Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 23/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6416

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[X.]BESCHLUSS [X.] vom 20. Mai 2010 in dem Konkursverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 1 bis 4; [X.] §§ 1 bis 3, 10, 11; KO § 106 Die erhebliche Befassung des Sequesters mit Gegenständen, an denen Rechte [X.] gemäß § 771 ZPO oder § 805 ZPO bestehen, wirkt sich nicht auf die Berech-nungsgrundlage der Vergütung aus. Erhebliche Anforderungen an die [X.] insoweit können nur innerhalb des [X.] durch ei-nen angemessenen Zuschlag berücksichtigt werden (Ergänzung zu [X.] 168, 321). KO § 73 Abs. 3, §§ 75, 85; ZPO § 571 Abs. 2 Satz 1 Sachvortrag und Erkenntnisquellen über die Bewertung des verwalteten Vermögens zum maßgebenden [X.]ichtag sind im Festsetzungsverfahren für die Vergütung von Verwalter und Sequester bis zur letzten Tatsachenentscheidung zu berücksichtigen. [X.], [X.]uss vom 20. Mai 2010 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], Raebel, die Richterin [X.], [X.] [X.] und [X.] am 20. Mai 2010 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Be-schluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 25. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das [X.] bleibt vorbehalten. Die weitere Beteiligte wird aufgefordert, bis zum 30. Juni 2010 mitzuteilen, in welcher Höhe ihre Vergütungsforderung als Sequesterin von der vorhandenen Teilungsmasse gedeckt ist. - 3 - Gründe: [X.] Die weitere Beteiligte war vom 14. April 1998 bis zur Eröffnung des [X.] am 1. Juli 1998 zum Sequester des [X.] be-stellt, wobei ihr die Wahrnehmung aller Rechte der Schuldnerin übertragen und letzterer ein allgemeines Veräußerungsverbot erteilt worden war. Die [X.] war bei Antragstellung als Bauträgerin mit der Durchführung mehrerer [X.] befasst. Zum Teil waren Gebäude fertiggestellt und [X.] noch nicht sämtlich verkauft, zum Teil wurden Bauarbeiten während der [X.] weitergeführt und Vereinbarungen mit den Erwerbern und Ban-ken getroffen. 1 Im Dezember 2004 beantragte die weitere Beteiligte die Festsetzung ih-rer Sequestervergütung, wobei sie von einer Berechnungsgrundlage ohne Wertabzug für die Rechte Dritter (nach Eröffnung: Aus- und Absonderungsrech-te) ausging. Für ihre Tätigkeit beanspruchte die weitere Beteiligte Zuschläge von insgesamt 70 v.H. bezogen auf den einfachen Vergütungssatz des § 3 Abs. 1 der Vergütungsverordnung ([X.]). Für den Fall, dass die Berech-nungsgrundlage den Wert von Drittrechten am "Ist-Vermögen" der Schuldnerin nicht einschließe, hat sie hilfsweise wegen der erheblichen Befassung mit den hiervon betroffenen Gegenständen des [X.] einen weiteren Zuschlag von 100 v.H. beantragt, insgesamt 456.028,90 • nebst Auslagenpau-schale von 1.000 • und die Erstattung von 16 v.H. Umsatzsteuern. 2 Das Amtsgericht hat der weiteren Beteiligten eine Vergütung von 45.439,54 • nebst Auslagenpauschale und Erstattung von Umsatzsteuern, ins-3 - 4 - gesamt einen Betrag von 53.869,84 •, zugebilligt. Die hiergegen erhobene Be-schwerde, mit der nunmehr eine Festsetzung von 495.546,47 • einschließlich der Erstattung von Auslagen und Umsatzsteuern beantragt worden ist, hatte keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt die weitere Beteiligte ihren Beschwerdeantrag weiter. I[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Denn die Beschwerde-entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten [X.]and. Anzuwenden ist auf den Festsetzungsfall nach Art. 103 Satz 1 EG[X.] weiter-hin die Vergütungsverordnung ([X.], [X.]