Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 2 AZR 77/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 6274

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Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 24. November 2011 - 17 Sa 1065/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung.

2

[X.]ie beklagte [X.] unterhält in der [X.] mehrere Schulen, darunter eine Grundschule in [X.] Sie hat den Status einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule. [X.]ort beschäftigt sie drei Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sowie mehrere Beamte.

3

[X.]er 1959 geborene Kläger ist seit 1994 bei der [X.] beschäftigt. Sein Einsatz erfolgte zuletzt an der [X.] [X.] Sein Bruttomonatsgehalt betrug 4.164,00 Euro.

4

[X.]em Arbeitsverhältnis liegt ua. die „Änderung des Arbeitsvertrages“ vom 2. Januar 2008 zugrunde. [X.]ort heißt es:

        

„…    

        
        

2.    

[X.]ie Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nach dem [X.] der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und des [X.] öffentlichen [X.]ienstes vom 07.05.1992 mit rückwirkender Gültigkeit zum 01.01.1992.

                 

Gemäß den obigen Ausführungen, den Änderungen der Beiträge des [X.] Versicherungsträgers und der Anpassung des [X.] am [X.], gestaltet sich sein Gehalt wie folgt:

                 

…“    

5

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot dem Kläger die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem [X.] heißt es:

        

„… im Hinblick auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise und die Anwendung des Unterstützungsmechanismus der [X.] Wirtschaft durch die Mitgliedsstaaten der [X.] sowie durch den Internationalen Währungsfonds hat der [X.] Staat Gehaltskürzungen veranlasst bei allen Beschäftigten/Gehaltsempfängern des [X.] Staates (Gesetze 3833/2010 und 3845/2010). Bei Verträgen der Art wie Ihrem wurde eine Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 7 % und 3 % beschlossen, d.h. 310,63 Euro monatlich, sowie die Einstellung der Jahressonderzahlung, die an Stelle des Weihnachts- und Urlaubsgeldes gezahlt wurde. [X.]er Einbehalt der Kürzung Ihrer Bezüge um 7 % erfolgte ab dem 01.01.2010 und um 3 % ab dem 01.06.2010.

        

Aufgrund des oben Gesagten kündigen wir hiermit den mit Ihnen bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund, unmittelbar und ohne Wahrung der Kündigungsfrist. Gleichzeitig bieten wir Ihnen den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit den folgenden Bedingungen an:

        

1.    

Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 310,63 € monatlich.

        

2.    

Einstellung der Jahressonderzahlung.

        

Ergänzend teilen wir Ihnen mit, dass zukünftig die Gehaltserhöhungen nicht automatisch gemäß dem [X.] Tarifvertrag ([X.]) geleistet werden, sondern nach Beschluss Ihres Arbeitgebers, d.h. gemäß der Einkommenspolitik des [X.] Staates.

        

[X.]ie übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrages bleiben unverändert. …“

6

[X.]er Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage hat er sich gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen gewandt. Er hat bestritten, dass allen Beschäftigten im öffentlichen [X.]ienst der [X.] das Gehalt gekürzt worden sei. Ihm seien Arbeitskollegen in anderen Städten bekannt, die keine Änderungskündigung erhalten hätten. [X.]ie Kündigung sei auch unverhältnismäßig, weil die Beklagte ihre wirtschaftliche Lage und ihre Sanierungsplanung nicht nachvollziehbar dargelegt habe.

7

[X.]er Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. Oktober 2010 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.

8

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die [X.] Gerichtsbarkeit sei nach § 20 Abs. 2 GVG nicht gegeben. Ein angestellter Lehrer unterstehe den Weisungen ihres Konsuls in [X.] und übe sowohl nach [X.]m als auch nach ihrem - [X.] - Recht hoheitliche Aufgaben aus. [X.]ie Änderung der Arbeitsbedingungen sei im Übrigen gerechtfertigt. Sie sei Ende Februar/Anfang März 2010 finanziell nicht in der Lage gewesen, die Gehälter und Renten ihrer etwa eine Million Beschäftigten aufzubringen. Um weitere zwingend erforderliche Kredite zu erhalten und damit eine Insolvenz zu vermeiden, in deren Folge sie aus der [X.] Währungsunion würde austreten müssen, habe sie Verhandlungen mit den [X.] aufgenommen. [X.]anach habe sie nur die Möglichkeit gehabt, entweder ca. 250.000 Bedienstete zu entlassen oder die Gehälter und Renten ausnahmslos aller Bediensteten durch Parlamentsgesetz radikal zu kürzen. Sie habe sich für letztere Möglichkeit entschieden und nach den Vorgaben der Geberländer die Gesetze 3833/2010 „Schutz der nationalen Wirtschaft - Notstandsmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise“ (Kürzung jeder Art regulärer Bezüge um 7 % mit Wirkung ab 1. Januar 2010) und 3845/2010 „Maßnahmen zur Anwendung des Unterstützungsmechanismus der [X.] Wirtschaft von den [X.] der [X.] und vom [X.]“ (Kürzung um weitere 3 % sowie Kürzung bzw. Streichung von [X.], [X.] und Urlaubsgeld mit Wirkung ab 1. Juni 2010) erlassen.

