von der [X.] zu übernehmenden erforderli[X.]hen Aufwendungen dem Betrag, der bei re[X.]htzeitiger Gewährung der Leistung vom Jugendhilfeträger na[X.]h den zugrunde liegenden öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 22 f.).

5. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 188 Satz 2 [X.]. 1 VwG[X.]

Meta

5 C 32/13

09.12.2014

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 27. Juni 2013, Az: 7 A 10040/13, Urteil

§ 27 Abs 1 SGB 8, § 27 Abs 2a SGB 8, § 33 S 1 SGB 8, § 36a Abs 1 SGB 8, § 36a Abs 3 SGB 8, § 39 Abs 1 SGB 8, § 39 Abs 4 SGB 8

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.12.2014, Az. 5 C 32/13 (REWIS RS 2014, 604)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2278 REWIS RS 2014, 604

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

12 C 16.1162 (VGH München)

Prozesskostenhilfe: Gewährung von Vollzeitpflege für eigenen Sohn durch dessen Großmutter


5 C 12/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Pflegegeld für die Großeltern eines Kindes; Zusammenleben von Großeltern, Eltern und Kind; Aufwendungsübernahme


M 18 K 16.5286 (VG München)

Ablehnung einer Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege


5 C 36/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Kürzung des Pflegegeldes bei Großelternpflege


RO 4 K 15.287 (VG Regensburg)

Großeltern als Pflegepersonen


Referenzen
Wird zitiert von

6 A 323/16

RO 4 K 15.287

M 18 K 18.5706

M 18 K 19.4217

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.