Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. XII ZB 625/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6272

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 625/10

vom

25. Mai 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 1791
a, 1835, 1836, 1897 Abs.
2, 1900, 1908
f, 1908
i;
[X.] §§
1, 3, 4, 5, 7; SGB
VIII §
54; FamFG §
277; [X.] §
67
a Abs.
4
a)
Wird ein Verein gemäß §
1791
a BGB selbst zum Vormund bestellt, kann er ge-mäß §
1836 Abs.
3 BGB keine Vergütung und keinen Aufwendungsersatz verlan-gen (Änderung der Senatsrechtsprechung -
Beschluss vom 14.
März 2007 -
XII
ZB
148/03
-
[X.], 900).
b)
Wird der Mitarbeiter eines Vereins, der gemäß §
1791
a BGB iVm §
54 Abs.
1 SGB
VIII zur Übernahme von Vormundschaften geeignet ist, zum Vormund be-stellt und ist er im Verein ausschließlich oder teilweise als solcher tätig (§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB analog), kann der Verein in entsprechender Anwendung von §
7 [X.] eine Vergütung und Aufwendungsersatz von der [X.] (im [X.] an Senatsbeschluss vom 14.
März 2007 -
XII
ZB
148/03
-
[X.], 900).
BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 -
XII ZB 625/10 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 25.
Mai 2011
durch die [X.] Richterin Dr.
Hahne, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten
zu
2 wird der Be-schluss des [X.] -
33.
Zivilsenat
-
zu-gleich Familiensenat
-
vom 28.
Oktober 2010 (33
UF
1539/10) aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu
2 wird der Beschluss des [X.] vom 30.
Juni 2010 (59
F
777/10) abgeän-dert.
Der Antrag des Beteiligten
zu
1
vom 31.
Dezember 2009, ihm für die Tätigkeit als Vormund aus der Staatskasse eine Vergütung nebst Auslagenersatz zu zahlen, wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung der Gerichtskosten
wird abgesehen. [X.] Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:
A.
Der Beteiligte zu
1 begehrt für seine Tätigkeit als Vormund von der Staatskasse eine Vergütung und Ersatz seiner Aufwendungen.
1
-
3
-
Mit Beschluss vom 23.
Juni 2008 bestellte das Amtsgericht den Beteilig-ten zu
1, das K.

J.

M.

e.V.,
zum Vormund für ein minderjähriges Kind.
Das Amtsgericht hat auf Antrag des Beteiligten zu
1 dessen Vergütung für das [X.] samt Auslagenersatz
auf 522,98

An-trag im Übrigen zurückgewiesen. Die hiergegen vom Vertreter der Staatskasse (im Folgenden Beteiligter
zu
2) eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesge-richt mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu
2 mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhe-bung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückweisung des vom Beteiligten zu
1 gestellten
Antrages.

Vorliegend findet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung, weil der [X.] vom 31.
Dezember 2009 datiert. Zutreffend hat das Be-schwerdegericht
darauf hingewiesen, dass ein Antrag, der im Rahmen eines Dauerverfahrens,
wie etwa einer Vormundschaft,
gestellt wird und zu einer End-
entscheidung im Sinne des §
38 FamFG führt, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art.
111 Abs.
2 [X.]-RG einleitet ([X.] FamRZ 2010, 1760; [X.] FamRZ
2010, 1102).
2
3
4
5
6
-
4
-
I.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus §
70 Abs.
1 FamFG, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der
Präsident des [X.], der die Rechts-beschwerde für den Beteiligten zu
2 eingelegt hat, ist gemäß §
114 Abs.
3
Satz
2
FamFG postulationsfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 7.
Juli 2010 -
XII
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149/10
-
FamRZ 2010, 1544).

