Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.02.2015, Az. VII ZR 315/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15973

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Gegenstand

Beendigung eines Vertragshändlervertrages: Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Regelung über den Handelsvertreterausgleich


Leitsatz

Ein Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89b HGB steht dem Vertragshändler nicht zu, wenn der Hersteller oder Lieferant nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des Vertragshändlers zu löschen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. April 1996, VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 31. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt als Verwalter in dem [X.]nsolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin) die Beklagte auf Zahlung von Ausgleich entsprechend § 89b HGB in Anspruch.

2

Die Schuldnerin schloss mit der Beklagten am 30. Juni 1996 einen Vertragshändlervertrag. Dieser Vertrag wurde durch die Beklagte zum 30. September 2003 gekündigt. Am 2. Juni/1. Juli 2003 schlossen die Schuldnerin und die Beklagte einen weiteren Vertragshändlervertrag sowie eine gesonderte Vereinbarung zur Überlassung von Kundendaten für Zwecke der Kundenbetreuung durch die Beklagte und zur Marktforschung (im Folgenden: [X.]). [X.]n einem Anschreiben, das dem Vertragsangebot beigefügt war, wies die Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass die Unterzeichnung der [X.] freiwillig sei und keine Voraussetzung für den Abschluss des [X.] darstelle.

3

Die [X.] enthält unter [X.] unter anderem folgende Bestimmungen:

"

2. Zur Durchführung der … Kundenbetreuung sowie zu Marktforschungszwecken wird der Händler die Personen-, Firmen- und Fahrzeugdaten von … Kunden und [X.]nteressenten für neue … Automobile, Vorführfahrzeuge und Dienstwagen einschließlich aller notwendigen Betriebsdaten laufend an [X.] ([X.].: die Beklagte) übermitteln. …

5. Die Teilnahme des Händlers an der … Kundenbetreuung endet durch Beendigung des [X.], durch schriftliche Kündigung der Teilnahmeerklärung durch den Händler oder mit Beendigung des Kundenbetreuungsprogramms durch [X.] ...

6. Vorbehaltlich der nachstehend unter Abschnitt [X.][X.] getroffenen Regelungen wird [X.] nach Beendigung der Teilnahme des Händlers an der … Kundenbetreuung die vom Händler überlassenen Daten sperren, ihre Nutzung einstellen und auf Verlangen des Händlers löschen."

4

Abschnitt [X.][X.] der Vereinbarung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"[X.][X.]. Ankauf von Kundendaten durch [X.]

1. [X.] bietet dem Händler hiermit an, seine vollständigen … Kunden- und [X.]nteressentendaten bei endgültiger Beendigung der Zusammenarbeit auf Grundlage eines [X.] gegen Zahlung eines pauschalen Kaufpreises anzukaufen, wenn [X.] dem Händler nicht nach Auslaufen des jeweils bestehenden [X.] den Abschluss eines neuen [X.] anbietet oder die Beendigung aus Gründen erfolgt, die von [X.] zu vertreten sind, und der Händler dieses Angebot binnen drei Monaten nach Beendigung der Zusammenarbeit durch schriftliche Erklärung gegenüber [X.] annimmt.

Der von [X.] zu leistende Kaufpreis wird auf Basis der Anzahl von neuen … Automobilen und von [X.] des Händlers ermittelt, welche der Händler jährlich verkauft hat und die auf Endkunden innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) zugelassen wurden (Erstzulassungen Neufahrzeuge sowie Zweitzulassungen Vorführfahrzeuge). Maßgeblich ist der Durchschnittswert der so zugelassenen Fahrzeuge des vorletzten und drittletzten vollen Kalenderjahres vor Vertragsende. Für diese so ermittelte Anzahl leistet [X.] einen Pauschalbetrag von 1.000 € je Einheit zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer.

Dieser Pauschalbetrag wird jährlich um 10 € gegenüber dem Ausgangsjahr 2003 ([X.]) erhöht. Zum Ansatz kommt der so indizierte Pauschalbetrag im letzten vollen Kalenderjahr vor Beendigung der Zusammenarbeit.

