Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2017, Az. X ZR 144/15

X. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4260

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:101017UXZR144.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR
144/15
Verkündet am:
10. Oktober
2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10.
Oktober
2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter
Dr.
[X.], Dr.
Bacher
und Dr.
Deichfuß
sowie
die Richt[X.]
Dr.
Kober-Dehm
für
Recht erkannt:
Die Berufung der Kläg[X.] wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 2.
Senats ([X.]) des
[X.]s vom [X.] abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläg[X.] trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhab[X.] des am 2.
April 2002
-
unter Inanspruchnahme der Priorität
einer [X.] Patentanmeldung vom 2.
April
2001
-
angemeldeten und mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1
390
810
(Streitpatents).
Patentanspruch
1, auf den die weiteren Patentansprüche
2 bis 19
unmit-telbar oder mittelbar rückbezogen sind, hat in der [X.] folgenden Wortlaut:
1
2
-
3
-
"An electrophoretic display comprising an electrophoretic medium (100; 200; 300) comprising a plurality of particles (108; 108, 218; 218, 320) suspended in [X.] (106; 206; 306), [X.] (108; 108, 218; 218, 320) being capable of moving through the fluid (106; 206; 306) [X.] an [X.] (100; 200; 300), the display further comprising at least one electrode (110, 112) arranged ad-jacent the medium and capable of applying an [X.], [X.] in that
the fluid (106; 206; 306) has dissolved or dispersed therein a polymer having a number average mo-lecular weight in excess of 20,000, the polymer being essentially non-absorbing on [X.] (108; 108, 218; 218, 320)."
Die Kläg[X.] hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht neu und beruhe nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit. Zudem offenbare das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fach-mann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und in der Fassung von elf
Hilfsanträgen verteidigt. Das
Patentgericht hat das Streitpa-tent
für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand
über Hilfsantrag
9
hinausgeht. Mit ihrer Berufung verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Hauptantrag [X.] in der erteilten Fassung sowie mit zwei
Hilfsanträgen. Die Kläg[X.] tritt dem Rechtsmittel entgegen
und erstrebt mit der von ihr
eingelegten Berufung die uneingeschränkte Nichtigerklärung des Streitpatents. Gegenüber der Beru-fung der Kläg[X.] verteidigt die Beklagte das Streitpatent in der Fassung des patentgerichtlichen Urteils sowie mit sechs Hilfsanträgen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat
auch in der Sache [X.]. Die Berufung der Kläg[X.] ist ebenfalls zulässig, aber nicht begründet.
I.
Das Streitpatent betrifft eine
elektrophoretische Anzeige.
3
4
5
-
4
-
1.
In
der Beschreibung des Streitpatents wird ausgeführt, eine solche Anzeige verfüge
im Vergleich zu [X.] über eine gute Hellig-keit, einen guten Kontrast, einen großen Betrachtungswinkel, einen Bistabili-tätszustand und einen g[X.]gen Leistungsverbrauch.
In diesem Zusammenhang
("herein")
würden die
Ausdrücke "bistabil"
und "[X.]"
entsprechend
ihrer herkömmlichen Bedeutung verwendet. Sie bezögen sich auf
Anzeigen, deren Anzeigeelemente einen ersten und einen zweiten [X.]
aufwiesen, welche sich
in wenigstens einer optischen Eigenschaft unterschieden. Das Element nehme den jeweiligen [X.]
an, nachdem es
über einen Adressierungsimpuls endlicher Dauer angesteuert worden sei,
und dieser Zu-stand habe eine Zeitdauer von wenigstens einigen
Zeittakten
(Abs.
1).

Die [X.] sei jedoch nicht unbegrenzt. Die Anzeigen
würden lang-sam verblassen, so
dass ein Bild, das über längere Zeit
erhalten bleiben solle, einer periodischen Auffrischung bedürfe. Auch sei es bekannt, "[X.]"
in regelmäßigen Intervallen vorzusehen, die aber zunächst die Steuerung aller Pixel der Anzeige auf einen ersten optischen Zustand (z.B. weiß) und dann eine Schaltung aller Pixel der Anzeige auf den entgegengesetzten optischen Zu-stand (z.B. schwarz) und anschließend das Schreiben des gewünschten Bildes erforderten. Da sowohl bei der Auffrischung
als auch bei der [X.] verbraucht werde, sei es erwünscht, die insoweit erforderlichen Intervalle möglichst
zu verlängern
(Abs.
6).

