Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.09.2013, Az. VI R 35/11

6. Senat | REWIS RS 2013, 2532

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Gegenstand

Kosten aus Anlass eines Priesterjubiläums als Werbungskosten


Leitsatz

1. NV: Dienstjubiläen werden als herausgehobene persönliche Ereignisse regelmäßig als durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasst beurteilt. Im Einzelfall kann im Hinblick auf den Anlass der Feier eine andere Beurteilung geboten sein.

2. NV: Die Aufwendungen eines katholischen Priesters für die Feier aus Anlass seines Priesterjubiläums sind privat veranlasst.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines [X.] Priesters für einen Festgottesdienst und eine sich anschließende Feier anlässlich seines 25-jährigen [X.] als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist [X.] Priester. Seit 1998 ist er als "Gefängnispfarrer und Seelsorger" in der Justizvollzugsanstalt (JVA) … tätig. In dieser Funktion ist er Beamter. Daneben wirkt er für die [X.] als "Kleriker mit überpfarrlichem Auftrag" in den Pfarrgemeinden … und ….

3

Anlässlich seines 25-jährigen [X.] führte der Kläger in einem [X.] in … --zusammen mit [X.] einen Festgottesdienst durch, der aus einer Eucharistiefeier und einem Semesterabschlussgottesdienst für eine [X.] Studentenverbindung bestand. Anschließend richtete er eine Feier im Garten des [X.] aus. Der Kläger trat selbst als Gastgeber auf und bestimmte auch den Ort und Umfang der Feier sowie die Auswahl der Gäste. Von den 107 erschienenen Gästen waren neun Berufskollegen, elf "berufliche Wegbegleiter" (darunter fünf Ehefrauen als Begleitung), 42 pastoral betreute Personen (darunter 13 Personen als Begleitung), 28 Mitarbeiter der JVA (darunter sechs Personen/Ehe-frauen als Begleitung) und sieben Mitglieder der Familie oder Verwandtschaft. Der Kläger hatte das [X.] für den ganzen Tag und die anschließende Nacht angemietet, die Familienmitglieder übernachteten dort auch, zum Teil zwei Nächte.

4

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2007) machte der Kläger für die Anmietung des [X.], die Ausrichtung der Feierlichkeiten, die Bewirtung und Übernachtung der Gäste, für Geschenke und diverse Kosten für ehrenamtliche Helfer Aufwendungen in Höhe von insgesamt … € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ab.

5

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1602 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger die Verletzung materiellen Rechts geltend. Die [X.] wurde nicht gewahrt. Der Kläger stellte fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

7

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 2007 so zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von … € als Werbungskosten berücksichtigt werden.

8

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

1. Die Revision ist zulässig. Der Kläger hat zwar die Frist zur Begründung der Revision (§ 120 Abs. 2 [X.]O) versäumt. Ihm ist jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 1 [X.]O zu gewähren.

a) Gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 [X.]O ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Frist endete hier am 5. August 2011. Die erst am 8. August 2011 beim [X.] ([X.]) eingegangene Revisionsbegründung des [X.] war mithin verspätet.

b) Gemäß § 56 Abs. 1 [X.]O ist einem Beteiligten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei muss er sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 [X.]O i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Nach § 56 Abs. 2 [X.]O setzt die Wiedereinsetzung voraus, dass der Beteiligte binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses einen Wiedereinsetzungsantrag stellt, die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft macht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

c) Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Rechtsanwalt das Versehen oder die Versäumnis einer zuverlässigen Kanzleiangestellten, die er durch eine konkrete [X.] etwa mit der Absendung eines fristwahrenden Schriftsatzes betraut, nicht als eigenes Verschulden zu vertreten hat, wenn diese über den drohenden Fristablauf und die Notwendigkeit der Fristwahrung unterrichtet worden ist. Da ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen kann, dass eine konkrete [X.] von seinem sonst zuverlässigen Personal auch befolgt wird, ist er ohne besonderen Anlass nicht zu auf die [X.] bezogenen Überwachungsmaßnahmen verpflichtet ([X.]-Beschluss vom 25. November 2009 II B 94/09, [X.]/NV 2010, 457, m.w.N.).

Der Vortrag des [X.], der für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt habe am 4. August 2011 den unterschriebenen Schriftsatz der [X.], [X.], mit der Anweisung übergeben, den Brief noch an diesem Tag wegen der am darauffolgenden Tag auslaufenden Frist zur Post zu geben, ist danach geeignet, das Verschulden des Prozessbevollmächtigten auszuschließen.

