Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.05.2017, Az. 6 C 10/15

6. Senat | REWIS RS 2017, 10190

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Gegenstand

Nichtvorlagefähigkeit einer Sendung


Leitsatz

1. Die Nichtbefassung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vor Erlass von Maßnahmen der Kommission für den Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten bei nichtvorlagefähigen Sendungen i.S.v. § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV (juris: JMedienSchStVtr HE 2009) stellt ein die Rechtswidrigkeit des Aufsichtsbescheids begründendes Verfahrenshindernis dar.

2. Eine nicht live ausgestrahlte Sendung ist nur dann nichtvorlagefähig i.S.d. § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV, wenn zwischen Fertigstellung und Ausstrahlung nach einem objektiven, dem Gedanken des effektiven Jugendmedienschutzes verpflichteten Maßstab keine Zeit mehr für eine Vorlage bei der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle verbleibt, ohne das Sendekonzept des Veranstalters zu vereiteln.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem die Beklagte einen Verstoß der Klägerin gegen [X.] durch die Ausstrahlung einer Fernsehsendung feststellte.

2

Die Klägerin ist eine private Rundfunkanbieterin und Mitglied der von der Beklagten anerkannten Einrichtung "Freiwillige [X.]" ([X.]). Im Jahre 2009 strahlte sie die neunte Staffel des [X.] "..." aus, das von einer Fremdfirma in ihrem Auftrag produziert wurde. Gegenstand des Formats ist das Zusammenleben mehrerer Menschen über einen längeren Zeitraum in einem eigens für sie eingerichteten und mit entsprechender Kameratechnik ausgestatteten Haus, dem sog. "...Haus". Ein Pay-TV-Anbieter übertrug über einen eigenen Kanal live über 23 Stunden täglich Bilder aus dem Haus. Die Klägerin selbst strahlte in ihrem bundesweit verbreiteten Programm "..." während der damaligen Staffel täglich eine Zusammenfassung der Ereignisse des Vortages und der Morgenstunden des Sendetages (sog. Tageszusammenfassung) sowie einmal wöchentlich eine Entscheidungsshow aus, in der jeweils einer der Bewohner aufgrund einer Zuschauerentscheidung aus dem Haus ausziehen musste.

3

Die Produktion der Tageszusammenfassungen begann mit der Sichtung der Live-Bilder parallel zu ihrer Aufzeichnung im Hinblick auf die Verwertbarkeit der Szenen. Dabei erstellte die Produktionsgesellschaft zwischen 28 und 40 einzelne, zur späteren Ausstrahlung bestimmte Aufnahmeparzellen. Diese wurden Stück für Stück am Sendetag zwischen 9:00 Uhr und 15:30 Uhr bzw. 17:30 Uhr sowie in Ausnahmefällen auch später an die Klägerin übertragen. Bei den Parzellen handelte es sich jeweils um [X.] ohne Vertonung. Der zugehörige Off-Text als Sendungsuntermalung lag der Klägerin ab 13:00 Uhr des [X.] vor. Die Vertonung der Sendung selbst erfolgte nach Abnahme aller [X.] zwischen 16:00 Uhr und 17:30 Uhr des [X.]. Dieser Zeitpunkt verschob sich in Ausnahmefällen je nach Übertragung der letzten Parzellen. Somit lag der Klägerin eine ausstrahlungsfertige Sendung in der Regel zwischen 18:30 Uhr und 19:00 Uhr am [X.] vor. Teilweise bedurfte es des Sendens in mehreren Teilen, wenn es zuvor zu Verzögerungen gekommen war. In diesen Fällen lag sogar um 19:00 Uhr die vollständige Sendung noch nicht vor.

4

Die beklagte Landesmedienanstalt legte die Aufzeichnung der Tageszusammenfassung vom 25./26. März 2009, die die Klägerin am 26. März 2009 zwischen 19 und 20 Uhr ausgestrahlt hatte, nachträglich der [X.] ([X.]) vor. Das Überspielen dieser Tageszusammenfassung vom Produktionsbereich an die Klägerin zur Ausstrahlung hatte am 26. März 2009 um 18:01 Uhr begonnen. Sie war in Echtzeit erfolgt, so dass die Sendung am [X.] frühestens um 18:48 Uhr sendebereit bei der Klägerin vorgelegen hatte. In der Sendung wurden über einen Zeitraum von ca. 4 Minuten mehrere "Bettszenen" zusammengeschnitten, die durch eine eingespielte Stimme entsprechend kommentiert wurden. Außerdem enthielt die Sendung eine Aufzeichnung verschiedener Gespräche, bei denen es um die Planung und den Vollzug von Geschlechtsverkehr ging.

5

Die [X.] beschloss, einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 JMStV festzustellen, weil die Sendung geeignet sei, Kinder unter zwölf Jahren in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu beeinträchtigen. Die Beklagte erließ nach Anhörung der Klägerin in Umsetzung des Beschlusses einen rundfunkaufsichtlichen Bescheid, mit dem sie unter Ziffer 1 auf den Verstoß hinwies, unter Ziffer 2 anordnete, diesen Verstoß zukünftig zu unterlassen, und unter Ziffer 3 feststellte, dass es sich bei den Tageszusammenfassungen um vorlagefähige Sendungen handele und kein Verfahrenshindernis bestehe. Die daraufhin von der Klägerin eingeschaltete [X.] verneinte demgegenüber eine Verletzung jugendmedienschutzrechtlicher Bestimmungen.

