Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.01.2013, Az. I R 33/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 9184

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Gegenstand

Bilanzsteuerrechtliche Behandlung von Pfandgeldern bei einem Mineralbrunnenbetrieb - Kein Vollzugsdefizit wegen "faktischer Unmöglichkeit" - Ermittlung der Miteigentumsquote am Leergut-Pool


Leitsatz

1. Nehmen Teilnehmer eines Mehrwegsystems mit Brunneneinheitsflaschen und -kästen mehr Leergut von ihren Kunden zurück als sie mit dem Vollgut zuvor an diese ausgegeben hatten (sog. Mehrrücknahmen), sind deshalb weder Anschaffungskosten noch gegen die Kunden gerichtete Forderungen zu aktivieren. In Betracht kommt jedoch die Aktivierung eines Nutzungsrechts, dessen Wert sich danach bemisst, inwieweit in Folge der Mehrrücknahmen die jeweilige Miteigentumsquote des Teilnehmers an dem Leergutpool überschritten wird .

2. Für die Verpflichtung, bei Rückgabe des Individualleerguts und der Brunneneinheitsflaschen und -kästen die erhaltenen Pfandgelder an die Kunden zurückzuzahlen, ist eine Verbindlichkeit zu passivieren. Die Verbindlichkeit kann wegen Bruch oder Schwund des Leerguts, bei den Brunneneinheitsflaschen und -kästen darüber hinaus aber auch der Höhe nach zu mindern sein, wenn aufgrund der eigentumsunabhängigen Zirkulation des Leerguts erfahrungsgemäß davon auszugehen ist, dass ein bestimmter Teil an andere Poolmitglieder zurückgegeben wird .

Tatbestand

1

A. Zwischen den Beteiligten ist die bilanzsteuerrechtliche Behandlung vereinnahmter und verausgabter [X.] streitig. Streitjahre sind 1999 bis 2002.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist ein Brunnenbetrieb, dessen Gegenstand hauptsächlich in der Gewinnung natürlicher Mineralwässer und der Herstellung von Erfrischungsgetränken liegt (Abfüllbetrieb); in diesem Geschäftsbereich erzielte sie in den Streitjahren deutlich steigende [X.]. Daneben vertreibt die Klägerin in geringem Umfang als Getränkegroßhändlerin zugekaufte sonstige Getränkesorten wie Saft und Brausegetränke.

3

Die Klägerin ist Mitglied der Genossenschaft [X.] ([X.]). Die Mitglieder der [X.] nehmen an einem branchenumfassenden Mehrwegsystem mit Brunneneinheitsflaschen und -kästen teil. Das [X.] kann nicht einem einzelnen Abfüllbetrieb zugeordnet werden und wird von den Mitgliedern der [X.] einheitlich verwendet. Die Flaschen sind mit dem aufgebrachten Schriftzug "[X.]" und dem Warenzeichen [X.] gekennzeichnet. Gleiches gilt für die [X.]. Durch das Mehrweg-Poolsystem, das detailliert durch sog. Verwendungsbestimmungen geregelt wird, wird sichergestellt, dass das Leergut sich in einem permanenten Umlauf bei den Marktteilnehmern (Abfüllbetrieben, Großhändlern, Einzelhändlern und Kunden) befinden kann, ohne dass es auf die Eigentumsverhältnisse am Leergut ankommt.

4

Um eine verursachergerechte Kosten- und Nutzenverteilung zwischen den [X.]n und die Funktionsfähigkeit des Pools insgesamt sicherzustellen, ermittelt die [X.] aufgrund regelmäßiger Meldungen der [X.] einen angemessenen Zukauf im Verhältnis zur jeweiligen Füllquote ("angemessene Einbringung"). Ergibt sich nach den Berechnungen der [X.] demgegenüber eine Rücknahmeverpflichtung, sind freigewordene Leergutmengen von den betroffenen Brunnenbetrieben vorrangig an andere Brunnenbetriebe zur Erfüllung ihrer Einbringungsverpflichtung zum Pfandwert abzugeben; andernfalls werden sie recycelt.

5

Ferner müssen die [X.] entsprechend den Vorstandsbeschlüssen der [X.] bestimmte Leergutmengen jährlich aus dem Pfandkreislauf nehmen und recyceln (sog. Mindestsortierquoten). Überschreitet die tatsächliche [X.] den vorgegebenen Satz eines Brunnenbetriebs (sog. Übersortierung), rechnet die [X.] dies mindernd auf die Rücknahmeverpflichtung des Brunnenbetriebs an. Auch für die Klägerin ergaben sich in den Streitjahren Übersortierungen. Sie führte daneben auf Anfrage der [X.] sog. [X.] gegen Erstattung des [X.] durch, weil andere [X.] ihren Sortierungspflichten nicht in ausreichendem Maße entsprochen hatten.

6

Das Verhältnis der Klägerin zu ihren Kunden wird weitgehend durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ([X.]) bestimmt. Gemäß Nr. 9 [X.] wird das Leergut den Kunden lediglich zur bestimmungsgemäßen Verwendung überlassen, geht aber auch bei Hinterlegung des [X.] nicht in deren Eigentum über. Der Kunde ist verpflichtet, das Leergut unverzüglich, spätestens jedoch drei Monate nach Auslieferung, zurückzugeben (Nr. 9.1 Satz 1 [X.]). Gibt der Kunde innerhalb von zwölf Monaten mehr Leergut zurück als er bezogen hat, so ist die Klägerin gemäß Nr. 9.1 Satz 7 [X.] berechtigt, das überzählige Leergut dem Kunden wieder zur Verfügung zu stellen.

7

Die Klägerin dokumentierte die Zu- und Abgänge von Leergut durch Fortschreibung der [X.] auf den Lieferscheinen und Ausgangsrechnungen. In einer Nebenbuchhaltung zur Finanzbuchhaltung schrieb die Klägerin zudem zeitnah die [X.] und [X.] in separat geführten [X.] fort. Anhand der geführten Konten ergaben sich zu den Bilanzstichtagen folgende Pfandsalden (1999 bis 2001 in [X.], 2002 in €):

8
        

31.12.1999

31.12.2000

31.12.2001

31.12.2002

Summe aller negativen Pfandsalden

...     

