Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2010, Az. 5 StR 61/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2836

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

5 StR 61/10 [X.] vom 30. September 2010 in der Strafsache gegen wegen [X.]

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 30. September 2010 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 14. November 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugrundeliegenden Feststellungen auf-gehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen. G r ü n d e
1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg. 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen: 2 a) Der seinerseits rechtskräftig wegen [X.] in mehre-ren Fällen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilte

[X.](vgl. [X.]sbeschluss vom 29. September 2010 [X.] 5 StR 146/10) erwarb nach der [X.] in [X.] eine ehemalige Werft und wan-delte deren Betrieb in der Folgezeit dergestalt um, dass mehrere von ihm gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf dem Werftgelände Sitz nahmen und den Werftbetrieb fortführten. [X.]beherrschte sämtliche von ihm übernommenen und gegründeten Gesellschaften; er veranlasste 3 - 3 - jeweils Strohgeschäftsführer, von ihm entworfene, unrichtige Subventionsan-träge zu unterzeichnen und bei den jeweiligen Subventionsgebern einzurei-chen, um auf diese Weise Geldleistungen der Subventionsgeber zu erlangen und für sich selbst zweckwidrig zu verwenden. In diesem Zusammenhang trat er Anfang Januar 1999 an den Ange-klagten heran und bat ihn, ein von ihm handschriftlich entworfenes Angebot von seiner Sekretärin auf dem Briefbogen des vom Angeklagten geführten [X.] der [X.] (TU) [X.] schreiben zu lassen und es sodann selbst zu unterschreiben. Weiter erläuterte er dem Angeklagten, dass das Angebot für ein Subventionsvorha-ben der von ihm geführten [X.]

GmbH benötigt werde. Der [X.] nahm dies zur Kenntnis und wusste, dass die Abgabe des Angebots unter dem Briefkopf der [X.] des [X.] erleichtern sollte. Gegenstand des Angebots waren Arbeiten zur Weiterent-wicklung —des Unterwasser-Bootskörpersfi für ein vorangegangenes [X.] Forschungsprojekt mit dem Namen —Luftkissen Trimaranfi ([X.]. Der Angeklagte fertigte wunschgemäß das von [X.]entworfene [X.] aus. Dabei war ihm bewusst, dass er durch die Verwendung des [X.] seines Instituts unwahre Angaben zugunsten der [X.]

GmbH im Rahmen eines von dieser beabsichtigten [X.] abgab. Von Beginn an beabsichtigte er, die dem [X.]angebotenen Arbeiten ohne die erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung der Hochschule im eigenen Namen und nicht namens des Instituts durchzuführen. 4 Die von [X.]gesteuerte [X.]

GmbH beantragte am 22. März 1999 die öffentliche Zuwendung für das genannte Projekt und fügte ihrem Antrag das vom Angeklagten erstellte Angebot bei. Das [X.] erließ am 30. Juni 1999 den begehrten Zuwendungsbescheid in Höhe von etwa 650.000 DM. Zu einer Auszahlung kam es indes aufgrund der gegen [X.]