Die [X.] in elektrophoretischen Anzeigen werde vor allem durch die Sedimentierung der Pigmentpartikel unter Schwerkraft begrenzt. Die Stabili-tät des Bildes könne zwar durch eine Erhöhung der Viskosität verbessert wer-den,
da die Rate der Sedimentierung annähernd umgekehrt proportional zur Viskosität der flüssigen Phase sei, in der die Pigmentpartikel suspendiert seien.
Die Erhöhung der Stabilität durch Erhöhung der Viskosität gehe jedoch mit ei-6
7
8
-
5
-
ner Verlängerung der Zeiten
einher, welche die Pigmentpartikel benötigten, um sich bei einem Wechsel der Anzeige durch das flüssige Medium zu bewegen.
Zwar könne höheren Schaltzeiten infolge erhöhter Viskosität auch durch eine Erhöhung der angelegten [X.]annung entgegengewirkt werden,
dies führe
aber wiederum zu einem höheren Energieverbrauch (Abs.
7).
2.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent das technische Prob-lem zugrunde, die [X.] bei einer elektrophoretischen Anzeige zu verbes-sern.
3.
Das soll nach der Lehre aus Patentanspruch
1
in der erteilten [X.] durch folgende Vorrichtung erreicht werden:
1.
Elektrophoretische Anzeige mit
a.
einem elektrophoretischen Medium und
b.
wenigstens einer Elektrode.
2.
Das elektrophoretische Medium weist auf:
a.
eine Vielzahl von Partikeln,
b.
ein [X.] und
c.
ein Polymer.
3.
Die Partikel sind
a.
in dem [X.] suspendiert und
b.
in der Lage, sich durch das Fluid zu bewegen, nachdem an das Medium ein elektrisches Feld angelegt ist.
4.
Die Elektrode ist
9
10
-
6
-
a.
in der Lage, ein elektrisches Feld an das Medium anzulegen, und
b.
benachbart zu dem Medium angeordnet.
5.
Das Polymer
a.
ist in dem Fluid gelöst oder dispergiert,
b.
besitzt ein zahlenmäßiges durchschnittliches Molekulargewicht von mehr als 20.000,
c.
ist im Wesentlichen nicht-absorbierend auf den
Partikeln
("being essentially non-absorbing on [X.]").
4.
Die erfindungsgemäße Lehre ist wie folgt zu erläutern:
a)
Aus Sicht des
Fachmanns,
der vom Patentgericht zutreffend als [X.] oder Diplom-Physiker mit Hochschulabschluss, guten Kennt-nissen auf dem Gebiet der physikalischen Chemie und mehrjähriger Berufser-fahrung auf dem Gebiet der elektrophoretischen Anzeigetechnik bestimmt [X.] ist, sind
unter einer elektrophoretischen Anzeige
nach Merkmal 1 allein An-zeigeelemente
zu verstehen, bei denen ein elektrisches Feld an das Medium zur Bewirkung eines Wechsels
von einem [X.]
zu einem anderen [X.] angelegt wird, nicht aber Anzeigen, bei denen dies auch zur Aufrechterhaltung eines [X.]
erfolgt. Dieses Verständnis
entspricht der Definition einer elektrophoretischen Anzeige in der Beschreibung des Streit-patents und trägt dem Ziel der Erfindung Rechnung, den zur Aufrechterhaltung
der [X.] erforderlichen Energieaufwand
möglichst g[X.]g zu halten, indem die
[X.] verbessert und dadurch
ein Auffrischen
des Bildes oder ein An-steuern der
optischen Zustände seltener erforderlich wird.
11
12
13
-
7
-
b)
Das Polymer soll nach Merkmal 5c im Wesentlichen [X.] auf den Partikeln sein. Damit ist nicht gemeint, dass das
Polymer
nicht in der Lage sein darf, die Partikel "zu absorbieren"
(= verschwinden zu lassen). Einem solchen rein sprachlichen
Verständnis des Merkmals steht
bereits
ent-gegen, dass [X.] zwar tatsächlich (in aller Regel)
nicht in der Lage sind, Partikel zu absorbieren, eine solche
([X.] aber keinen Bei-trag
zur Erreichung des erfindungsgemäßen Ziels einer Verbesserung der [X.] der elektrophoretischen Anzeige leisten
würde. Entsprechend wird in
der Beschreibung erläutert, dass das Polymer zweckmäßigerweise ein Kohlen-wasserstoff-Polymer sei, das im Wesentlichen frei von funktionellen Gruppen, wie z.B. ionisierbaren oder ionischen Bestandteilen sei, die bewirken könnten, dass das Polymer mit chemischen Bestandteilen der elektrophoretischen Parti-kel zusammenwirkt oder physikalisch nach der Oberfläche der elektrophoreti-schen Partikel adsorbiert (Abs. 31: ", that may cause the polymer to interact with chemical sites on the electrophoretic particles,
or
to physically adsorb to
the surfaces of
the electrophoretic particles."). Dem entnimmt der Fachmann, dass mit
einem "auf den Partikeln [X.] Polymer", erfindungs-gemäß ein Polymer bezeichnet wird, das
mit der Oberfläche der Partikel weder aufgrund einer chemischen
Bindung noch aufgrund einer physikalischen Anhaf-tung (Physisorption) assoziiert ist. Ausgeschlossen von der Lehre des Patent-anspruchs 1 sind damit Polymere, die aufgrund
Physisorption
als
Adsorbat
an der Oberfläche des
[X.]
als
Adsorbens
haften, ohne dass sich deren elekt-ronische Struktur grundlegend verändert. Ausgeschlossen
sind
aber auch Poly-mere, die aufgrund chemischer Bindung mit
den
Partikeln
assoziiert sind.
Das gilt nicht nur für chemische Bindungen, bei denen für die Beweglich-keit des Polymers über die Oberfläche des [X.] signifikant weniger Aktivie-rungsenergie benötigt wird als für eine Ablösung von der Oberfläche, sondern auch für solche chemische Bindungen, bei denen
die jeweils benötigte Energie
14
-
8
-
annähernd gleich ist. Der Sachverständige der Kläg[X.] möchte in seiner gut-achterlichen Stellungnahme zwar im genannten Sinne
unterscheiden, indem er in ersterem Fall von einer Adsorbat-Substrat-Bindung spricht, welche die Kläge-rin als eine der physikalischen Anhaftung (Physisorption) vergleichbare chemi-sche Anhaftung ([X.]) ansieht, während er
in letzterem Fall eine chemische Bindung im herkömmlichen Sinne ("Aufpfropfen"
oder "[X.]") annimmt
(vgl. Gutachten Prof.
H.

