Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. KVR 19/07

Kartellsenat | REWIS RS 2007, 1800

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF B[X.]SCHLUSS K[X.]R 19/07 vom 25. September 2007 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: ja (zu [X.] b) [X.]R: ja [X.]/[X.] [X.] § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Für die [X.] des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist [X.] anders als bei der Marktabgrenzung im Rahmen des § 19 Abs. 2 [X.] [X.] lediglich auf die im Inland erzielten Umsätze abzustellen. [X.], [X.]uss vom 25. September 2007 [X.] K[X.]R 19/07 [X.] [X.] - 2 - [X.] hat am 25. September 2007 durch den Präsidenten des [X.] Prof. [X.], den [X.]orsitzenden [X.] Prof. [X.] sowie [X.] Raum, [X.] und [X.] beschlossen: [X.] des [X.] gegen den [X.]uss des 1. Kartellsenats des [X.] vom 5. März 2007 wird zurückgewiesen. Das [X.] hat die Kosten des [X.] einschließlich der zur zweckentsprechenden [X.]rledigung der Angele-genheit notwendigen Auslagen der Betroffenen zu 1 bis 5 zu tragen. Der Wert des [X.] wird auf 100.000,00 • fest-gesetzt. Gründe: [X.] Die Betroffene zu 1 (nachfolgend [X.]) ist ein Tochterunternehmen der in [X.] ansässigen [X.] AG, die über ihre Tochterunternehmen im Be-reich der Oberflächentechnologien und -dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Komponenten und Dienstleistungen für Trennkolonnen und statisches Mischen tätig ist. Die Betroffene zu 2 (nachfolgend [X.]) gehört zur [X.] (nachfolgend [X.]). Diese stellt Zweikomponentenmisch- und -applikati-onssysteme auf Kartuschenbasis einschließlich der Mischer und der [X.] - geräte her. Die Betroffene zu 3 (nachfolgend [X.]) gehört zur [X.]-Gruppe, die unter anderem im Spritzgussverfahren Kunststoffartikel herstellt. Mit Schreiben vom 25. August 2006 meldeten die Betroffenen zu 1 bis 5 beim [X.] den geplanten [X.]rwerb von 75,1% der Anteile der [X.], 76% der [X.], 76% der [X.] und von 100% des Gründerrechts der [X.] sowie von Kaufoptionen über die restlichen Anteile durch [X.] an. Nach-dem das [X.] das Hauptprüfverfahren eingeleitet und mitgeteilt hatte, dass gegen das [X.] wettbewerbliche Bedenken [X.], haben die Betroffenen die Anmeldung am 29. Dezember 2006 zurückge-nommen und gleichzeitig den [X.]ollzug des Zusammenschlusses angezeigt. 2 3 Mit [X.]uss vom 14. Februar 2007 hat das [X.] den [X.] untersagt und dessen Auflösung angeordnet ([X.]). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anteilserwerb an [X.] durch [X.] zu einer [X.]erstärkung der marktbeherrschenden Stellung von [X.] auf dem Markt für die Herstellung von Kartuschen, Mischern und Austraggeräten für [X.] für die medizinische Anwendung und zur [X.]ntste-hung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für die genannten Gerä-te für Industrieanwendungen führe. Die [X.]erstärkungswirkungen lägen im Bereich der medizinischen Anwendung in erster Linie im Wegfall eines potentiellen Wett-bewerbers, der mit dem patentierten Mischerprodukt —Quadromischerfi noch über die beste Marktzutrittschance verfüge und auf dem Markt bereits [X.]rlöse erzielt [X.]