...     

...     

...     

Summe aller positiven Pfandsalden

...     

...     

...     

...     

Differenz

...     

...     

...     

...     

9

Kundenbezogen entsteht ein negativer Pfandsaldo, wenn die verausgabten [X.] die vereinnahmten [X.] übersteigen (sog. Mehrrücknahmen); ein positiver Pfandsaldo entsteht, wenn das vereinnahmte das verausgabte Pfand übersteigt, d.h. noch nicht das gesamte Leergut an die Klägerin zurückgegeben worden ist (sog. Minderrücknahmen).

I. Streitkomplex: Bilanzielle Behandlung der Mehrrücknahmen

Entgegen der Klägerin vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Auffassung, dass die Mehrrücknahmen als Forderungen zu aktivieren seien. Ausgehend von den Summen aller negativen Pfandsalden und nach Abzug eines pauschalen Korrekturpostens, mit denen es berücksichtigte, dass schätzungsweise 10 % der jährlichen Sortiermenge auf die Mehrrücknahmen entfielen, ging das [X.] von Forderungen in Höhe von ... [X.] zum 31. Dezember 1999, ... [X.] zum 31. Dezember 2000, ... [X.] zum 31. Dezember 2001 sowie ... € zum 31. Dezember 2002 aus.

II. Streitkomplex: Bilanzielle Behandlung der Minderrücknahmen

Da die Betriebsprüfung für die Jahre 1994 bis 1998 die Ansicht vertreten hatte, dass die [X.] nicht belastbar und [X.] auszuweisen seien, bildete die Klägerin in den Bilanzen der Streitjahre Rückstellungen, die sie pauschal nach einer Umschlagshäufigkeit von 4,5 p.a. berechnete. Hieraus ergaben sich Rückstellungen in Höhe von ... [X.] zum 31. Dezember 1999, ... [X.] zum 31. Dezember 2000, ... [X.] zum 31. Dezember 2001 und ... € zum 31. Dezember 2002. Das [X.] ging hingegen von Verbindlichkeiten in Höhe der Summe aller positiven Pfandsalden aus.

III. Streitkomplex: Minderung der Pfandrückzahlungsforderung

Für ihre Tätigkeit als Getränkegroßhändlerin erwarb die Klägerin [X.]. Dieses bestand sowohl aus [X.], also Flaschen und Gebinden, die keine Individualisierungsmerkmale aufweisen und von einer unbestimmten Anzahl von Herstellern verwendet werden, als auch aus [X.], das aufgrund seiner dauerhaften Kennzeichnung eindeutig als Eigentum eines bestimmten Herstellers erkennbar ist. Die hierfür gezahlten [X.] verbuchte die Klägerin erfolgsneutral auf einem separat geführten Pfandkonto. Das Leergut bezog sie anschließend im Wesentlichen in den Leergutkreislauf der Eigenprodukte ein.

Zum 31. Dezember 2002 hatte die Klägerin Forderungen für an die Getränkehersteller verausgabte [X.] in Höhe von ... € aktiviert. Im Rahmen der Abschlussbuchungen minderte sie den Aktivposten um ... € und begründete dies mit dem Erfordernis, auf die Systematik der pauschalen Pfandrückstellungen umstellen zu müssen; für einen weiteren bilanziellen Ausweis von Pfandforderungen bestehe keine Notwendigkeit. Diesen [X.] habe man erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten zum 31. Dezember 2002 erkannt und deshalb eine "erste Teilausbuchung" vorgenommen. Das [X.] ging hingegen von der ungeminderten Forderung aus.

Die gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide erhobene Klage blieb erfolglos; das [X.] ([X.]) wies sie mit Urteil vom 23. März 2011  4 K 1065/07, das in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2011, 1510 abgedruckt ist, ab.

Dagegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts und von Verfahrensrecht gestützte Revision der Klägerin. Sie beantragt sinngemäß, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Körperschaftsteuer und den [X.] unter Abänderung der angefochtenen Bescheide unter der Maßgabe festzusetzen, dass sich das zu versteuernde Einkommen für 1999 um ... [X.], für 2000 um ... [X.], für 2001 um ... [X.] und für 2002 um ... € und der Gewerbeertrag für 2002 um ... € vermindert.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Entgegen der Auffassung des [X.] ist in Höhe der Aufwendungen für die Mehrrücknahmen kein Aktivposten anzusetzen. In Betracht kommt nur die Aktivierung eines Nutzungsrechts gegenüber den anderen [X.]n; ob und in welchem Umfang Nutzungsrechte tatsächlich bestanden haben, kann der Senat anhand der Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen und wird im zweiten Rechtsgang vom [X.] zu ermitteln sein (nachfolgend unter [X.]). Dem [X.] ist auch insoweit nicht zuzustimmen, dass in Höhe der positiven [X.]alden Verbindlichkeiten für Pfandrückzahlungen zu passivieren sind. Vielmehr ist nur ein geringerer Teil als Verbindlichkeit auszuweisen, dessen genaue Höhe das [X.] festzustellen hat (nachfolgend unter I[X.]). Schließlich wird das [X.] im zweiten Rechtsgang ebenfalls zu prüfen haben, inwieweit in den Streitjahren eine Forderung gerichtet auf Rückzahlung des --bei Erwerb des [X.]s von den [X.] entrichteten [X.] aktiviert werden durfte (nachfolgend unter II[X.]).

[X.] Streitkomplex: Behandlung der Mehrrücknahmen

Eine Aktivierung der Aufwendungen für die Mehrrücknahmen kommt weder als Anschaffungskosten für den Erwerb des Eigentums an dem Leergut noch als gegen die Getränkehändler gerichtete Forderung auf Rückzahlung des entrichteten [X.] in Betracht. Das [X.] wird jedoch zu untersuchen haben, ob und inwieweit die Klägerin im Innenverhältnis gegenüber den anderen [X.]n aufgrund der Mehrrücknahmen Nutzungsrechte erworben hat.