, NK 22
Rn. 21 ff.; vgl. auch Rn. 14, 20).
Ob eine solche Unterscheidung unüblich ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, kann dahingestellt bleiben. Sie hat jedenfalls, worauf das Patentgericht zu Recht weiterhin abgestellt hat, keine Grundlage
im Streitpatent, das hinsichtlich des in Merkmal 5c verwendeten Begriffs des für die Partikel im Wesentlichen
[X.] Polymers bei chemischen Bindungen nicht zwischen [X.] und "Aufpfropfen"
bzw. "[X.]"
unterscheidet, sondern eine
chemische Bindung des Polymers auf der Oberfläche der Partikel insoweit un-terschiedslos im Wesentlichen
ausschließt (vgl. Abs. 51).
c)
Das Patentgericht hat zudem zu Recht
darauf hingewiesen, dass Merkmal 5c mit der Einschränkung
"im Wesentlichen nicht-absorbierend"
den Umstand berücksichtigt, dass selbst wenn die Partikel, das Polymer und das Lösungsmittel mit dem Ziel gewählt worden sind, eine dauerhafte Assoziation des Polymers auf der Oberfläche der Partikel effektiv zu vermeiden, aufgrund des dynamischen Gleichgewichts nicht auszuschließen ist, dass sich bei einer Momentaufnahme vereinzelt
[X.] auf der Oberfläche der Partikel befinden. Der demgegenüber von der Kläg[X.] erhobene Einwand, mit der Ein-schränkung eines "im Wesentlichen [X.]"
Polymers
könne auch der Umstand angesprochen sein, dass nur ein g[X.]ger Teil der Polymer-kette in Kontakt mit der [X.] sei, weil diese im Wesentlichen aus
(mit den Partikeln nicht in Kontakt stehenden)
"tails"
und "loops"
bestehe und nur aus wenigen (mit den Partikeln in Kontakt stehenden) "train"-Bereichen, 15
-
9
-
überzeugt nicht. Mit der Lehre des Streitpatents soll ein Zusammenwirken des Polymers mit chemischen Bestandteilen der Partikel oder eine physikalische Adsorption des Polymers an der Oberfläche der Partikel möglichst vermieden werden (vgl. Abs. 51). Damit stünde es nicht in Einklang, Polymerketten nicht auszuschließen, wenn sie nur in wenigen "train"-Bereichen auf der [X.] adsorbiert sind.
II.
Das Patentgericht hat, soweit für die Berufungsentscheidung rele-vant, zur Begründung
im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Gegenstand von Patentanspruch
1 sei nicht patentfähig, weil er dem Fachmann aus dem Stand der Technik nahegelegt worden sei.
Aus der internationalen Anmeldung WO
98/03896 ([X.]) sei eine elekt-rophoretische Anzeige entsprechend den Merkmalen
1 bis 4 bekannt. Die Ent-gegenhaltung erwähne auch, dass die Partikel zur Verbesserung der [X.] -
außer beim Anlegen eines elektrischen Feldes
-
relativ unbeweglich sein soll-ten, gebe aber nicht an, wie dies erreicht werden solle. Es fehle zudem
an An-gaben über das Molekulargewicht des Polymers und ob dieses an der Oberflä-che adsorbiert werde oder nicht.
Zur Verwirklichung der Vorgabe aus der [X.], ein Polymer zur Verbesse-rung der [X.] hinzuzugeben, habe der Fachmann auf sein Fachwissen zurückgegriffen. Welchen Einfluss Polymere auf kleine Partikel in einer Sus-pension haben könnten, werde in Tabelle
1.4 des Lehrbuchs von [X.] ([X.], [X.] London 1983, [X.], S.
17) gezeigt. Ausgehend von dem in den Figuren
3C und [X.] der [X.] gezeigten Beispiels sei es naheliegend, eine Stabilisierungsmethode zu verwenden, bei der das Polymer nicht an die Partikel anhafte, da deren Ober-16
17
18
19
-
10
-
fläche bereits mit anderen Molekülen besetzt sei, nämlich den Farbstoffen. Es kämen somit in einer Auswahl die Effekte der Verarmungsstabilisierung (deple-tion stabilisation)
und der [X.] durch Verarmung (depletion [X.])
in Frage.
In den weiteren Kapiteln des Lehrbuchs ([X.]a, [X.]b und [X.]c) würden die Effekte der freien Polymere auf die Suspension näher ausgeführt. Dabei werde im Kapitel
17 auch der Einfluss des [X.] auf die Verarmungsstabilisierung untersucht und ein Zusammenhang zur benötigten Polymerkonzentration
hergestellt. In Tabelle
17.1
werde gezeigt, dass bei ei-nem höheren Molekulargewicht derselbe Effekt mit einer g[X.]geren Konzentra-tion eintrete. Da der Fachmann daran interessiert sei, die Zusatzstoffe in ihrer Konzentration so g[X.]g wie möglich zu halten, weil dies auch die Viskosität in g[X.]gerem Maße beeinflusse, liege es nahe, aus der Tabelle mit [X.] von 4.000 bis 300.000 ein Polymer mit einem hohen zahlenmäßig durchschnittlichen Molekulargewicht zu wählen, also insbesondere einem Wert von über 20.000. Das gelte auch für die bei elektrophoretischen Anzeigen übli-cherweise vorhandenen nichtwässrigen Suspensionen, wie Absatz
17.2.2 er-kennen lasse, wo beispielsweise ein Polymer mit einem Molekulargewicht von 2x106
eingesetzt worden sei.
Auch in einem von [X.] vorveröffentlichten
Fachbuch (Colloid and Surface Engine[X.]g: Applications in the Process Industries, [X.]., Oxford,
1992,
[X.], S.
124
f.)
sei beschrieben, wie das Prob-lem der Sedimentation auf Grund unterschiedlicher Dichten vermieden werden könne. Darunter seien als Lösung auch Polymere im Dispergiermittel genannt. Der Fachmann werde diese Polymere mit den in der [X.] erwähnten gleichset-zen, wenngleich es in der [X.] um wasserbasierte Suspensionen gehe. Die in der [X.] beschriebenen Polymere hätten ein Molekulargewicht von 1 bis 5x105
20
21
-
11
-
und damit deutlich über 20.000. In der [X.] werde als ein Mechanismus des Wirkens der Polymere die "depletion flocculation"
dargestellt, die
darauf beruhe, dass die Polymere, wie etwa Zelluloseether, nicht auf den Partikeln adsorbier-ten.
III.
Das Urteil des Patentgerichts hält
den Angriffen der Berufung der Beklagten nicht stand.
Der Gegenstand von Patentanspruch
1 wurde dem Fachmann
durch die [X.], das
Lehrbuch von [X.] ([X.]
bis
[X.]c) und das
Fachbuch von [X.] ([X.] und [X.]a) nicht nahegelegt.