9

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat sie mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die [X.] Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Das [X.] durfte die Klage nicht als unzulässig abweisen. Die [X.] Gerichtsbarkeit ist gegeben. Die Beklagte ist nicht nach § 20 Abs. 2 GVG von ihr befreit. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

I. Die Klage ist zulässig.

1. Die [X.] Gerichtsbarkeit ist gegeben.

a) Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind [X.] der Gerichtsbarkeit anderer [X.] insoweit nicht unterworfen, wie ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von [X.] und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass [X.] nicht übereinander zu Gericht sitzen, nicht zu vereinbaren, dass ein [X.]s Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüft (vgl. [X.] 6. Dezember 2006 - 2 [X.]/03 - Rn. 34, [X.]E 117, 141; [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -; 14. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 14 mwN).

aa) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach dem rechtlichen Charakter des konkreten staatlichen Handelns oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson tätig geworden ist. Geht es - wie hier - um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, ist maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Entscheidend sind der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit ([X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -; 14. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 17, jeweils mwN) sowie ihr - bestehender oder nicht bestehender - Zusammenhang mit den diplomatischen und konsularischen Aufgaben ([X.] 1. Juli 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 13).

bb) Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen. Ungeachtet seiner ist stets hoheitlich nur das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist. Zu ihm gehören die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege ([X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -; 14. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 15 f. mwN).

b) Danach ist die Beklagte im Streitfall nicht wegen ihrer Immunität von der [X.]n Gerichtsbarkeit befreit. Der Kläger nimmt keine hoheitlichen Aufgaben wahr.

aa) Die Tätigkeit des [X.] gehört nicht zum Kernbereich der Staatsgewalt. Die Beurteilung, ob es sich um dennoch hoheitliche Tätigkeit handelt, richtet sich daher nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Tätigkeit des [X.] nicht deshalb hoheitlich, weil die Unterhaltung des Schulwesens - sowohl nach [X.] als auch nach [X.]m Recht - eine staatliche Aufgabe ist. Der Staat handelt bei Wahrnehmung seiner vielfältigen Aufgaben nicht stets und notwendig hoheitlich. Die Charakterisierung einer Aufgabe als staatliche ist deshalb für die Abgrenzung von hoheitlichem und nicht-hoheitlichem Handeln nicht maßgebend (vgl. [X.] 14. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 15). Es kommt vielmehr auf die dem Arbeitnehmer übertragene Tätigkeit an. Diese ist bei Lehrern an einer allgemeinbildenden staatlichen oder staatlich anerkannten Schule nicht iSv. § 20 Abs. 2 GVG hoheitlich geprägt. Die Tätigkeit von Lehrern an einer solchen Schule ist nicht Ausdruck der Souveränität des Staates nach innen oder außen in einem für diese Bestimmung maßgebenden Sinne. Sie steht in keinem funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen oder konsularischen Aufgaben und ist auch nicht die Ausübung einer hoheitsrechtlichen Befugnis, die mit Blick auf Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten zu übertragen wäre (vgl. [X.] 19. September 2007 - 2 [X.] - Rn. 63 ff., [X.]E 119, 247; [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -; 14. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 20).

2. Die Entscheidung des [X.]s stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar. Die [X.]n Gerichte sind auch international zuständig.

a) Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Der für ihre Anwendung erforderliche Auslandsbezug (vgl. dazu [X.] 17. November 2011 - C-327/10 - [[X.]] Rn. 29; [X.] 13. Dezember 2012 - 6 [X.] - Rn. 21) ist gegeben. Die Beklagte ist ein ausländischer Staat ohne „Sitz“ im Inland iSv. Art. 19 EuGVVO (vgl. [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -).

b) Nach Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO kann ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, an dem Ort in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dieser Ort - der gewöhnliche Arbeitsort - liegt im Streitfall in B.

II. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Ob die Klage begründet ist, vermag der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Das [X.] hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die materielle Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht geprüft und entsprechende Feststellungen nicht getroffen. Dies wird es unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen nachzuholen haben.