6

Widerspruch und Klage gegen den Bescheid hatten keinen Erfolg. Auf die Berufung der Klägerin hat der [X.] das erstinstanzliche Urteil geändert und den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Die Beklagte sei zwar zuständig, aber nicht befugt, die aufsichtlichen Maßnahmen und Feststellungen nach Ausstrahlung der Sendung zu treffen. Die Tageszusammenfassung sei eine nichtvorlagefähige Sendung, weshalb vor Erlass des Bescheids die [X.] hätte beteiligt werden müssen. Aufgrund der unterbliebenen Beteiligung sei der Bescheid rechtswidrig, weil seinem Erlass ein Verfahrenshindernis entgegenstehe.

7

Als nichtvorlagefähige Sendung sei ein Angebot eines Rundfunkveranstalters zu verstehen, das nach dessen zugrunde zu legendem Konzept durch einen [X.] gekennzeichnet sei, der eine Vorlage an eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle zur Überprüfung mit dem für sie erforderlichen zeitlichen Vorlauf vor Ausstrahlung nicht zulasse. Dieses Verständnis führe nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des ebenfalls Verfassungsrang genießenden Jugendschutzes. Der Jugendschutz werde sowohl für vorlagefähige als auch für nichtvorlagefähige Sendungen gewährleistet. Dabei seien die [X.] und die nachträgliche Kontrolle bei [X.] Sendungen prinzipiell gleichwertig. Bei dem vorliegenden Format sei die Tagesaktualität unmittelbarer Bestandteil des Konzepts der Klägerin als Rundfunkveranstalterin. Durch die [X.] könne das Sendematerial der [X.] nicht mit dem für eine Vorlage erforderlichen zeitlichen Vorlauf zur Verfügung gestellt werden, ohne die Ausstrahlung nach dem Konzept des Anbieters wegen Aktualitätsverlusts überflüssig zu machen.

8

Ziffer 3 des Bescheids sei auch deshalb rechtswidrig, weil es für die Feststellungen der Vorlagefähigkeit der Sendung und des Nichtbestehens eines Verfahrenshindernisses an einer Rechtsgrundlage fehle.

9

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Mit dem [X.] komme der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Gewährleistung eines effektiven Jugendmedienschutzes nach. Der Jugendmedienschutz fordere präventive Maßnahmen, die Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen vorbeugten. Die Vorlage und Prüfung einer Sendung vor ihrer Ausstrahlung müsse daher der Regelfall, die nachträgliche Kontrolle nichtvorlagefähiger Sendungen der Ausnahmefall sein. Es sei ein Vorrang der Vorabkontrolle durch eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuerkennen. Nichtvorlagefähig sei demnach unter Berücksichtigung der Rundfunkfreiheit eine Sendung nur, wenn es dem Veranstalter im konkreten Einzelfall entweder objektiv unmöglich sei, die Sendung vor der Ausstrahlung vorzulegen, oder eine Vorlage zwar möglich, aber ihm unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar sei. Hier hätte die Klägerin ihre Programmierung und die Produktionsbedingungen so gestalten können, dass eine Vorlage möglich gewesen wäre.

Die Klägerin verteidigt das berufungsgerichtliche Urteil.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO, § 22 [X.]), soweit der Verwaltungsgerichtshof die Ziffer 1 und 2 des angefochtenen Bescheids als rechtswidrig aufgehoben hat. Da der [X.] insoweit ohne weitere Feststellungen zum Sachverhalt nicht entscheiden kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO; unter 1.). Im Übrigen ist die Revision unbegründet (unter 2.).

1. Der angefochtene Bescheid beruht auf § 20 Abs. 1 und 2 des [X.] über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien ([X.] - [X.]) in der hier maßgeblichen Neufassung vom 28. Juli 2009 (HessGVBl. [X.] ff.), geändert durch Art. 2 des [X.] vom 30. Oktober/20. November 2009 (HessGVBl. I 2010 S. 55, 61 f.). Stellt danach die zuständige [X.] fest, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-[X.] verstoßen hat, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Handelt es sich bei dem Anbieter um einen Rundfunkveranstalter (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), trifft nach § 20 Abs. 2 [X.] die zuständige [X.] durch die [X.] entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung.

Der Erlass eines Aufsichtsbescheids durch die beklagte [X.] aufgrund einer Entscheidung der [X.] setzt die Feststellung eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Jugendmedienschutz-[X.] voraus. Im Falle der beabsichtigten Ausstrahlung einer Sendung verpflichtet § 5 [X.] den Rundfunkveranstalter aus Gründen des vorbeugenden effektiven [X.], seine Programmgestaltung an den Belangen des [X.] auszurichten (a)). Für die Kontrolle der Einhaltung dieser Pflicht ist nach der Konzeption des Jugendmedienschutz-[X.] vorrangig die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle zuständig, wenn ihr eine Sendung vor der Ausstrahlung vorgelegt wird und der Rundfunkveranstalter deren Entscheidung berücksichtigt hat oder die Sendung nichtvorlagefähig ist. In beiden Fällen ist nur eine nachrangige eingeschränkte Entscheidungsbefugnis der [X.] nach § 20 Abs. 3 [X.] gegeben (b)). Angesichts dieses Kontrollsystems ist die Nichtvorlagefähigkeit einer Sendung aus Gründen des effektiven [X.] nicht aus Sicht des [X.], sondern objektiv in Abgrenzung zur vorlagefähigen Sendung zu beurteilen. Insoweit verletzt das angefochtene Urteil [X.] Recht (c)). Es bedarf weiterer Feststellungen, um anhand dieses Maßstabes die Nichtvorlagefähigkeit der Tageszusammenfassung beurteilen zu können. Der [X.] kann daher die Sache nicht abschließend entscheiden (d)). Ist die Tageszusammenfassung aufgrund der weiteren Feststellungen als vorlagefähig zu beurteilen, war wegen der unterbliebenen Vorlage dieser Sendung bei der [X.] die [X.] gemäß § 20 Abs. 1 und 2 [X.] befugt, über das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 5 [X.] zu entscheiden. Diese Entscheidung der [X.] ist vollständig gerichtlich überprüfbar (e)).

