Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2012, Az. XII ZB 664/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2888

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Gegenstand

Prozesskostenhilfebewilligung: Beschwerdebefugnis der Staatskasse


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten gegen den Beschluss des [X.] - [X.] - des [X.] vom 6. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des [X.] werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist die Frage, welche Fahrtkosten der Antragstellerin bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu berücksichtigen sind.

2

In der Hauptsache hat das Amtsgericht die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Es hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 3. Juni 2010 Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihr dabei die Zahlung monatlicher Raten von 45 € aufgegeben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] die Ratenzahlungsverpflichtung auf 15 € herabgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde und begehrt die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

4

1. In Ehesachen sind gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Stattdessen gelten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist.

5

2. Die Staatskasse ist jedoch nicht beschwerdebefugt. Eine Beschwerde der Staatskasse findet nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO nur statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann also nur darauf gestützt werden, dass die [X.] nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dementsprechend ist das Beschwerderecht der Staatskasse auf den Fall beschränkt, dass Prozesskostenhilfe bewilligt und weder Ratenzahlungen aus dem Einkommen noch Zahlungen aus dem Vermögen angeordnet worden sind ([X.] Beschluss vom 17. November 2009 - [X.] 44/09 - NJW-RR 2009, 494 Rn. 3). Nach den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absichten des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift soll die Beschwerde der Staatskasse nur dazu dienen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Dementsprechend ist der Staatskasse auch nur in diesem beschränkten Umfang ein Beschwerderecht zugebilligt worden, nämlich nur zu einer dahin gehenden Kontrolle von Bewilligungsentscheidungen, in denen Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist ([X.] Beschluss vom 17. November 2009 - [X.] 44/09 - NJW-RR 2009, 494; [X.]Z 119, 372 = NJW 1993, 135, mwN).

6

Eine von der Staatskasse eingelegte Beschwerde mit dem Ziel, die Heraufsetzung der angeordneten Raten zu erreichen, ist deshalb nicht statthaft. Vielmehr begrenzt § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beschwerdebefugnis der Staatskasse bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle einer unterbliebenen Zahlungsanordnung und beschränkt gemäß § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO darüber hinaus die möglichen Anfechtungsgründe, so dass nur solche Beschwerdeanträge zugelassen sind, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen ([X.] Beschluss vom 17. November 2009 - [X.] 44/09 - NJW-RR 2009, 494 Rn. 4; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 127 Rn. 27; Musielak/[X.], ZPO 8. Aufl. § 127 Rn. 10; [X.]/[X.] ZPO 4. Aufl. § 127 Rn. 18; [X.] ZPO/[X.] § 127 Rn. 52). Für die Beschwerdebefugnis der Staatskasse im Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die Beschränkungen des § 127 Abs. 3 ZPO entsprechend ([X.]/[X.] 3. Aufl. § 127 Rn. 37).

7

3. An der Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde ändert nichts, dass das [X.] diese zugelassen hat. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat keine Ausweitung der Rechtsschutzmöglichkeiten über die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen hinaus zur Folge. Dementsprechend macht die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht die Prüfung der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entbehrlich, zu denen unter anderem die Feststellung gehört, ob der Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung überhaupt beschwert ist oder ob ihm hiergegen ein Beschwerderecht zusteht ([X.] Beschluss vom 17. November 2009 - [X.] 44/09 - NJW-RR 2009, 494 Rn. 5; vgl. auch [X.] Urteil vom 10. März 1993 - [X.] - NJW 1993, 2052). Vielmehr wird einem Beschwerdeführer durch die Rechtsmittelzulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn und soweit sie nach dem Gesetz statthaft und auch sonst zulässig ist. Ist dagegen - wie hier durch § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO - die Anfechtbarkeit der Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen oder begrenzt, vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann ([X.] Beschluss vom 13. November 2008 - [X.] 231/07 - NJW-RR 2009, 210, Rn. 6 mwN).

8

4. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des [X.] findet gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt (vgl. [X.] Beschluss vom 23. März 2006 - [X.] 130/05 - NJW 2006, 1597, Rn. 10; Musielak/[X.] ZPO 8. Aufl. § 127 Rn. 29; jeweils mwN).

Klinkhammer                          Weber-Monecke                            Nedden-Boeger

                          [X.]

Meta

XII ZB 664/10

26.09.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Celle, 6. Dezember 2010, Az: 21 WF 359/10

§ 127 Abs 3 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.09.2012, Az. XII ZB 664/10 (REWIS RS 2012, 2888)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2888

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Referenzen
Wird zitiert von

IV ZB 8/20

XII ZB 667/14

XII ZB 282/12

XII ZB 282/12

XII ZB 664/10

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