2. Die Revision ist jedoch unbegründet und nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Das [X.] hat zu Recht die Aufwendungen für die Feier nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Davon ist auszugehen, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Dabei bilden die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment.

Ergibt die Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind sie als Werbungskosten grundsätzlich abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht abziehbar (Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 21. September 2009 GrS 1/06, [X.]E 227, 1, BStBl II 2010, 672; [X.], [X.], 93). Ist der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung, kann nach den Grundsätzen, die der Große [X.] des [X.] in der zitierten Entscheidung aufgestellt hat, eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Kosten in Betracht kommen.

aa) Nach diesen Grundsätzen ist auch zu klären, ob und in welchem Umfang die von einem Arbeitnehmer für die Durchführung einer Veranstaltung oder Feier getragenen Kosten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug gebracht werden können.

bb) Für die danach erforderliche Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach bisheriger Rechtsprechung des [X.]s in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Indes ist der Anlass einer Feier nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ist daher auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Ange-hörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist ([X.]surteile vom 11. Januar 2007 VI R 52/03, [X.]E 216, 320, BStBl II 2007, 317; vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, [X.]E 216, 522, BStBl II 2007, 459; vom 10. Juli 2008 VI R 26/07, [X.]/NV 2008, 1831).

cc) Dabei obliegt die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, der tatrichterlichen Würdigung des [X.]. Das [X.] und nicht der [X.] hat anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen, wo die Grenze zwischen betrieblichem und privatem Bereich verläuft und welche Indizien für sich allein ausreichend sind, um eine betriebliche Veranlassung zu bejahen. Der [X.] ist hieran gebunden, soweit die Würdigung verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von [X.] beeinflusst ist ([X.]sentscheidungen vom 26. Januar 2010 VI B 95/09, [X.]/NV 2010, 875; vom 19. Juni 2008 VI R 33/07, [X.]E 222, 359, [X.], 11).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des [X.], die Aufwendungen des [X.] für die Feier aus Anlass seines [X.] seien so gut wie ausschließlich privat veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.], an der der [X.] festhält, werden [X.] als herausgehobene persönliche Ereignisse in der Regel als durch die private Sphäre des Arbeitnehmers veranlasst beurteilt. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem solchen Ereignis anfallen, sind danach regelmäßig auch durch die gesellschaftliche Stellung des Arbeitnehmers veranlasst (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) und daher zumindest nicht in vollem Umfang als Werbungskosten anzuerkennen ([X.]surteil in [X.]E 216, 522, BStBl II 2007, 459; Fissenewert in [X.]/[X.]/[X.], § 12 EStG Rz 90, m.w.N.). Zwar kann im Einzelfall eine andere Beurteilung im Hinblick auf den Anlass der Feier geboten sein. Im Streitfall ist jedoch, anders als etwa im vom [X.] in [X.]E 216, 522, BStBl II 2007, 459 entschiedenen Fall, keine Besonderheit anzunehmen.

bb) Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des einzelnen Falles ergeben, dass die Kosten für die Feier ganz oder teilweise beruflich veranlasst sind. Die dabei nach der Rechtsprechung des [X.] zu würdigenden Kriterien hat das [X.] beachtet. Es hat die mangelnde berufliche Veranlassung der Feier u.a. damit begründet, dass der Kläger als Gastgeber aufgetreten und die Gästeliste bestimmt hat. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gäste in erster Linie aufgrund persönlicher Beziehungen zum Kläger geladen und bewirtet worden seien, auch wenn es sich um sog. Angehörige des öffentlichen Lebens handelte. Diese Würdigung des [X.] ist zumindest möglich. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der [X.] hieran mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist. Entsprechendes gilt für die Erwägung, dass der Kläger den [X.] nicht aufgrund einer konkreten beruflichen Verpflichtung zelebriert habe. Das [X.] hat auch zu Recht zu Lasten des [X.] auf den Ort und die Dauer der Veranstaltung abgestellt. Die Anmietung eines Berghauses für einen Tag und die sich anschließende Nacht indiziert nach Ansicht des [X.]s in besonderer Weise den Charakter einer privaten Feier.

Meta

VI R 35/11

24.09.2013

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 17. Mai 2011, Az: 2 K 1361/09, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 12 Nr 1 S 2 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.09.2013, Az. VI R 35/11 (REWIS RS 2013, 2532)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2532

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Grundsätzliche Bedeutung - Bewirtungsaufwand eines Arbeitnehmers als Werbungskosten - Aufwendungen für eine Feier


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