1. [X.] richtet sich nach [X.]m materiellen Recht.

a) Die Bestimmung des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren materiellen Rechts ist nach Art. 27 ff. [X.]BGB (aF) vorzunehmen. Die Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 des [X.] und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.] I-VO) findet gem. ihrem Art. 28 auf den Streitfall noch keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen.

b) Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 [X.]BGB (aF) unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich auch aus den Bestimmungen des [X.] oder aus den Umständen des Falls ergeben. Bei Arbeitsverträgen können [X.], die Vereinbarung eines für beide Parteien gemeinsamen [X.] oder die Bezugnahme auf Tarifverträge typische Hinweise auf eine stillschweigende Rechtswahl enthalten (vgl. [X.] 1. Juli 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 28; 13. November 2007 - 9 [X.] - Rn. 32, [X.]E 125, 24).

c) Danach haben die Parteien im Streitfall konkludent die Anwendung [X.]n Rechts vereinbart. Sie haben arbeitsvertraglich einen [X.]n Tarifvertrag in Bezug genommen. Die auf diese Weise getroffene Rechtswahl entspricht im Ergebnis der Regelung des Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 [X.]BGB (aF). Danach unterliegen Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse bei Fehlen einer Rechtswahl dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des [X.] gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dies ist hier Deutschland.

2. Das [X.] wird deshalb zu prüfen haben, ob nach dem anwendbaren [X.]n Recht die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung wirksam erfolgt ist.

a) Dabei wird das [X.] - ggf. nach weiterem Sachvortrag der Parteien und uU auf der Grundlage eines völker- und staatsrechtlichen Gutachtens - zunächst der Frage nachgehen müssen, welche Rechtsqualität die im bisherigen Prozessverlauf nicht umfassend vorgelegten [X.] Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 haben und ob diese die Beklagte angesichts ihrer drohenden Insolvenz und der Auflagen der Geberländer völkerrechtlich berechtigen, unmittelbar korrigierend auch in solche Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb ihres Staatsgebiets vollzogen werden (vgl. dazu [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] -).

b) Sollte danach die Änderung der [X.]bedingungen bereits unabhängig von der ausgesprochenen Änderungskündigung eingetreten sein, könnte der Änderungsschutzantrag allein deshalb unbegründet sein. Die Begründetheit einer nach Annahme des [X.] unter Vorbehalt erhobenen [X.] iSv. § 4 Satz 2 [X.] setzt voraus, dass in dem Zeitpunkt, zu welchem die angebotene [X.]änderung wirksam werden soll, das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin zu den Bedingungen besteht, die dem Arbeitnehmer mit der Kündigung angetragen wurden. Zielt eine Änderungskündigung ausschließlich auf die Herbeiführung von [X.]bedingungen, die auch ohne sie für das Arbeitsverhältnis gelten, ist die Kündigung zwar „überflüssig“ und wegen der mit ihr einhergehenden Bestandsgefährdung unverhältnismäßig. Nach Annahme des [X.] unter Vorbehalt seiner [X.] Rechtfertigung steht deren Wirksamkeit aber nicht (mehr) im Streit. Streitgegenstand der [X.] ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden [X.]bedingungen. Die Feststellung, dass die dem Arbeitnehmer mit der Änderungskündigung angetragenen [X.]bedingungen sozial ungerechtfertigt sind, kann das Gericht nicht treffen, wenn sich das Arbeitsverhältnis bei [X.] schon aus anderen Gründen nach diesen Bedingungen richtet ([X.] 26. Januar 2012 - 2 [X.] - Rn. 14, [X.]E 140, 328; 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 14). Die Wirksamkeit der Kündigung steht allenfalls dann weiterhin im Streit, wenn der Arbeitnehmer die Annahme des [X.] unter dem Vorbehalt des § 2 [X.] mit dem weiteren Vorbehalt verbunden haben sollte, dass die Änderungskündigung nicht „überflüssig“ ist.

c) Für den Fall, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen nicht unmittelbar durch die [X.] Gesetze herbeigeführt worden ist, wird das [X.] davon auszugehen haben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht bereits deshalb unwirksam ist, weil es an einem hinreichend bestimmten Änderungsangebot fehlte.

aa) Ein mit der - ordentlichen oder außerordentlichen - Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein ([X.] 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 29; 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - Rn. 18). Ihm muss - ggf. nach Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB - zweifelsfrei zu entnehmen sein, welche Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Der Inhalt des [X.] muss zudem nach § 623 BGB im [X.] zumindest hinreichenden Anklang gefunden haben ([X.] 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 31; 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - Rn. 18). Nur so kann der Arbeitnehmer eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung ([X.] 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 29; 10. September 2009 - 2 [X.] 822/07 - Rn. 15 mwN, [X.]E 132, 78).

bb) Im Streitfall ist das Änderungsangebot hinreichend bestimmt. Es genügt auch dem Schriftformerfordernis nach § 623 BGB.