. Nach Ansicht des [X.] unterliegt der Anteilserwerb an [X.] gemäß § 35 Abs. 1 [X.] der Fusionskontrolle. Die [X.] (§ 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.]) sei nicht anwendbar. Zwar sei auf keinem der [X.] sachlich relevanten [X.]inzelmärkte die Umsatzschwelle von 15 Mio. • im Inland überschritten. Jedoch sei entweder auf die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugrunde zu legenden räumlich relevanten Märkte abzustellen, die hier zumindest - 4 - europaweit abzugrenzen seien und deren Umsatzschwelle jeweils über 15 Mio. • liege, oder aber es seien die Inlandsumsätze zu a[X.]ieren, da es sich um sachlich eng benachbarte Märkte handele. Gegen diesen [X.]uss haben die Betroffenen zu 1 bis 5 Beschwerde ein-gelegt. Auf Antrag der Betroffenen zu 1 bis 5 hat das Beschwerdegericht die auf-schiebende Wirkung der Beschwerde bis zur rechtskräftigen [X.]ntscheidung in der Hauptsache angeordnet ([X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 1931). Hiergegen richtet sich die [X.] vom Beschwerdegericht zugelassene [X.] Rechtsbeschwerde des [X.]. 4 5 I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Aufhebung der angefochte-nen [X.]erfügung überwiegend wahrscheinlich ist. Zur Begründung hat es ausge-führt: Der Anteilserwerb an [X.] durch [X.] betreffe zwei unterschiedliche Märkte, die in räumlicher Hinsicht beide zumindest europaweit abzugrenzen seien. Das [X.] habe zutreffend den Markt für Kartuschen, Mischer und Austraggeräte für [X.] danach unterteilt, in welchem Be-reich die hergestellten Geräte zum [X.]insatz kämen. Die aufgezeigten Unterschiede zwischen den genannten Produkten, die für die Anwendung im medizinischen Be-reich vorgesehen seien, und denen, die im Industriebereich zum [X.]insatz kämen, seien nach derzeitigem Sachstand so gewichtig, dass die Annahme eines einheit-lichen Marktes nicht ernsthaft in [X.]rwägung gezogen werden könne. 6 Die [X.] finde Anwendung. Auf keinem der beiden Märkte, die von dem Anteilserwerb von [X.] an der [X.] betroffen seien, sei die Umsatzschwelle von 15 Millionen • überschritten. [X.]ntscheidend sei allein der 7 - 5 - im Inland erzielte Umsatz. Die in § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] zum Ausdruck kom-mende ökonomische Marktabgrenzung sei auf die [X.] nicht an-zuwenden. Hierfür spreche eine Gesamtwürdigung des Wortlauts und der mit den [X.]orschriften des § 19 Abs. 2 Satz 3 und § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] verfolgten Zwecke. Die Umsatzerlöse seien für die Prüfung der [X.] nicht zu-sammenzufassen. Die für das [X.]ingreifen der [X.] relevante ge-samtwirtschaftliche Bedeutung eines Zusammenschlusses könne sich auch [X.] ergeben, dass sich ein Zusammenschluss auf mehrere sachlich getrennte [X.]inzelmärkte auswirke. [X.]oraussetzung hierfür sei, dass eine isolierte Betrachtung der [X.]inzelmärkte dem Sinn und Zweck der [X.], [X.]orhaben von der Fusionskontrolle auszunehmen, die einen gesamtwirtschaftlich unbedeuten-den Markt betreffen, nicht gerecht werde. Dies sei anzunehmen, wenn die [X.]inzel-märkte als gleichartig anzusehen seien. Sie müssten in sachlicher Hinsicht und auch hinsichtlich ihrer Marktstruktur hinreichende Übereinstimmungen aufweisen. Im Streitfall seien diese [X.]oraussetzungen nicht erfüllt. 8 II[X.] [X.] hat keinen [X.]rfolg. Die [X.]ntscheidung des [X.] ist rechtlich plausibel und lässt keinen erheblichen Rechtsfehler erkennen. 9 1. [X.]ntscheidungen des [X.] nach § 65 Abs. 3 [X.] können im Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt überprüft werden. Das [X.]erfahren nach § 65 Abs. 3 [X.] ist ein [X.]ilverfahren, in dem anders als im Beschwerdever-fahren nach § 63 [X.] keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der angefoch-tenen [X.]erfügung der Kartellbehörde erfolgt. Nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 [X.] ist Prü-fungsmaßstab für die vom Beschwerdegericht vorzunehmende Rechtmäßigkeits-kontrolle, ob —ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen [X.]erfü-10 - 6 - [X.] bestehen. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft das dabei vom Beschwerde-gericht gefundene [X.]rgebnis nur auf rechtliche Plausibilität ([X.], [X.]. v. 8.5.2007 [X.] K[X.]R 31/06, [X.]/[X.] D[X.]-R 2035 [X.]. 17 [X.] Lotto im [X.]). 2. Das Beschwerdegericht hat berechtigte Zweifel gegenüber der [X.] des [X.] zum Ausdruck gebracht, der zufolge das [X.] unterliegt. Der Zusammenschluss ist zwar nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] grundsätzlich [X.]. Mit vertretbaren [X.]rwägungen hat das Beschwerdegericht jedoch die [X.]oraussetzungen der [X.] nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] bejaht. Nach dieser [X.]orschrift gilt § 35 Abs. 1 [X.] nicht, soweit ein Markt betrof-fen ist, auf dem seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf dem im letzten Kalenderjahr weniger als 15 Mio. • um-gesetzt wurden. Dass diese Umsatzschwelle im Streitfall überschritten ist, hat das Beschwerdegericht mit Recht in Zweifel gezogen. 11 3. Nach den Feststellungen des [X.] betrifft der vollzogene Zusammenschluss den räumlich europaweit abzugrenzenden Markt für Kartu-schen, Mischer und Austraggeräte für [X.], der sich nach dem [X.]erwendungszweck in zwei sachlich relevante Teilmärkte unterteilen lässt: den Markt für medizinische Anwendungen/Dentalanwendungen und den Markt für Industrieanwendungen (industrielle und Bauanwendungen). Damit hat das Be-schwerdegericht den relevanten Markt in Übereinstimmung mit dem [X.] bestimmt. 12 a) Allerdings sind in den relevanten Markt auch Produkte einzubeziehen, die mit den anderen auf dem ins Auge gefassten Markt angebotenen Produkten nicht funktionell austauschbar sind, die jedoch die Grundlage dafür bieten, dass ihr Hersteller bei [X.]orliegen günstiger Wettbewerbsbedingungen jederzeit sein [X.] - 7 - ment umstellen und ein Konkurrenzprodukt anbieten könnte. [X.]ine solche Ange-botsumstellungsflexibilität kann jedoch nach der Rechtsprechung des Senats nur angenommen werden, wenn die Umstellung kurzfristig und mit wirtschaftlich ver-tretbarem Aufwand erfolgen kann ([X.] 170, 299 [X.]. 20 [X.] [X.]). Da das Beschwerdegericht entsprechende Feststellungen nicht ge-troffen hat und die Marktabgrenzung auch im Übrigen keinen Rechtsfehler erken-nen lässt, ist für das summarische [X.]erfahren die vom Beschwerdegericht vorge-nommene Marktabgrenzung zugrunde zu legen. 14 b) Nach den Feststellungen des [X.] ist auf jedem dieser Märkte die Umsatzschwelle von 15 Mio. • überschritten, wenn man die europaweit erzielten Umsätze zugrunde legt. Dagegen liegt der im Inland erzielte [X.] auf beiden Märkten jeweils unter 15 Mio. •. Das Beschwerdegericht hat zu Recht bei der Anwendung der [X.] auf die im Inland erzielten Umsätze abgestellt. Zwar stellt § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] in Übereinstimmung mit der Rechtspre-chung des Senats ([X.] 160, 321, 327 ff. [X.] Staubsaugerbeutelmarkt) nunmehr ausdrücklich klar, dass der räumlich relevante Markt —im Sinne dieses Gesetzesfi weiter sein kann als der Geltungsbereich des [X.]. [X.]s besteht jedoch Streit dar-über, ob diese ökonomische Marktabgrenzung auch bei der [X.]rmittlung der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] maßgeblichen Umsätze zugrunde zu legen ist. Nach der [X.] von einem Teil des Schrifttums geteilten [X.] Auffassung des [X.]s ist der relevante Markt einheitlich, also auch bei der Anwendung der [X.], ökonomisch abzugrenzen (BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 1247, 1250; [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 1340, 1344 f.; ebenso [X.] in [X.]