Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 311/15
vom
11. November
2015
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am
11. November
2015
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose,
die Richterin Weber-Monecke
und
die Richter [X.],
Dr. Nedden-Boeger
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 32. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 24.
Juni 2015
wird auf Kos-ten des [X.]
verworfen.
[X.]: 89.3
Gründe:
I.
Mit Urteil vom 21.
Januar 2015, das dem Kläger
am 27.
Januar 2015
zu-gestellt
worden ist, hat das [X.] dessen
auf Schadenersatz
aus einem Mietvertrag
gerichtete
Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger
rechtzeitig Berufung eingelegt und mit einem auf den 27.
März
2015
datierten, bei Gericht am 30.
März
2015
nach Ablauf der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
Auf
einen ihm am 10.
April 2015 zugegangenen
richterlichen Hinweis
hat der Kläger
am 23.
April 2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsbegründungsfrist beantragt
und die Berufungsbegrün-dung eingereicht. Zur Begründung des [X.] hat er vor-1
-
3
-
getragen, dass die
unfrankierte Post, die für die am Kanzleiort ansässigen Ge-richte bestimmt
sei, auf einem gesonderten Stapel gesammelt werde, der [X.] noch am gleichen Tage von der [X.] in den [X.] eingeworfen werde. Dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügt war
eine ei-desstattliche Versicherung der [X.], wonach diese sich sicher sei, dass sie den Antrag auf Fristverlängerung am 27. März 2015 in den Nacht-briefkasten eingeworfen habe.
Nach Einholung einer dienstlichen Stellungnahme
der gerichtlichen Posteingangsstelle, der zufolge ein [X.] am 27.
März 2015 aus-zuschließen sei, hat der Prozessbevollmächtigte des [X.] durch weiteren
Schriftsatz vom 19.
Mai 2015
mitgeteilt, dass seine Kanzleiangestellte keine konkrete Erinnerung mehr an den 27. März 2015 habe. Inzwischen habe sich jedoch herausgestellt, dass auch in einem anderen Rechtsstreit sein Fristver-längerungsgesuch vom 27.
März erst am 30.
März 2015 bei [X.] sei und sich deshalb seine
Vermutung verdichte, dass die Gerichtspost vom 27.
März
2015 entgegen seiner Anordnung und der jahrelangen
Übung nicht in den Nachtbriefkasten eingeworfen, sondern von seiner [X.] frankiert
verschickt worden sei.
Das Berufungsgericht hat
den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Berufungsbegründungsfrist schuldlos versäumt
sei.
Die ei-desstattliche Versicherung der [X.] seines [X.], am 27.
März 2015 wie üblich mit der Post verfahren zu sein, reiche nicht aus, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der fragliche Schriftsatz nicht in der Post vom 27.
März 2015 befunden habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
2
3
-
4
-
II.
Die gemäß §§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Vorausset-zungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten
nicht
in seinem
verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht auf-grund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtig-ten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung einge-räumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtferti-gender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 -
XII
ZB 184/07 -
FamRZ 2008, 1605 Rn.
6 mwN).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein entscheidungserheblicher Verstoß des [X.] gegen Art.
103 Abs.
1 GG vor.
2. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat,
ist eine Verlän-gerung der Frist zur Berufungsbegründung gemäß §
520 Abs.
2 Satz
2 und 3 ZPO ausgeschlossen, wenn das Verlängerungsgesuch erst nach Ablauf der Begründungsfrist beim Berufungsgericht eingegangen ist (Senatsbeschluss vom 22.
Juli 2015 -
XII
ZB 583/14 -
FamRZ
2015, 1878
Rn.
10 mwN). Daher konnte die Begründungsfrist -
wie auch die Rechtsbeschwerde nicht infrage 4
5
6
-
5
-
stellt
-
auf den erst am 30.
März 2015 eingegangenen Antrag nicht mehr ver-längert werden.
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt.
Denn ein Wiedereinsetzungsgrund ist vom Kläger [X.] nicht glaubhaft gemacht.
Zwar war zunächst
durch eidesstattliche Versicherung der [X.] glaubhaft gemacht, diese habe den [X.] am 27.
März 2015 in den Nachtbriefkasten des Gerichts eingeworfen. Von dieser Darstellung ist der Prozessbevollmächtigte des [X.]
jedoch selbst in seinem Schriftsatz vom 19.
Mai 2015 wieder abgerückt
und hat
nunmehr die Vermutung geäußert, dass die Gerichtspost vom 27.
März
2015 entgegen seiner Anord-nung nicht in den Nachtbriefkasten eingeworfen, sondern per frankierter Post verschickt worden sei. Seine Kanzleiangestellte habe daran keine Erinnerung mehr.
Damit fehlt es an der Glaubhaftmachung eines konkreten Vortrags.
Die neu angestellten Vermutungen des Prozessbevollmächtigten über einen mögli-chen abweichenden Verlauf, bei dem die Kanzleiangestellte den [X.] weisungswidrig in die frankierte Post gegeben habe, stellt nur die 7
8
9
-
6
-
Möglichkeit eines
Hergangs
dar, durch die andere denkbare Abläufe, die der Prozessbevollmächtigte selbst zu verantworten hätte, nicht mit der für eine Wiedereinsetzung nötigen Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden.
Dose
Weber-Monecke Klinkhammer
Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.01.2015 -
20 O 5910/14 -
OLG [X.], Entscheidung vom 24.06.2015 -
32 [X.] -
Meta
11.11.2015
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. XII ZB 311/15 (REWIS RS 2015, 2537)
Papierfundstellen: REWIS RS 2015, 2537
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XII ZB 311/15 (Bundesgerichtshof)
Wiedereinsetzung nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist: Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes bei wechselndem Vorbringen zur Rechtzeitigkeit eines Fristverlängerungsantrags
Keine Wiedereinsetzung in versäumte Berufungsbegründungsfrist bei nicht ausgeräumtem Verschulden an verspätetem Fristverlängerungsgesuch
I ZB 74/09 (Bundesgerichtshof)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Zurechnung von Verzögerungen oder sonstigen Fehlern bei der Briefbeförderung oder …
IV ZB 5/12 (Bundesgerichtshof)
Wiedereinsetzung bei Versäumung der Berufungsfrist: Verstoß einer Kanzleiangestellten gegen eine anwaltliche Einzelanweisung
VIII ZB 42/11 (Bundesgerichtshof)