Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2013, Az. 5 StR 526/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7608

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5 StR 526/12

BUNDESGERICHTSHOF

IM [X.] DES VOLKES

URTEIL

vom 6. März 2013
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
6. März 2013, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter Basdorf,

Richter Dr. Raum,
Richter Prof. [X.],
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay

als beisitzende Richter,

[X.]

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt F.

als Verteidiger,

Rechtsanwältin L.

als Nebenklägervertreterin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

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für Recht erkannt:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 4. Juni 2012 mit den [X.] aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

[X.] n d e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

1. Das [X.] hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:

a)
Am 27. Oktober 2011 gegen 20.00 Uhr geriet der zur Tatzeit [X.] Taxifahrt mit dem Führer des Taxis, dem Nebenkläger, in Streit über den Fahrpreis. Er vermutete, der Nebenkläger
habe seine Ortsunkenntnis ausge-1
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nutzt, um einen höheren Preis zu erzielen. Aus Wut forderte er diesen auf, ihm die Geldbörse zu überlassen, deren gesamten Inhalt er sich verschaffen wollte. Dabei rückte er direkt hinter den Fahrersitz. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen und erwarteten Widerstand zu überwinden, hielt er dem Nebenkläger ein Anglermesser von hinten an den [X.]. Der Nebenklä-ger bemerkte das Messer zunächst nicht und versuchte, den Arm des [X.]. Zudem drückte er sein
Kinn nach unten. Als er eine warme Flüssigkeit am [X.] bemerkte, wurde ihm bewusst, dass der [X.] ihm ein Messer an den [X.] hielt und dass er blutete. Er sah von [X.] Gegenwehr ab und reichte seine Geldbörse nach hinten. Der [X.] und brachte dem Nebenkläger zugleich eine 22 cm lange und 4 cm tiefe waagerechte Schnittverletzung am [X.] bei. Damit wollte er sein Opfer außer Gefecht setzen und sich so Beute und Flucht sichern. Es war ihm gleichgültig, ob er den Tod des [X.] herbeiführen würde.

Der Angeklagte ergriff seine Umhängetasche und verließ fluchtartig
Opfer stark blutete, erkannte er nicht. Sein Messer und seine Kleidung waren nicht blutverschmiert. Als er im Laufschritt in Richtung Bahnübergang floh, ging er davon aus, dass der Nebenkläger überleben werde, zumal dieser sich noch selbständig fortbewegen konnte. Unterwegs warf er das Messer ins Gebüsch.

Die durch den Nebenkläger erlittene Schnittverletzung verlief innerhalb des [X.] und endete in der Mitte am [X.] bzw. [X.]. Die [X.] und Teile der vorderen [X.]mus-kulatur waren quer durchtrennt. Zu einer Öffnung der Atemwege kam es nicht. Die großen Blutgefäße des [X.]es blieben gleichfalls unverletzt. [X.] war hauptsächlich dadurch bedingt, dass der Nebenkläger ein besonders ausgeprägtes Unterhautfettgewebe (Doppelkinn) aufwies.

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b) Die [X.] hat den Tatbestand des versuchten Totschlags als verwirklicht angesehen. Der Angeklagte habe angesichts der hochgradigen Gefährlichkeit des durch ihn geführten Schnitts mit dem Tod des [X.] gerechnet. Um der erstrebten Ziele der Beutesicherung und der Flucht willen sei ihm der Todeseintritt zumindest gleichgültig gewe-sen. Jedoch sei er vom unbeendeten Versuch des Tötungsdelikts strafbefrei-end zurückgetreten und habe neben der besonders schweren räuberischen Erpressung lediglich den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung ver-wirklicht.

