Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2003, Az. V ZB 71/02

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 3303

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/02vom30. April 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 524a)Der [X.] hat die Wahl, ob er sich der Berufung des Gegners an-schließt oder ob er, falls die Voraussetzungen des § 511 ZPO gegeben sind, ei-genständig Berufung einlegt. Nur im ersteren Fall verliert der Angriff gegen [X.] seine Wirkung, wenn der Gegner die Berufung zurücknimmt (§ 524 Abs. 4ZPO).b)Die Möglichkeit, Anschlußberufung einzulegen, besteht auch innerhalb der fürden [X.]n offenen Frist zur Einlegung einer eigenständigen Beru-fung.c)Zur Auslegung einer "selbständigen Anschlußberufung", die innerhalb der für eineeigenständige Berufung laufenden Frist eingelegt worden [X.], [X.]. v. 30. April 2003 - [X.] - [X.] hat am 30. April 2003 durch [X.] des [X.] Dr. [X.] und [X.][X.], [X.], [X.] und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der [X.]uß des19. Zivilsenats des [X.] vom28. November 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die [X.] Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.Gründe:[X.] das beiden Parteien am 16. Juli 2002 zugestellte Urteil [X.] hat der Beklagte am 9. August 2002 Berufung eingelegt, die ermit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 zurückgenommen hat.Mit Schriftsatz vom 16. August, per Fax am selben Tag bei Gericht ein-gegangen, haben die Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzu-weisen, und zugleich "selbständige Anschlußberufung" mit der Ankündigungeingelegt, daß Anträge hierzu innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gestellt- 4 -würden. Vor Ablauf der - verlängerten - Begründungsfrist haben sie [X.] begründet.Das [X.] hat die Berufung der Kläger mit der [X.] unzulässig verworfen, die Rücknahme der Berufung des Beklagten [X.] der Kläger wirkungslos gemacht (§ 524 Abs. 4 ZPO).Außerdem sei das Rechtsmittel entgegen § 524 Abs. 3 ZPO nicht zugleich mitder [X.] begründet worden. Dagegen richtet sich die Rechtsbe-schwerde der Kläger, mit der sie die Aufhebung des Verwerfungsbeschlussesbeantragen.[X.] [X.] ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil dieSicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung [X.] beruht auf einer Würdigung, die den Klägern den [X.] dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in [X.], aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. [X.] den Anspruch der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschut-zes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. [X.] 77, 275,284; [X.] NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. [X.], [X.]. v. 4. Juli 2002, [X.], [X.], 3029, 3030 f., vorgesehen für [X.], 221; [X.]. v. 20. [X.], [X.], Umdruck S. 4, zur [X.]. [X.] -2. [X.] ist begründet. Das Berufungsgericht hat [X.] des § 524 Abs. 4 ZPO zu Unrecht bejaht. Das [X.] Kläger hätte durch die Rücknahme der Berufung des Beklagten nur dannseine Wirkung verloren, wenn es sich um eine Anschlußberufung gehandelthätte. Das ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, an dessenAuslegung der [X.] nicht gebunden ist ([X.]Z 4, 328, 334; [X.], Urt. [X.] Juni 1996, [X.], NJW-RR 1996, 1210, 1211), nicht der [X.]) Der von dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger verwendete [X.] "selbständigen Anschlußberufung" ist dem neuen Zivilprozeßrecht, dasvorliegend anzuwenden ist (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO), fremd. Der Berufungsbe-klagte hat nach neuem Recht zwei Möglichkeiten. Er kann sich entweder derBerufung des Gegners anschließen (§ 524 ZPO) oder, falls die Voraussetzun-gen des § 511 ZPO gegeben sind, selbständig Berufung einlegen (anders, [X.] abwegig [nur Anschlußberufung möglich], [X.], [X.], 800, 801Fn. 7). Nur im ersten Fall verliert der Angriff gegen das Urteil seine Wirkung,wenn der Gegner die Berufung zurücknimmt (§ 524 Abs. 4 ZPO), und nur [X.] der Anschließung muß die Berufung in der [X.] begründetwerden (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Wird hingegen selbständig Berufung [X.], ist dieses Rechtsmittel vom Schicksal der gegnerischen Berufung un-abhängig. Es bleibt wirksam, wenn jene zurückgenommen wird. Für sie laufeneigenständige Fristen zur Einlegung (§ 517 ZPO) und zur Begründung (§ [X.]