Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.07.2013, Az. X B 75/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 4029

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Gegenstand

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Vereinbarung vor dem Veranlagungszeitraum 2008


Leitsatz

NV: Die Frage, unter welche Voraussetzungen abänderbare (dauernde Lasten) oder nicht abänderbare Leistungen (Leibrenten) vorliegen, lässt sich an Hand der vom BFH hierzu aufgestellten Grundsätze beantworten.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den [X.]treitjahren 2000 bis 2002 zur Einkommensteuer [X.] wurden. Mit notariellem Übergabevertrag aus November 1999 hatte der Kläger eine unstreitig existenzsichernde und ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit auf seinen [X.] ([X.]) übertragen. [X.] verpflichtete sich, als Versorgungsrente ab dem 1. Januar 2000 einen monatlichen Betrag in Höhe von 2.000 DM in Form wiederkehrender und wertgesicherter Barleistungen zu zahlen. Auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) wurde nicht Bezug genommen. Der [X.] enthielt zudem keine ausdrückliche Vereinbarung darüber, ob die monatlichen Zahlungen abänderbar sein sollten oder ob die Abänderbarkeit ausgeschlossen sein sollte.

2

In ihren Einkommensteuererklärungen setzten die Kläger die wiederkehrenden Leistungen als nur mit dem Ertragsanteil zu versteuernde Leibrente an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) berücksichtigte die Versorgungsleistungen zunächst antragsgemäß, gelangte dann jedoch im [X.] an eine Außenprüfung zu der Auffassung, die wiederkehrenden Leistungen seien in vollem Umfang zu versteuern, und erließ entsprechende [X.]. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1664 veröffentlichten Gründen ab.

3

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die sie im Wesentlichen mit dem Erfordernis einer Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Rechtsfortbildung und zur [X.]icherung einer einheitlichen Rechtsprechung begründen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. [X.]oweit die geltend gemachten Zulassungsgründe überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 [X.]atz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) entsprechen, liegen sie jedenfalls nicht vor.

5

1. Eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) ist nicht erforderlich.

6

a) Die Kläger sind der Auffassung, der [X.] habe die Abgrenzung zwischen Abänderbarkeit und Nichtabänderbarkeit von wiederkehrenden Leistungen im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bislang nicht in befriedigender Weise konkretisiert. Von daher sei eine Entscheidung in der [X.]treitsache erforderlich, um klare Abgrenzungskriterien zu definieren.

7

b) Im Hinblick auf die vorhandene Rechtsprechung besteht indes keine Klärungsbedürftigkeit (vgl. auch [X.]enatsbeschluss vom 15. Juli 2003 [X.], nicht veröffentlicht --n.v.--, juris).

8

[X.]o haben der [X.] des [X.] im Beschluss vom 15. Juli 1991 Gr[X.] 1/90 ([X.]E 165, 225, [X.] 1992, 78) und im [X.] daran der beschließende [X.]enat für die Einordnung von Versorgungsleistungen als Leibrente oder dauernde Last folgende Grundsätze aufgestellt:

9
        

-       

Wiederkehrende [X.]ach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind ([X.]-Beschluss in [X.]E 165, 225, [X.] 1992, 78, unter C.II.3.).

-       

Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO. Allerdings führt selbst eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO dann nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen ([X.]enatsurteile vom 15. März 1994 X R 93/90, [X.]/NV 1994, 848; vom 27. August 1997 X R 54/94, [X.]E 184, 337, [X.] 1997, 813, unter [X.] aa).

-       

Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt ([X.]-Beschluss in [X.]E 165, 225, [X.] 1992, 78, unter [X.]). Die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen ([X.]enatsurteil vom 11. März 1992 X R 141/88, [X.]E 166, 564, [X.] 1992, 499, unter 3., 4.). Die Rechtsprechung geht im [X.] an die vorgenannte Entscheidung des Großen [X.]enats davon aus, dass Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden, "im Regelfall" abänderbar sind ([X.]-Urteile vom 25. März 1992 X R 38/86, [X.]/NV 1992, 595; vom 26. Januar 1994 X R 141/90, [X.]/NV 1994, 845, unter 2.b; vom 27. August 1996 IX R 86/93, [X.]E 181, 175, [X.] 1997, 47, unter 2.d aa, und vom 16. März 1999 X R 87/95, [X.]/NV 2000, 12, unter [X.]), es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben ([X.]enatsurteile vom 27. November 1996 X R 85/94, [X.]E 182, 110, [X.] 1997, 284, und in [X.]/NV 2000, 12).