1.
Suchte der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents, die [X.] bei einer elektrophoretischen Anzeige zu verbessern, ohne gleichzei-tig den Energieverbrauch oder die Schaltzeit der
Anzeige zu erhöhen, war [X.] auch die [X.] für ihn von Interesse.
Die Entgegenhaltung befasst sich in einer Ausführungsform mit einem mikroverkapselten Tintensystem, das durch ein elektrisches Feld betätigt wird, das zur Adressierung durch untere und gegebenenfalls auch obere Elektroden geeignet ist und das mittels zweifarbiger, zweipoliger Mikrokügelchen, einem elektrophoretischen Färbungssystem, flüssigem Kristall, einem elektrolumines-zenten
Färbungssystem oder dielektrophoretischem Effekt arbeitet ([X.], S.
2, [X.]
22
ff.; vgl. auch Ansprüche
1
ff., S.
23
ff.).
Das mikroverkapselte Tintensys-tem wird dem Fachmann im Hinblick auf ein elektrophoretisches System an-hand eines Ausführungsbeispiels in Figur 3B
gezeigt, die nachfolgend wieder-gegeben wird,

22
23
24
-
12
-

und in der Beschreibung der [X.] näher erläutert. Danach kann eine Mikrokap-sel 120 positiv geladene Partikel einer Farbe 210 und negativ geladene Partikel einer weiteren Farbe 220 aufweisen, so dass sich mit Anlegen eines elektri-schen Feldes durch die Elektroden 100 und 110 eine der Farben in Abhängig-keit von der Polarität des Feldes an die Oberfläche bewegt und infolgedessen eine Farbänderung wahrgenommen wird ([X.], [X.], [X.] 22 ff.). Nicht offenbart ist jedoch, dass in dem
Fluid des elektrophoretischen Mediums ein Polymer gelöst oder dispergiert ist.
2.
Bei dem in den Figuren 3C und [X.], die ebenfalls nachfolgend wie-dergegeben werden,

offenbarten Ausführungsbeispiel kann eine [X.]
120
u.a. einen Farbstoff einer gegebenen Chargenpolarität 230 und einen Farbstoff einer anderen 25
-
13
-
Chargenpolarität
240 aufweisen. Unter Anwendung eines elektrischen Feldes wird die [X.] distal zu den reduzierten, oxidierten, Protonen donatierenden, Protonen absorbierenden oder lösenden Mitteln 240 gehalten. Wird
das elektrische Feld aufgehoben, können sich die [X.] verbinden, um einen Komplex 245 eines [X.]es
245 zu bilden, wie er in Figur
[X.] dargestellt ist
([X.], S.
10, [X.]
7
ff.).
Dieses Ausführungsbeispiel ist keine elektrophoretische Anzeige im Sin-ne des Streitpatents. Zwar bewegen sich die [X.] und ihr [X.] bei Anlegen des elektrischen Feldes auseinander, um von dem in Figur [X.] gezeigten [X.] zu dem in Figur 3C gezeigten An-zeigezustand zu wechseln. Das elektrische Feld muss jedoch auch nach Errei-chen des in Figur 3C gezeigten [X.] weiterhin solange anliegen, wie dieser [X.] aufrechterhalten bleiben soll. Erst wenn der in Figur 3C gezeigte [X.] wieder in den in Figur [X.] gezeigten [X.] geändert werden soll, wird das elektrische Feld ausgeschaltet, so dass sich die [X.] und ihr Reaktionspartner 240 wieder verbinden können, um den Komplex 245 und damit den [X.] zu bilden. Anders als bei der erfindungsgemäßen elektrophoretischen Anzeige wird das elektrische Feld also nicht allein zur Herbeiführung eines anderen Bildzustan-des angelegt,
sondern
dient das Anlegen des elektrischen Feldes der Herbei-führung und der Aufrechterhaltung eines von zwei Bildzuständen, indem das An-
und Ablegen des elektrischen Feldes jeweils eine chemische Reaktion her-beiführt, die zu einer Farbänderung der Substanz und damit zu einem anderen Bildzustand führt.