1. Anschaffungskosten für den Erwerb des Eigentums an dem Leergut (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- 1997/2002) in Höhe der Aufwendungen für die Mehrrücknahmen durfte die Klägerin nicht aktivieren, weil sie nicht zum Zwecke des Eigentumserwerbs Aufwendungen getätigt hat (vgl. zur Finalität der Aufwendungen Senatsurteile vom 17. Oktober 2001 I R 32/00, [X.], 58, [X.] 2002, 349; vom 3. August 2005 I R 36/04, [X.], 112, [X.] 2006, 369). Durch die Annahme der Mehrrücknahmen gegen Pfandrückzahlung hat die Klägerin weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche Eigentum an den Mehrrücknahmen erworben.

a) Das zivilrechtliche Eigentum an den Brunneneinheitsflaschen, aus denen sich die Mehrrücknahmen zusammensetzen, hat durch die Übergabe auf den einzelnen Handelsstufen nicht gewechselt (im Ergebnis ebenso [X.], Urteil vom 13. November 1987  20 U 54/87, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht --NJW-RR-- 1988, 373; [X.]/[X.], Die steuerliche Betriebsprüfung --[X.]-- 2004, 57, 59; [X.], [X.] --DStR-- 2004, 1596, 1598; [X.]/Bork, Betriebs-Berater --[X.]-- 1987, 909, 913 f.; [X.]/[X.], Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 1983, 656, 659 f.; a.A. [X.], Urteil vom 30. September 1980  21 U 6/80, [X.], 1098; [X.], Urteil vom 30. Oktober 1980  14 O 60/79, [X.], 113; [X.], Juristische Schulung 2001, 353, 354; [X.], [X.] 2007, 143; [X.], [X.] --[X.]-- 2008, 710, 715; Tiedchen in [X.]/[X.]/[X.], § 5 EStG Rz 317; differenzierend nach dem Ausweis in den [X.] Schreiben des [X.] --BMF-- vom 13. Juni 2005, [X.], 715); denn der Eigentumsübergang auf den einzelnen Handelsstufen erstreckt sich allein auf den Inhalt der Flaschen. Das spätestens durch das erstmalige Inverkehrbringen der Brunneneinheitsflaschen entstandene Miteigentum der [X.] (§ 948 Abs. 1, § 947 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --[X.]--) ändert sich nicht, weil die Flaschen auf keiner Handelsstufe untrennbar mit anderem Leergut vermischt werden. Die Brunneneinheitsflaschen sind derart individualisiert, dass sie sich stets von dem Leergut nicht poolangehöriger Abfüller deutlich unterscheiden (vgl. [X.]/Bork, [X.] 1987, 909, 913).

b) Die Klägerin wurde auch nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Mehrrücknahmen. Einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer ist das Wirtschaftsgut nur zuzurechnen, wenn er die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung --AO--). Dies ist der Fall, wenn der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder kein Herausgabeanspruch besteht (Urteile des [X.] --BFH-- vom 27. November 1996 [X.], [X.], 104, [X.] 1998, 97; vom 18. September 2003 [X.], [X.], 474). Bei der Beurteilung des Sachverhalts ist auf den normalen Verlauf der Dinge abzustellen, d.h. maßgebend ist der für die gewählte Gestaltung typische Verlauf [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 39 AO Rz 52).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall bezogen auf die Mehrrücknahmen nicht vor. Das [X.] hat nicht feststellen können, dass die Klägerin die anderen [X.] als Miteigentümer des [X.] für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung wirtschaftlich ausgeschlossen hat. Als Abfüllbetrieb hatte die Klägerin auch kein Interesse daran, das Leergut unter Ausschluss Dritter --etwa in ihrem Lager-- anzusammeln; vielmehr sollten die Mehrrücknahmen --z.B. im Rahmen der zunehmenden [X.] der [X.] dem Leergutkreislauf zugeführt werden.

2. In Höhe der Aufwendungen für die Mehrrücknahmen hat die Klägerin --entgegen der Auffassung des [X.] und des [X.]-- auch keine auf Rückzahlung des entrichteten [X.] gerichtete Forderung gegenüber den [X.] erworben.

a) Die Aktivierung von Forderungen richtet sich bei [X.] Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1997/2002). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuchs sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Eine Gewinnrealisierung tritt ein, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen in der Weise erbracht hat, dass ihm die Forderung auf die Gegenleistung (z.B. die Zahlung) --von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen-- so gut wie sicher ist (BFH-Urteil vom 23. März 2011 [X.], [X.], 398, [X.] 2012, 188). Dies ist der Fall, wenn eine Forderung entweder rechtlich bereits entstanden ist oder die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und [X.] mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann (Senatsurteile vom 8. November 2000 I R 10/98, [X.], 406, [X.] 2001, 349; vom 6. Oktober 2009 I R 36/07, [X.], 342, [X.] 2010, 232). Demgegenüber kann eine aufschiebend bedingte Forderung grundsätzlich nicht aktiviert werden (BFH-Urteile vom 22. August 2007 [X.], [X.], 533, [X.] 2008, 109; in [X.], 398, [X.] 2012, 188), weil sie erst mit Eintritt der Bedingung entsteht (§ 158 Abs. 1 [X.]). Auch von einer wirtschaftlichen Entstehung kann bei einer echten aufschiebenden Bedingung, bei der der Eintritt noch ungewiss ist, nicht ausgegangen werden (Senatsurteil vom 26. April 1995 I R 92/94, [X.], 444, [X.] 1995, 594; vgl. auch [X.]/[X.] in [X.]., 8. Aufl., § 247 Rz 77).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen durften in den Streitjahren wegen der Mehrrücknahmen keine Ansprüche auf Rückzahlung der [X.] aktiviert werden. Solche Forderungen sind an den [X.] weder entstanden noch musste die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mit der Entstehung von Forderungen rechnen.

aa) Nicht zuzustimmen ist dem [X.] darin, dass sich die Forderungen aus den branchenüblichen Abläufen im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen durch die Lieferung von [X.] ergäben. Die den erkennenden Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz geben keinen Anhalt dafür, dass die Mehrrücknahmen mit der Verpflichtung der Getränkehändler zum Erwerb von neuem [X.] verbunden gewesen wären.