/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 35 [X.] Rdn. 24; Westermann/[X.], [X.] 2006, 216, 232). Danach wäre in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der räumlich relevante Markt über das [X.] hinausreicht, nicht nur auf den inländischen Teil des [X.] - 8 - samtumsatzes abzustellen. Nach der [X.] ist demgegenüber für die Prüfung der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] maßgeblichen Schwelle [X.] ent-sprechend der Rechtspraxis des [X.] vor dem Inkrafttreten der 7. [X.]-Novelle ([X.]/[X.] D[X.]-[X.] 203, 204) [X.] stets auf die im Inland erzielten [X.] im Sinne einer normativen Marktabgrenzung abzustellen (vgl. [X.], [X.] 2005, 889, 891; [X.]/[X.], [X.] 2005, 1509, 1511; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Kartellrecht, § 35 [X.] Rdn. 16 f.; [X.] in [X.]/Bunte aaO § 130 [X.] Rdn. 185; [X.], [X.], 4. Aufl., § 35 Rdn. 35; vgl. auch [X.], [X.] 2004/05 [X.]. 458). 16 Die zuletzt genannte Auffassung verdient den [X.]orzug. Sinn und Zweck der [X.] ist es, [X.]orhaben, die einen gesamtwirtschaftlich unbedeu-tenden Markt betreffen, von der Fusionskontrolle auszunehmen (Begründung des [X.] zur 2. [X.]-Novelle BT-Drucks. [X.]I/2520 S. 32; [X.], [X.]. v. 19.12.1995 [X.] K[X.]R 6/95, [X.]/[X.] 3037, 3042 [X.] Raiffeisen; [X.] 168, 295 [X.]. 14 [X.] [X.]/[X.]). An dieser grundsätzlichen Zielrichtung hat sich durch die [X.]erlagerung der [X.] aus dem Bereich der ma-teriellen Untersagungsvoraussetzungen in die [X.]orschriften über den Geltungsbe-reich der [X.] und durch die [X.]rhöhung des Schwellenwerts von 10 auf 30 Millionen DM im Rahmen der 6. [X.]-Novelle nichts geändert (vgl. Begründung des [X.] zur 6. [X.]-Novelle BT-Drucks. 13/9720 S. 56; [X.] 168, 295 [X.]. 14 [X.] [X.]/[X.]; BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 203, 204). Bei der (Neu-)Festsetzung der für tolerabel erachteten Maximal-größe von [X.] hat sich der Gesetzgeber deshalb an der relativen Be-deutung solcher Märkte im [X.]erhältnis zur inländischen Gesamtwirtschaft orientiert. Wollte man die durch die 7. [X.]-Novelle nicht veränderte Schwelle von 15 Mio. • auf räumlich relevante [X.] oder gar weltweite Märkte beziehen, könnten Zusammenschlüsse auf Märkten geprüft und untersagt werden, die einen im In- - 9 - land unbedeutenden Markt betreffen. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der [X.] ([X.] [X.]/[X.] D[X.]-R 1881, 1884; [X.], [X.] 2005, 889, 893; [X.] in [X.]/Bunte aaO § 130 [X.] Rdn. 185; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 35 [X.] Rdn. 16; [X.], [X.] 2004/05 [X.]. 457). Dieser Auslegung des Marktbegriffs in § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] steht § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht entgegen, wonach der räumlich relevante Markt weiter sein kann als der Geltungsbereich des Gesetzes (a.A. [X.] in [X.]/Bunte aaO § 35 [X.] Rdn. 24; Westermann/[X.], [X.] 2006, 216, 232). Zwar dient diese durch die 7. [X.]-Novelle eingefügte Bestimmung der Klarstellung, dass grundsätzlich für die Abgrenzung des relevanten Marktes ein ökonomischer Marktbegriff zugrunde zu legen ist, der nicht nur für den Bereich der Missbrauchsaufsicht, sondern generell bei der Anwendung des Gesetzes gilt, ins-besondere also auch für die [X.] (Begründung des [X.] zur 7. [X.]-Novelle BT-Drucks. 