Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2020, Az. IX ZB 14/19

9. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 742

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Gegenstand

Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Insolvenzrichters über eine Erinnerung gege den Rechtspfleger


Leitsatz

Lehnt der Rechtspfleger eine Berichtigung oder Ergänzung der Insolvenztabelle ab, so ist die Entscheidung des Insolvenzrichters über eine dagegen eingelegte Erinnerung nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (Fortführung von BGH, Beschluss vom 24. November 2016 - IX ZB 4/15, WM 2017, 346).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 30. Januar 2019 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.799,22 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Schuldnerin, die mehrere Arbeitnehmer beschäftigte, schuldete der weiteren [X.]eteiligten zu 2 (fortan: Gläubigerin) [X.]. Auf Antrag dreier Gläubiger eröffnete das Insolvenzgericht mit [X.]eschluss vom 30. August 2016 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den weiteren [X.]eteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter. Die Gläubigerin hat ihre Forderung zur Aufnahme in die Insolvenztabelle angemeldet und dazu erklärt, in der Forderung seien vorenthaltene Arbeitnehmeranteile gemäß § 174 Abs. 2 [X.], § 266a StG[X.] enthalten. Nach entsprechendem Hinweis hat das Insolvenzgericht durch die Rechtspflegerin im Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren zur Forderung der Gläubigerin in der Tabelle sinngemäß vermerkt, das [X.] der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bleibe im Prüftermin unbeachtlich und die Schuldnerin werde vom Gericht nicht auf ein mögliches Widerspruchsrecht gemäß § 175 Abs. 2 [X.] hingewiesen, weil das Verfahren aufgrund Gläubigerantrags eröffnet worden sei und die Schuldnerin keine Restschuldbefreiung beantragt habe.

2

Die Gläubigerin hat beantragt anzuordnen, dass der [X.]eteiligte zu 1 das Forderungsattribut der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in die Tabelle einzutragen habe. Die Rechtspflegerin hat den Antrag abgelehnt. Die Erinnerung, mit der die Gläubigerin beantragt hat, das Insolvenzgericht solle das Forderungsattribut in die Tabelle eintragen, hat der Insolvenzrichter zurückgewiesen. Der [X.]eschluss enthält eine als solche bezeichnete Rechtsbehelfsbelehrung, nach der gegen die Entscheidung die sofortige [X.]eschwerde eingelegt werden könne. Die Gläubigerin hat gegen den [X.]eschluss des [X.] sofortige [X.]eschwerde eingelegt, die das [X.] nach Übertragung auf die Kammer als unbegründet zurückgewiesen hat. Mit ihrer vom [X.]eschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin den mit der Erinnerung gestellten Antrag weiter.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

4

Die [X.]efugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass bereits die Erstbeschwerde statthaft war. War die sofortige [X.]eschwerde unstatthaft, fehlt es für das Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht an einer Grundlage. Das gilt selbst dann, wenn das [X.]eschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 25. Juni 2009 - [X.] 161/08, [X.], 553 Rn. 5; vom 3. Juli 2014 - [X.] 2/14, [X.], 724 Rn. 9). Ein für den [X.]eschwerdeführer vom Gesetz nicht vorgesehener Rechtsmittelzug kann auch durch eine Fehlentscheidung des ersten Rechtsmittelgerichts nicht eröffnet werden. Die Statthaftigkeit der sofortigen [X.]eschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen ([X.], [X.]eschluss vom 25. Juni 2009, aaO Rn. 7 f; vom 21. Juli 2011 - [X.] 128/10, [X.], 713 Rn. 5).

5

Die Erstbeschwerde war nicht statthaft. Soweit der Antrag der Gläubigerin an das Insolvenzgericht auf eine [X.]erichtigung der Insolvenztabelle gerichtet war, erfolgt eine solche in entsprechender Anwendung (§ 4 [X.]) des § 164 ZPO. Nach dieser Vorschrift scheidet eine sofortige [X.]eschwerde in jedem Fall aus, gleichgültig ob eine [X.]erichtigung erfolgt oder abgelehnt wird. Als Rechtsbehelf gegen die Ablehnung des Antrags auf [X.]erichtigung der Insolvenztabelle kommt nur die Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG in [X.]etracht, über welche [X.] nach Vorlage durch den Rechtspfleger abschließend entscheidet ([X.], [X.]eschluss vom 24. November 2016 - [X.] 4/15, [X.], 346 Rn. 7 mwN; vgl. [X.], Rpfleger 2018, 700). Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung ändert daran nichts (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21. Februar 2007 - [X.] ([X.]) 86/06, NJW-RR 2007, 1071 Rn. 9; vom 20. Juli 2011 - XII Z[X.] 445/10, [X.], 1728 Rn. 16).

6

Stellt man darauf ab, dass mit dem Antrag eine Ergänzung der Insolvenztabelle erstrebt wurde, sieht die [X.] eine sofortige [X.]eschwerde gegen die ablehnende Entscheidung nicht vor (§ 6 Abs. 1 [X.]).

7

Der Senat weist darauf hin, dass unrichtige Eintragungen jederzeit auf Antrag oder von Amts wegen berichtigt werden können (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 178 Rn. 51 mwN). Die [X.]erichtigung ist auch noch nach [X.]eendigung des Insolvenzverfahrens zulässig (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO Rn. 52 mwN). Nicht zuletzt im Hinblick auf die Vollstreckungswirkung des Tabelleneintrags (§ 201 Abs. 2 [X.]) besteht ein ausreichendes [X.]edürfnis für eine Tabellenberichtigung nach Abschluss des Verfahrens (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], aaO).

8

Ferner wird auf zwei nach Erlass der [X.]eschwerdeentscheidung ergangene [X.]eschlüsse des [X.]undesgerichtshofs hingewiesen, nach denen ein Gläubiger durch die Vorlage eines vollstreckbaren Auszugs aus der Insolvenztabelle den Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO führen kann, wenn sich daraus ergibt, dass eine solche Forderung zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten worden ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 4. September 2019 - VII Z[X.] 91/17, [X.], 897, [X.] in [X.]Z 223, 123; vom 11. März 2020 - VII Z[X.] 38/19, [X.], 750).

Grupp     

      

Gehrlein     

      

Lohmann

      

Schoppmeyer     

      

Röhl     

      

Meta

IX ZB 14/19

16.07.2020

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Kempten, 30. Januar 2019, Az: 42 T 458/18

§ 175 InsO, § 178 InsO, § 164 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.07.2020, Az. IX ZB 14/19 (REWIS RS 2020, 742)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1147-1148 WM2020,1554 REWIS RS 2020, 742

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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