geführten strafrechtlichen Ermitt-lungen nicht mehr. 5 - 4 - b) Das [X.] hat das Verhalten des Angeklagten als Subventi-onsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet. Die bewusst unwahre An-gabe des Angeklagten darüber, das Projekt im eigenen Namen vorzunehmen und gerade nicht als Institut der TU [X.] aufzutreten, sei eine —[X.] im Sinne von § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die mißbräuchliche Inan-spruchnahme von Subventionen (Subventionsgesetz [X.] [X.]) und damit subventionserheblich nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB. 6 2. Die Revision des Angeklagten rügt zu Recht, dass der festgestellte Sachverhalt die Verurteilung wegen Subventionsbetrugs nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht rechtfertigt. Es ist nicht belegt, dass der Angeklagte unrich-tige oder unvollständige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen im Rechtssinn gemacht hat. 7 8 Die von der [X.] allein festgestellte Abgabe des Angebots auf dem Briefkopf des vom Angeklagten geführten [X.] der TU [X.] in dem vom Verurteilten [X.] betriebenen Verfah-ren zur Erlangung öffentlicher Fördermittel stellt keine subventionserhebliche Tatsache dar. Dazu reicht es vor dem Hintergrund der Feststellungen nach dem insoweit von der [X.] allein herangezogenen § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB nicht aus, wie das [X.] meint, dass der Angeklagte eine falsche Willenserklärung abgegeben hat, indem er ein vermeintliches Angebot sei-tens der TU [X.] abgab, tatsächlich den Auftrag aber im eigenen Namen erledigen wollte. Eine Subventionserheblichkeit nach dieser Vorschrift bele-gen die Feststellungen nicht. Es wird im Urteil nicht belegt und ist für den [X.] auch sonst nicht ersichtlich, dass die Vergabe der Fördermittel von der Person oder dem Institut eines vom Subventionsnehmer beauftragten [X.] gesetzlich abhängig ist, wie die Regelung des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB voraussetzt. a) § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB erfasst Sachverhalte, in denen, anders als regelmäßig nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB, eine ausdrückliche Bezeichnung 9 - 5 - als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, dem Gesetz selbst aber sonst [X.] wenn auch erst mit Hilfe der üblichen Interpretationsmethoden [X.] ent-nommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention ge-währt wird (vgl. BGHSt 44, 233, 241; 34, 111, 113 f.). Die erforderliche [X.] im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB wird dabei nur begründet, wenn das Gesetz selbst mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, dass die Subventionierung unter der im Gesetz genannten Voraussetzung erfolgt, ohne die entsprechende Tatsache ausdrücklich mit der Erklärung als subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 7 Nr. 1 StGB a.F. zu verbin-den (vgl. BT-Drucks. 7/5291 S. 13). Daran wird es in der Regel fehlen, wenn die gesetzliche Vorschrift der Verwaltung einen Ermessensspielraum ein-räumt. Denn dann ist im konkreten Einzelfall nicht allein dem Gesetz zu ent-nehmen, ob die Bewilligung der Subvention von der Voraussetzung abhängt, sondern eine an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierte Ermes-sensentscheidung des Subventionsgebers hinzukommt. Allein die Kenntnis des Gesetzes reicht dann weder für den potentiellen Täter noch für die [X.] aus, um im konkreten Fall beurteilen zu können, ob die Subventionierung an die Erfüllung der Voraussetzung geknüpft ist (BGHSt 44, 233, 241). An der Erforderlichkeit dieser gesetzlichen Abhängigkeit der Subventi-onsgewährung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Täter des [X.] nicht selbst Subventionsnehmer, sondern Dritter ist. Zwar richtet sich dann das [X.] nach § 2 [X.] nicht auch an ihn. Das ändert indes nichts an seiner möglichen Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Erforderlich ist freilich, dass er die der Subventionserheblichkeit zugrunde liegenden Wertung nachvollzogen hat oder nachvollziehen musste. 10 b) Als rechtliche Grundlage für die Vergabe der hier in Rede stehen-den öffentlichen Mittel kommen namentlich spezialgesetzliche bundesrechtli-che Vorschriften, aber auch normative Festlegungen, etwa durch einen [X.] - 6 - sprechenden Ansatz in den jeweiligen durch Haushaltsgesetz festgelegten Haushaltsplänen in Betracht (vgl. BT-Drucks. 7/3441 S. 28 f.). Um dem Revisionsgericht die Überprüfung der tatrichterlichen An-nahme einer Subventionserheblichkeit zu ermöglichen, sind regelmäßig [X.] die vom Tatrichter herangezogenen maßgeblichen Rechtsgrundla-gen für die Subventionsgewährung mitzuteilen. [X.] diese ausdrücklicher Anhaltspunkte für die tatbestandlich erforderliche gesetzliche Abhängigkeit der Subvention, hat der Tatrichter diese durch Auslegung zu ermitteln. Wird namentlich vom Subventionszweck auf den Charakter der Subventionsvor-aussetzungen geschlossen, sind die dafür bedeutsamen rechtlichen Anknüp-fungspunkte in den schriftlichen Urteilsgründen in der Regel ebenfalls darzu-legen. Daran fehlt es hier vollständig. 12 13 c) Gesetzliche Anknüpfungspunkte oder nachvollziehbare Wertungen teilt das [X.] in seinen schriftlichen Urteilsgründen nicht mit. Der pau-schale Hinweis auf §§ 3 bis 5 [X.] reicht dazu nicht aus. Denn nicht jede unrichtige oder unvollständige Angabe ist zugleich eine Scheinhandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]), die ohne weiteres eine Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 StGB nach sich zieht (insoweit missverständlich [X.], StGB 57. Aufl. § 264 Rdn. 17). Dies ist nur der Fall, wenn die durch die unrichtige Angabe verdeckte Tatsache zu einer anderen Entscheidung über die [X.] führen könnte. Zudem ist selbst im Falle einer Scheinhandlung zu prüfen, ob der verdeckte Sachverhalt subventionserheblich ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Hier ging es dem Subventionsgeber nach den getroffenen [X.] nur darum, die angebotenen Ingenieurleistungen von einer insoweit an-erkanntermaßen fachkundigen Person erbringen zu lassen. Diese Voraus-setzungen erfüllt der Angeklagte nach den Feststellungen des [X.] ohne weiteres. In welcher Rechtsform bzw. in welchem abrechnungstechni-schen Zusammenhang diese Leistung hätte erbracht werden sollen, ist vor 14 - 7 - dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen nicht offensichtlich oder oh-ne weiteres erkennbar subventionserheblich. d) Das Urteil unterliegt daher insgesamt der Aufhebung (§ 349 Abs. 4 StPO). Eine Durcherkennung auf Freispruch kam indes nicht in Betracht. Der [X.] kann nicht vollständig ausschließen, dass sich im Rahmen einer [X.] gemachten Angaben [X.] gar im Sinne des ursprünglichen, vom [X.] nicht als erwiesen angesehenen Anklagevorwurfs [X.] im Sinne von § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB feststellen lassen wird. Gleiches gilt für die subjektive [X.] eingeschlossen einen etwaigen Vorsatz für eine Teilnahme an der Tat des anderweitig Verurteilten [X.] . Das hohe Alter des Angeklagten, des-sen Unbestraftheit, die erhebliche Verfahrensdauer von zehn Jahren und die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung jedenfalls schon wegen einer um ein Jahr verspäteten Übersendung der Verfahrensakten an den Generalbun-desanwalt lassen indes eine alsbaldige Einstellung des Verfahrens angezeigt erscheinen. 15 [X.] Raum [X.] König Bellay

Meta

5 StR 61/10

30.09.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2010, Az. 5 StR 61/10 (REWIS RS 2010, 2836)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2836

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 61/10 (Bundesgerichtshof)

Subventionsbetrug: Voraussetzungen einer subventionserheblichen Tatsache - Subventionserhebliche Tatsache


2 StR 243/22 (Bundesgerichtshof)

Subventionsbetrug im Zusammenhang mit der Beantragung von Corona-Hilfen: Vorliegen einer Scheinhandlung


3 StR 449/17 (Bundesgerichtshof)

Subventionsbetrug: Vorliegen subventionserheblicher Tatsachen


6 StR 137/21 (Bundesgerichtshof)

Subventionsbetrug: Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen bei Antrag auf "Corona-Soforthilfe"


1 StR 339/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

5 StR 61/10

5 StR 146/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.