a) Der [X.] geht von der Verantwortung des [X.] für die Einhaltung der in den §§ 4 bis 6 [X.] enthaltenen Anforderungen an den Jugendmedienschutz vor der Ausstrahlung einer Sendung aus. Diese Verantwortung gilt für alle von ihm verbreiteten Sendungen einschließlich sog. [X.] und unabhängig davon, ob es sich um eine Eigen-, Auftrags- bzw. Koproduktion oder - wie hier - um eine Fremdproduktion handelt (ebenso zur Verantwortung eines [X.] für Werbeinhalte in Sendungen: [X.], Urteil vom 22. Juni 2016 - 6 [X.] 9.15 [X.]:[X.]:[X.]:2016:220616U6[X.]9.15.0 - [X.]E 155, 270 Rn. 24).

Für die streitgegenständliche Sendung ist § 5 [X.] maßgebend, nach dessen Absatz 1 der Anbieter, der Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge zu tragen hat, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen die Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen. Gemäß § 5 Abs. 3 [X.] kann der Anbieter dieser Pflicht bei entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten durch die in [X.] genannten technischen oder sonstigen Vorkehrungen oder gemäß Nr. 2 durch eine entsprechende Wahl des Ausstrahlungszeitpunkts unter Berücksichtigung der betroffenen Altersstufe erfüllen. § 5 [X.] hat zum Ziel, dass Sendungen, die zu einer [X.] von Kindern und Jugendlichen einer bestimmten Altersstufe geeignet sind, nicht zu einem [X.]punkt ausgestrahlt werden, in dem sie ihre beeinträchtigende Wirkung entfalten können. Er dient damit dem vorbeugenden effektiven Jugendschutz. Sendungen, die eine Eignung zur [X.] aufweisen, sollen entweder nicht oder erst zu einem späteren, die Beeinträchtigung ausschließenden [X.]punkt im Tagesprogramm des [X.] ausgestrahlt werden. Der hiermit bezweckte präventive Jugendmedienschutz verlangt daher von dem Rundfunkveranstalter, seine Entscheidungen über die Verbreitung einer Sendung so zu treffen, dass ihre entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Pflicht des [X.] bestehen nicht. Zwar fallen die Entscheidungen eines Anbieters über die Gestaltung seines Programms und somit auch für eine [X.] in den Schutzbereich seiner von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten [X.]. Die [X.] ist in [X.] und gewährleistet, dass der Rundfunkveranstalter frei von externer Einflussnahme entscheiden kann, wie er seine publizistische Aufgabe erfüllt ([X.], Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 [X.]:[X.]:[X.]:1998:rs19980220.1bvr066194 - [X.]E 97, 298 <310> m.w.N.). Vom Grundrechtsschutz umfasst sind die Art und Weise der Darstellung im Rundfunk, unabhängig davon, ob es sich um ein eher informatives oder eher unterhaltendes Sendeformat handelt ([X.], Urteil vom 5. Juni 1973 - 1 BvR 536/72 - [X.]E 35, 202 <222 f.>; Beschluss vom 15. Januar 2004 - 1 BvR 1807/98 [X.]:[X.]:[X.]:2004:rk20040115.1bvr180798 - [X.]K 2, 231 <234>; [X.], Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 [X.] 13.01 - [X.]E 116, 5 <23>).

Ihre Grenze finden die [X.] und die von ihr grundsätzlich geschützten Entscheidungen des [X.] über die Gestaltung seines Programms nach Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juni 1981 - 1 [X.] - [X.]E 57, 295 <321>). Hiermit hat der Gesetzgeber das verfassungsrechtliche Interesse an einem effektiven Jugendschutz hervorgehoben, der in erster Linie wirkungsvoller Präventivmaßnahmen bedarf, um erkannte Gefahrenquellen rechtzeitig auszuschalten (vgl. [X.], Beschluss vom 23. März 1971 - 1 BvL 25/61 - [X.]E 30, 336 <347 f., 350>). Die sich aus § 5 Abs. 1 [X.] ergebende Pflicht des [X.] ist - wie dargestellt - Ausdruck dieses verfassungsrechtlichen Interesses des effektiven Jugendschutzes und schränkt die [X.] angesichts ihrer Zielsetzung und der berührten Schutzgüter nicht unverhältnismäßig ein.

b) Die Feststellung eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 [X.] durch die [X.] bzw. die zuständige [X.] nach § 20 Abs. 1 und 2 [X.] kommt wegen des Zensurverbots in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG nur nachrangig in Betracht. Nach der Konzeption des [X.] obliegt die Prüfung der Einhaltung der [X.] nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 [X.] vorrangig grundsätzlich der nach § 19 [X.] anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle, wenn der Rundfunkveranstalter ihr - wie die Klägerin der [X.] - angeschlossen ist ([X.])). In den Fällen des § 20 Abs. 3 [X.] ist die [X.] gehindert, von ihrer Entscheidungsbefugnis nach § 20 Abs. 1 und 2 [X.] ohne vorherige Beteiligung der anerkannten Einrichtung Gebrauch zu machen ([X.])).