. v. 13. November 2008 - [X.] ZB 42/07, [X.], 84, 85 Rn. 11). Die rechtliche Nachprüfung ergibt, dass der Festsetzungsantrag der weiteren Beteiligten derzeit noch nicht als spruchreif angesehen werden kann. 4 1. Das Beschwerdegericht hat den Vergütungsanspruch mit einer Be-rechnungsgrundlage von 273.500 • festgesetzt. 5 a) Dagegen rügt die weitere Beteiligte vergeblich den vom Beschwerde-gericht vorgenommenen Wertabzug von Rechten Dritter (§§ 771, 805 ZPO; §§ 47 bis 51 [X.]) bei der entsprechend § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1 [X.] anzuset-zenden Berechnungsgrundlage für die Sequestervergütung. Diese Rechtsfrage hat der [X.] in Auslegung der Vergütungsverordnung bisher noch nicht entschieden. Sie ist insbesondere auch in dem [X.]uss vom 13. November 2008 (aaO Rn. 14 bis 17) mangels Entscheidungserheblichkeit offen geblieben. Das Beschwerdegericht hat indessen zu Recht die jüngeren 6 - 5 - Grundsätze des [X.] zur Berechnungsgrundlage der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ([X.] 165, 266, 274; 168, 321, 324 ff; [X.], [X.]. v. 10. Dezember 2009 - [X.] ZB 181/06, [X.], 350 Rn. 6) im sachlichen Einklang mit einem Teil der bis zum Jahre 2000 ergangenen Recht-sprechung ([X.] Rpfleger 1969, 212; [X.] EWiR 1987, 75 [X.]. [X.]; [X.] ZIP 1993, 1102 [X.]. [X.] EWiR 1993, 1007; [X.], 230 [X.]. [X.]; [X.] ZIP 1986, 1138 [X.]. [X.] EWiR 1986, 917) bereits für die Berechnung der Sequester-vergütung fruchtbar gemacht. Dem kann nicht, wie die Rechtsbeschwerde es versucht, § 11 Abs. 1 Satz 4 [X.] in der Fassung vom 21. Dezember 2006 ([X.] I S. 3389) entge-gengehalten werden. Diese Vorschrift wirkt schon innerhalb der [X.] nicht zurück ([X.], [X.]. v. 23. Oktober 2008 - [X.] ZB 35/05, [X.], 2323, 2324 Rn. 7 bis 9). 7 b) Zutreffend beanstandet die Rechtsbeschwerde indes, dass das Be-schwerdegericht das [X.], auf welches sich die Schlussrech-nung der Sequesterin bezieht, verfahrensfehlerhaft bewertet habe. Das Be-schwerdegericht hat seine Entscheidung unter der Annahme getroffen, der [X.] müsse sich grundsätzlich an seiner Bewertung von [X.] zum Ende des [X.]sverfahrens festhalten lassen. Eine abän-dernde Bewertung komme später nur dann in Betracht, wenn sich herausstelle, dass die anfängliche Bewertung von vornherein jeglicher Grundlage entbehre oder sonst auf irrtümlichen Erwägungen beruht habe. Dadurch ist die Werter-mittlung des [X.] bei Abschluss der [X.] ([X.]ichtag), die dem Konkursgericht im Vergütungsfestsetzungsverfahren obliegt, an [X.] gebunden worden, denen eine rechtliche Grundlage fehlt. 8 - 6 - Von der Frage des Wertermittlungsstichtages für den Bestand des [X.], den Zustand (Qualität) seiner Vermögensgegenstände und die für ihre Wertangabe in Geld maßgebenden Markt-, Preis- und [X.] sind die Erkenntnisquellen zu unterscheiden, welche die stichtagsbezogene Bewertung tragen ([X.], [X.]. v. 10. Dezember 2009 aaO Rn. 9). Diese Erkenntnisquellen sind bis zum letzten tatrichterlichen Entschei-dungszeitpunkt, an dem der Vergütungsanspruch zu beurteilen ist, zu nutzen (vgl. [X.], [X.]. v. 16. November 2006 - [X.] ZB 302/05, [X.], 284, 285 f). Die Amtsermittlungspflicht des Konkursgerichts im Vergütungsfestsetzungsver-fahren (siehe [X.], [X.]. v. 16. Oktober 2008 - [X.] ZB 247/06, [X.], 1030, 1031 Rn. 15 zu § 5 Abs. 1 [X.]) kennt nach § 75 KO keine verfahrens-rechtliche Präklusion oder sonstige Beschränkung, die neuem Sachvortrag des Verwalters zur Begründung seines [X.] oder dessen nachträg-licher Erweiterung dem Verlaufe des Verfahrens entgegensteht. Ein solcher Rückschluss kann insbesondere aus § 11 Abs. 2 [X.] in der Fassung vom 21. Dezember 2006 nicht gezogen werden; denn diese Vorschrift betrifft einen besonderen Fall des [X.] von abgeschlossenen Festsetzungsver-fahren. Auch für die sofortige Beschwerde nach § 73 Abs. 3 KO gilt, dass sie gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel und damit auf neues tatsächliches Vorbringen gestützt werden kann. Danach kann die Beschwerdeentscheidung mit den getroffenen Feststellungen nicht auf-rechterhalten werden. 