II.
Die Rechtsbeschwerde ist
begründet. Der selbst zum [X.] bestellte Verein, der Beteiligte zu
1,
kann von der Staatskasse weder Vergütung noch Aufwendungsersatz beanspruchen.
1. Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, dem Beteiligten zu
1 stehe ein Vergütungsanspruch in analoger Anwendung des §
277 Abs.
4 FamFG
zu. Dies folge aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts, wonach es in die Berufsausübung des Vereins eingreife, ihm von [X.] wegen jede Vergütung für die Führung von gerichtlich übertragenen [X.] zu versagen. Dieser
Auffassung habe sich auch der [X.] mit Beschluss vom 14.
März 2007 ([X.], 900) angeschlossen. Auch wenn er nicht über die Vergütung für Tätigkeiten eines selbst zum [X.] bestellten Vereins entschieden habe, könnten die von ihm aufgestellten Grundsätze auf das vorliegende Verfahren übertragen werden. Den Erwägun-gen des [X.]
könne auch nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der höchstrichterlich
beanstandeten Regelungs-7
8
9
10
-
5
-
lücke bewusst an der Gesetzesfassung festgehalten und damit den Weg für eine Analogie versperrt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Verabschiedung des [X.]-Reformgesetzes die spezielle Problematik der Vergütung von
Vereinstätigkeiten in Vormundschaften in den Blickpunkt des Gesetzgebers gelangt sei. Einer Analogie stehe auch nicht entgegen, dass [X.] aus tatsächlichen Gründen kein Bedürfnis bestehe. Es lasse sich kaum rechtfertigen, dem Verein den Vergütungsanspruch nur für den Fall zu gewäh-ren, dass der Vereinsmitarbeiter gewissermaßen mit der "Tarnkappe" der per-sönlichen Bestellung für den Verein agiere. Vielmehr überzeuge die Erwägung des [X.], dass es auf die gewählte rechtliche Konstruktion der Vormundschaft bzw. Pflegschaft im Einzelfall nicht ankommen könne und damit auch der Verein bei seiner Bestellung zum Vormund vergütungsberechtigt sei.
Einem
Vergütungsanspruch der Vereine stehe auch nicht entgegen, dass
sie für ihre Tätigkeit durch die Städte und Gemeinden finanzielle Unterstützung erführen, da diese unbeschadet ihres Umfangs allenfalls in einzelnen [X.] Bereichen ohne Rechtsanspruch und unter dem jederzeitigen Vorbehalt ei-ner Kürzung oder Einstellung gewährt werde.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der nach §
1791
a BGB zum [X.] bestellte Beteiligte zu
1 kann ebenso wenig wie ein gemäß §
1900 BGB zum Betreuer bestellter Verein von der Staatskasse eine Vergütung bzw. Aufwendungsersatz beanspruchen.
Insoweit hält der Senat an seiner Rechtsprechung (Senatsbeschluss vom 14.
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-
[X.], 900, 901) nicht fest.
Allerdings sind die zur Vergütung und zum Aufwendungsersatz eines Betreuungsvereins bestehenden Vorschriften auf den [X.] entsprechend anzu-11
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13
-
6
-
wenden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14.
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-
FamRZ
2007, 900).
a) Ein Vergütungsanspruch des Beteiligten zu
1 scheitert daran, dass er als Verein selbst zum Vormund bestellt worden ist.
Nach §§
1836 Abs.
3, 1908
i Abs.
1 Satz
1
BGB kann weder ein zum [X.] noch ein zum Vormund bestellter Verein eine Vergütung beanspruchen.
Ebenso wenig kann er von der Staatskasse gemäß §
1835 Abs.
5 Satz
1 BGB Ersatz seiner
Aufwendungen verlangen ([X.]/[X.] BGB 70.
Aufl. §
1835 Rn.
21) bzw.
nach §
1835
a Abs.
5 BGB eine Aufwandsentschädigung beanspruchen.
aa) Die