. 2 ZPO). Welche Möglichkeit der [X.] wählt, steht in seinemBelieben ([X.]/[X.], [X.], § 524Rdn. 3;[X.], in: [X.]/[X.], [X.] 2002, § 524 Rdn. 5). [X.] -halb der noch für ihn offenen Berufungsfrist (§ 517 ZPO) kann er [X.] nach § 524 ZPO ([X.]/[X.] aaO; a.[X.], [X.], 802) oder selbständig Berufung einlegen. Nur wenn dieeigene Berufungsfrist verstrichen ist, ist er auf die Anschlußberufung be-schränkt.b) Da die Kläger die "selbständige Anschlußberufung" innerhalb der fürsie laufenden Berufungsfrist eingelegt haben, ist im Wege der Auslegung zuermitteln, welche der beiden Möglichkeiten sie gewählt haben. Dabei ist [X.] zu beachten, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist, wasnach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstan-denen Interessenlage entspricht ([X.], Urt. v. 18. Juni 1996, [X.],NJW-RR 1996, 1210, 1211 m.w.N.). Danach ist vorliegend von einer selbstän-digen Berufung auszugehen.aa) Dem Umstand, daß der [X.] der Kläger die [X.] Bezeichnung "Anschlußberufung" enthält, kommt entgegen [X.] des Berufungsgerichts keine entscheidende Bedeutung zu. [X.] verliert schon durch das beigefügte Eigenschaftswort [X.], das auf ein selbständiges, also gerade nicht von der geg-nerischen Berufung abhängiges Rechtsmittel hinweist.bb) Unterstützt wird dieser Hinweis durch den Vermerk "Original [X.] per Fax ...", der dem Schriftsatz vorangestellt ist. Für eineAnschlußberufung wäre er ohne Bedeutung. Die hierfür zu beachtende Fristnach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO hatte noch nicht einmal zu laufen begonnen.Bedeutung kam ihm allein vor dem Hintergrund einer selbständigen [X.] -zu. Hierfür lief die Frist am 16. August 2002, dem Datum des Schriftsatzes, ab.Um diese Frist zu wahren, mußte der Prozeßbevollmächtigte die [X.]) Dazu paßt weiter die Ankündigung, Anträge "innerhalb der Beru-fungsbegründungsfrist" zu stellen. Damit kann bei verständiger Würdigung nurdie Frist des § 520 Abs. 2 ZPO zur Begründung der - selbständigen - Berufunggemeint sein. Denn für die Anschlußberufung verlangt das Gesetz eine Be-gründung in der [X.] selbst (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Soweit§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine erneute Anschlußberufung - mit entsprechenderBegründung - bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der [X.] erlaubt (vgl. [X.]/[X.] § 524Rdn. 41), kann diese Frist nicht gemeint sein. Sie hatte noch nicht zu laufenbegonnen.d) Das von dem Berufungsgericht hervorgehobene Argument, daß [X.] ihre Grenzen in dem berechtigten Vertrauen des Gegners auf denobjektiven Erklärungsinhalt des [X.]es finden müsse, ist [X.] Gehalt. Durch eine Auslegung wird der objektive Erklärungsinhalt einer Pro-zeßhandlung gerade ermittelt (s. nur [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl., vor § 128Rdn. 25). Auf diese objektive Erklärungsbedeutung darf der [X.] ver-trauen. Sie begrenzt aber nicht die Auslegung, sondern ist deren Ergebnis.Vielmehr begrenzt das Auslegungsergebnis das Vertrauen des [X.]s.Vorliegend konnte der Beklagte angesichts der aufgezeigten Umständenicht annehmen, daß eine Anschlußberufung eingelegt war, der er durch [X.] 8 -nahme der eigenen Berufung den Boden hätte entziehen können. Objektiv be-trachtet handelt es sich um eine selbständige Berufung.[X.]KrügerKleinGaierSchmidt-Räntsch

Meta

V ZB 71/02

30.04.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.04.2003, Az. V ZB 71/02 (REWIS RS 2003, 3303)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3303

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZB 9/04 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 163/04 (Bundesgerichtshof)


VIII ZB 25/10 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren: Auslegung einer „Anschlussberufung“als eigenständige Berufung; Rechtsmittel gegen die Feststellung der Wirkungslosigkeit einer solchen „Anschlussberufung“


VIII ZB 25/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 175/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.