[X.]) Tritt die [X.] an einen Rundfunkveranstalter mit dem Vorwurf heran, er habe gegen Bestimmungen dieses [X.] verstoßen, und weist der Veranstalter nach, dass er die Sendung vor ihrer Ausstrahlung einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt und deren Vorgaben beachtet hat, sind nach § 20 Abs. 3 Satz 1 [X.] Maßnahmen der [X.] nur zulässig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des [X.] überschreitet. Bei [X.] Sendungen ist nach § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] vor Maßnahmen bei behaupteten Verstößen gegen den Jugendschutz, mit Ausnahme von Verstößen gegen § 4 Abs. 1 [X.], durch die [X.] zunächst die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle, der der Rundfunkveranstalter angeschlossen ist, zu befassen; Satz 1 gilt entsprechend. Der [X.] räumt damit der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle sowohl bei ihr vorgelegten als auch bei [X.] Sendungen ein vorrangiges Entscheidungsrecht ein, das durch die Medienaufsicht nur begrenzt überprüfbar ist (vgl. [X.]. 15/4371 S. 32; [X.]/Held, in: [X.][X.] [Hrsg.], Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 1 [X.] Rn. 21).

Dieses System der sog. "regulierten Selbstregulierung" soll einerseits einen Anreiz für private Rundfunkveranstalter schaffen, sich einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und ihr Sendungen zur Prüfung vorzulegen, um im Falle ihrer Verbreitung Verstöße gegen die Bestimmungen des [X.] zu vermeiden. Andererseits soll aufgrund der zwar eingeschränkten, aber bestehenden Kontrolle der Medienaufsicht gewährleistet bleiben, dass das System der Selbstkontrolle funktioniert (vgl. [X.]/Held, a.a.[X.], § 1 [X.] Rn. 22 ff.).

Auch wenn die materiellen Maßstäbe für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 5 [X.] sowohl bei der Prüfung durch eine anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle als auch bei der Entscheidungsbefugnis der [X.] bzw. der zuständigen [X.] nach § 20 Abs. 1 und 2 [X.] identisch sind, verhindert hiernach allein die nur bei vorlagefähigen Sendungen in Betracht kommende präventive Kontrolle durch eine anerkannte Einrichtung vor der Ausstrahlung eines Angebots eine Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die nachträgliche Kontrolle nicht vorgelegter oder nichtvorlagefähiger Sendungen kann lediglich begangene Verstöße gegen den [X.] sanktionieren und nur über die Sanktion auf das zukünftige Verhalten des [X.] einwirken. Der Vorabkontrolle von Sendungen durch eine anerkannte Einrichtung kommt damit ein grundsätzlicher Vorrang zu; zudem trägt sie den Belangen der [X.] am Maßstab des [X.] hinreichend Rechnung (so auch die Gesetzesbegründung; vgl. [X.]. 15/4371 S. 32).

[X.]) Eine originäre Entscheidungsbefugnis der [X.] bzw. der zuständigen [X.] nach § 20 Abs. 1 und 2 [X.] besteht hiernach nur, wenn der Rundfunkveranstalter einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle nicht angeschlossen ist oder er zwar angeschlossen ist, aber die vorlagefähige Sendung nicht vorgelegt hat. Darüber hinaus ist dieses Stufenverhältnis bei [X.] Sendungen ausgeschlossen, die den Tatbestand des § 4 Abs. 1 [X.] erfüllen.

Mit Blick hierauf ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die in § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] vorgesehene Befassung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle durch die [X.] vor dem Erlass von Maßnahmen ein Verfahrenshindernis darstellt, wenn der Anbieter der zu prüfenden Sendung einer solchen Einrichtung angeschlossen ist (ebenso Prütting, [X.], 775 <779>; [X.], in: [X.] [Hrsg.], [X.], 1. Aufl. 2017, § 20 Rn. 39; [X.]/Ring/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], Rundfunkst[X.]tsvertrag - [X.], § 20 [X.] Rn. 12, 23). Da das Prinzip des Vorrangs der Selbstkontrolle nach der Konzeption des Jugendmedienschutz-[X.] auch bei [X.] Sendungen gilt und die aufsichtlichen Befugnisse der [X.] eingeschränkt sind, handelt es sich im Falle der Verletzung des § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] - abweichend von § 46 VwVfG [X.] - um einen die Rechtswidrigkeit und Aufhe[X.]arkeit des Aufsichtsbescheids der [X.] begründenden Verfahrensfehler, der einem Tätigwerden der [X.] nach § 20 Abs. 1 und 2 [X.] entgegensteht.

c) Das angefochtene Urteil verletzt jedoch [X.] Recht, soweit das Berufungsgericht einen einseitig auf die [X.] des [X.] abstellenden Begriff der [X.] Sendung [X.]. § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] zugrunde legt, der maßgeblich auf den [X.]punkt der Vorlage der Sendung beim Rundfunkveranstalter, dessen Sendekonzept und den von ihm festgelegten Ausstrahlungszeitpunkt abstellt. Vielmehr fordert die Beurteilung einer Sendung als nichtvorlagefähig aus Gründen des effektiven [X.] einen objektiven Maßstab. Eine nicht live ausgestrahlte Sendung ist nur dann nichtvorlagefähig, wenn zwischen Fertigstellung und Ausstrahlung nach einem objektiven, dem Gedanken des effektiven [X.] verpflichteten Maßstab keine [X.] mehr für eine Vorlage bei einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle verbleibt, ohne das [X.] zu vereiteln. Dieses Begriffsverständnis folgt aus dem Sinn und Zweck des Jugendmedienschutz-[X.] ([X.])) und wird durch dessen Begründung bestätigt ([X.])). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (cc)).