15/3640 S. 30). Der Gesetzgeber wollte damit allerdings lediglich der bereits mit der 6. [X.]-Novelle verfolgten [X.] verleihen, dass bei der Prüfung der Marktbeherrschung die [X.] auf dem ökonomisch relevanten Markt maßgeblich sein [X.] (vgl. Begründung des [X.] zur 7. [X.]-Novelle aaO). [X.]ine Aussage darüber, dass sich diese Klarstellung auch auf die Bestimmung des [X.] bezieht, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. [X.]ine solche Klarstellung hätte auch deshalb nahegelegen, weil das [X.] nach dem Inkrafttreten der 6. [X.]-Novelle in seiner [X.]ntscheidungspraxis bei der Marktabgrenzung bereits den ökonomischen Marktbegriff zugrunde gelegt, bei der Anwendung der [X.] aber weiterhin auf den (normativen) In-landsmarkt abgestellt hatte (BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 203, 204). 17 - 10 - Für eine Zugrundelegung allein der Inlandsumsätze im Rahmen der Anwen-dung der [X.] spricht auch die Kollisionsnorm des § 130 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], [X.] 2004/05 [X.]. 458; OLG Düssel-dorf [X.]/[X.] D[X.]-R 1881, 1886; [X.] in [X.]/Bunte aaO § 130 [X.] Rdn. 185). Danach findet das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen An-wendung auf alle Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich die-ses Gesetzes auswirken (Auswirkungsprinzip). Diese Kollisionsnorm erfasst auch die Fusionskontrolle (vgl. zu § 98 Abs. 2 [X.] a.F. [X.], [X.]. v. 29.5.1979 [X.] KZR 2/78, [X.]/[X.] 1613, 1614 [X.] Organische Pigmente). Um angesichts der [X.]iel-falt denkbarer Rückwirkungen eine vom Gesetz nicht gewollte uferlose Ausdeh-nung des internationalen Anwendungsbereichs der [X.] des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern, bedarf es einer [X.]ingrenzung und Konkretisierung der maßgebenden Inlandsauswirkungen nach dem [X.] des [X.] allgemein und der jeweils in Frage kommenden speziellen Sach-norm ([X.]St 25, 208, 212 [X.] Ölfeldrohre; [X.] [X.]/[X.] 1613, 1614 [X.] Organische Pigmente). In diesem Zusammenhang ist die [X.] des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] zu sehen, die verhindern soll, dass ein Zusammenschluss [X.] werden muss, obwohl seine Auswirkungen in [X.] nur marginal sind. Diesem [X.]erständnis folgend hat das [X.] vor dem Inkrafttreten der 7. [X.]-Novelle in Fällen mit Auslandsberührung das Übergewicht des Inter-esses an seiner Regelungsbefugnis damit begründet, dass ein volkswirtschaftlich bedeutsamer Inlandsmarkt betroffen sei (BKartA [X.]/[X.] 2405, 2413; [X.]/[X.] 2521, 2540; vgl. zum völkerrechtlichen Abwägungsgebot Barthelmeß/[X.], [X.] 2003, 1176, 1179). 18 [X.]ntgegen der Auffassung des [X.] könnte eine uferlose Aus-dehnung des Anwendungsbereichs der [X.] des [X.] bei Zugrundele-gung eines ökonomischen Marktbegriffs im Rahmen der [X.] 19 - 11 - auch nicht durch den Filter des § 130 Abs. 2 [X.] und durch die Inlandsumsatz-schwelle des § 35 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verhindert werden. Beide [X.]orschriften [X.] die auf den Inlandsmarkt bezogene Wirkung der [X.] nicht ersetzen. Die [X.]orschrift des § 130 Abs. 2 [X.] enthält ihrem Wortlaut nach [X.] keine [X.]inschränkung des Auswirkungsprinzips. Zwar steht auch der [X.] unter einem Spürbarkeitsvorbehalt ([X.] [X.]