bb) Die Entstehung der Forderung kann auch nicht aus Nr. 9.1 Satz 7 [X.] abgeleitet werden, nach der die Klägerin für den Fall, dass der Kunde innerhalb von zwölf Monaten mehr Leergut zurückgibt, als er bezogen hat, berechtigt ist, das überzählige Leergut dem Kunden wieder zur Verfügung zu stellen. Auch wenn es zutreffen mag, dass als Annex zur Rückgabe der Mehrrücknahmen ein Anspruch auf Rückzahlung des [X.] besteht, führt allein der Umstand der Mehrrücknahme nicht zu einem solchen Anspruch. Dieser Anspruch ist noch nicht entstanden, sondern aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 [X.]). Bei der gebotenen objektiven Auslegung (zur Auslegung von [X.], [X.], 13. Aufl., § 305c Rz 20; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 305c Rz 22 ff.; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 305c Rz 16) enthält Nr. 9.1 Satz 7 [X.] eine sog. Wollensbedingung, die eine echte aufschiebende Bedingung darstellt (vgl. grundlegend Beschluss des [X.] --RG-- vom 24. Januar 1910 V 324/08, [X.], 385; dem folgend [X.] vom 23. November 1911 V 427/11, [X.], 415; Urteile des [X.] --BGH-- vom 21. April 1967 V ZR 75/64, [X.], 387; vom 28. Juni 1996 V ZR 136/95, NJW-RR 1996, 1167; [X.]/Armbrüster, a.a.[X.], Vor § 158 Rz 13); eine Forderung entsteht erst, wenn die Klägerin von der ihr zustehenden Möglichkeit Gebrauch macht, die Mehrrücknahmen an die Kunden zurückzugeben.

Bereits der Wortlaut der Nr. 9.1 Satz 7 [X.] spricht nur von einer Berechtigung der Klägerin, die Mehrrücknahmen zurückzugeben; dass sie hierzu auch verpflichtet werden sollte, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht. Eine Verpflichtung entspräche auch ersichtlich nicht dem Interesse der beteiligten [X.]. Dies gilt zum einen für den Getränkehändler, der im Regelfall keine Verwendung für leere Flaschen haben wird. Zum anderen aber auch für den Abfüllbetrieb. Abgesehen von den Spannungen, die eine Rückgabe leerer Flaschen in den Geschäftsbeziehungen auslösen kann, wird ein Abfüllbetrieb Leergut nicht bis zum Ablauf der zwölf Monate auf dem Betriebsgelände lagern und dann zurückgeben. Demgemäß hatte auch die Klägerin insbesondere bei steigenden [X.] --wie sie nach den Feststellungen des [X.] in den Streitjahren eingetreten waren-- ein Interesse, auch das zu viel zurückgenommene Leergut für eigene Abfüllungen verwenden zu können, ohne neues Leergut ankaufen zu müssen. Selbst bei stagnierenden [X.] kann die Klägerin darauf angewiesen sein, die kundenbezogenen Mehrrücknahmen behalten zu können, um hierdurch Minderrücknahmen seitens anderer Kunden auszugleichen. Aber auch wenn das Leergut nicht für eigene Abfüllungen benötigt wird, besteht ggf. ein vorrangiges Interesse, gegen Entrichtung des [X.] durch die [X.], [X.] mit Hilfe der Mehrrücknahmen durchzuführen oder eine eigene Rücknahmeverpflichtung zu verringern.

cc) Die Klägerin musste zu den [X.] auch nicht fest mit der künftigen Entstehung von Forderungen rechnen. Hiervon musste die Klägerin schon aufgrund der eigenen Interessenlage nicht ausgehen. Darüber hinaus hat das [X.] nicht feststellen können, dass die Klägerin jemals von ihrem Wahlrecht zur Rückgabe der Mehrrücknahmen Gebrauch gemacht hat.

dd) Ferner kann dem [X.] nicht darin gefolgt werden, dass sich eine Forderung der Klägerin aus § 1223 Abs. 1 [X.] ergibt. Hiernach ist der Pfandgläubiger verpflichtet, das Pfand nach dem Erlöschen des Pfandrechts dem Verpfänder zurückzugeben. Die Voraussetzungen dieses Herausgabeanspruchs liegen im Streitfall nicht vor. An den zurückgenommenen Flaschen (Mehrrücknahmen) bestand kein Pfandrecht i.S. der §§ 1204 ff. [X.]. Ein Pfandrecht liegt gemäß § 1204 Abs. 1 [X.] nur vor, wenn eine bewegliche Sache zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet wird, dass der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen. Soweit die Klägerin Mehrrücknahmen entgegennimmt und hierfür das Pfand auszahlt, soll jedoch gerade keine Forderung des Getränkehändlers, etwa auf Rückgabe des [X.], abgesichert werden. An dessen Rückgabe hat der Getränkehändler, der nur das von ihm zuvor zur Erlangung des [X.]s gezahlte Pfand zurückerhalten will, keinerlei Interesse.

3. Durch die Entgegennahmen der Mehrrücknahmen gegen Entrichtung des [X.] hat die Klägerin jedoch möglicherweise --mit den Anschaffungskosten zu aktivierende (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997/2002)-- Nutzungsrechte an dem Leergut gegenüber den anderen [X.]n erworben, zu deren Bestand und Umfang das [X.] im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen treffen wird.

a) Für die Entstehung von Nutzungsrechten dem Grunde nach sprechen insbesondere die --vom [X.] allerdings nur lückenhaft-- festgestellten Verwendungsbestimmungen des Pools, dessen Sinn es gerade ist, die [X.] permanent mit einer ständig ausreichenden Menge geeigneten [X.] zu versorgen, das ungeachtet der Eigentumsverhältnisse zwischen den [X.]n zirkulieren soll. Um dies sicherzustellen, müssen es die [X.], auch soweit ihre jeweilige Miteigentumsquote überschritten wird, verwenden dürfen.