3.
Hinsichtlich des in den Figuren 3C und [X.] gezeigten Ausführungs-beispiels wird in der Beschreibung der [X.] weiterhin in einem Satz ausgeführt, dass ein zusätzliches [X.] oder [X.] dem Inhalt der [X.] zu-26
27
-
14
-
gesetzt werden
könne, um eine [X.] des [X.] zu erreichen, so dass die Bestandteile relativ unbeweglich seien, es sei denn, es werde
ein elektri-sches Feld angelegt
([X.], S.
10, [X.]
22
ff.: "An additional gel or polymer materi-al may be added to the contents of said microcapsule in order to effect a bista-bility of the system such that said constituents are relatively immobile
accept on application of an electric field"; gemeint ist aber
hinsichtlich des letzten Halbsat-zes offensichtlich: "except on application of an electric field.").

Nach Ansicht
der Beklagten bezieht
sich dieser Satz
auf den in Figur [X.] gezeigten und in der Beschreibung zuvor erläuterten Bildzustand
nach Abschal-tung des elektrischen Feldes, dessen Stabilität durch die Zugabe von [X.] oder Polymaterial verbessert werden solle. Gegen ein solches Verständnis spricht jedoch
der Begriff "einer
[X.] des [X.]", wenngleich dieser durch die Verwendung des unbestimmten Artikels "ein"
eine sprachliche Relativierung erfährt. Mit "[X.]"
ist nach allgemeiner Definition
die Eigenschaft eines [X.] gemeint, zwei mögliche stabile Zustände einzunehmen, wobei der Wechsel von einem zum
anderen Zustand durch einen äußeren Impuls bewirkt wird (vgl. etwa auch [X.], Abs. 2). Zudem soll "eine [X.] des [X.]"
durch das Zusetzen eines [X.]s oder [X.] "erreicht"
wer-den. Beides ist mit der Beschreibung des dem genannten Satz
vorangehenden Ausführungsbeispiels ([X.], [X.], [X.] 22 ff.) nicht vereinbar, wonach der in Fi-gur
3C gezeigte Bildzustand durch Anwendung des elektrischen Feldes erreicht und
aufrechterhalten wird und der in Figur [X.] gezeigte Bildzustand erreicht und aufrechterhalten wird, nachdem das
elektrische Feld abgestellt worden ist
([X.], [X.], [X.] 7 ff.). Aus Sicht des Fachmanns spricht daher viel
dafür, dass mit dem genannten Satz ([X.], [X.] 22 ff.) ein elektrophoretisches System angedeutet wird, bei dem der Wechsel
zwischen den in den Figuren 3C und [X.] gezeigten Bildzuständen durch Anlegen
eines
elektrischen
Feldes
und die Stabilität des 28
-
15
-
Bildzustands zwischen den Wechseln -
"eine [X.] des [X.]"
-
durch die Zugabe von [X.] oder [X.] "erreicht"
werden soll.
Ein
solches Verständnis
steht in Einklang mit den Ansprüchen
22 und 23 der [X.].
Anspruch 22
beschreibt
eine elektronische Anzeige, bei der
die An-zeigeelemente -
insoweit entsprechend der Beschreibung des in Figur 3C und [X.] gezeigten Ausführungsbeispiels (vgl.
[X.], [X.], [X.] 31 ff.) -
einen Farbstoff, der mit einem
Kopf einer Charge
assoziiert ist, und ein
reduzierendes, oxidie-rendes
oder lösendes
Mittel, das
mit einem Kopf einer entgegengesetzten Charge assoziiert ist,
umfassen. Beide (Farbstoff und Mittel) können dazu ver-anlasst werden, einen ersten Farbzustand infolge der Anwendung eines elektri-schen Feldes einer ersten Art und einen [X.] infolge der An-wendung eines zweiten (elektrischen) Feldes zu bewirken ([X.], S.
25, [X.]
25
ff.). Anspruch 23, der sich auf Anspruch 22
rückbezieht, sieht darüber hinaus
in einer von zwei Alternativen
das Vorhandensein
"eines bistabilen
Mo-leküls"
vor ([X.], S. 26,
[X.] 8 ff.).
29
-
16
-