/[X.] 1613, 1614 f. [X.] Organische Pigmente); doch fehlt es bei dieser ungeschriebenen [X.]inschränkung an einer klaren Grenze, wie sie im Rahmen der Aufgreifkriterien in der [X.]kontrolle vonnöten ist. Die Inlandsumsatzschwelle des § 35 Abs. 1 Nr. 2 [X.] dient zwar einem ähnlichen, aber nicht demselben Zweck wie die [X.]: Sie nimmt Unternehmen mit vergleichsweise geringen [X.] generell von der [X.] aus. Die [X.] greift dagegen auch dann ein, wenn ein umsatzstarkes Unternehmen an dem [X.] beteiligt ist, der Zusammenschluss sich aber nur auf einem (In-lands-)Markt von geringer wirtschaftlicher Bedeutung auswirkt. c) Nach den Feststellungen des [X.] erreicht keiner der beiden Märkte im Inland die Umsatzschwelle des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.]. Die Annahme des [X.], dass eine am Sinn und Zweck der Baga-tellmarktklausel orientierte Auslegung eine A[X.]ition der Inlandsumsätze auf den beiden sachlich relevanten Märkten nicht gebietet, hält der eingeschränkten recht-lichen Überprüfung, wie sie im Rahmen des [X.]ilverfahrens allein in Betracht kommt (dazu oben [X.]), stand. 20 aa) Sind von dem Zusammenschluss mehrere Märkte betroffen, auf denen für sich genommen jeweils Umsatzerlöse von weniger, zusammengerechnet aber von mehr als 15 Mio. • erzielt werden, hat der [X.] eine A[X.]ition der Umsätze unter besonderen [X.]oraussetzungen zugelassen: Ausgehend vom Zweck der [X.], [X.]orhaben, die einen gesamtwirtschaftlich [X.] - 12 - deutenden Markt betreffen, von der Fusionskontrolle auszunehmen, hat der Senat die Anwendung der Klausel im Falle einer künstlichen Marktaufteilung abgelehnt, in dem die Abgrenzung lokaler Teilmärkte durch ein am Zusammenschluss betei-ligtes Unternehmen willkürlich herbeigeführt worden war ([X.] 81, 56, 62 [X.] Transportbeton [X.]). [X.]benso kann eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Zusammenschlusses nach der Senatsrechtsprechung nicht verneint werden, wenn von dem Zusammenschluss eine [X.]ielzahl benachbarter, jeweils entspre-chend strukturierter räumlicher Märkte betroffen sind, die von den Zusammen-schlussbeteiligten durch flächendeckende Organisationsstrukturen abgedeckt wer-den, und auf diesen Märkten zusammengerechnet Umsätze erzielt werden, die über die [X.] weit hinausgehen (vgl. [X.] [X.]/[X.] 3037, 3043 [X.] Raiffeisen). Schließlich hat der Senat eine Bündelung der auf verschiedenen sach-lich relevanten Märkten erzielten Umsätze dann für notwendig angesehen, wenn die Zusammenschlussbeteiligten gleichzeitig auf dem [X.] und einem vor- oder nachgelagerten Nicht-[X.] tätig sind und die Wettbewerbsbe-dingungen auf dem [X.] unmittelbar darüber entscheiden, welche Wett-bewerber rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, ihre Waren oder Dienstleis-tungen auch auf dem anderen Markt anzubieten ([X.] 168, 295 [X.]. 16 [X.] Deut-sche Bahn/[X.]). [X.]) Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Frage, unter welchen allgemeinen [X.]oraussetzungen sachlich relevante Märkte im Hinblick auf die [X.] zusammengefasst werden können, weder in der Praxis des [X.] noch in der wissenschaftlichen Diskussion hinreichend ge-klärt ist. Das [X.] ist in seiner bisherigen [X.]ntscheidungspraxis davon ausgegangen, dass die [X.] jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn sich Nachfrager und Wettbewerber der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen einer einheitlichen Unternehmenspolitik gegenübersehen, die Wett-22 - 13 - bewerbsbedingungen auf den betroffenen Märkten nicht voneinander unabhängig betrachtet werden können und die Märkte zusammengenommen eine gesamtwirt-schaftliche Bedeutung erlangen. Die isolierte Betrachtung sachlich eng benach-barter Märkte widerspreche insbesondere dann dem Sinn und Zweck der Baga-tellmarktklausel, wenn diese Märkte durch eine moderate Angebotsumstellungs-flexibilität gekennzeichnet seien, die [X.] Anbieter und Nachfrager im Wesentlichen identisch seien und die Produkte über dieselben [X.]ertriebswege abgesetzt und einheitlich vermarktet würden (BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 203, 205; [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 717, 718; [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 1078, 1079; zustimmend [X.]