3. Der Händler verpflichtet sich, die [X.] gemäß diesem Abschnitt [X.][X.] überlassenen Datenbestände nicht mehr zu Akquisitionszwecken für den Vertrieb von Produkten, die mit … Erzeugnissen und Dienstleistungen in Wettbewerb stehen, zu verwenden oder verwenden zu lassen. Das Verbot einer Wettbewerbstätigkeit ist mit diesem Nutzungsverbot jedoch nicht verbunden.

"

5

Das Vertragsverhältnis wurde durch außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2008 beendet. Eine Vereinbarung über den Ankauf der Kundendaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses kam nicht zustande.

6

Das [X.] hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.] 2014, 35 veröffentlicht ist, führt aus, der Schuldnerin stehe ein Handelsvertreterausgleichsanspruch gegen die [X.] in entsprechender Anwendung des § 89b HGB nicht zu. Es könne dahinstehen, ob die Schuldnerin in die [X.] der [X.] in einer Weise eingebunden gewesen sei, die der Stellung eines Handelsvertreters gleichkomme. Es fehle jedenfalls an der weiteren Voraussetzung, dass die Schuldnerin eine Vertragspflicht zur Überlassung des Kundenstamms an die [X.] bei Beendigung des [X.]s traf.

9

Eine vertragliche Pflicht der Schuldnerin, der [X.] nach Beendigung der Vertragsbeziehung die Kundendaten zur Verfügung zu stellen, ergebe sich nicht aus dem [X.]. Soweit die Schuldnerin nach der mit der [X.] geschlossenen [X.] verpflichtet gewesen sei, dieser während des Vertragsverhältnisses sämtliche Kundendaten zu übermitteln, genüge dies nicht den vom [X.] gestellten Anforderungen. Die [X.] sei aufgrund der [X.] insbesondere nicht in der Lage gewesen, die Kundendaten nach Beendigung der mit der Schuldnerin bestehenden Vertragsbeziehung ohne weiteres für sich nutzbar zu machen. Denn sie sei mit Beendigung der Teilnahme der Schuldnerin an der Kundenbetreuung nach der vertraglichen Vereinbarung verpflichtet gewesen, die überlassenen Daten zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen der Schuldnerin zu löschen. Eine abweichende Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die [X.] bereits in der [X.] der Schuldnerin ein bindendes Angebot zum Ankauf der Kundendaten nach Vertragsende gemacht habe.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Ausgleichsanspruch der Schuldnerin gegen die [X.] in entsprechender Anwendung des § 89b HGB verneint.

1. Dem Vertragshändler steht nach der Rechtsprechung des [X.]s nur dann ein Ausgleichsanspruch gegen den Hersteller oder Lieferanten (im Folgenden nur: Hersteller) in entsprechender Anwendung des § 89b HGB zu, wenn zwischen ihm und einem Hersteller ein Rechtsverhältnis besteht, das über eine bloße [X.] hinausgeht. Der Vertragshändler muss aufgrund besonderer vertraglicher Abmachungen so in die [X.] des Herstellers eingegliedert sein, dass er wirtschaftlich in weitem Umfang Aufgaben zu erfüllen hat, die sonst einem Handelsvertreter zukommen. Der Vertragshändler muss ferner verpflichtet sein, dem Hersteller seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes erst im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung oder schon während der Vertragszeit durch laufende Unterrichtung des Herstellers über Geschäftsabschlüsse und Kundenbeziehungen zu erfüllen ist. Voraussetzung ist allein, dass der Hersteller bei Beendigung des Vertrags in die Lage versetzt wird, den Kundenstamm des Händlers sofort und ohne weiteres für sich nutzbar zu machen (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 2010 - [X.], NJW 2011, 848 Rn. 17; Urteil vom 13. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1263 Rn. 15; Urteil vom 17. April 1996 - [X.], NJW 1996, 2159, 2160 m.w.N.).

2. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin entsprechend einem Handelsvertreter in die Vertriebsorganisation der [X.] eingebunden gewesen ist. Für das Revisionsverfahren ist zugunsten des [X.] daher zu unterstellen, dass dies der Fall war.

