Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2014, Az. XI ZB 40/11

11. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6516

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Gegenstand

Aussetzung eines Schadensersatzprozesses wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung und Prospekthaftung während der Dauer eines Kapitalanleger-Musterverfahrens


Leitsatz

Eine analoge Anwendung des § 148 ZPO scheidet im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG (in der bis einschließlich 31. Oktober 2012 geltenden Fassung) bzw. des § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG (in der ab 1. November 2012 geltenden Fassung) mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus. Das gilt auch für die Fälle, in denen eine Aussetzung nach dem KapMuG unzulässig ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 21. November 2011 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des [X.] wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des [X.] vom 14. September 2011 teilweise aufgehoben und die Fortsetzung des Verfahrens hinsichtlich des Streitverhältnisses des [X.] zur Beklagten zu 1) angeordnet.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Kläger begehrt Schadensersatz im Zusammenhang mit der von ihm über die Beklagte zu 1) am 29. Oktober 2004 gezeichneten Beteiligung an der                     [X.] (im Folgenden: [X.]). Die Beteiligung wurde, wie im Beteiligungsangebot vorgesehen, teilweise obligatorisch durch ein Darlehen der Beklagten zu 2) finanziert.

2

Mit der Klage will der Kläger von beiden Beklagten als Gesamtschuldner unter anderem seinen Eigenkapitalanteil zurückgezahlt erhalten und von den Verpflichtungen aus dem Darlehen und von den steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen seiner Beteiligung freigestellt werden. Er macht gegen die Beklagte zu 1) Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung und gegen die Beklagte zu 2) Ansprüche aus Prospekthaftung und daneben wegen Verletzung ihrer Nebenpflichten aus dem Darlehensverhältnis geltend.

3

Beim [X.] ist ein Verfahren nach dem [X.] (nachfolgend: [X.]) durchgeführt worden, in dem die Beklagte zu 2) Musterbeklagte zu 2) ist. Das [X.] hat am 30. Dezember 2011 ([X.] 1/07, BeckRS 2012, 01153) einen Musterentscheid erlassen, gegen den Rechtsbeschwerde beim [X.] unter dem Aktenzeichen [X.] eingelegt worden ist. Über die Rechtsbeschwerde ist noch nicht entschieden.

4

2. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das [X.] mit Beschluss vom 17. Februar 2009 das Verfahren "nach § 148 ZPO analog ausgesetzt, bis das [X.]-Verfahren des [X.] rechtskräftig abgeschlossen ist". Gegen den Aussetzungsbeschluss hat die Beklagte zu 1) am 3. März 2009 sofortige Beschwerde eingelegt, diese jedoch am 5. März 2009 wieder zurückgenommen. Mit Schreiben vom 16. August 2011 hat der Kläger beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen und zu betreiben. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hat das [X.] mit Beschluss vom 14. September 2011 abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich lediglich gegen die fortbestehende Aussetzung des Verfahrens gegenüber der Beklagten zu 1) wendet. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des [X.] mit Beschluss vom 21. November 2011 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

5

Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidung des [X.] und teilweiser Aufhebung des Beschlusses des [X.]s zur Anordnung der Fortsetzung des Klageverfahrens des [X.] gegen die Beklagte zu 1).

6

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ([X.], 1433, mit ablehnender Anmerkung [X.], EWiR 2012, 643, 644) im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Aussetzung gemäß § 148 ZPO liege im Ermessen des Gerichts. Die entsprechende Ermessensentscheidung des [X.]s sei in der Rechtsmittelinstanz nur insoweit überprüfbar, ob das Gericht das Ermessen überhaupt ausgeübt habe, ob die Voraussetzungen dafür vorlägen und ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden seien. Die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Erstgericht sei nicht zu überprüfen.

8

Die Aussetzung sei offensichtlich sachgerecht und jedenfalls nicht zu beanstanden. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass im Referentenentwurf des [X.] vom 21. Juli 2011 eine ausdrückliche Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 1 [X.] auch auf Fälle der Anlageberatung und -vermittlung vorgesehen sei. Die Ansicht des [X.]s, dass Sinn und Zweck des [X.] die Einbeziehung solcher Rechtsstreitigkeiten nicht gebiete, werde also offensichtlich nicht geteilt. Unabhängig davon hafte der Vermittler nicht, wenn der Prospekt richtig sei. Genau diese Frage sei jedoch Gegenstand des [X.].