4.
Wird
vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass
in dem ge-nannten Satz der [X.] eine elektrophoretische Anzeige mit [X.] angedeu-tet wird, kann dem Patentgericht dennoch nicht in der Annahme beigetreten werden, dass es
für den Fachmann nahelag, ein Polymer in dem Fluid zu lösen oder zu dispergieren, das im erfindungsgemäßen Sinne "im Wesentlichen nicht-absorbierend"
auf den Partikeln ist.
Entgegen den Ausführungen des Patentgerichts sieht sich der Fachmann -
ausgehend von dem in den Figuren 3C und [X.] gezeigten Ausführungsbeispiel und dem genannten Satz der [X.] -
nicht vor die
Aufgabe gestellt, die Bistabili-tät durch Zugabe eines Polymers "zu verbessern".
Vielmehr geht es der [X.] an dieser Stelle darum, [X.] oder [X.] der [X.] zuzusetzen, um eine [X.] des [X.] "zu erreichen". Dieser Ansatz erklärt sich vor dem Hintergrund, dass die Stabilität der beiden Bildzustände im Ausgangsbeispiel der Figuren 3C und [X.]
durch Anwendung des elektrischen Feldes (in Figur 3C
gezeigter Bildzustand) bzw. Abschalten des elektrischen Feldes und dadurch mögliche Bildung der Komplexe 245 (in Figur [X.] gezeigter Bildzustand) erreicht wird ([X.], [X.], [X.] 7 ff.). In dem
im letzten Satz genannten abgewandelten Beispiel der Figuren 3C und [X.] dient das elektrische Feld (nach obigem Ver-ständnis)
hingegen der Herbeiführung der Wechsel
von einem zum anderen Bildzustand
und soll die [X.] der
jeweiligen Bildzustände
bzw. die relative Unbeweglichkeit der Bestandteile
durch die Zugabe von [X.] oder Polymermate-rial erreicht werden.
Bei diesem Ausgangspunkt hatte
der Fachmann keine Veranlassung, sich allgemein mit Stabilisierungsmethoden anhand von Fach-
und Lehrbüchern zu befassen, um die Stabilisierungsmethode herauszufinden, mit der sich "eine
Verbesserung"
der [X.] einer elektrophoretischen Anzeige erreichen lässt, wie sie etwa in der [X.] angesichts des Dilemmas diskutiert 30
31
32
-
17
-
wird, dass die Sedimentierung der Partikel unter Schwerkraft zwar durch eine Erhöhung der Viskosität verbessert werden kann, diese jedoch mit einer Ver-längerung der Zeiten einhergeht,
die die Partikel benötigen, um sich bei einem Anzeigenwechsel durch das flüssige Medium zu bewegen (vgl. [X.], Abs. 7). Vielmehr
ging sein Augenmerk auf Grundlage des im genannten Satz abgewandelten Ausführungsbeispiels der Figuren 3C und [X.] der [X.] da-hin herauszufinden,
wie [X.] bei einer elektrophoretischen Anlage über-haupt erreicht
werden kann.
Insoweit lehrte ihn beispielsweise die [X.] Patentschrift 6
113 810
([X.]),
dem Medium einer elektrophoretischen Anzeige zur Herstel-lung einer thermodynamischen und stabilen Dispersion mit positiv und negativ geladenen Partikeln eine Mischung aus [X.] und steri-schen -
mithin
nicht an der Oberfläche der Partikel haftenden (vgl. etwa [X.], [X.] f.) -
Stabilisatoren zuzugeben
([X.], [X.]. 6, [X.] 61 ff.). Der [X.] Patentschrift 5 914 806 ([X.]) entnahm er
insoweit, dass bei einer elekt-rophoretischen Anzeige die Pigmentpartikel durch in [X.] ge-löste oder dispergierte Polymere stabilisiert
werden können
([X.], [X.].
4, [X.]
37
f.).
Hingegen zeigt die Kläg[X.] nicht auf und es ist auch sonst nicht er-sichtlich, dass sich aus dem Stand der Technik eine auf die Herstellung von [X.] bei elektrophoretischen Anzeigen bezogene Anregung zur Verwen-dung eines Polymers ergab, das im oben erläuterten Sinne der Erfindung "im Wesentlichen nicht-absorbierend auf den Partikeln"
ist.
Entnahm der Fachmann dem Stand der Technik, wie etwa der [X.] oder der [X.], die Anregung, bei elektrophoretischen Anzeigen als [X.] zur Erreichung einer [X.] bzw. einer relativen Unbeweglichkeit der Be-standteile, wenn kein elektrisches Feld angelegt wird, ein auf der Oberfläche der Partikel adsorbierendes oder chemisch bindendes Polymer zu verwenden, 33
34
-
18
-
hatte
er auch keinen Anlass mehr, sich mit [X.] von allgemeiner Fachliteratur zur polymerischen Stabilisierung von kolloi-dalen Dispersionen wie dem Lehrbuch von [X.] ([X.] bis
[X.]c) oder dem Fachbuch von [X.] ([X.] und [X.]a)
zu befassen, in denen ne-ben der sterischen Stabilisierung allgemein auch die Verarmungsstabilisierung (depletion stabilisation) und die [X.] durch Verarmung (depletion flocculation)
aufgeführt und erläutert werden.
IV.
Das Urteil des
Patentgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
1.
a)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist gegenüber den weiterhin von der Kläg[X.] entgegengehaltenen Druckschriften neu.
(1)
Wie bereits das Patentgericht in seinem Hinweis vom 7. Mai 2015 zutreffend ausgeführt hat und worauf wegen der Einzelheiten verwiesen wird, offenbart die [X.]
eine elektrophoretische Anzeige nach Maßgabe der [X.] 1 bis 4 des Patentanspruchs 1. Die Pigmentpartikel werden durch in dem [X.] gelöste oder dispergierte Polymere stabilisiert
([X.], [X.]. 4, [X.] 37
f.), indem die Partikel kovalent an der Oberfläche der Partikel gebunden sind ([X.], [X.]. 1, [X.] 54 ff.). Zur Ausbildung der kovalenten chemischen Bindun-gen verfügen die Polymere und die Partikel über komplementäre chemische Funktionalitäten ([X.], [X.]. 3, [X.] 12 ff.).
Da nach
den obigen Erläuterungen Po-lymere, die kovalente chemische Bindungen mit
den Partikeln
bilden, wenn
es sich dabei nicht nur um vereinzelte [X.] handelt,
nach Merkmal 5c ausgeschlossen sind, fehlt es an einer Offenbarung der Lehre aus [X.]
(2)
Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich der [X.]. Auch diese Entgegenhaltung
offenbart eine elektrophoretische Anzeige entsprechend den 35
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Merkmalen 1
bis 4. Unter anderem wird der Einsatz von
Mischungen aus La-dungssteuerungsmitteln und sterischen Stabilisatoren
zur Herstellung einer thermodynamischen und stabilen
Dispersion mit positiv und negativ geladenen Partikeln vorgeschlagen ([X.], [X.]. 6, [X.] 61 ff.). Die Verwendung von Ladungs-steuerungsmitteln, die nach den Angaben der [X.] von den elek-trophoretischen Partikeln "absorbiert"
werden müssen, um ihre Funktion der Steuerung der Ladung der Partikel zu ermöglichen ([X.], Abs. 29), lässt -
entgegen der Ansicht der Kläg[X.] -
nicht darauf schließen, dass die nach der [X.] ebenfalls einzusetzenden Stabilisatoren nicht an den Partikeln absorbieren. Dagegen spricht bereits, dass diese Stabilisatoren in der [X.] als "sterische"
Stabilisatoren bezeichnet werden, womit aus Sicht des Fachmanns gemeint ist, dass eine
Koagulation
der Partikel
durch mit diesen verbundene oder adsorbierte Makromoleküle vermieden wird (vgl. [X.], [X.] f.; Piirma, "[X.]", [X.] Inc., [X.] 1992, [X.] ff.; [X.], S. 4
f.).
(3)
Auch in der [X.] Patentschrift 6 117 368 ([X.]) und 5
360 689 ([X.]) ist jedenfalls das Merkmal 5c nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, wobei zur Begründung auf die Ausführungen des Patentgerichts im Hinweis vom 7. Mai 2015 verwiesen werden kann, denen die Kläg[X.] nicht mehr in erheblicher Weise entgegengetreten ist.
b)
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfin-derischen Tätigkeit. Die Kläg[X.] hat nicht aufgezeigt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass sich dieser für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem zu
1. erörterten Stand der Technik ergeben hat.
2.
Die Erfindung nach Patentanspruch 1 wird durch das Streitpatent
so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann
sie ausführen konnte.
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a) Das Patentgericht hat hierzu ausgeführt:
Der Fachmann wisse, dass die Adsorptionsneigung eines einzelnen Mo-l-pie, abhänge, was im Hinblick auf die erfindungsgemäße Lehre bedeute, dass neben den Molekülen, den Partikeln und der Temperatur auch das Lösungsmit-tel zu berücksichtigen sei. Bei der Adsorption handele es sich um einen dyna-mischen Prozess, was in Merkmal 5b durch das Attribut "im Wesentlichen" zum Ausdruck komme. Entsprechend werde der Fachmann die Partikel, das Poly-mer, das Lösungsmittel und die Temperatur so wählen, dass kein dauerhaftes Anhaften des Polymers auf der Oberfläche der Partikel erfolge, was aber auf-grund des dynamischen Gleichgewichts nicht ausschließe, dass einzelne [X.] auf der Oberfläche zu finden seien. Das Streitpatent gebe im Üb-rigen klare Anweisungen, welche Partikel zu verwenden seien, indem in den Ausführungsbeispielen Möglichkeiten für
die Wahl der Partikel, des Lösungs-
bzw. [X.] und des Polymers aufgezeigt würden. Etwa würden als Beispiele für die Partikel polymerbeschichtetes Titanoxid und polymerbeschich-teter Ruß angegeben. Damit sei die Lehre hinreichend deutlich offenbart.
b)
Die die Bejahung der Ausführbarkeit tragenden Feststellungen des Patentgerichts werden mit der Berufung der Kläg[X.] nicht in einer Weise ange-griffen, die konkrete Anhaltspunkte für Zweifel
an deren Richtigkeit ergäbe (§
117 Satz 1 [X.] i.V.m.
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Nach den Feststellungen des Patentgerichts
ist die Adsorption ein dynamischer Prozess und findet im "im Wesentlichen"
dann nicht statt, wenn es für das Molekül aus energetischen Gründen günstiger ist, in Lösung zu verbleiben statt
sich an der Oberfläche des [X.] anzulagern, wobei als Einflussfaktoren neben den Molekülen, den [X.] und der Temperatur auch das Lösungsmittel zu berücksichtigen ist
(vgl. auch Gutachten Prof. H.