3. Es fehlt jedoch an der für eine entsprechende Anwendung erforderlichen weiteren Voraussetzung, dass die Schuldnerin verpflichtet war, der [X.] ihren Kundenstamm zu übertragen, so dass diese ihn bei Beendigung des Vertrags sofort und ohne weiteres für sich nutzbar machen konnte. Eine Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten, die es der [X.] ermöglichte, die Kundendaten bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ohne weiteres für sich nutzbar zu machen, ergibt sich weder aus dem [X.] noch aus der zwischen den Parteien geschlossenen [X.].

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass durch den zwischen der Schuldnerin und der [X.] geschlossenen [X.] keine Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten an die [X.] begründet worden ist. Hierzu ist entgegen der Auffassung der Revision nicht ausreichend, dass die Schuldnerin Neufahrzeuge bei der [X.] unter Eigentumsvorbehalt gekauft und die gegen die Kunden bestehenden Kaufpreisforderungen im Voraus zur Sicherheit an die [X.] abgetreten hatte. Dies begründete keine Verpflichtung der Schuldnerin nach § 402 BGB, der [X.] die Namen der Kunden mitzuteilen, die einen Neuwagen erworben haben. Die [X.] der Schuldnerin im Rahmen des vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalts erfolgte nicht durch [X.] in Bezug auf die einzelnen Kunden, sondern mittels einer globalen Vorausabtretung der Kaufpreisansprüche aus [X.] an die [X.], die in Nr. 6.2 Abs. 2 der Verkaufs- und Lieferbedingungen der [X.] enthalten war. Bei einer Sicherungsabtretung, bei der dem Zedenten kraft ausdrücklicher Vereinbarung die Einziehungsbefugnis vorbehalten ist, ist § 402 BGB regelmäßig stillschweigend abbedungen, solange die Zession dem Schuldner nicht offen gelegt wird und der Zedent zur Einziehung der Forderung berechtigt ist (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1993 - [X.], NJW 1993, 2795, 2796; Urteil vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.]Z 184, 101, Rn. 11). Dies ist hier der Fall. Die Schuldnerin war von der [X.] mit der Einziehung der zur Sicherheit an die [X.] abgetretenen Kaufpreisforderungen aus [X.] beauftragt worden.

Die Verpflichtung des [X.], dem Hersteller im Sicherungsfall gemäß § 402 BGB die zur Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Kunden nötige Auskunft zu erteilen, ist einer Verpflichtung des [X.] zur Überlassung der Kundendaten nicht gleichzustellen. Der Hersteller erhält hierdurch keine umfassende Kenntnis des vom Vertragshändler geworbenen Kundenstamms. Die Verpflichtung des [X.] zur Auskunftserteilung nach § 402 BGB besteht zudem nur dann, wenn der Vertragshändler schuldhaft gegen die Pflichten aus der Sicherungsvereinbarung verstößt und damit die Voraussetzungen herbeiführt, unter denen der Hersteller die ihm gestellte Sicherheit verwerten kann. Die nach § 402 BGB vom Vertragshändler hinsichtlich der von dem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Neuwagenverkäufe dann zu erteilende Auskunft über die Person des jeweiligen Käufers entsteht damit lediglich als mittelbare Folge einer solchen Vertragsverletzung des [X.] und dient dazu, dem Zessionar nach Eintritt des [X.] die Geltendmachung der ihm sicherungshalber abgetretenen Forderungen zu ermöglichen.

b) Eine Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten an die [X.] mit der Folge, dass diese die Kundendaten bei Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Schuldnerin ohne weiteres für sich nutzbar machen konnte, ergibt sich auch nicht aus der zwischen den Parteien geschlossenen [X.].

aa) Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutreffend ist, ein Ausgleichsanspruch der Schuldnerin gegen die [X.] in entsprechender Anwendung des § 89b HGB scheitere bereits daran, dass die Verpflichtung der Schuldnerin zur Weitergabe von Kundendaten an die [X.] in einer gesonderten Vereinbarung zur Überlassung von Kundendaten zum Zwecke der Kundenbetreuung und der Marktforschung seine Grundlage hat, auf die sich die Schuldnerin bei Abschluss des [X.]s mit der [X.] nicht einlassen musste. Auf die von der Revision gegen diese Auffassung geäußerten rechtlichen Bedenken kommt es nicht entscheidend an.