9

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die Ablehnung der Verfahrensfortsetzung durch das [X.] als rechtsfehlerfrei angesehen.

a) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung steht der Aufhebung des [X.] nicht entgegen, dass dieser - mangels Einlegung eines Rechtsbehelfs durch den Kläger - rechtskräftig geworden ist. Die dadurch eingetretene Unanfechtbarkeit gilt nur für den Aussetzungsbeschluss selbst, nicht aber für eine Entscheidung des [X.]s, mit der der Aussetzungsbeschluss aufgehoben wird (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2146 Rn. 12 mwN) oder der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens abgelehnt wird (vgl. [X.], ZPO, 22. Aufl., § 150 Rn. 11 zur Anwendbarkeit des § 252 ZPO). Dies folgt aus §§ 150, 250 ZPO, die die Aufnahme eines ausgesetzten Verfahrens grundsätzlich zulassen und die Entscheidung darüber in das Ermessen des Gerichts stellen, soweit nicht einerseits ein Aussetzungszwang oder andererseits eine Fortsetzungspflicht besteht (vgl. Senatsbeschluss aaO). Aufgrund dessen stellt eine Aufhebung des [X.] auch keine Umgehung der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO dar (Senatsbeschluss aaO Rn. 13).

b) Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht von einer eingeschränkten Prüfungsbefugnis in Bezug auf das Vorliegen eines Aussetzungsgrundes ausgegangen.

aa) Soweit die Aussetzung - wie hier bei § 148 ZPO - in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, kann zwar die Entscheidung im [X.] nur auf Ermessensfehler kontrolliert werden. Das Beschwerdegericht hat jedoch uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist ([X.], Beschluss vom 12. Dezember 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 1289, 1290 mwN). Ist kein Aussetzungsgrund gegeben, bleibt für ein Ermessen nach § 150 ZPO kein Raum, sondern es besteht eine Fortsetzungspflicht. So liegt der Fall hier.

bb) Eine Aussetzung nach § 148 ZPO kommt nicht in Betracht, weil dessen Voraussetzungen - wie der Senat für vergleichbare Fälle bereits entschieden hat - nicht vorliegen (Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - [X.], [X.], 1359 Rn. 18 und vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2146 Rn. 16; vgl. auch [X.], Beschluss vom 28. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 575 Rn. 6 mwN).

cc) Auch eine analoge Anwendung des § 148 ZPO scheidet aus.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.]s rechtfertigt die Tatsache, dass in einem anderen Verfahren über einen gleich oder ähnlich gelagerten Fall nach Art eines Musterprozesses entschieden werden soll, noch keine Aussetzung analog § 148 ZPO ([X.], Beschluss vom 28. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 575 Rn. 7 mwN). Denn die Vorschrift stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren, sondern auf die Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht, so dass die bloße Übereinstimmung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage die Aussetzung noch nicht erlaubt ([X.], Beschluss vom 28. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 575 Rn. 7 mwN). Dem entsprechend hat auch der Gesetzgeber mit § 7 [X.] (in der bis einschließlich 31. Oktober 2012 geltenden Fassung, nachfolgend: aF; jetzt § 8 [X.] in der ab dem 1. November 2012 geltenden Fassung, nachfolgend: nF) und § 93a VwGO eigens spezialgesetzliche Grundlagen für eine von § 148 ZPO beziehungsweise der parallelen Vorschrift des § 94 VwGO an sich nicht mehr gedeckte Aussetzung von Musterverfahren geschaffen ([X.], Beschluss vom 28. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 575 Rn. 7 mwN).