, [X.]2
Rn. 35 ff.).

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Die Kläg[X.] hält die Lehre aus Patentanspruch 1 für nicht ausführbar, weil der Fachmann keine Messmethode kenne, mit der festgestellt werden kön-ne, ob eine Adsorption stattfinde oder nicht. Zudem sei die Lehre durch den Begriff des "im Wesentlichen"
[X.] in einem
Maße unscharf, dass der Fachmann nicht wisse könne, ob Merkmal 5c erfüllt sei oder nicht. Darin
kann ihr nicht beigetreten werden.
In der [X.] wird dem Fachmann offenbart, wie er zur Aus-führung der erfindungsgemäßen Lehre geeignete Polymere auswählen und mit Lösungsmittel kombinieren sowie die weiteren
Einflussfaktoren bestimmen kann, um eine Adsorption des Polymers
auf den Partikeln zu verhindern. Etwa wird ihm als Verfahren zur Wahl einer geeigneten Polymer/Fluid-Kombination vorgeschlagen, die intrinsische Viskosität der Kombination gegen das Moleku-largewicht des Polymers aufzutragen, wobei solche Kombinationen geeignet seien, in denen
der Anstieg des besten linearen Ausgleichs des Logarithmus der intrinsischen Viskosität gegen den Logarithmus des [X.] mindestens 0,5 beträgt, vorzugsweise aber im Bereich von etwa 0,55 bis etwa 0,8 liegen solle ([X.], Abs. 30). Als typisches [X.] wird ein aliphatischer Kohlenwasserstoff allein oder zusammen mit halogeni-siertem Kohlenwasserstoff genannt und als ein in Kombination damit zweckmä-ßiges Polymer ein Kohlenwasserstoff-Polymer, das im Wesentlichen frei von funktionellen Gruppen, zum Beispiel ionisierbaren oder ionischen Bestandteilen,
sei,
die bewirken könnten, dass das Polymer mit chemischen Bestandteilen der elektrophoretischen Partikel zusammenwirke
oder physikalisch nach der Ober-fläche der elektrophoretischen Partikel adsorbiere. Als Beispiel für ein solches Polymer wird
Polyisobutylen genannt
([X.], Abs.
31).
Um sicher-zustellen, dass das Polymer nicht im Wesentlichen von den elektrophoretischen Partikeln absorbiert werde, sei
es überdies erwünscht, ein Polymer zu wählen, 45
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das chemisch höher als das [X.] und entsprechend leicht in diesem löslich sei
([X.], Abs. 30).