bb) Eine analoge Anwendung des § 89b HGB scheidet im vorliegenden Fall jedenfalls deswegen aus, weil die [X.] nach der [X.] bei Beendigung des [X.]s die ihr von der Schuldnerin überlassenen Kundendaten nicht ohne weiteres für sich nutzbar machen konnte (vgl. [X.], Urteil vom 26. November 1997 - [X.], NJW-RR 1998, 390, 391; Urteil vom 17. April 1996 - [X.], NJW 1996, 2159, 2160; Urteil vom 7. November 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 421, 423; Urteil vom 11. Februar 1977 - [X.], [X.]Z 68, 340, 343; Urteil vom 16. Februar 1961 - [X.], [X.]Z 34, 282, 286; Urteil vom 11. Dezember 1958 - [X.], [X.]Z 29, 83, 89 f.). Diese Möglichkeit besteht nicht, wenn der Hersteller nach den vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des [X.] zu löschen.

(1) Die Möglichkeit des Herstellers, die vom Händler überlassenen Kundendaten nach Beendigung des Vertrags für sich nutzbar zu machen, besteht nach der Rechtsprechung des [X.]s nicht, wenn der von ihm eingesetzte Treuhänder, an den der Vertragshändler die Kundendaten zu überlassen hatte, auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung mit dem Vertragshändler gemäß §§ 11, 28 bzw. 35 BDSG und §§ 667, 675 BGB verpflichtet ist, die Kundendaten des [X.] nach Beendigung des Teilnahme- und des [X.]es in ihrem Bestand zu löschen (vgl. [X.], Urteil vom 26. November 1997 - [X.], NJW-RR 1998, 390, 391; Urteil vom 17. April 1996 - [X.], NJW 1996, 2159, 2160 f.). Die für die Verpflichtung des [X.] zur Überlassung von Kundendaten an einen Treuhänder entwickelten Anforderungen gelten gleichermaßen für die Verpflichtung des [X.], dem Hersteller Kundendaten im Rahmen einer Vereinbarung zur Verfügung zu stellen, die zum Zwecke der Kundenbetreuung und Marktforschung abgeschlossen worden ist. Der [X.] hat klargestellt, dass die Verpflichtung zur Überlassung von Kundendaten an einen Treuhänder der Verpflichtung zur Überlassung von Kundendaten an den Hersteller gleichzustellen ist, weil dieser über den Treuhänder auf diese Daten zugreifen kann (vgl. [X.], Urteil vom 17. April 1996 - [X.], NJW 1996, 2159, 2160 f.).

(2) Der Verpflichtung des Herstellers oder eines von ihm eingesetzten Treuhänders, die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags zu löschen, ist die vom Hersteller übernommene Verpflichtung gleichzustellen, die überlassenen Daten bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und sie auf Verlangen des [X.] zu löschen. Der Hersteller, der sich vertraglich zur Sperrung der ihm überlassenen Kundendaten bei Beendigung des Vertrags verpflichtet und verspricht, diese über den Beendigungszeitpunkt hinaus nicht weiter zu nutzen, wenn der Vertragshändler dem Angebot zur dauerhaften Überlassung der Kundendaten an den Hersteller gegen Zahlung eines Entgelts nicht zustimmt, kann ebenso wie bei Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung zur Löschung der vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten diese Daten bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht ohne weiteres für sich nutzbar machen. Darauf, ob der Vertragshändler die Löschung dieser gesperrten Daten verlangt, kommt es nicht entscheidend an. Denn die Verpflichtung des Herstellers, die ihm überlassenen Kundendaten zu sperren und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht weiter zu nutzen, besteht unabhängig davon, ob der Vertragshändler von dem ihm eingeräumten Löschungsanspruch Gebrauch macht oder nicht. Ohne Bedeutung ist des Weiteren, dass der Hersteller nach Beendigung des [X.]s bis zur Löschung der Daten auf die ihm vom Vertragshändler überlassenen Kundendaten faktisch noch zugreifen könnte. Die für den Hersteller bestehende Möglichkeit, die ihm überlassenen Kundendaten unter Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten weiter zu nutzen, ist der Verpflichtung des [X.] zur unmittelbaren Bekanntgabe seiner Kundendaten gegenüber dem Hersteller bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht gleichzusetzen (vgl. [X.], Urteil vom 17. April 1996 - [X.], aaO, S. 2161).

