Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.11.2011, Az. 28 W (pat) 509/10

28. Senat | REWIS RS 2011, 1280

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Großvaters Leckerbissen" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 30 2009 020 925.1

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 18. November 2011 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] und Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.] hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 16. Dezember 2009 die Anmeldung der Wortfolge

2

Großvaters Leckerbissen

3

als Wortmarke für die Waren

4

5

6

7

8

9

nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen. Unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 23. Juni 2009 wird dies damit begründet, dass die angemeldete Marke eine unmittelbar beschreibende Angabe darstelle, weil sie lediglich darauf hinweise, dass die so gekennzeichneten Waren schmackhaft ("Leckerbissen") und nach hergebrachtem Rezept ("Großvaters") hergestellt würden.

Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die [X.] sei schutzfähig, weil der Begriff "Leckerbissen" allenfalls auf kostspielige Lebensmittel hinweise, zu denen die beanspruchten Waren aber nicht gehörten. Die Auffassung des Patentamts, dass der weitere Begriff "Großvaters" auf althergebrachte Rezepte hinweise, erfordere mehrere gedankliche Zwischenschritte, wobei sie darüber hinaus auch nicht die einzig mögliche Interpretation darstelle; Damit werde auch nicht unmittelbar und eindeutig auf mögliche Merkmale der beanspruchten Waren hingewiesen. Zudem spreche die Eintragung zahlreicher vergleichbarer Marken zugunsten der Anmelderin für die Eintragbarkeit der [X.].

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 16. Dezember 2009 aufzuheben.

II.

Die nach § 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde, über die im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, weil die Anmelderin keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet, hat keinen Erfolg, weil der Eintragung der angemeldeten Kennzeichnung die Schutzhindernisse nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegenstehen.

Eine angemeldete Bezeichnung ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie zumindest in

Eine solche mögliche beschreibende Bedeutung kommt der [X.] hinsichtlich aller beanspruchten Waren zu.

Im Ansatz zutreffend hat die Anmelderin dabei darauf hingewiesen, dass die [X.] mehrdeutig ist. Denn sie kann zum einen so verstanden werden, dass es sich bei den so gekennzeichneten Lebensmitteln in unverarbeiteter und verarbeiteter Form um solche handelt, die von [X.] besonders geschätzt werden. Bereits mit dieser Bedeutung weist die [X.] aber nur unmittelbar sachbeschreibend darauf hin, an welche Zielgruppe (Großväter) sich die so gekennzeichneten Waren vorrangig richten und welche Wirkung ("Leckerbissen") sie beim Konsumenten hervorrufen. Mit "Leckerbissen" werden nämlich im allgemeinen Sprachgebrauch alle Speisen bezeichnet, die besonders wohlschmeckend sind (vgl. [X.] - [X.] Universalwörterbuch, 6. Aufl. [X.] 2006 [CD-ROM] Stichwort "Leckerbissen"; vgl. auch das von der Anmelderin zitierte Fundstelle bei [X.]). Soweit die Anmelderin hierbei meint, der Begriff beziehe sich nur auf bestimmte "luxuriöse" Speisen wie Austern, Kaviar, Garnelen, Hummer oder gehobene Trüffel, kann sie sich hierfür nicht auf die von ihr herangezogene vorgenannte Fundstelle bei [X.] stützen, bei der vielmehr ausdrücklich klargestellt wird, dass "die Auffassung, was eine Delikatesse ist, Trends unterworfen [ist], die auch historische und außereuropäische Essgewohnheiten einbeziehen" und unter Bezugnahme auf den Eintrag in der [X.] von [X.] ausführt: "Unter [X.], [X.], oder [X.], verstehe ich jede Sache, die, von einem gesunden Menschen genossen, die [X.] seiner Zunge und seines Gaumens auf eine angenehme Art reizt, und deren Annehmlichkeit dadurch sehr vermehrt wird, wenn zugleich ein Wohlgeruch dabei statt findet." Vielmehr entspricht es bekanntlich auch allgemeinem Sprachgebrauch, den Begriff "Leckerbissen" potentiell auf alle Speisen und Getränke zu beziehen, die entweder nach Auffassung desjenigen, der sich hierzu äußert, oder allgemein anerkannt besonders wohlschmeckend sind. Damit wird der Verkehr den Begriff "Großvaters Leckerbissen", wenn er ihn zusammen mit den von der Anmelderin angebotenen Waren wahrnimmt, bei dieser [X.] ohne Weiteres als (anpreisenden) Sachhinweis darauf verstehen, dass es sich bei diesen um besonders wohlschmeckende Produkte handelt, die sich an Großväter richten.

Auch wenn schon aufgrund dieser möglichen Bedeutung der [X.] ein  unmittelbar beschreibender Inhalt vorliegt, der der Eintragung entgegen steht, kann sie darüber hinaus aber auch - was die Anmelderin selbst letztlich auch nicht in Abrede gestellt hat - in der von der Markenstelle genannten Sinn aufgefasst werden, also dass es sich hierbei um einen Leckerbissen handelt, der nach althergebrachtem oder als besonders gut anerkanntem Rezept hergestellt worden ist. Zwar könnte sich die [X.] in dieser Bedeutung nur auf solche Speisen und Getränke beziehen, welche zubereitet werden, während sie sich nicht auf solche Lebensmittel, die nur als Ausgangsprodukte für solche zubereitete Speisen dienen und daher selbst noch nicht nach einem "Rezept" hergestellt werden, erstrecken kann. Allerdings gehören mit Ausnahme der Mineralwässer alle im [X.] genannten Speisen und Getränke zu solchen Lebensmitteln, deren Herstellung nach einem Rezept erfolgen kann, so dass auch in dieser möglichen Bedeutung die [X.] mögliche Merkmale der mit ihr gekennzeichneten Waren unmittelbar bezeichnet.

Als unmittelbar beschreibende Angabe fehlt der [X.] darüber hinaus auch die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderliche Unterscheidungskraft, da eine beschreibende Angabe nach der Rechtsprechung des [X.] die Hauptfunktion einer Marke nicht mehr erfüllt, den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – [X.]/[X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; [X.], 229, 230 [Rz. 27] - BioID); denn eine beschreibende Angabe ist nicht geeignet, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – [X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – [X.]/[X.];  [X.] 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; [X.] 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Als beschreibende und nicht unterscheidungskräftige Angabe steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung damit das im Allgemeininteresse liegende Ziel entgegen, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 – [X.]; [X.], 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD).

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch den Hinweis der Anmelderin auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken. Denn aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder keinen Anspruch auf Eintragung ableiten, weil [X.] weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. [X.], [X.], 667, 668 [Rz. 15 ff.] -

Da die Markenstelle somit im Ergebnis der [X.] zutreffend die Eintragung wegen wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] versagt hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 509/10

18.11.2011

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.11.2011, Az. 28 W (pat) 509/10 (REWIS RS 2011, 1280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1280

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 516/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Mutters Leckerbissen" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


28 W (pat) 508/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Vaters Leckerbissen" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


27 W (pat) 251/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Gourmet (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


28 W (pat) 559/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CompactBone" – keine Unterscheidungskraft


28 W (pat) 98/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "fit für fit" – Unterscheidungskraft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.