Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2020, Az. 23 W (pat) 19/18

23. Senat | REWIS RS 2020, 11853

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Tenor

In der Einspruchsbeschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 019 306

hat der 23. Senat (Techn. [X.]) des [X.] am 31. Januar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie [X.]. Dr. [X.], Dipl.-Phys. [X.] und Dr. Himmelmann

beschlossen:

1. Der Beschluss der [X.] des [X.] vom 16. November 2017 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Durchführung des [X.] an das [X.] zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Prüfungsstelle für [X.] des [X.] hat auf die am 26. April 2005 von der [X.] in [X.], [X.] eingereichte und mit der [X.] 2005 019 306 [X.] am 9. November 2006 offengelegte Patentanmeldung 10 2005 019 306.4 durch Beschluss vom 3. März 2011 ein Patent erteilt. Das mit der [X.] 2005 019 306 B4 als Streitpatentschrift veröffentlichte Patent 10 2005 019 306 umfasst 7 Ansprüche (einen selbständigen und 6 abhängige Ansprüche) und trägt die Bezeichnung „[X.] Datenübertragung eines medizinischen Geräts“. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 1. September 2011.

2

Gegen das Patent hat die [X.] mit [X.] vom 1. Dezember 2011, im [X.] am selben Tag über Fax eingegangen, Einspruch erhoben und in ihrem [X.] den vollständigen Widerruf des Patents beantragt. Zudem wurde für den Fall, dass diesem Antrag nicht vollumfänglich stattgegeben wird, eine Anhörung beantragt. Die Einsprechende hat sich dabei auf die Widerrufsgründe der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) und der unzulässigen Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) berufen und in zwei weiteren Schriftsätzen sowie in der Anhörung vor der [X.] am 16. November 2017 hierzu weitere Ausführungen gemacht.

3

Auf den Einspruch hin hat die [X.] mit [X.] vom 24. September 2012 den Ausführungen der [X.] in allen Punkten widersprochen und zwei weitere Anspruchssätze als Hilfsanträge eingereicht. Mit zwei weiteren Schriftsätzen hat sie weitere Anspruchssätze als Hilfsanträge eingereicht.

4

In der darauffolgenden Anhörung am 16. November 2017 vor der [X.] des [X.], an der als Patentinhaberin die [X.] teilgenommen hat, während die Einsprechende nicht erschienen ist, hat die [X.] GmbH weitere Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 13 eingereicht. Als Ergebnis der Anhörung wurde das Streitpatent am Ende der Anhörung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Umfang des [X.] beschränkt aufrechterhalten. Dieser Beschluss wurde einschließlich seiner Begründung der Patentinhaberin am 15. März 2018 mit Anschreiben vom 9. März 2018 zugestellt.

5

Gegen diesen Beschluss der [X.] hat die [X.] GmbH am 10. April 2018 elektronisch Beschwerde eingelegt, die sie mit [X.] vom 12. Juli 2018 begründet hat.

6

Mit Schreiben vom 9. August 2019 hat der Senat den Parteien [X.] GmbH und [X.] jeweils mitgeteilt, dass nach seinen Erkenntnissen die Patentinhaberin zum Zeitpunkt des Einspruchs am Einspruchsverfahren nicht beteiligt wurde, weshalb die Entscheidung der [X.] des [X.]es nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] aufzuheben sei und der Einspruch zur Wiederholung des [X.] an das [X.] zurückzuverweisen sei. Die Parteien wurden aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen.

7

Die [X.] GmbH hat daraufhin mit [X.] vom 26. September 2019 mitgeteilt, dass die Einsprechende im Begriff sei, einen Parteiwechsel bestätigende Unterlagen zu beschaffen. Mit einem weiteren [X.] vom 27. November 2019 hat sie dann mitgeteilt, dass es nicht möglich war, Dokumente beizubringen, die einen Übergang der Verfahrensbeteiligung von der zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung im [X.] eingetragenen Patentinhaberin auf die Beschwerdeführerin untermauern. Sie hat deshalb eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren bisher noch nicht geäußert.

II.  

8

Die fristgerecht eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig und insoweit erfolgreich als der Beschluss der [X.] vom 16. November 2017 aufgehoben wird und die Sache zur Durchführung des [X.] an das [X.] zurückverwiesen wird, da die Patentinhaberin zum Zeitpunkt des Einspruchs, die als Partei auf Seiten des Patents auch nach einem Patentinhaberwechsel am Einspruchsverfahren beteiligt bleibt, nicht am Einspruchsverfahren beteiligt wurde.

9

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen

2. Die Streitpatentschrift [X.] 2005 019 306 B4 gibt als Patentinhaberin des am 1. September 2011 veröffentlichten Patents die D… AG in B… … in der [X.] an. Diese stimmt mit der zu diesem Zeitpunkt im [X.] des [X.]es ([X.]) eingetragenen Patentinhaberin überein.

Am 1. Dezember 2011 hat die [X.], [X.] in [X.] gegen das Patent beim [X.] Einspruch erhoben.

Mit [X.] 12. Juni 2012 ist eine Inhaberänderung im [X.] des [X.] von der [X.] auf die [X.] in [X.] erfolgt (Veröffentlichungstag: 2. August 2012). Eine weitere Umschreibung des Patents ist am 11. April 2016 erfolgt, nämlich von der [X.] auf die [X.] GmbH, ebenfalls in [X.] (Veröffentlichungstag 19. Mai 2016).

Im Beschluss der [X.] des [X.]es vom 16. November 2017 wird als Verfahrensbeteiligte auf Seiten des Patents ausschließlich die Patentinhaberin [X.] GmbH angegeben.