(2) Nach diesen Maßstäben scheidet eine analoge Anwendung des § 148 ZPO im Anwendungsbereich des § 7 [X.] aF (bzw. § 8 [X.] nF) mangels Regelungslücke von vornherein aus. Gleiches gilt für die Fälle der vorliegenden Art, in denen die Aussetzung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF unzulässig ist. Auch in diesen Fällen besteht keine unbeabsichtigte Regelungslücke. Es würde eine vom Gesetzeszweck des [X.] nicht gedeckte Umgehung der speziellen Regelungen über die Zulässigkeit von Aussetzungen in Anbetracht eines laufenden [X.] darstellen, wenn über eine analoge Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 148 ZPO eine Aussetzung in den Fällen möglich wäre, die nach § 7 [X.] aF (bzw. § 8 [X.] nF) ausdrücklich nicht ausgesetzt werden dürfen.

c) Die Aussetzung kann entgegen der Intention des [X.] und der Beschwerdeerwiderung auch nicht auf § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF gestützt werden. Die Aussetzung des Rechtsstreits durch das [X.] nach § 7 [X.] aF wäre unzulässig.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.]s zu § 1 [X.] aF können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche gegen einen Anlageberater oder Anlagevermittler auf die Schlechterfüllung eines Beratungs- oder Auskunftsvertrages oder auf § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB bzw. die Grundsätze der so genannten Prospekthaftung im weiteren Sinne gestützt werden, von vornherein nicht Gegenstand eines [X.] sein. Das gilt auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines fehlerhaften Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermittlung ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Juni 2008 - [X.], [X.]Z 177, 88 Rn. 15; vom 16. Juni 2009 - [X.], [X.], 1359 Rn. 9 und [X.], juris Rn. 9; vom 30. November 2010 - [X.], [X.], 110 Rn. 11; vom 21. Dezember 2010 - [X.], [X.], 493 Rn. 10; [X.] und 29/10, jeweils juris Rn. 10; siehe dazu Anmerkung [X.], [X.], 89; vom 25. Januar 2011 - [X.], juris Rn. 9; vom 12. April 2011 - [X.], juris Rn. 9; vom 17. Mai 2011 - [X.], juris Rn. 9 sowie [X.], Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - [X.], [X.], 110 Rn. 12, 15; vom 4. Dezember 2008 - [X.], juris, Rn. 15 ff. und vom 13. Dezember 2011 - [X.], [X.], 115 Rn. 14).

In Fällen, in denen - wie hier - nach § 1 [X.] aF ein Musterverfahren nicht durchgeführt werden kann, ist nach der Rechtsprechung des [X.]s eine Aussetzung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF unzulässig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2009 - [X.], [X.], 1359 Rn. 7 und [X.], juris Rn. 7; vom 8. September 2009 - [X.] bis 38/08 sowie [X.] und [X.], jeweils juris Rn. 6 und [X.], [X.] und 8/09, jeweils juris Rn. 6, zu letzteren siehe Anmerkung [X.], [X.], 398; vom 6. Oktober 2009 - [X.] bis 18/09 und 20 bis 21/09, jeweils juris Rn. 6; vom 10. November 2009 - [X.] bis 30/09, jeweils juris Rn. 6; vom 8. Dezember 2009 - [X.] und [X.], jeweils juris Rn. 6; vom 25. Januar 2011 - [X.], juris Rn. 8; vom 12. April 2011 - [X.], juris Rn. 8; vom 17. Mai 2011 - [X.], juris Rn. 8 und vom 30. November 2011 - [X.], [X.], 110 Rn. 10). Einem fehlerhaft nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF ausgesetzten Verfahren ist jedenfalls auf Verlangen Fortgang zu geben. Es ist einem Kläger nicht zuzumuten, dass ein wegen Verletzung von Beratungspflichten geführter Prozess ausgesetzt bleibt und er unabsehbare [X.] auf das Ergebnis des [X.] warten muss, obwohl nicht feststeht, dass es auf den Ausgang des [X.] in seinem Prozess tatsächlich ankommt. Hinzu kommt, dass der Anleger durch die Aussetzung Rechtsnachteile erleiden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2146 Rn. 13 mwN).

bb) Entgegen der Ansicht des [X.] und der Beschwerdeerwiderung hat sich an dieser Rechtslage durch das am 1. November 2012 in [X.] getretene Gesetz zur Reform des [X.]es und zur Änderung anderer Vorschriften vom 19. Oktober 2012 ([X.], vgl. dazu Wolf/[X.], NJW 2012, 3751 ff.; [X.]/[X.], [X.] 2012, 890 ff. und [X.], [X.], 7 ff.) für den vorliegenden Fall nichts geändert.