b) Sollte das [X.] anhand weiterer Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Nutzungsrecht der Klägerin in dem beschriebenen Umfang vorliegt, wird es ebenfalls festzustellen haben, in welcher Höhe das Nutzungsrecht an den [X.] zu bewerten ist. Ein Nutzungsrecht kann nur in dem Maße vorliegen, in dem die Menge des an die Kunden ausgegebenen [X.] zuzüglich des noch auf dem Lager befindlichen (befüllten und unbefüllten) [X.] die Miteigentumsquote der Klägerin an den Brunneneinheitsflaschen und -kästen des Pools überschreitet. Soweit hiervon ausgehend Nutzungsrechte vorliegen, wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass das Nutzungsrecht ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens darstellt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997/2002), das mit den Anschaffungskosten --also mit dem gezahlten [X.] zu bewerten ist und für das weder ein sofortiger Betriebsausgabenabzug (§ 6 Abs. 2 EStG 1997/2002) noch eine Absetzung für Abnutzung gemäß § 7 EStG 1997/2002 (vgl. statt aller [X.]/[X.], EStG, 32. Aufl., § 7 Rz 24) in Anspruch genommen werden kann.

c) Gegen diese Berechnung des Nutzungsrechts kann nicht eingewandt werden, seine Grundlagen seien nicht ermittelbar, so dass ein Vollzugsdefizit wegen "faktischer Unmöglichkeit" drohe. Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsermittlung können nicht Anlass für eine Abweichung von einem nach den allgemeinen Methoden gefundenen Auslegungsergebnis zum materiellen Recht sein. Vielmehr trägt der Gesetzgeber die Verantwortung, das materielle Recht durch ein effektives Verfahrensrecht zu flankieren und die Verifizierbarkeit des steuerlich erheblichen Sachverhalts sicherzustellen. Ist dies nicht möglich, verletzt der Gesetzgeber durch einen gleichwohl erlassenen materiellen Steuertatbestand den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (hierzu Oellerich, Defizitärer Vollzug des Umsatzsteuerrechts, 2008, 72 f.). So liegt der Fall hier aber nicht. Denn die Verifikation der für die Ermittlung der Nutzungsrechte notwendigen Sachverhalte ist mit Hilfe des bestehenden Verfahrensrechts durchaus möglich. Entgegen der Auffassung des [X.] gilt dies insbesondere auch für die Ermittlung der [X.]. Sie kann nach Maßgabe der sog. Gesamtgebindeverantwortung zuverlässig ermittelt werden. Anders als das [X.] meint, wird die Miteigentumsquote durch die Gesamtgebindeverantwortung [X.] wiedergegeben. Dies ergibt sich schon aus ihrem Zweck; sie soll sicherstellen, dass das einzelne Abfüllunternehmen das Leergut, das es in den Pool eingebracht hat, auch wieder zurücknimmt.

Soweit das [X.] demgegenüber darauf hinweist, in die Berechnung der Rücknahmeverpflichtung flössen Berechnungsparameter ein, die auf statistischen Größen beruhten, ist dies zwar zutreffend, führt aber nicht zu dem Schluss, dass die Gesamtgebindeverantwortung die [X.] nicht [X.] wiedergeben könnte. Ungeachtet ihrer Berechnung drücken sich die Rücknahmeverpflichtung und die Einbringungsverpflichtung in einer konkreten Flaschenzahl aus, die die Gesamtgebindeverantwortung mindern oder erhöhen und so die Miteigentumsquote fortschreiben.

4. Dass sich anhand der vorstehenden Erwägungen im Streitfall ggf. ein erfolgswirksamer Aufwand ergibt, weil die zu aktivierenden Nutzungsrechte möglicherweise nicht die Höhe der bisher aktivierten Forderungen erreichen, steht ihrer Richtigkeit nicht entgegen. Es existiert kein übergeordneter Grundsatz der Erfolgsneutralität des [X.], demzufolge die mit dem Pfandkreislauf zusammenhängenden Aktiva und Passiva sich bei allen Beteiligten in jedem Veranlagungszeitraum ausgeglichen gegenüberstehen müssen. Hinzu kommt, dass die Bewertung der zu aktivierenden Nutzungsrechte nicht (unmittelbar) von der Höhe der im Außenverhältnis zu den Kunden entstandenen Mehrrücknahmen, sondern von einem im Innenverhältnis zu den anderen [X.]n abgeleiteten Recht abhängt, über die eigene Miteigentumsquote hinaus Leergut für eigene Zwecke nutzen zu dürfen.

I[X.] Streitkomplex: Behandlung der Minderrücknahmen

Für die Verpflichtung, bei Rückgabe des [X.] die erhaltenen [X.] an die Kunden zurückzuzahlen, dürfen keine Verbindlichkeiten in Höhe der Gesamtsumme der positiven [X.]alden passiviert werden. Aus den Feststellungen des [X.] folgt, dass in den positiven [X.]alden auch das für das hinzuerworbene Einheits- und [X.] erhaltene Pfand enthalten sein muss, weil dieses in den eigenen Pfandkreislauf der Klägerin integriert wurde und auf den separaten [X.] nur die Forderungen gegen die Getränkehersteller auf Rückzahlung des [X.] verbucht wurden. Die bilanzielle Behandlung unterscheidet sich aber voneinander: Soweit eine Pfandrückzahlung an Kunden bei Rückgabe des [X.] erfolgen muss, sind keine Verbindlichkeiten auszuweisen. Ein [X.] erfolgt nur, soweit die Klägerin an den [X.] eine Verpflichtung zur Pfandrückzahlung gegenüber ihren Kunden für das [X.] und das [X.] hatte.