9 2. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe "in unzulässiger Weise selbständige Erhöhungstatbestände vermengt", geht fehl. In diesem Sinne selbständige Erhöhungstatbestände kennt die Bemessung der Verwaltungs- und Sequestervergütung nicht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 10 - 7 - heutigen Tage in der Sache [X.] ZB 11/07, z.[X.]. in [X.]). Wie der Bundesge-richtshof für die Vergütungsfestsetzung des Insolvenzgerichts entschieden hat (vgl. [X.], [X.]. v. 12. Januar 2006 - [X.] ZB 127/04, [X.], 672, 673 Rn. 10; v. 11. Mai 2006 - [X.] ZB 249/04, [X.], 1204, 1205 Rn. 12; v. 1. März 2007 - [X.] ZB 280/05, [X.], 639, 640 Rn. 14; v. 26. April 2007 - [X.] ZB 160/06, [X.], 1330, 1332 Rn. 16), braucht auch das Konkursgericht in die-ser Funktion nicht für jeden in Frage kommenden [X.] getrennt zu entscheiden, welche Erhöhung des Regelsatzes er rechtfertigt. Entscheidend ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände, die unter Berücksichtigung von Überschneidungen in einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag be-stimmt. Sollte sich bei der Neuentscheidung der Sache eine Erhöhung der [X.]vergütung ergeben können, wird das Beschwerdegericht zu berücksich-tigen haben, dass es einen Einzelzuschlag für die Beschäftigung mit Arbeits-verhältnissen bei nur vier Arbeitnehmern zu Unrecht gewährt hat ([X.], [X.]. v. 25. Oktober 2007 - [X.] ZB 55/06, Z[X.] 2007, 1272, 1273 Rn. 15 m.w.[X.]). Unter der genannten Voraussetzung ist schon deshalb eine (erneute) Ange-messenheitsprüfung für den Gesamtzuschlag erforderlich. 11 3. Wäre bei der Neuentscheidung des Festsetzungsgegenstandes da-nach die Vergütung weiterhin heraufzusetzen, wird das Beschwerdegericht der Sequesterin den einfachen Regelsatz gemäß § 3 [X.] nicht deshalb weiter gewähren dürfen, weil es für den Konkursverwalter pauschal den vierfachen Regelsatz für angemessen erachtet. Zu dieser Nichtanwendung der Vergü-tungsverordnung hat der [X.] mangels [X.] im Zusammenhang mit der Sequestervergütung noch nicht [X.]ellung [X.] - 8 - nommen (vgl. [X.], [X.]. v. 13. November 2008, aaO Rn. 13). Diese seiner-zeit verbreitete Praxis kann rechtlich nicht uneingeschränkt gebilligt werden. Die Rechtslage ist insoweit ähnlich derjenigen, die sich in der letzten Geltungszeit der Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsver-walters vom 16. Februar 1970 ([X.] I S. 185) ergeben hatte. Die in diesem Zusammenhang vom [X.] entwickelten Grundsätze (vgl. [X.] 152, 18, 24 ff; [X.], [X.]. v. 27. Februar 2004 - [X.]a ZB 37/03, Z[X.] 2004, 382 [X.]. [X.]; v. 25. Juni 2004 - [X.]a ZB 30/03, Z[X.] 2004, 846, 847) können auf [X.] im Jahre 1998, kurz vor dem Inkrafttreten der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 19. August 1998 ([X.] I S. 2205), sinngemäß übertragen werden. [X.] [X.]

[X.] [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 06.04.2005 - 1 N 68/98 - [X.], Entscheidung vom [X.]/05 [X.] -

Meta

IX ZB 23/07

20.05.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2010, Az. IX ZB 23/07 (REWIS RS 2010, 6416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6416

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IX ZB 23/07

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