[X.]) Der Gesetzgeber ist mit den Regelungen im [X.] seiner Pflicht nachgekommen, die widerstreitenden [X.] der [X.] einerseits und des verfassungsrechtlich geschützten [X.] andererseits zum Ausgleich zu bringen. Die dort normierten Zuständigkeiten und Prüfungsbefugnisse der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle und der [X.] sollen Kinder und Jugendliche vor ihre Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigenden oder gefährdenden Angeboten sowie vor menschenunwürdigen oder strafrechtlich relevanten Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien schützen (§ 1 [X.]). Dieser Schutzzweck wird durch das System der regulierten Selbstregulierung gewährleistet. Es würde unterlaufen, wenn es der Rundfunkveranstalter in der Hand hätte, durch seine Entscheidungen über die Produktion, das Sendekonzept und den Ausstrahlungszeitpunkt eine Vorlagefähigkeit der Sendung wie bei sog. [X.] auszuschließen und damit die Reichweite der im [X.] angelegten präventiven Maßnahme der Selbstkontrolle zu bestimmen. Die Kontrolle der Einhaltung der dem Jugendmedienschutz dienenden §§ 4 bis 6 [X.] dürfen nicht der Dispositionsbefugnis des [X.] unterfallen, weil ansonsten der Jugendmedienschutz und das System der regulierten Selbstregulierung entwertet werden würden.

Die Kontrolle der Beachtung der [X.] fordert einen objektiven Maßstab der Nichtvorlagefähigkeit einer Sendung, der gewährleistet, dass die effektive Selbstkontrolle vor Ausstrahlung einer vorlagefähigen Sendung von dem Rundfunkveranstalter nicht unterlaufen wird. Demzufolge ist eine nicht live ausgestrahlte Sendung nur dann nichtvorlagefähig, wenn zwischen Fertigstellung und Ausstrahlung nach einem objektiven, dem Gedanken des effektiven [X.] verpflichteten Maßstab keine [X.] mehr für eine Vorlage bei einer anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle verbleibt, ohne das [X.] zu vereiteln.

[X.]) Die objektive Abgrenzung der [X.] von der vorlagefähigen Sendung wird durch die amtliche Begründung zu § 20 Abs. 3 [X.] bestätigt. Zu dessen Satz 1 führt sie aus, dass die dort normierte Vorabkontrolle durch die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle und die damit verbundene eingeschränkte Aufsicht durch die [X.] bei Angeboten in Betracht kommen soll, die zu einer Vorlage geeignet, also vorlagefähig sind. Das sind alle Angebote, die mit dem für eine Vorlage erforderlichen zeitlichen Vorlauf vor Ausstrahlung oder der Einstellung ins [X.] auf einem Trägermedium zur Verfügung stehen und insoweit vorlagefähig sind. In Abgrenzung hierzu sind Sendungen nichtvorlagefähig [X.]. § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.], die wie Livesendungen oder aktuelle Einspielungen, z.B. in Nachrichtensendungen, keiner Selbstkontrolleinrichtung vor Ausstrahlung hätten vorgelegt werden können, ohne die Ausstrahlung wegen [X.]ablaufs überflüssig zu machen (vgl. [X.]. 15/4371 S. 50). Entscheidend ist hiernach, ob die Sendung hätte vorgelegt werden können, ohne das Sendekonzept zu vereiteln.

cc) Das objektive Verständnis der [X.] Sendung führt nicht zu einer unzulässigen Einschränkung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten [X.] des [X.]. Der [X.] hat nach seiner Konzeption den Schwerpunkt der Prävention auf die regulierte Selbstregulierung gelegt und die Einhaltung der [X.] vor der Ausstrahlung der Verantwortung des [X.] und den anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle übertragen. Das Erfordernis einer objektiven Beurteilung der Nichtvorlagefähigkeit einer Sendung ist geeignet und erforderlich, um die Ziele des Jugendschutzes zu erreichen, eine Gefährdung und Beeinträchtigung der Entwicklung oder Erziehung von Kindern und Jugendlichen effektiv zu verhindern. Denn es gewährleistet nach den vorstehenden Ausführungen, dass der Rundfunkveranstalter auch bei [X.] seiner Verantwortung für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen Rechnung trägt. Es erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne, weil die materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstäbe nicht berührt werden, sondern die Qualifizierung einer Sendung als vorlagefähig oder nichtvorlagefähig nur über die vorrangige und uneingeschränkte Kontrollzuständigkeit entscheidet. Handelt es sich um eine nichtvorlagefähige Sendung, weil eine Vorlage das Sendekonzept vereiteln würde, verbleibt die Kontrollkompetenz im Sinne der regulierten Selbstregulierung vorrangig bei der anerkannten Einrichtung; ist die Sendung als vorlagefähig anzusehen, ist bei unterbliebener Vorlage nur die [X.] zur Prüfung befugt. Die [X.] des [X.] bleibt in ihrem Kernbereich geschützt, weil eine Nichtvorlagefähigkeit gegeben ist, wenn eine Vorlage das Sendekonzept gegenstandslos werden lässt. Die Wechselwirkung zwischen den beiden widerstreitenden Rechtsgütern wird damit zu einem dem Rundfunkveranstalter zumutbaren Ausgleich gebracht, weil auch die Reichweite des Jugendschutzes seinerseits seine Grenze in der [X.] findet (vgl. zu diesem Maßstab [X.], Beschluss vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 2172/96 - [X.]E 95, 220 <237>; [X.], Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 [X.] 13.01 - [X.]E 116, 5 <25>).