(1) Das Änderungsangebot ist - anders als der Kläger gemeint hat - nicht in sich widersprüchlich und deshalb unbestimmt, weil das Schreiben zunächst von einer Kürzung der Bezüge schon ab dem 1. Januar und dem 1. Juni 2010 ausgeht. Bei diesen einleitenden Ausführungen handelt es sich ersichtlich nicht bereits um das mit der Änderungskündigung verbundene [X.]angebot selbst, sondern nur um die Erläuterung des Anlasses für deren Ausspruch. Die Kündigung als einseitige Willenserklärung wird erst im [X.] an diese Erläuterung erklärt. Danach „kündigt“ die Beklagte „hiermit“ den Arbeitsvertrag „aus wichtigem Grund sofort und ohne Einhaltung der Frist“. Daraus folgt hinreichend deutlich, dass die Kündigung nur mit Wirkung für die Zukunft und nicht auch rückwirkend erfolgen sollte.

(2) Das Änderungsangebot ist auch der Höhe nach hinreichend bestimmt. Der Umfang der monatlichen Kürzung des Gehalts ist mit 310,63 Euro exakt angegeben. Ob dieser Betrag den gesetzlichen Vorgaben rechnerisch entspricht und ob sich die Beklagte tatsächlich auf eine Gehaltskürzung in dieser Höhe beschränkt hat, ist für die Bestimmtheit des [X.] unerheblich.

(3) Es mag unklar sein, ob für das [X.] noch eine Jahressonderzahlung zu leisten ist. Dies steht der Bestimmtheit des [X.] nicht entgegen. Nach dem - eindeutigen - Wortlaut des [X.] soll zukünftig eine Jahressonderzahlung nicht mehr geleistet werden. Ein Anspruch auf eine - zumindest anteilige - Jahressonderzahlung für das [X.] kann sich allenfalls aus dem alten, nicht aber aus dem neuen Vertrag ergeben.

(4) Soweit die Beklagte im Rahmen des [X.] ergänzend mitteilt, dass zukünftig Gehaltserhöhungen nicht automatisch gemäß dem Tarifvertrag ([X.]), sondern nach Entscheidung des Arbeitgebers erfolgen sollen, ist das Angebot ebenfalls hinreichend bestimmt. Die Beklagte stellt auf diese Weise klar, dass die Bezugnahme auf den [X.] künftig nicht (mehr) dynamisch wirken soll. Daraus wird hinreichend deutlich, dass der neue Arbeitsvertrag nach der Vorstellung der Beklagten keinen Automatismus zu Gehaltserhöhungen (mehr) enthält. Der Hinweis auf mögliche künftige Gehaltserhöhungen aufgrund einzelner Entscheidungen ihrerseits hat lediglich mitteilenden Charakter.

d) Das [X.] wird ggf. zudem den Fragen nachzugehen haben, ob - unter Berücksichtigung einer dem ausländischen Parlament zuzugestehenden [X.] - ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB für die Erklärung einer fristlosen Kündigung gegeben war, ob die Beklagte eine Auslauffrist hätte einhalten müssen (vgl. dazu zuletzt [X.] 22. November 2012 - 2 [X.] 673/11 - Rn. 14 mwN) und ob sie die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt hat. Im Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung kommt deren Umdeutung in eine ordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn der Kläger nicht aufgrund der bestehenden arbeitsvertraglichen Regelungen (bereits) ordentlich unkündbar war. Falls die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses noch möglich und eine Umdeutung geboten ist, hat das [X.] zu prüfen, ob das [X.] gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 seiner Regelungen Anwendung findet und die Kündigung auch dann rechtswirksam ist.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Eulen    

        

    Bartz    

                 

Meta

2 AZR 77/12

25.04.2013

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bielefeld, 4. Mai 2011, Az: 6 Ca 2937/10, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 2 AZR 77/12 (REWIS RS 2013, 6274)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6274


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 17 Sa 1064/11

Landesarbeitsgericht Hamm, 17 Sa 1064/11, 24.11.2011.


Az. 17 Sa 1065/11

Landesarbeitsgericht Hamm, 17 Sa 1065/11, 24.11.2011.


Az. 2 AZR 77/12

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 77/12, 25.04.2013.


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