1. Für die Pfandrückzahlungen bei Rückgabe des [X.], das die Klägerin als Getränkehändlerin erworben und nach den Feststellungen des [X.] in ihren Pfandkreislauf einbezogen hat, dürfen bereits dem Grunde nach keine Verbindlichkeiten passiviert werden. Beruht die Verbindlichkeit auf einem so genannten schwebenden Geschäft aus einem gegenseitigen Vertrag, der von der zur Sach- oder Dienstleistung verpflichteten [X.] noch nicht voll erfüllt ist, hat die Passivierung zu unterbleiben (Senatsurteil vom 21. September 2011 I R 50/10, [X.], 255, [X.] 2012, 197), weil während des [X.] die (widerlegbare) Vermutung besteht, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem auf Leistungsaustausch gerichteten Vertrag wertmäßig ausgleichen (vgl. [X.] vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, [X.], 199, [X.] 1997, 735; Senatsbeschluss vom 2. April 2008 I B 197/07, [X.], 1355; [X.]/[X.], § 5 EStG Rz 243, m.w.N.). Hinsichtlich der Verpflichtung zur Pfandrückzahlung für das [X.] liegt ein schwebendes Geschäft vor, weil die Klägerin insoweit das an die Getränkehändler abgegebene Leergut zurückkaufen musste. Der Eigentumsübergang erstreckt sich bei [X.] nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Flaschen und die Kästen selbst ([X.] vom 9. Juli 2007 II ZR 233/05, [X.], 159, Neue Juristische Wochenschrift 2007, 2913; Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2010, 232). Dies gilt gleichermaßen auf allen Vertriebsstufen und selbst dann, wenn der Hersteller/Vertreiber in seinen [X.] den Eigentumserwerb an der Flasche ausdrücklich ausgeschlossen hat, wie es auch die Klägerin in ihren [X.] getan hat (vgl. Nr. 9 [X.]). Eine solche Vereinbarung ist auf ein unmögliches und unzulässiges Verhalten gerichtet und deshalb unbeachtlich. Durch die Vermengung von Flaschen verschiedener Hersteller kommt es zwangsläufig zu einem Eigentumsverlust des einzelnen Herstellers (§ 948 Abs. 1, § 947 Abs. 1 [X.]).

2. Soweit hingegen an den [X.] Verpflichtungen der Klägerin zur Rückzahlung des für [X.] und [X.] entrichteten [X.] bestanden, sind Verbindlichkeiten auszuweisen, deren Höhe das [X.] im zweiten Rechtsgang festzustellen hat.

a) Anders als bei dem [X.] steht das Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte einer Passivierung der Verbindlichkeiten bei diesem Leergut nicht entgegen. Die im Wege der Auslegung der Nr. 9.1 [X.] zu entnehmende Vereinbarung der Klägerin mit ihren Kunden, das Individual- und [X.] gegen Erstattung des entrichteten [X.] zurückzunehmen, stellt keinen auf gegenseitigen Leistungsaustausch gerichteten Vertrag dar, denn sie ist nicht auf die Verschaffung des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums gegen Entrichtung eines Entgelts gerichtet. Es soll vielmehr eine leiheähnliche Gebrauchsüberlassung rückabgewickelt werden, bei der das Pfand eine Sicherheitsleistung (Kaution) darstellt, die die Rückgabe des [X.] sicherstellen soll und gerade nicht Gegenleistung für die Rückgabe des [X.] ist (vgl. hierzu Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2010, 232).

aa) Den [X.]. 9 und 9.1 [X.] der Klägerin kann entnommen werden, dass die Klägerin bei Überlassung des [X.]s das Eigentum an dem Leergut nicht übertragen und deshalb bei Rückgabe auch nicht [X.] will; auch bei Entrichtung des [X.] soll das Eigentum nicht übergehen. Anders als bei dem [X.] ist die Klägerin auch nicht wegen eines gesetzlichen Eigentumsübergangs gezwungen, das Leergut gegen Erstattung des [X.] zurückzukaufen. Denn das Individual- und [X.] sind durch ihre Kennzeichnung klar und eindeutig von dem Leergut anderer Hersteller bzw. außerhalb des Pools stehender Abfüllbetriebe unterscheidbar.

bb) Die Klägerin sollte gegen Rückzahlung des [X.] auch nicht das wirtschaftliche Eigentum am Leergut erwerben. Auf den einzelnen Handelsstufen ist kein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum entstanden, das die Klägerin hätte [X.] können. Die Klägerin als Miteigentümerin des [X.] bzw. die Hersteller der zugekauften Getränke als Eigentümer des [X.]s waren nicht von der Nutzung des [X.] für die gewöhnliche Nutzungsdauer ausgeschlossen. Insbesondere waren ihre aus Vertrag und § 985 [X.] folgenden Herausgabeansprüche nicht wertlos (a.A. [X.], [X.] 2010, 175). Ungeachtet der Möglichkeit, den Herausgabeanspruch einzuklagen, haben die Getränkehändler und Konsumenten bei normalem Verlauf der Dinge das Leergut zurückgegeben, weil sie mit dem Leergut nichts anfangen konnten, aber durch das Pfand einen wirtschaftlichen Anreiz zur Rückgabe hatten (vgl. insoweit zutreffend [X.], Unternehmensteuern und Bilanzen --[X.]-- 2010, 333 f.; [X.]/[X.], [X.] Kommentar Bilanzierung, 4. Aufl., 2013, § 246 Rz 346).

b) Anhand der bisherigen Feststellungen des [X.] ist der Senat nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden, in welcher Höhe Verbindlichkeiten zu passivieren sind.

aa) Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang zu untersuchen haben, in welchem Umfang ausgehend von den kundenbezogen geführten Pfandgeldkontokorrentkonten (abzüglich der darin enthaltenen Pfandbeträge für [X.]) an den [X.] Verbindlichkeiten bestanden haben.

aaa) Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], die für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindend sind, sind die Pfandgeldkontokorrentkonten, die kundenbezogen nach den Ein- und Ausgangsrechnungen zum Zwecke der Abrechnung mit den Kunden geführt worden sind, entgegen der Ansicht der Klägerin eine verlässliche Grundlage zur Dokumentation des Leergutbestands.