d) Der [X.] kann auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen, ihn bindenden Feststellungen nicht abschließend über die Nichtvorlagefähigkeit der Tageszusammenfassung und das Bestehen eines Verfahrenshindernisses entscheiden. Hierzu bedarf es weiterer vom Berufungsgericht zu treffender Tatsachenfeststellungen, weshalb das angefochtene Urteil mangels Entscheidungsreife teilweise aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Die Feststellung der Nichtvorlagefähigkeit einer fremdproduzierten Sendung erfordert zunächst die Prüfung des frühestmöglichen [X.]punkts, in dem die Sendung bei dem Rundfunkveranstalter vorliegen kann, sodann die Feststellung des [X.]punkts, bis zu dem die Sendung ausgestrahlt werden kann, ohne dass das [X.] vereitelt wird, und schließlich die Beurteilung, ob innerhalb dieses [X.]raums die anerkannte Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle in der Lage wäre, unverzüglich eine Kontrolle der Sendung durchzuführen.

Die gebotene objektive Betrachtung des frühestmöglichen [X.]punkts, zu dem die Sendung bei dem Rundfunkveranstalter vorliegen kann, verlangt bei der hier in Rede stehenden Tageszusammenfassung die Aufklärung, ob nicht ein früherer Produktionsbeginn in Betracht kommt, indem die Aufnahmeparzellen nicht erst am Sendetag, sondern bereits unmittelbar nach der Sichtung der Bilder, die parallel zur Aufzeichnung der Livebilder erfolgt, an die Klägerin übertragen werden. Sodann bedarf es der weiteren Feststellungen, ob und in welchem Umfang die Ausstrahlung der Tageszusammenfassung noch auf einen späteren [X.]punkt verschoben werden kann, ohne dass das [X.] vereitelt wird. Bei tagesaktuellen Sendungen ist festzustellen, ob deren Verbreitung am Tag ihrer Produktion nach dem Konzept des Veranstalters unverzichtbar ist und nicht zumindest eine Verschiebung zu dem vom Rundfunkveranstalter im Voraus festgelegten Ausstrahlungszeitpunkt um wenige Stunden in Betracht kommt. Ob schließlich der [X.]raum zwischen diesen beiden [X.]punkten für eine Vorlage ausreichen kann, hängt von den noch aufzuklärenden tatsächlichen Umständen über die Arbeitsweise der [X.] ab. Entscheidend ist zum einen, welchen [X.]bedarf die [X.] für die Kontrolle einer Sendung von ca. 48 Minuten Dauer und die unverzügliche Abgabe einer Stellungnahme benötigt. Zum anderen ist aufzuklären, innerhalb welcher [X.]spanne die [X.] bei der [X.] nach Eingang des [X.] die Prüfung vornehmen könnte, wenn sie in der Lage wäre, unmittelbar nach Eingang des Antrags mit der Prüfung zu beginnen und nach deren Abschluss die Entscheidung dem Rundfunkveranstalter zu übermitteln, um zeitnah eine Ausstrahlung zu ermöglichen. Diese Angaben sind maßgeblich für die Beurteilung, ob innerhalb des festzustellenden [X.]raums eine Vorlage aus objektiver Sicht möglich ist. Dabei können sich unzureichende Ressourcen bei der [X.] nicht zugunsten der Klägerin auswirken. Denn der [X.] erfordert eine sachgerechte Ausstattung einer anerkannten Einrichtung (§ 19 Abs. 3 Nr. 2 [X.]), damit sie ihre präventive Kontrollfunktion effektiv und in angemessener [X.] wahrnehmen kann.

e) Sollte das Berufungsgericht aufgrund der noch zu treffenden Feststellungen die streitgegenständliche Sendung als vorlagefähig beurteilen und damit kein Verfahrenshindernis nach § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] vorliegen, käme es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids auf das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 5 [X.] an. Hierfür gibt der [X.] angesichts der sich widersprechenden Äußerungen der [X.] einerseits und der [X.] andererseits folgende Hinweise für das weitere Verfahren.