(1) Nach der Übergangsvorschrift des § 27 [X.] nF ist auf Musterverfahren, in denen vor dem 1. November 2012 bereits mündlich verhandelt worden ist, das [X.] in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. In dem Verfahren [X.] 1/07 ist vor dem [X.] bereits vor dem 1. November 2012 mündlich verhandelt und ein Musterentscheid erlassen worden ([X.] München, Beschluss vom 30. Dezember 2011 - [X.] 1/07, BeckRS 2012, 01153, juris Rn. 141). Für die Frage der Zulässigkeit der Aussetzung ist daher vorliegend § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF und die dazu ergangene Rechtsprechung des [X.]s weiterhin maßgeblich.

(2) Entgegen der Ansicht des [X.] besteht aufgrund der Neufassung des [X.] auch keine Veranlassung, die bisherige Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der Aussetzung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF in Fällen, in denen kein [X.]antrag nach § 1 [X.] aF gestellt werden konnte, zu ändern.

(a) An der Grundaussage der Senatsrechtsprechung, dass ein originär nicht musterverfahrensfähiger Rechtsstreit nicht über die Aussetzung zur Teilnahme am Musterverfahren bestimmt werden darf, hat § 8 [X.] nF nichts geändert. Zwar ist durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nF der Anwendungsbereich des [X.] auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen unterlassener Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, erweitert worden. Jedoch setzt eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF ebenso wie nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF voraus, dass die geltend gemachten [X.] überhaupt Gegenstand des [X.] sein können. Trotz der Erweiterung des Anwendungsbereichs des [X.] können nicht unter Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation begangene [X.] - wie beispielsweise das Verschweigen von Rückvergütungen - nicht Gegenstand eines [X.] sein, weil der Bezug zu einer öffentlichen Kapitalmarktinformation fehlt (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 17). Ein insofern gestellter [X.]antrag muss nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nF als unzulässig verworfen werden. Ein Rechtsstreit, in dem der [X.]antrag als unzulässig verworfen werden müsste, kann nicht durch Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF musterverfahrensfähig werden, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nF als auch § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] nF verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt.

(b) Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 [X.] nF abweichend von der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2146 Rn. 13) die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 20), so bestehen dagegen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken (vgl. Wolf/[X.], NJW 2012, 3751, 3753). Diesen Bedenken und der Frage einer möglichen revisionsrechtlichen Überprüfung des angesprochenen [X.] muss hier nicht näher nachgegangen werden, da die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nF jedenfalls nicht als Begründung für eine Änderung der Rechtsprechung zu § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] aF herangezogen werden kann.

(c) Darüber hinaus nimmt die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ausdrücklich Bezug auf den Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 ([X.], [X.], 1359 = NJW 2009, 2539) und begründet die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 252 ZPO gegen eine Aussetzungsentscheidung mit den tragenden Erwägungen der Senatsrechtsprechung (vgl. BT-Drucks. 17/8799 S. 21), so dass auch aus diesem Grund eine Änderung der im genannten Senatsbeschluss aufgestellten [X.] jedenfalls für die Aussetzung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF nicht veranlasst ist.

3. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des Beschwerde- und des [X.] bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und [X.] die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache unterliegende Partei zu tragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.], [X.], 110 Rn. 18 mwN).

Joeres                     Ellenberger                   Maihold

             Menges                        Derstadt

Meta

XI ZB 40/11

08.04.2014

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 21. November 2011, Az: 19 W 1831/11, Urteil

§ 148 ZPO, § 7 Abs 1 S 1 KapMuG vom 16.08.2005, § 8 Abs 1 S 1 KapMuG vom 19.10.2012

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2014, Az. XI ZB 40/11 (REWIS RS 2014, 6516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6516

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