/[X.]eelken in [X.]/Mestmäcker, [X.], 4. Aufl., § 35 Rdn. 39; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] aaO § 35 [X.] Rdn. 14; [X.] in [X.]/Bunte aaO § 35 [X.] Rdn. 26; differenzierend [X.], [X.] 2003, 885, 896). Dabei hat das [X.] eine weitgehende Identität der Nach-frager auch bei moderater [X.] zunächst als notwendi-ge Bedingung für die Annahme sachlich benachbarter Märkte angesehen (BKartA [X.]/[X.] D[X.]-[X.] 717, 718). [X.]) Das Beschwerdegericht hat [X.] ausgehend nicht nur von der Senatsrecht-sprechung, sondern auch von der [X.]ntscheidungspraxis des Amtes [X.] angenom-men, die gesamtwirtschaftliche Bedeutung eines Zusammenschlusses könne sich auch daraus ergeben, dass er sich auf mehrere sachlich getrennte [X.]inzelmärkte auswirke. Allerdings müsse eine Zusammenfassung der Märkte aus besonderen Gründen erforderlich sein, die anzunehmen seien, wenn es sich um gleichartige [X.]inzelmärkte handele, die in sachlicher Hinsicht und in ihrer Marktstruktur im [X.] übereinstimmten. 23 Diese [X.]oraussetzungen hat das Beschwerdegericht jedoch im Streitfall ver-neint: Der Markt für Kartuschen, Mischer und Austraggeräte für Zweikomponen-ten-Material für medizinische Anwendungen und der Markt für entsprechende [X.] - 14 - dukte für Industrieanwendungen seien nicht gleichartig. Zwar seien die auf beiden Märkten angebotenen Waren als solche sehr ähnlich, da die angebotenen Kartu-schen, Mischer und Austraggeräte sich im Wesentlichen nur ihrer Größe nach un-terschieden. Jedoch sei die Marktstruktur beider Märkte völlig unterschiedlich. Der Markt der für die medizinische Anwendung bestimmten Produkte werde von der [X.] mit einem Marktanteil von über 95% beherrscht. Nach den Fest-stellungen des [X.]es sei diese Alleinstellung das [X.]rgebnis einer Systemanbieterstellung, die durch eine äußerst hohe Produktqualität und zahlrei-che Patente für essentielle Schnittstellen ihrer Produkte abgesichert sei. Die pa-tentrechtlich geschützten Schnittstellen zwischen Kartuschen und Dosierpistolen und zwischen Mischern und Kartuschen hätten sich als Industriestandard durch-gesetzt. Auf dem Markt für Kartuschen, Mischer und Austraggeräte für [X.] seien die Wettbewerbsbedingungen völlig anders. Mit [X.], [X.] und [X.] seien etwa drei gleich große Anbieter tätig. [X.]ine [X.] nicht. Die Kartuschen und Austraggeräte aller Hersteller könnten miteinan-der kombiniert werden. Auch die Nachfrager seien auf beiden Märkten völlig un-terschiedlich. Zwischen den Märkten für Medizin-/Dental- und [X.] bestehe auch keine Produktionsumstellungsflexibilität, die im Rahmen der [X.] eine Zusammenfassung beider Inlandsumsätze gebiete. In der angefochtenen [X.]ntscheidung gehe das [X.] von einer lediglich —eingeschränktenfi anbieterseitigen Produktionsumstellungsflexibilität der auf bei-den Märkten tätigen Hersteller aus. [X.]s erscheine allenfalls möglich, mit [X.] aus dem Dentalbereich in den Industriebereich einzutreten, hingegen sei dies vom Industrie- zum Dentalbereich nicht möglich gewesen. Selbst