überwiegende Meinung lehnt daher einen Vergütungsanspruch des zum Betreuer bestellten Vereins ab ([X.] Betreuungsrecht 4.
Aufl. §
1900 BGB Rn.
6; A.
Roth in [X.] BGB 12.
Aufl. §
1900 BGB Rn.
15; [X.] 2007, 449; krit. [X.] in [X.]. §
7 [X.] Rn.
5
f.; [X.] Beschluss vom 25.
Februar 2009 -
4
T
107/09
-
unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 14.
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148/03
-
[X.], 900). Ebenso lehnt die herrschende Meinung
einen Vergütungsanspruch des zum Vormund bestellten Vereins ab ([X.] FamRZ 2011, 61, 62; OLG Düsseldorf
BtPrax 2010, 126; [X.]/B.
Hamdan in [X.] 5.
Aufl. §
1791
a BGB Rn.
14; S.
C. Saar in [X.] BGB 12.
Aufl. §
1791
a BGB Rn.
4 und [X.]. zu §
1836 Rn.
3; [X.] 2007, 449).
bb) Der Senat folgt dieser Auffassung. Soweit der Senat in seinem Be-schluss vom 14.
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-
[X.], 900, 901) zum [X.] ausgeführt hat, dass es für den Vergütungsanspruch uner-heblich sei, ob der Mitarbeiter des Vereins oder der Verein selbst zum Vormund bestellt werde, hält er daran nicht mehr fest.
14
15
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-
7
-
(1) Der Wortlaut des §
1836 Abs.
3 BGB und der hierzu ausdrücklich er-klärte Wille des Gesetzgebers lassen eine Vergütung des zum Betreuer bzw. zum Vormund bestellten Vereins nicht zu. Nach
der Gesetzesbegründung
kann uss für [X.] noch eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen"
(BT-Drucks.
11/4528 S.
157). Der Gesetzgeber hat sich zu dieser Regelung bekannt und sie für die Betreuungsvereine fortgeschrieben, wie sich aus der weiteren Begründung zum Entwurf des Betreuungsgesetzes vom 11.
Mai 1989 ergibt (BT-Drucks.
11/4528 S.
157). Dort heißt es: "Wird ein Verein als solcher unter den Voraussetzungen des §
1900 Abs.
1
E zum Betreuer bestellt, so kann er nach §
1908
i Abs.
1 iVm
§
1835 Abs.
5, §
1836 Abs.
4
E (heute §
1836 Abs.
3) keine Vergütung und Aufwendungsersatz lediglich bei ausreichendem Vermögen des Betreuten verlangen."
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber auch bei der Einführung des [X.] über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) keine Veranlassung gesehen hat, die Vor-schrift des §
1836 Abs.
3 BGB zu modifizieren. Vielmehr hat er auch in §
277 Abs.
2 FamFG ausdrücklich auf sie verwiesen.
(2) Die Einräumung eines Vergütungs-
bzw. Aufwendungsersatzan-spruchs
des -
zum Betreuer bzw. Vormund bestellten
-
Vereins ist auch verfas-sungsrechtlich nicht geboten (anders noch Senatsbeschluss vom 14.
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-
[X.], 900, 901). Das [X.] hat entschieden, dass
"wenn der Staat für Aufgaben, deren ordentliche [X.] im öffentlichen Interesse liegt, Staatsbürger oder private Institutionen nicht nur beruflich in Anspruch nimmt, sondern ihnen ein berufliches Tätigkeits-feld sogar zuweist", er sicherzustellen habe, "dass sie, wenn sie staatlicherseits in Anspruch genommen werden, dafür eine angemessene Entschädigung erhal-18
19
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-
8
-
ten" ([X.] FamRZ 2000, 414). Dabei hat das [X.]
nicht verlangt, dass sowohl dem Verein als auch seinem Mitglied ein Vergü-tungsanspruch zustehen müsse; vielmehr hat es nur bemängelt, dass keinem von beiden eine Vergütung eingeräumt worden sei ([X.] FamRZ 2000, 414, 415). Von daher ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend, wenn die Bestellung eines Vereinsmitarbeiters möglich ist und diese einen Vergütungs-anspruch nach sich zieht. Dies gilt umso mehr, als der Verein gemäß §§