Demzufolge kommt es grundsätzlich auf den Inhalt der Vereinbarungen an, ob abänderbare (dauernde Lasten) oder nicht abänderbare Leistungen (Leibrenten) vorliegen ([X.]enatsbeschluss vom 15. Juli 2003 [X.], n.v., juris). Die Frage, wie die wiederkehrende Leistung im Einzelfall bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze einzuordnen ist, hat deshalb das [X.] unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen. In einem Revisionsverfahren könnten somit keine hierüber hinausgehenden generellen und abstrakten Aussagen getroffen werden, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle Bedeutung hätten und damit das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührten.

Hinzu kommt, dass Versorgungsleistungen, die ab dem Veranlagungszeitraum 2008 vereinbart sind, unabhängig von der Abänderbarkeit stets voll abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes in der seit 2008 geltenden Fassung --E[X.]tG n.F.--) und korrespondierend voll zu versteuern sind (§ 22 Nr. 1b E[X.]tG n.F.), die Unterscheidung der wiederkehrenden Leistungen in dauernde Lasten und Rente mithin nur noch für auslaufendes Recht von Belang ist.

2. Die Revision ist auch nicht zur [X.]icherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O).

a) Die Kläger entnehmen dem [X.]enatsurteil vom 31. März 2004 [X.] ([X.]/NV 2004, 1389) den Rechtssatz, dass bei ausreichenden --zudem noch [X.] monatlichen Leistungen ein Versorgungsbedürfnis über die zugesagten Leistungen hinaus nicht bestehe und diese deshalb dann (ausnahmsweise) nicht abänderbar seien.

Ein solch allgemeiner Rechtssatz ist dem [X.]enatsurteil in [X.]/NV 2004, 1389 jedoch nicht zu entnehmen. Der angerufene [X.]enat hat vielmehr darauf hingewiesen, dass der von der Vorinstanz gezogene [X.]chluss, angesichts der besonderen Verhältnisse im [X.]treitfall habe für die Parteien von vornherein kein Anlass bestanden, eine Anpassung der Leistungen an ein etwa steigendes Versorgungsbedürfnis zu erwägen, rechtsfehlerfrei sei. Da die Vorinstanz zudem auch eine Anpassung an eine etwa verminderte Leistungsfähigkeit der Übernehmer (vgl. hierzu [X.]enatsbeschluss vom 9. Mai 2007 [X.] 162/06, [X.]/NV 2007, 1501, unter 1.d) verneint hatte, erachtete der angerufene [X.]enat die Würdigung der Vorinstanz, der Übergabevertrag lasse ausnahmsweise keine Abänderung der wiederkehrenden Leistungen zu, jedenfalls als möglich.

b) Das [X.] ist zudem ersichtlich von den unter [X.] dargestellten Grundsätzen ausgegangen. Dass es auf dieser Grundlage im [X.]treitfall zum Vorliegen des "Regelfalls" der abänderbaren Versorgungsleistungen gelangt ist, weil sich dem Vertrag keine Anhaltspunkte für die Vereinbarung gleichbleibender Leistungen hätten entnehmen lassen, stellt keine für eine Zulassung der Revision gebotene Abweichung im Grundsätzlichen, sondern eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles dar.

3. Einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt. Mit ihrem [X.] vorsorglich" geltend gemachten-- Einwand, falls das [X.] sich bei seiner Urteilsfindung davon habe leiten lassen, dass [X.] bei seinen [X.]onderausgaben die wiederkehrenden Leistungen als in voller Höhe abzugsfähige dauernde Last geltend gemacht habe, könne dies eine "gewisse Voreingenommenheit" darstellen, können sie im [X.] nicht mehr gehört werden.

Bei Ablehnung eines [X.]s wegen Besorgnis der Befangenheit ist die Verfahrensrüge nach § 119 Nr. 2 [X.]O nur dann schlüssig erhoben, wenn der [X.] mit Erfolg abgelehnt worden ist. Hingegen liegt kein absoluter Revisionsgrund i.[X.]. des § 119 Nr. 2 [X.]O vor, wenn Beteiligte --aus welchen Gründen auch [X.] darauf verzichten, [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen (vgl. [X.]enatsbeschluss vom 1. April 2009 [X.] 90/08, [X.]/NV 2009, 1135, unter 2.).

4. Von einer weiteren Darstellung des [X.]achverhalts und einer weiteren Begründung sieht der [X.]enat nach § 116 Abs. 5 [X.]atz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 75/12

18.07.2013

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 18. Januar 2012, Az: 7 K 921/07, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 323 ZPO, § 22 Nr 1 EStG 1997, § 22 Nr 1 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.07.2013, Az. X B 75/12 (REWIS RS 2013, 4029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4029

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