[X.]) Die Annahme eines Verstoßes gegen § 5 [X.] unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle. Nach der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Entscheidungen der Bundesprüfstelle, ob eine Schrift jugendgefährdend ist, kommt ein Beurteilungsspielraum nicht in Betracht, wenn eine vom Gesetzgeber eigens eingerichtete Stelle wie auch die Fachgerichte sich auf Seiten des Kinder- und Jugendschutzes im Rahmen des verfahrensrechtlich Möglichen Gewissheit darüber zu verschaffen haben, welchen schädigenden Einfluss die konkrete Schrift ausüben kann. Die Annahme eines wie auch immer gearteten [X.] der Bundesprüfstelle ist damit in diesem Bereich unvereinbar. Denn was zur Herstellung praktischer Konkordanz mit der Kunstfreiheit in die jeweilige W[X.]gschale zu werfen ist, unterliegt uneingeschränkter richterlicher Kontrolle ([X.], Urteil vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]E 91, 211 <215 f.>). Diese Rechtsprechung ist auf die Feststellung der Eignung eines Angebots zur Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aufgrund der gegebenen Vergleichbarkeit zu übertragen. Die [X.] als vom Gesetzgeber mit [X.] ausgestattete Stelle wie auch die Fachgerichte haben sich im Bereich des Jugendmedienschutz-[X.] innerhalb ihrer Befugnisse mit dem Verhältnis widerstreitender [X.] - der [X.] einerseits und dem Jugendschutz andererseits - zueinander zu befassen und sich Gewissheit über die Eignung entwicklungsbeeinträchtigender Angebote zu verschaffen. Dies hat ebenfalls uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle zu unterliegen.

Die Einräumung eines [X.] ergibt sich ebenso wenig aus dem Gesetz. Zwar beschränkt § 20 Abs. 3 [X.] die Befugnis der [X.] zur Überprüfung vorangegangener Entscheidungen der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle auf die Einhaltung der rechtlichen Grenzen des [X.]. Diese Formulierung ist indes allein Ausdruck des Vorrangs der Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle (vgl. [X.]/Held, in: [X.][X.], [Hrsg.], a.a.[X.], § 20 [X.] Rn. 2 ff.; [X.], in: [X.] [Hrsg.], a.a.o., § 20 Rn. 29 ff.). Nicht aber ist damit vom Gesetzgeber mit Blick auf § 5 Abs. 1 [X.] die Aussage verbunden, dass den zuständigen Gremien für die Beurteilung der Eignung eines Angebots zur Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ein entsprechender Spielraum zukommen soll (ebenso [X.], Urteil vom 23. März 2011 - 7 BV 09.2512 - VG[X.] BY 64, 68 = NJW 2011, 2678 Rn. 41; [X.], in: [X.] [Hrsg.], a.a.[X.], § 20 [X.] Rn. 32).

Da die [X.] die Feststellung eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-[X.] als sachverständiges Gremium trifft, deren Mitglieder nach § 14 Abs. 6 Satz 1 [X.] weisungsunabhängig sind, sind ihren Entscheidungen zugrunde liegenden Wertungen bei ihrer gerichtlichen Überprüfung als sachverständige Aussagen anzusehen (vgl. auch [X.], Urteil vom 23. März 2011 - 7 BV 09.2512 - VG[X.] BY 64, 68 = NJW 2011, 2678 Rn. 43 ff.; zu den Entscheidungen der Bundesprüfstelle [X.], Urteil vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]E 91, 211 <215 f.>). Die sachverständigen Äußerungen der [X.] können nur erschüttert werden, wenn der Rundfunkveranstalter sie in vergleichbarer Weise in Zweifel ziehen kann. Hierfür eignen sich grundsätzlich die Stellungnahmen der anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle zu den behaupteten Verstößen, weil es sich bei ihnen ebenfalls um Äußerungen eines mit Sachverständigen besetzten, unabhängigen Gremiums handelt (vgl. § 19 Abs. 3 [X.] [X.]). Ob die von der Klägerin eingeholte, einen Verstoß ablehnende Stellungnahme der [X.] nach dem Maßstab des § 5 Abs. 1 [X.] (s. nachfolgend unter [X.])) tatsächlich geeignet ist, die Wertungen der [X.] in Zweifel zu ziehen, hat das Berufungsgericht zu beurteilen. Die gerichtliche Kontrolle erfordert es hier, die einander widersprechenden Äußerungen zu würdigen und gegebenenfalls über weitere gerichtliche Aufklärungsmaßnahmen gemäß § 86 Abs. 1 VwGO zu entscheiden.

[X.]) Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass die Ausstrahlung der Tageszusammenfassung in der [X.] zwischen 19 und 20 Uhr geeignet war, die Entwicklung von Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Die Länder haben sich bei dieser Regelung an § 14 Abs. 1 Jugendschutzgesetz orientiert (vgl. [X.]. 15/4371 S. 38), der für Film- und Spielprogramme eine entsprechende Formulierung enthält.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Eignung lässt sich anhand der gesetzlichen Konkretisierungen durch Auslegung ermitteln, auch wenn dessen Ausfüllung sachspezifische und prognostische Elemente umfasst. Kinder und Jugendliche bedürfen des Schutzes und der Hilfe, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der [X.] zu entwickeln, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht ([X.], Beschluss vom 29. Juli 1968 - 1 BvL 20/63 u.a. - [X.]E 24, 119 <144> m.w.N.).