1791
a Abs.
1 Satz
2 Halbsatz
2, 1900 Abs.
1 Satz
2 BGB nicht gegen seinen Willen bestellt werden und er somit regelmäßig auf die Bestellung eines seiner Mitar-beiter hinwirken kann.
(3) Im Übrigen bestehen auch nachvollziehbare Gründe, warum der Ge-setzgeber bei einer Bestellung des Vereins selbst von einer Vergütung abgese-hen hat. Wird der Verein
zum Betreuer (bzw. Vormund) bestellt, hat das Gericht keine Möglichkeit, auf die Auswahl der die Betreuung (bzw. Vormundschaft) tatsächlich durchführenden
Person Einfluss zu nehmen. Dem Verein bleibt es im Falle seiner Bestellung zudem unbenommen, ehrenamtliche Hilfskräfte, die gemäß §
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB selbst nicht zum Vereinsbetreuer bestellt werden könnten (BT-Drucks.
11/4528 S.
126; [X.] Betreuungsrecht 4.
Aufl. §
1897 BGB Rn.
4; [X.] 2007, 449; aA [X.]/[X.] BGB §
1897 Rn.
6),
zur Erfüllung seiner konkreten Aufgabe heranzuziehen. Auch dies spricht gegen eine Vergütung.
b) Wird jedoch der Mitarbeiter eines [X.]s zum [X.] bestellt, kann der Verein hierfür eine Vergütung beanspruchen. Denn die zugunsten eines Betreuungsvereins bestehenden Vergütungsvorschriften der §§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB, 7 [X.] sind insoweit entsprechend auch auf ei-nen [X.] anzuwenden.
21
22
-
9
-
aa) Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Betreuungsvereins gemäß §
1908
f BGB, die wiederum den Vergütungsanspruch bedingen, ent-sprechen im Wesentlichen den Anforderungen, die ein Verein erfüllen muss, um als [X.] gemäß §
1791
a BGB iVm §
54 SGB
VIII für geeignet er-klärt zu werden. Während das Betreuungsrecht jedoch dem Betreuungsverein gemäß §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] iVm §
1897 Abs.
2 BGB einen Vergütungsan-spruch einräumt, fehlt eine entsprechende Regelung zugunsten des Vormund-schaftsvereins.
bb) Ob die Vorschriften zur Vergütung des Betreuungsvereins auch zu-gunsten eines [X.]s entsprechend anzuwenden sind, ist strei-tig.
Während die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Li-teratur eine entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Vergütung eines Betreuungsvereins auf das Vormundschafts-
bzw. [X.] ablehnt (BayObLG FamRZ 2002, 1363; FamRZ 2003, 1588; [X.] FamRZ 2001, 1401
f.; s. auch [X.] 2007, 449), spricht sich die Gegenauffassung für eine analoge Anwendung aus (vgl. OLG
Koblenz FamRZ 2011, 61, 62; s.
auch OLG Köln FamRZ 2001, 1400, 1401; [X.]/[X.], Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige 3.
Aufl. §
14 Rn.
12
f.; [X.]/Westermann BGB 12.
Aufl. [X.].
zu §
1836 BGB Rn.
3).
cc) Der Senat erachtet eine analoge Anwendung des dem Betreuungs-verein
eingeräumten Vergütungs-
und Aufwendungsersatzanspruches auf den [X.] im Ergebnis nach wie vor für geboten. In Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 14.
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-
[X.], 900) sind indes nicht die Vorschriften zur Vergütung einer Verfahrenspflegschaft (§
67
a Abs.
4 [X.] bzw. jetzt §
277 Abs.
4 FamFG), sondern diejenigen zur 23
24
25
26
-
10
-
Vergütung der Betreuung selbst (§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB iVm
§
7 [X.]) entsprechend heranzuziehen, wenn es in der Sache um die Ausübung einer Vormundschaft geht. Dabei ist statt der von §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] in Bezug genommenen §§
4, 5 [X.], die speziell auf die Vergütung des Betreuers zu-geschnitten sind, §
3 [X.] anzuwenden, der die Vergütung des Vormunds betrifft.
Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bzw. Unvollstän-digkeit voraus
(BGHZ 149, 166, 174). Weitere Voraussetzung ist, dass der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der [X.] geregelt hat. Es muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer Inte-ressenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre ([X.], 140, 143).
Diese Voraussetzungen sind regelmäßig erfüllt, wenn der Mitarbeiter ei-nes anerkannten [X.]s unter den entsprechenden Vorausset-zungen des §
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB zum Vormund bestellt wird.
(1) Es besteht eine Regelungslücke, weil der Gesetzgeber den [X.]schaftsverein nicht mit einem Vergütungsanspruch bedacht hat. Diese Lücke ist auch planwidrig. Zwar besagt §
1836 Abs.
3 BGB, dass einem Verein keine Vergütung bewilligt werden kann. Gemäß der Verweisung in §
1908
i Abs.
1 Satz
1 BGB auf §
1836 Abs.
3 BGB gilt dies jedoch gleichermaßen für den Betreuungsverein, dem dennoch eine Vergütung für seine zum Vereinsbe-treuer bestellten Mitarbeiter zu gewähren ist.
(2) Der zur Überprüfung stehende Tatbestand ist auch mit dem vom Ge-setzgeber geregelten vergleichbar.
27
28
29
30
-
11
-
In der Gesetzesbegründung zum Betreuungsgesetz heißt es, "die Einbe-ziehung der auf dem Gebiet der Betreuung Volljähriger tätigen Vereinigungen in i-nigungen kommt traditionell eine wichtige Rolle zu. Dies hat seinen Grund zum einen in den von ihnen geführten [X.]schaften und -pflegschaften Fortschritte bei der effizienten Gestaltung ihrer Vormundschafts-
und Pfleg-
schaftsarbeit erzielt worden" (BT-Drucks.
11/4528 S.
100). Zur Einführung des Vereinsbetreuers (§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB) heißt es in der [X.] weiter, "Voraussetzung ist jeweils, dass der Verein als Betreuungsverein
anerkannt ist. Der Anreiz für den Verein, die dafür erforderlichen Mindestanfor-derungen (vgl. §
1908
f [X.]) zu erfüllen, soll vor allem darin bestehen, dass ihm, wenn er einen Vereinsbetreuer nach §
1897 Abs.
2 Satz
1 [X.] stellt, in diesem Fall (anstelle des Mitarbeiters) bestimmte Ansprüche auf Aufwendungs-ersatz und Vergütung zustehen (§
1908
e [X.]).
Die
entsprechenden Erwägungen gelten für den [X.]. Vor allem muss er seit 1991 im Wesentlichen dieselben Anforderungen wie ein Betreuungsverein
erfüllen
(s. dazu §
1908
f BGB), um als Verein zum Vormund bestellt werden zu können. Gemäß §
54 Abs. 2 SGB
VIII muss der Verein ge-währleisten, dass er eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter hat und [X.] beaufsichtigen, weiterbilden und gegen Schäden
angemessen versichern wird. Ferner muss er
sich planmäßig um die Gewinnung von Einzelvormündern und Einzelpflegern bemühen, diese in ihre Aufgaben einführen, fortbilden
und sie sowie Bevollmächtigte beraten
und einen Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern ermöglichen.
Legt man zudem das in
der Gesetzesbegründung vom 11.
Mai 1989 verwendete Zahlenmaterial zugrunde, zeigt sich, dass die Bedeutung der Vor-31
32
33
-
12
-
mundschaftsvereine neben den [X.] jedenfalls nicht gering ist. Danach gab es seinerzeit etwa 250.000 Erwachsenenvormundschaften
und -pflegschaften, wovon 15
% als [X.] und
7
% als [X.] geführt wurden. Ihnen standen 700.000 Vormundschaften und Pflegschaften über Minderjährige gegenüber, wovon 70 bis 80
% Amts-
und [X.] aus-machten (BT-Drucks.
11/4528 S.
103).
(3) Eine analoge Anwendung erscheint schließlich auch aus verfas-sungsrechtlichen Gründen geboten. Genauso wie ein Betreuungsverein fällt auch der [X.] nach Art.