2. Die Annahme des [X.], der Angeklagte sei vom unbeende-ten Versuch eines Tötungsdelikts strafbefreiend zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. StGB), hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Mit Recht weist der [X.] darauf hin, dass die Ein-schätzung der [X.], der Angeklagte habe im Zeitpunkt seines Weglaufens den Eintritt des [X.] nicht (mehr) für möglich gehalten oder sich insoweit zumindest keine Gedanken gemacht (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 8. Mai 2012

5 [X.], [X.], 688, 689 mwN), in den Feststellungen keine hinreichende Stütze findet. Der Angeklagte hatte dem Nebenkläger tief in den [X.] geschnitten. Dass er hierdurch weder eine Arterie noch die Luftröhre verletzte, war nur einem glücklichen Zufall zu ver-danken. Dementsprechend hat sich die [X.] rechtsfehler-frei vom Vorliegen eines bedingten Tötungsvorsatzes überzeugt. Dann liegt aber auch der Schluss nicht nahe, der Angeklagte sei bei der Flucht davon ausgegangen, sein Opfer werde nicht an den Folgen der massiven Schnitt-verletzung versterben (vgl. [X.] aaO). Die auf eine versehentliche Zufügung der Verletzung zielende Einlassung des Angeklagten bietet hierfür schon deswegen keine ausreichende Grundlage, weil die [X.] sie

ohne Rechtsfehler

als weitgehend nicht glaubhaft gewertet hat.

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b) Ungeachtet dessen ist jedenfalls ohne weitere Darlegungen [X.], ob die

im Rahmen der Darstellung der Einlassung des Angeklagten nicht erörterte (vgl. [X.])

Wahrnehmung des Angeklagten, dass der s-reifend erschüttern könn-te, bereits alles zur Erreichung des gewollten Erfolgs getan zu haben. Zwar i-s-führungshandlung

vom Täter wahrgenommen

noch zu körperlichen [X.] fähig ist, die geeignet sind, Zweifel daran aufkommen zu lassen, das Opfer sei möglicherweise bereits tödlich verletzt (vgl. etwa [X.], [X.] vom 8. Juli 2008

3 [X.], [X.], 335, 336 mwN). Indessen haben auch tödliche Stiche nach der Lebenserfahrung nicht stets die sofortige Bewegungsunfähigkeit des Opfers zur Folge, weswegen ein könnte. Soweit die [X.] ergänzend heranzieht, der [X.] habe aufgrund seiner Position hinter dem Nebenkläger die klaffende Wunde nicht gesehen und der Kraftaufwand müsse bei Verwendung eines scharfen Messers nicht erheblich gewesen sein ([X.]), tritt dies in [X.] zu den Feststellungen zum übrigen Tatgeschehen. Danach bedurfte es nicht erst eines Blicks auf die Wunde und eines mit beträchtlichem Kraftauf-wand geführten Schnittes, um beim Angeklagten das Bewusstsein für die möglicherweise tödlichen Folgen seiner dem Nebenkläger beigefügten Schnittverletzung zu wecken oder aufrechtzuerhalten. Fehlende Blutanhaf-tungen am Messer und an der Kleidung des Angeklagten wären schließlich allenfalls dann von Belang, wenn dieser beides im maßgeblichen Zeitpunkt der
Flucht überprüft hätte. Solches ist den Urteilsgründen nicht zu entneh-men und erscheint wegen des Augenblickscharakters der Situation auch
eher fernliegend.

c) Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei können auch die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen keinen 9
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Bestand haben. Denn dem neuen Tatgericht muss auf der Basis detaillierter Erhebungen etwa zu dem durch den Angeklagten vollführten Messerangriff und zu dessen Wahrnehmungen im Zeitpunkt des Weglaufens eine in sich stimmige tatsächliche und rechtliche Würdigung ermöglicht werden.

3. Für den Fall, dass die neu entscheidende [X.] unter Ausschluss eines strafbefreienden Rücktritts zur Annahme eines ver-suchten Tötungsdelikts gelangen sollte, wird sie sich eingehend auch mit den Voraussetzungen des § 211 Abs. 2 StGB auseinanderzusetzen haben. [X.] die im angefochtenen Urteil angestellten Hilfserwägungen zur Ab-lehnung des [X.] ([X.]) leuchten mit Rücksicht auf die festgestellte Beutesicherungsabsicht des Angeklagten nicht ohne Weiteres ein (vgl. zum

von der [X.] verneinten

[X.] übersteigerten Gewinnstrebens LK/Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 211 Rn.
9 mwN).

Basdorf Raum Sander

König Bellay

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Meta

5 StR 526/12

06.03.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2013, Az. 5 StR 526/12 (REWIS RS 2013, 7608)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7608

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