wenn es den Anbietern für Industrieanwendungen ohne großen Zeit- und Kostenaufwand möglich sein sollte, ihre Produktion umzustellen und Kartuschen, Mischer und Austraggeräte (auch) für medizinische Anwendungen herzustellen, so sei ein Marktzutritt und eine hiermit einhergehende Angleichung der Wettbewerbsverhält- - 15 - nisse zwischen dem Markt für Industrie- und dem Markt für medizinische Anwen-dungen dennoch nur theoretisch denkbar. Tatsächlich sei die Marktstellung der [X.] im Medizin-/Dentalbereich so dominant, dass in absehbarer Zeit mit einer Änderung der [X.] nicht gerechnet werden könne. Ursächlich hierfür seien vor allem die herausragende Qualität und die patentrecht-lich geschützten Schnittstellen ihrer systemgebundenen Produkte. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter wäre selbst bei vollständiger Kompatibilität der Produkte mit erheblichen Schulungskosten und einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. 25 [X.]) Diese Beurteilung ist im Rahmen der eingeschränkten Überprüfungs-möglichkeiten, die sich dem Senat im [X.]ilverfahren bieten, nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bündelung der Umsätze, die auf verschie-denen sachlich relevanten Märkten erzielt werden, eine Ausnahme darstellt, die auf klar definierte Fallgruppen beschränkt sein muss. Denn es handelt sich bei der [X.] um ein Aufgreifkriterium; seine [X.]oraussetzungen müssen von den Zusammenschlussbeteiligten ohne große Schwierigkeiten zuverlässig ermittelt werden können. Dies bedeutet, dass weitere Fallkonstellationen, in denen eine Umsatza[X.]ition über die bisherige Senatsrechtsprechung hinaus zugelassen werden soll, in ihren [X.]oraussetzungen hinreichend klar umschrieben sein müssen. Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass das Beschwer-degericht eine Umsatza[X.]ition der beiden hier in Rede stehenden Märkte [X.] der Herstellung von Kartuschen, Mischern und Austraggeräten für [X.] für die medizinische Anwendung auf der einen und der Herstellung ent-sprechender Geräte für Industrieanwendungen auf der anderen Seite [X.] im Hinblick auf die bestehenden [X.] verneint hat. Nach den Feststellungen des [X.] beruhen die im Streitfall bestehenden Unterschiede in erster Linie darauf, dass die [X.] im Bereich der medizinischen An-wendungen über einen extrem hohen Marktanteil verfügt, der auf eine durch hohe 26 - 16 - Produktqualität und zahlreiche Patente für die wesentlichen Schnittstellen abgesi-cherte Systemanbieterstellung zurückzuführen ist. Selbst wenn die dadurch be-wirkte Abschottung eines sachlich relevanten Teilmarktes das [X.]rgebnis einer stra-tegischen Segmentierung mit Hilfe von Patenten darstellen sollte, ließe sich [X.] entgegen der Auffassung des [X.] keine klare Zuordnung zu der durch die [X.]ntscheidung —Transportbeton [X.]fi ([X.] 81, 56, 62) ge-prägten Fallgruppe begründen, in der es um mehrere sachlich gleichartige lokale Märkte ging, die auf eine durch eine Zusammenschlussbeteiligte willkürlich her-beigeführte Marktaufteilung zurückzuführen waren. 27 I[X.]. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 [X.].
[X.] Bornkamm Raum Strohn Ri[X.] [X.] ist erkrankt

und kann deswegen nicht unter-

schreiben.

[X.] [X.]orinstanz: [X.], [X.]ntscheidung vom [X.] - [X.] ([X.]) -

Meta

KVR 19/07

25.09.2007

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. KVR 19/07 (REWIS RS 2007, 1800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1800

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