Die Bindung des Senats wird insbesondere nicht durch eine zulässige und begründete Verfahrensrüge der Klägerin aufgehoben (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 56), weil das [X.] einem Beweisantrag der Klägerin nicht nachgegangen wäre. Dem Beweisantrag der Klägerin in dem vorbereitenden Schriftsatz vom 4. April 2007, einen noch namentlich zu benennenden Mitarbeiter zur Belastbarkeit der [X.] zu hören, musste das [X.] --ungeachtet der aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlichen Rüge der Nichterhebung des Beweises (vgl. zur Beweiskraft des Protokolls [X.] vom 1. September 2008 IV B 4/08, [X.], 35; vom 4. September 2009 I[X.]81/09, [X.], 50)-- schon deshalb nicht nachkommen, weil ein auf die Erhebung des [X.] gerichteter Beweisantrag die zu vernehmenden Zeugen individuell benennen muss. Zwar muss der Zeuge nicht unbedingt namentlich benannt werden; das Gericht muss aber zumindest in die Lage versetzt werden, den Zeugen zu identifizieren und zu ermitteln ([X.] vom 30. April 2002 [X.]132/00, [X.] 2002, 1457). Dies war im Streitfall nicht gegeben, denn die Klägerin hat weder den Namen noch andere Merkmale angegeben, anhand derer der zu vernehmende Zeuge von den anderen Mitarbeitern der Klägerin hätte unterschieden werden können.

bbb) Der Rückgriff auf die [X.] zur Bewertung der Verbindlichkeiten führt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Allein die Tatsache, dass in der vorangegangenen Betriebsprüfung die Bildung von [X.] verlangt und die [X.] (zu Unrecht) als nicht belastbar erachtet worden sind, kann einen solchen Verstoß nicht begründen. Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonders gelagerten Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, [X.] 2011, 865; vom 13. Dezember 2011 II R 26/10, [X.], 212, [X.] 2012, 537; vom 23. Februar 2012 IV R 13/08, [X.] 2012, 1112). Eine solche Schutzwürdigkeit scheidet grundsätzlich von vornherein aus, wenn --wie im [X.] die Vorgehensweise der Finanzverwaltung zu für den Steuerpflichtigen vorteilhaften Folgen führt. Die vom [X.] passivierten Verbindlichkeiten für Pfandrückzahlungen überschritten die von der Klägerin passivierten Rückstellungen bei Weitem und führten insoweit zu einer für die Klägerin vorteilhaften Gewinnminderung.

bb) Hinsichtlich der zu passivierenden Verbindlichkeiten wegen der Rückzahlung von [X.] für das [X.] wird das [X.] zu ermitteln haben, ob die [X.] oder Schwund zu mindern sind. Hierbei wird das [X.] zu berücksichtigen haben, dass ein Absinken der Bewertung unter den Nennwert (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1997/2002) nur dann möglich ist, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Inanspruchnahme ausscheidet (BFH-Urteil vom 22. November 1988 VIII R 62/85, [X.], 322, [X.] 1989, 359; Senatsurteil vom 27. März 1996 I R 3/95, [X.], 155, [X.] 1996, 470; [X.]/[X.], § 6 EStG Rz 952; Kiesel/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 6 EStG Rz 1140; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 5 Rz 312). In welchem Umfang dies der Fall ist, darf ggf. schätzweise aus den Erfahrungen der Vergangenheit abgeleitet werden (Senatsurteil in [X.], 155, [X.] 1996, 470; [X.]/[X.], § 5 EStG Rz 759a); jedoch ist der Grundsatz vorsichtiger Bewertung zu beachten (BFH-Urteil in [X.], 322, 329, [X.] 1989, 359). Handelt es sich bei dem zu passivierenden Betrag --wie im [X.] um einen Gesamtbetrag gleichartiger oder annähernd gleichwertiger Verpflichtungen, so ist eine Schätzung des Teils der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu erfüllenden Forderungen geboten. Der auch in der Steuerbilanz zu beachtende Grundsatz der Einzelbewertung hat insoweit hinter der Forderung nach einem zutreffenden Ausweis der Vermögensverhältnisse des Kaufmannes zurückzutreten (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1990 I R 153/86, [X.], 146, [X.] 1991, 479; in [X.], 155, [X.] 1996, 470). Die erforderliche Prognose ist aus der Sicht der betreffenden [X.] vorzunehmen; die bis zur Bilanzerstellung eintretenden Verhältnisse können erhellend herangezogen werden (BFH-Urteil vom 20. September 1995 [X.], [X.], 434, [X.] 1997, 320).

Entgegen der Auffassung des [X.] kann eine Minderung wegen Bruch oder Schwund nicht von vornherein mit der Begründung abgelehnt werden, die Klägerin nehme das Leergut nur palettenweise zurück. Selbst wenn dies zutreffend ist, bedeutet das nicht, dass grundsätzlich auch Pfand für Schwund oder Bruch gezahlt wird. Denn die Klägerin zahlt nur für das tatsächlich zurückgegebene Leergut Pfand zurück, und es kann seitens des erkennenden Senats anhand der Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin auch tatsächlich alle Paletten mit Leergut zurückerhält.

cc) Entsprechendes wird das [X.] für die Bewertung der Verbindlichkeit hinsichtlich der Pfandrückzahlungen für die Rückgabe des [X.] zu untersuchen haben. Darüber hinaus wird es aber hinsichtlich dieses [X.] auch ermitteln müssen, ob und in welchem Maße eine weiter gehende Minderung der Verbindlichkeit notwendig ist, weil die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an den [X.] davon ausgehen musste, dass [X.] nicht mehr an sie zurückgegeben würde, weil die Kunden aufgrund des Mehrwegpools das Leergut schuldbefreiend auch an andere [X.] zurückgeben konnten. Insbesondere der Umstand, dass es bei der Klägerin zu Mehr- und Minderrücknahmen kam, deutet darauf hin, dass das Leergut nicht immer an das [X.] zurückgelangte, das zuvor die Getränke an die Händler verkauft hatte.

Entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung entspricht die Höhe der Minderung nicht der Höhe der nicht aktivierungsfähigen Mehrrücknahmen. Mehr- und Minderrücknahmen stehen nicht in einem entsprechenden stetigen Abhängigkeitsverhältnis. Den Feststellungen des [X.] entspricht es nicht, dass die Klägerin die [X.]tröme so gezielt gesteuert hat, dass sie nur in Höhe der Minderrücknahmen von anderen Kunden Mehrrücknahmen entgegengenommen hat. Ungeachtet der mit einer zielgenauen Steuerung verbundenen tatsächlichen Schwierigkeiten bestand in den Streitjahren wegen der stetig steigenden [X.] und der ggf. bestehenden Möglichkeit zu [X.] unabhängig von Minderrücknahmen ein Interesse der Klägerin zur Entgegennahme von Mehrrücknahmen. Dies schlägt sich auch in den [X.]alden der Streitjahre wieder. Zum 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 stiegen die Mehrrücknahmen stärker an als die Minderrücknahmen.

dd) Die zu passivierenden Verbindlichkeiten für Pfandrückzahlungen an die Kunden bei Rückgabe des Individual- und [X.] sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a [X.]. c EStG 1997/2002 um künftige Vorteile --nämlich die zu vereinnahmenden [X.] bei Verkauf von [X.]-- zu mindern. Ausweislich ihres Wortlauts betrifft die Vorschrift ausschließlich die Bewertung von Rückstellungen, nicht aber --wie im [X.] einer Verbindlichkeit. Die bloße Ungewissheit, ob die Klägerin --trotz unstreitig bestehender Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden-- das komplette Pfandgeld zurückzahlen muss, rechtfertigt allein nicht den Ausweis einer Rückstellung für der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten (so bereits BFH-Urteil in [X.], 322, [X.] 1989, 359; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 5 Rz D 60; für den Ausweis einer Rückstellung hingegen [X.] Münster, Urteil vom 31. Juli 1967 IIa 217-220/62, E[X.] 1968, 118; BMF-Schreiben in [X.], 715; [X.]/[X.], [X.] 1995, 765, 770; [X.], DStR 2004, 1596, 1598; [X.], [X.], 712, 716; Stöcker in Korn, § 4 EStG Rz 277.75 "Pfandgeld"; [X.]/[X.] in [X.]., a.a.[X.], § 249 Rz 100 "Leergut"; [X.], [X.] 2009, 434; [X.], [X.] 2010, 178, 180; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 5 Rz 550 "Leergut"). Soweit dem Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2010, 232, etwas anderes entnommen werden kann, wird dies in der hier vorgenommenen Weise klargestellt.

II[X.] Streitkomplex: Minderung der Pfandrückzahlungsforderung

Zu Unrecht ist das [X.] schließlich davon ausgegangen, dass die gegenüber den [X.] ausgewiesene Forderung in Höhe von ... € zum 31. Dezember 2002 nicht gemindert werden durfte. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang festzustellen haben, in welchem Umfang diese Forderung sowie die in den anderen Streitjahren bilanzierten Forderungen gegen die Getränkehersteller zu mindern sind.

1. Zwar ist das [X.] im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Forderungen zum 31. Dezember 2002 nicht mit der Begründung um ... € gemindert werden durften, dass wegen der Umstellung auf die pauschale Ermittlung der Pfandrückstellungen auf Basis einer Umschlagshäufigkeit kein Raum für einen weiteren Bilanzausweis der Pfandforderungen mehr bestanden hat. Dies folgt bereits daraus, dass mit der von der Klägerin gebildeten Rückstellung nur pauschal ermittelt wird, in welchem Umfang Leergut noch nicht an die Klägerin zurückgegeben worden ist, jedoch keine Aussage dazu getroffen wird, in welcher Höhe Forderungen der Klägerin gegenüber ihren Lieferanten wegen der Rückgabe von Leergut bestanden haben. Darüber hinaus betrifft die Pauschalrückstellung allein den Geschäftsbereich der Klägerin als Abfüllbetrieb; ihre Tätigkeit als Getränkehändlerin ist hiervon nicht betroffen.

2. Die Forderung zum 31. Dezember 2002 wie auch die in den anderen Streitjahren gegenüber den [X.] bilanzierten Forderungen sind in den Streitjahren gleichwohl nicht in der bisherigen Höhe zu aktivieren. Sind die Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden u.a. in der Höhe zu mindern, in der sie auf das [X.] entfallen, gilt Entsprechendes auch für die Forderungen gegenüber den [X.], von denen die Klägerin das [X.] bezogen hat. Insoweit verstößt die Aktivierung einer Forderung --wie spiegelbildlich die Passivierung einer Verbindlichkeit gegenüber den eigenen Kunden-- gegen das Verbot der Bilanzierung schwebender Geschäfte. Hinsichtlich des [X.] ist der Vertrag zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Getränkehersteller auf einen gegenseitigen Leistungsaustausch gerichtet, weil die Klägerin gegen Erhalt des Pfandbetrags das Eigentum an dem [X.] auf den Getränkehersteller zurück zu übertragen hatte (vgl. hierzu Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2010, 232).

Soweit an den [X.] ein Hofbestand an [X.] vorhanden war, der noch nicht an die Getränkehersteller zurückgegeben worden war, hat die Klägerin in Höhe der gezahlten Pfandbeträge Anschaffungskosten für Umlaufvermögen zu aktivieren (Senatsurteil in [X.], 342, [X.] 2010, 232).

Meta

I R 33/11

09.01.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 23. März 2011, Az: 4 K 1065/07, Urteil

§ 5 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 5 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 2 EStG 1997, § 6 Abs 1 Nr 2 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 3 EStG 1997, § 6 Abs 1 Nr 3 EStG 2002, § 6 Abs 1 Nr 3a Buchst c EStG 1997, § 6 Abs 1 Nr 3a Buchst c EStG 2002, § 6 Abs 2 EStG 1997, § 6 Abs 2 EStG 2002, § 7 EStG 1997, § 7 EStG 2002, § 39 Abs 2 Nr 1 AO, § 158 Abs 1 BGB, § 947 Abs 1 BGB, § 948 Abs 1 BGB, § 985 BGB, § 1223 Abs 1 BGB, § 252 Abs 1 Nr 4 Halbs 2 HGB, Art 3 Abs 1 GG, § 81 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.01.2013, Az. I R 33/11 (REWIS RS 2013, 9184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9184

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