Dem Fachmann werden im Übrigen, wie das Patentgericht bereits [X.] hat, Ausführungsbeispiele an die Hand gegeben, die konkrete Vorschläge für die Ausführung der Partikel, des Lösungs-
bzw. [X.] und des Polymers, etwa das Ausführungsbeispiel "Preparation of Medium A Internal Phase"
([X.], Abs. 39). Soweit die Kläg[X.]
demgegenüber ein-wendet, es gebe keinen
Beleg dafür, dass die Ausführungsbeispiele [X.] seien, übersieht sie, dass nicht der Beklagten, sondern ihr als Nichtigkeitskläg[X.] die Darlegungs-
und Beweislast dafür obliegt, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und den Zeichnungen der Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszu-führen ([X.], Urteil vom 11. Mai 2010 -
X [X.], [X.], 901
Rn. 31

Polymerisierbare Zementmischung). Das ist dem Vorbringen der Kläg[X.] [X.] nicht zu entnehmen.
Vielmehr bezeichnet es der Sachverständige der Kläg[X.] zwar als schwierig, ohne experimentellen Beweis oder detaillierte ex-perimentelle Erfahrung mit ähnlichen Substanzen eine a priori
Abgrenzung
dar-über vorzunehmen, ob ein Polymer adsorbierend oder [X.] sei (Gutachten Prof. H.

, [X.]2
Rn. 37). Daraus ergibt sich aber zugleich, dass
es nach sachverständiger Einschätzung für den Fachmann, der über mehrjähri-ge Berufserfahrung auf dem Gebiet der elektrophoretischen Anzeigen verfügte, im Hinblick auf den Gegenstand von Patentanspruch 1 und gegebenenfalls nach Durchführung von Experimenten durchaus möglich war, festzustellen, ob ein Polymer adsorbierend oder [X.] ist.
Es mag
sein, dass angesichts des Umstandes,
dass es sich bei der [X.] um einen von der Energiebilanz abhängenden dynamischen Prozess 47
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handelt, mit dem Begriff des auf den Partikeln "im Wesentlichen"
nicht adsorbie-renden Polymers
nicht numerisch festgelegt ist, mit welchem
Anteil die [X.] auf den Partikeln noch besetzt sein dürfen. Die Ausführbarkeit der Erfindung ist dadurch aber nicht in Frage gestellt, weil infolge dieser Einschrän-kung lediglich nicht ausgeschlossen ist, dass bei einer Momentaufnahme ein-zelne [X.] auf der Oberfläche der Partikel adsorbiert sind.
Schließlich greift
auch der Einwand der Kläg[X.], der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei im Hinblick auf die Temperaturabhängigkeit der Adsorpti-on des Polymers auf den Partikeln nicht über die gesamte Breite
ausführbar, nicht durch.
Zutreffend ist zwar, dass das Adsorptionsverhalten des Polymers neben anderen Faktoren auch durch die Temperatur beeinflusst wird. Entspre-chend wird der Fachmann sich bei der Wahl des Fluids für ein bestimmtes Poly-mer auch an dem
Temperaturbereich ausrichten, der für den Einsatzbereich der elektrophoretischen Anzeige relevant ist, wie auch bereits das Patentgericht ausgeführt hat.
Dass dies für den Fachmann aufgrund der Angaben in der [X.] nicht möglich ist, wird von der insoweit darlegungs-
und be-weisbelasteten Kläg[X.] nicht aufgezeigt.
Vielmehr führt ihr Sachverständiger aus, dass sich die Eigenschaft des Lösungsmittels und damit das Adsorptions-verhalten der Polymere zwar im Bereich extremer Temperaturen von gut zu schlecht verändern könne, dass die Polymere in [X.] bei Raumtemperaturen aber idealerweise ein mäßig gutes bis gutes Lösungsmittel-verhalten aufweisen sollten (Gutachten Prof. H.

, [X.]2 Rn. 40 ff.).
Schließlich lässt sich die von der Kläg[X.] geltend gemachte nicht [X.] offenbarte Ausführbarkeit auch nicht daraus ableiten, dass der in dem vor dem [X.] zwischen den Parteien anhängigen Verlet-zungsverfahren bestellte Sachverständige auf Schwierigkeiten beim experimen-tellen Nachweis der chemischen Komponenten in den [X.]n der als pa-49
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tentverletzend beanstandeten Ausführungsform hingewiesen hat, da es sich insoweit um unterschiedliche Fragestellungen handelt, wie auch von der Kläge-rin in der mündlichen Verhandlung
nicht mehr in Frage gestellt worden ist.
V.
Ist die Klage auf die
Berufung der Beklagten abzuweisen, kann
auch die Berufung der Kläg[X.] keinen Erfolg haben.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.], §§
92
Abs.
1, 97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
[X.]
Bacher

Deichfuß
Kober-Dehm
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 24.09.2015 -
2 Ni 48/13 (EP) -

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52

Meta

X ZR 144/15

10.10.2017

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2017, Az. X ZR 144/15 (REWIS RS 2017, 4260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4260

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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