19 Abs.
3 GG unter den Anwen-dungsbereich von Art.
12 Abs.
1 GG (vgl. [X.] NJW 2002, 2091). Ähnlich wie bei den [X.] hat der Gesetzgeber den [X.] gemäß §
54 Abs.
2 SGB
VIII u.a. aufgegeben, eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter vorzuhalten und sich um die Gewinnung von Einzelvor-mündern und Einzelpflegern zu bemühen. Wenn der Gesetzgeber aber eine solche Konstruktion wählt, mit der er sich zur Aufgabenerfüllung wesentlich auch auf die Tätigkeit von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern stützt, ist eine dem Erfordernis der ständigen Bereithaltung qualifizierten [X.] angemessene Vergütung festzusetzen. Bleibt bei der Festsetzung der [X.] unberücksichtigt, dass die Vereine solche fixen Vorhaltekosten
für ihr qualifiziertes Personal haben, das zum Einsatz kommt, überschreitet diese bestimmte Vergütungshöhe die Grenze der Zumutbarkeit und verletzt das Grundrecht aus Art.
12
Abs.
1 GG ([X.] NJW 2002, 2091, 2092 zum [X.]). Die Berücksichtigung seiner entsprechend bestehenden Vorhalte-kosten im vorgenannten Sinne kann ein [X.] allerdings nur erreichen, wenn einer seiner Mitarbeiter als "[X.]"
bestellt wird und dem Verein hierfür ein eigener Vergütungsanspruch zuerkannt wird.
34
-
13
-
Im Übrigen spricht auch das Gleichheitsgebot aus Art.
3 Abs.
1 iVm
Art.
19 Abs.
3 GG für eine entsprechende Regelung, weil eine Ungleichbehand-lung der Vereine trotz der
insoweit vergleichbaren Tatbestände nicht zu [X.] sein dürfte.
(4) Demgemäß ist §
7 [X.] entsprechend anzuwenden, wenn das [X.] den Mitarbeiter eines nach §
1791
a BGB iVm §
54 SGB
VIII geeigneten Vereins zum Vormund bestellt und dieser dort ausschließlich oder teilweise als solcher tätig ist (§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB analog). Freilich ist anstatt der aus-schließlich für den Betreuer geltenden Vergütungsvorschriften der §§
4
ff. [X.] der §
3 [X.] anzuwenden, der den Stundensatz des Vormunds regelt. Weitere Folgen der analogen Anwendung des §
7 [X.] sind, dass die Be-rufsmäßigkeit der Tätigkeit des handelnden Vormunds gemäß §
7 Abs.
1 Satz
2 iVm
§
1 Abs.
1 [X.] nicht mehr festgestellt zu werden braucht, die Bestellung eines Mitarbeiters zum "[X.]" der Einwilligung des Vereins bedarf (§
1897 Abs.
2 Satz
1 BGB) und dass dem bestellten Mitarbeiter kein eigener Vergütungs-
und Aufwendungsersatzanspruch zusteht (§
7 Abs.
3 [X.] ana-log).
c) Der Senat verkennt nicht, dass die [X.]e, die sich im Hinblick auf den Senatsbeschluss
vom 14.
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148/03
-
[X.], 900) im Vertrauen auf einen eigenen Vergütungsanspruch als Verein zum Vormund haben bestellen lassen, von einer Vergütung ebenso ausgeschlossen sind wie die für sie tätigen Mitarbeiter, da sie selbst nicht zum Vormund
bestellt worden sind.
Ob sich gegebenenfalls aus einem Rechtsgrund außerhalb des [X.] ein Anspruch des Beteiligten zu
1 ergibt, soweit er sich 35
36
37
-
14
-
im Vertrauen auf die bisherige Senatsrechtsprechung zum Vormund hat bestel-len lassen, bedarf keiner Entscheidung; denn ein solcher Anspruch steht hier nicht in Rede.

Hahne

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.06.2010 -
59 [X.]/10 -

[X.], Entscheidung vom 28.10.2010 -
33 UF 1539/10 -

Meta

XII ZB 625/10

25.05.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.05.2011, Az. XII ZB 625/10 (REWIS RS 2011, 6272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6272

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