Der Handelsregisterauszug des Kantons Z… zeigt, dass die [X.] am 10. Juni 2009, also noch vor Erteilung des Patents, aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Grund hierfür war eine Fusion mit der [X.] … AG in [X.]… in der [X.], die unter letzterem Namen nach einer Fusion mit der [X.] in [X.] ([X.]) bis heute in [X.] ansässig ist.

Da die [X.] am 10. Juni 2009 zu existieren aufgehört hat, ist zu diesem Zeitpunkt die Patentanmeldung auf die Nachfolgerin, die [X.] … AG in der [X.] übergegangen. Es ist demnach davon auszugehen, dass zum Einspruchszeitpunkt die [X.] AG in der [X.] Patentinhaberin war.

Die Verfahrensbeteiligung der [X.] am Einspruchsverfahren ergibt sich aus § 30 Abs. 3 Satz 2 [X.], nach dem der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet bleibt, solange eine Änderung in der Person des Anmelders, Patentinhabers, seines Vertreters oder des Zustellungsbevollmächtigten nicht eingetragen ist. Dies bedeutet, dass eigentlich die [X.], die zum Zeitpunkt des Einspruchs im [X.] als Patentinhaber eingetragen war, auf Grund dieser Eintragung Verfahrensbeteiligte geworden ist. Da sie aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existiert hat, ist diese Stellung auf ihren Rechtsnachfolger, also die [X.] AG übergegangen (

An der Verfahrensbeteiligung der [X.] AG hat sich auch durch die nachfolgende Umschreibung mit [X.] vom 12. Juni 2012 nichts geändert, denn nach der Rechtsprechung des [X.] (

Selbst wenn eine stillschweigende Zustimmung der [X.] trotzdem vorliegen sollte, da sie, nachdem ihr die [X.] als Verfahrensbeteiligte an Stelle der [X.] gegenübergetreten ist, diesen [X.] zu keinem Zeitpunkt thematisiert hat, bedarf es zu einem [X.] auch der Zustimmung des bisher Verfahrensbeteiligten. Eine solche liegt aber trotz Nachfrage bei den Beteiligten durch den Senat nicht vor. Auch wurde die [X.] AG im Einspruchsverfahren vor dem [X.] zu keinem Zeitpunkt erwähnt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sie in irgendeiner Weise am Verfahren beteiligt wurde, denn der [X.] wurde zwar dem Vertreter der [X.], der Kanzlei [X.]… … Partnerschaft mbB, [X.], zugestellt, die auch die [X.] vertreten hat, jedoch gibt es keine Aussage darüber, dass sie auch die [X.] … AG vertritt. Als eingetragener Auslandsvertreter bleibt er zwar in der Pflicht, die Schriftsätze dem rechtmäßigen Empfänger zuzuleiten, doch kann daraus weder der Schluss gezogen werden, dass er diesen auch vertritt, noch dass dieser, wenn der Vertreter für einen anderen Patentinhaber auftritt, damit einverstanden ist, dass er die Verfahrensbeteiligung an einen anderen abgibt.

Zusammengefasst ist somit festzustellen, dass das Einspruchsverfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet, der darin besteht, dass die Patentinhaberin zum Zeitpunkt des Eingangs des Einspruchs, die die eigentlich am Einspruchsverfahren Beteiligte auf Seiten des Patents ist, am Einspruchsverfahren nicht beteiligt wurde.

3. Bei dieser Sachlage ist die Entscheidung der [X.] des [X.]es nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] aufzuheben und der Einspruch an das [X.] zur Durchführung des [X.] zurückzuverweisen.

4. Die Beschwerdegebühr ist nach § 80 Abs. 3 [X.] zurückzuzahlen, da es auf Grund des wesentlichen Mangels des [X.] vor dem [X.] und der damit erforderlichen Wiederholung des Verfahrens der Billigkeit entspricht, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

So ist nicht erkennbar, dass die die Beschwerdegebühr entrichtende Patentinhaberin einen Fehler gemacht hat, der nun dazu führt, dass die Sache zur Durchführung des [X.] an das [X.] zurückverwiesen wird. Sie hat nach der Umschreibung auf sie lediglich als Patentinhaberin ihr Patent verteidigt, was eine übliche Vorgehensweise der Patentinhaberin als notwendige Streithelferin der Einspruchsgegnerin ist. Ein Fehler kann beim Inlandsvertreter der ursprünglichen Patentanmelderin gesehen werden, der zumindest bei der Patenterteilung dafür sorgen müssen hätte, dass die Eintragungen im [X.] nicht falsch sind. Diesen Fehler hat jedoch die jetzige Patentinhaberin nicht zu vertreten.

Zwar konnte die [X.] des [X.] nach einer Zustellung des Einspruchs an den im [X.] eingetragenen Inlandsvertreter der im [X.] eingetragenen Patentinhaberin davon ausgehen, dass die tatsächliche Einspruchsgegnerin, die [X.] AG, hiervon durch den eingetragenen Inlandsvertreter in Kenntnis gesetzt wurde, auch wenn er letztere nicht vertritt, wobei es nicht ungewöhnlich ist, wenn eine Einspruchsgegnerin sich zu einem Einspruch nicht äußert, zumal dann, wenn sie das Patent an einen anderen neuen Patentinhaber abgegeben hat. Der Fehler bestand jedoch darin, anzunehmen, dass die Einspruchsgegnerin nicht mehr am Verfahren beteiligt ist, so dass sie zur Anhörung nicht geladen und auch im Beschluss nicht berücksichtigt wurde.

Meta

23 W (pat) 19/18

31.01.2020

Bundespatentgericht 23. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2020, Az. 23 W (pat) 19/18 (REWIS RS 2020, 11853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11853

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