(3) Im Ergebnis fehlt es im vorliegenden Fall damit an einer die analoge Anwendung des § 89b HGB rechtfertigenden Vergleichbarkeit der Interessenlage der Schuldnerin mit derjenigen eines Handelsvertreters. Die [X.] war nach Abschnitt I Nr. 6 der [X.] vorbehaltlich des in Abschnitt II geregelten Ankaufsrechts verpflichtet, nach Beendigung der Teilnahme der Schuldnerin an dem Kundenbetreuungsprogramm die von der Schuldnerin überlassenen Daten zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen der Schuldnerin zu löschen. Gemäß Abschnitt [X.] endete die Teilnahme an dem Kundenbetreuungsprogramm zugleich mit der Beendigung des [X.]s. Die [X.] konnte die von der Schuldnerin erhaltenen Kundendaten bei Beendigung des [X.]s danach nicht, wie von der Rechtsprechung des [X.]s gefordert, sofort und ohne weiteres für sich nutzbar machen. Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für Informationen, die die [X.] möglicherweise unter Verwendung der von der Schuldnerin zunächst überlassenen Kundendaten während der Vertragslaufzeit erlangt hat. Auch insoweit läge eine Nutzung der von der Schuldnerin überlassenen Daten vor, die nach der Vertragsbestimmung in Abschnitt I Nr. 6 der [X.] nach Beendigung des [X.]s nur nach vorheriger Zustimmung durch die Schuldnerin zulässig war.

Die Schuldnerin kann bei der vorliegenden Vertragsgestaltung vielmehr auf die bei ihr vorhandenen Kundendaten des von ihr geworbenen Kundenstamms zurückgreifen und diese im eigenen Interesse weiter nutzen. Sofern die Kundendaten bei Beendigung des Vertrags bei der Schuldnerin infolge der nach der [X.] bestehenden Verpflichtung zur Übertragung von Kundendaten an die [X.] nicht mehr oder nicht vollständig vorhanden sein sollten, wäre die [X.] im vorliegenden Fall aufgrund der von ihr übernommenen vertraglichen Verpflichtung, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Daten zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen der Schuldnerin zu löschen, verpflichtet, der Schuldnerin die ihr überlassenen Kundendaten in diesem Zeitpunkt wieder zur Verfügung zu stellen. Eine solche vertragliche Nebenpflicht ist im vorliegenden Fall deshalb anzunehmen, weil die Schuldnerin im Hinblick auf den Datenbestand der von ihr geworbenen Kunden lediglich für den Fall der dauerhaften Überlassung der Kundendaten an die [X.] nach Abschnitt II Nr. 3 der [X.] einem vertraglichen Nutzungsverbot unterliegen sollte.

cc) Zutreffend geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass sich aus dem in Abschnitt II der [X.] enthaltenen Angebot der [X.], die vollständigen Kunden- und Interessentendaten bei endgültiger Beendigung der Zusammenarbeit auf Grundlage eines [X.]s gegen Zahlung eines pauschalen Kaufpreises anzukaufen, nichts anderes ergibt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist dieses Angebot nicht angenommen worden. Es bestand auch keine Verpflichtung, diesem Angebot nach Vertragsbeendigung zuzustimmen. Damit ist auch nach Beendigung des [X.]s keine Verpflichtung der Schuldnerin zur Überlassung von Kundendaten an die [X.] begründet worden, die eine entsprechende Anwendung des § 89b HGB im vorliegenden Fall rechtfertigen könnte (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 421, 423).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick                       Halfmeier                      [X.]

           [X.]

Meta

VII ZR 315/13

05.02.2015

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 9. Juli 2014, Az: VII ZR 315/13, Beschluss

§ 89b HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.02.2015, Az. VII ZR 315/13 (REWIS RS 2015, 15973)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 1300 REWIS RS 2015, 15973


Verfahrensgang

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Az. VII ZR 315/13

Bundesgerichtshof, VII ZR 315/13, 05.02.2015.


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