Der Begriff Eigenverantwortlichkeit verweist insbesondere auf [X.] Reife und Fähigkeit zu [X.]m Kontakt; die Gemeinschaftsfähigkeit als Entwicklungsziel erhält angesichts zunehmender Individualisierung und Entsolidarisierung besondere Bedeutung ([X.] u.a., a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 12; [X.], in: [X.]/Schuster [Hrsg.], Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 5 [X.] Rn. 5). Das Angebot muss geeignet sein, die Entwicklung dieser Komponenten der Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Derartige Beeinträchtigungen liegen bei Hemmungen, Störungen oder Schädigungen vor. Sie sind insbesondere gegeben, wenn Störungen durch Reizüberflutung oder sonstige übermäßige Belastungen auftreten können, wenn sozial-ethische Desorientierungen beispielsweise durch Verwischung von Realität und Fiktion zu befürchten sind oder wenn auf andere Weise die Erziehung der Kinder und Jugendlichen zu verantwortungsbewussten Menschen gefährdet ist (vgl. [X.] u.a., a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 12; [X.], in: [X.][X.] [Hrsg.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 5; zurückhaltender in Bezug auf § 18 Abs. 2 Ziff. 3 der [X.]: [X.], in: [X.]/Schuster [Hrsg.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 6 f.). Zu berücksichtigen sind alle Beeinträchtigungen, die von dem Angebot im Ganzen oder seinen Einzelheiten ausgehen können, wobei die Gesamtwirkung nicht außer [X.] zu lassen ist ([X.] u.a., a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 12).

Die Eignung zur Beeinträchtigung ist gegeben, wenn die Beeinträchtigung wahrscheinlich ist (Keller/Liesching, in: [X.]/[X.]/[X.] [Hrsg.], Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, 82. Abschnitt, § 5 [X.] Rn. 2). Insofern bedarf es einer Gefahrenprognose, die den Einzelfall unter Berücksichtigung aktueller Wirkungsrisiken und Wirkungszusammenhänge berücksichtigt ([X.], in: [X.][X.] [Hrsg.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 5).

Bei der Beurteilung der Eignung ist auf die schwächeren und noch nicht so entwickelten Mitglieder der jeweiligen Altersgruppe - mit Ausnahme von Extremfällen - abzustellen. Der effektive Jugendmedienschutz gebietet auch angesichts des offenen Wortlauts des § 5 Abs. 1 [X.], den Kreis der zu schützenden Kinder und Jugendlichen weit zu ziehen und nicht an denjenigen auszurichten, die [X.] ihrer Veranlagung oder Erziehung gegen schädigende Einflüsse ohnehin weitgehend geschützt sind (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1971 - 1 [X.] 31.68 - [X.]E 39, 197 <205>; ebenso Keller/Liesching, in: [X.]/[X.]/[X.] [Hrsg.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 2; [X.] u.a., a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 12; wie hier [X.], Urteil vom 23. März 2011 - 7 BV 09.2512 - VG[X.] BY 64, 68 = NJW 2011, 2678 Rn. 50; a.A. [X.], in: [X.]/Schuster [Hrsg.], a.a.[X.], § 5 [X.] Rn. 9).

2. Selbständig tragend ist das Berufungsgericht von der Rechtswidrigkeit der Ziffer 3 des Bescheids auch deshalb ausgegangen, weil es für die Feststellungen, bei den Tageszusammenfassungen handele es sich um vorlagefähige Sendungen und es bestehe kein Verfahrenshindernis nach § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.], an einer Rechtsgrundlage fehle. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, sodass die Revision insoweit unbegründet ist.

Gegenstand der in Ziffer 3 des Bescheids enthaltenen Feststellungen sind Vorfragen, die vor Erlass der in Ziffer 1 und 2 des Bescheids enthaltenen Maßnahmen von der [X.] aus verfahrensrechtlichen Gründen zu klären sind. Als feststellende Verwaltungsakte bedürfen sie einer zumindest durch Auslegung zu ermittelnden gesetzlichen Ermächtigung (vgl. nur [X.], Urteil vom 9. Mai 2001 - 3 [X.] 2.01 - [X.]E 114, 226 <227 f.>). Dies gilt jedenfalls dann, wenn ihr Inhalt etwas als rechtens feststellt, was der Betroffene erklärtermaßen für nicht rechtens hält ([X.], Urteil vom 29. November 1985 - 8 [X.] 105.83 - [X.]E 72, 265 <266 f.>). Eine solche Ermächtigung ist § 20 Abs. 3 [X.] nicht zu entnehmen. Die Klärung von Meinungsverschiedenheiten über Vorfragen der Vorlagefähigkeit einer Sendung und das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses erfordert nicht den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts, sondern kann aus Anlass einer aufsichtlichen Entscheidung von der zuständigen [X.] bzw. im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Entscheidung erfolgen. Allein hierauf ist § 20 Abs. 3 [X.] ausgerichtet.

Die Kostenentscheidung bleibt auch hinsichtlich des unbegründeten Teils der Revision der Schlussentscheidung vorbehalten.

Meta

6 C 10/15

31.05.2017

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 7. Mai 2015, Az: 8 A 256/14, Urteil

Art 5 Abs 1 S 2 GG, Art 5 Abs 1 S 3 GG, Art 5 Abs 2 GG, § 4 JMedienSchStVtr HE 2009, § 5 Abs 1 JMedienSchStVtr HE 2009, § 5 Abs 3 JMedienSchStVtr HE 2009, § 6 JMedienSchStVtr HE 2009, § 20 Abs 3 S 2 JMedienSchStVtr HE 2009, § 46 VwVfG HE 2010, § 144 Abs 3 S 1 Nr 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.05.2017, Az. 6 C 10/15 (REWIS RS 2017, 10190)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10190

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

5 K 910/17.NW

Zitiert

1 BvR 2172/96

1 BvR 661/94

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