Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2018, Az. IX ZR 22/18

9. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 768

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Gegenstand

Internationale Zuständigkeit nach der Brüssel-I-VO: Sachliche Reichweite der in einem Darlehensvertrag geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung; Klage wegen persönlicher Ansprüche des Sicherungsgebers hinsichtlich der Rückgewähr von dinglichen Sicherheiten


Leitsatz

1. Haben die Parteien in einem schriftlichen Darlehensvertrag eine Gerichtsstandsvereinbarung für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Darlehensverhältnis geschlossen, erfasst diese Gerichtsstandsvereinbarung regelmäßig auch Rechtsstreitigkeiten, die aus einer im Anschluss an eine Kündigung des Darlehensvertrags mündlich vereinbarten Fortsetzung des Darlehensverhältnisses zu unveränderten Bedingungen entspringen.

2. Eine Klage, die persönliche Ansprüche des Sicherungsgebers hinsichtlich der Rückgewähr von dinglichen Sicherheiten betrifft, ist keine Klage, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand hat.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 9. Januar 2018, berichtigt durch Beschlüsse vom 26. Februar, 13. März und 22. März 2018, wird als unzulässig verworfen, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass der zwischen den Parteien am 25. März 1994 geschlossene Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag wirksam ist.

Im Übrigen wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 9. Januar 2018 auf die Revision des [X.] aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der in [X.] lebende Beklagte schloss mit seinem Vater, dem Kläger, am 1. Juni 1999 zwei Darlehensverträge. Nach dem "[X.]" überließ der Kläger den aus einem Schuldanerkenntnis des Beklagten vom 14. Oktober 1998 folgenden Betrag von 840.000 DM dem Beklagten als Darlehen mit 7 vom Hundert Zinsen ab 1. September 1998. Ab 1. September 1998 sollte der Beklagte monatliche Teilbeträge von 8.000 DM bezahlen. Gemäß Nr. 4 des Darlehensvertrags I bestellte der Beklagte an den ihm gehörenden Grundstücken                  und                   in [X.]     , [X.], zugunsten des [X.] Gesamtgrundpfandrechte ("Ejerpantebrev") in Höhe von 2.650.000 [X.] und 850.000 [X.], die als Sicherheit für die Ansprüche des [X.] aus dem [X.] dienten. Nach dem "[X.]I" bestätigte der Beklagte dem Kläger, einen Betriebsmittelkredit in sechs Teilzahlungen zwischen Januar 1998 und Januar 1999 in einer Gesamthöhe von 515.000 DM erhalten zu haben, und verpflichtete sich, hierauf Zinsen in Höhe von 7 vom Hundert ab Erhalt der jeweiligen Teilbeträge zu zahlen. Ab 1. April 1999 sollte der Beklagte monatliche Teilbeträge von 4.500 DM bezahlen. Gemäß Nr. 5 des [X.] bestellte der Beklagte an seinen Grundstücken                    , und   in T.    , [X.], zugunsten des [X.] Gesamtgrundpfandrechte ("Ejerpantebrev") in Höhe von zusammen 1,8 Mio. [X.], die als Sicherheit für die Ansprüche des [X.] aus dem [X.]I dienten. Beide Darlehensverträge enthielten in Nr. 6 folgende Klausel:

2

"Für Abschluß, Wirksamkeit und Rückabwicklung dieses Vertrages gilt das Recht der [X.]. Als Gerichtsstand wird - beide Parteien sind Vollkaufleute - [X.] vereinbart."

3

Nachdem der Beklagte die monatlichen Zahlungen nicht erbrachte, kündigte der Kläger mit Schreiben vom 22. März 2000 die Darlehensverträge fristlos wegen Zahlungsverzugs und forderte den Beklagten auf, die geschuldeten Beträge bis spätestens 10. April 2000 zu bezahlen. Die Parteien verständigten sich anschließend darauf, die Darlehensverträge fortzusetzen.

4

Der Beklagte geriet mit den Darlehensraten erneut in Rückstand. [X.] erhob der Kläger gegen den Beklagten vor einem Gericht in [X.] Klage und machte Ansprüche aus den Darlehensverträgen geltend. Der Beklagte wandte ein, dass sich die Parteien in den Darlehensverträgen auf [X.] Recht und [X.] als Gerichtsstand geeinigt hätten. Weiter erhob der Beklagte am 22. November 2012 vor dem Gericht in [X.], [X.], Klage gegen den Kläger. Er beantragte, den Kläger zu verurteilen, anzuerkennen, dass es zwischen den Parteien keine wirtschaftlichen Forderungen gebe und der Kläger deshalb zur Herausgabe der "[X.]" verpflichtet sei. Der Kläger nahm seine Klage daraufhin zurück. Das Gericht in [X.] wies die Klage des Beklagten mit Urteil vom 1. August 2013 hinsichtlich der Frage, dass es zwischen den Parteien keine wirtschaftlichen Forderungen gebe, als unzulässig ab, weil eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten [X.]s getroffen worden sei.

5

Mit seiner am 13. Dezember 2012 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger die monatlichen Ratenzahlungsbeträge aus beiden Darlehensverträgen aus der [X.] von Januar 2009 bis Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 306.775,20 € (rechnerisch 600.000 DM) geltend. Weiter begehrt der Kläger die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, dem Beklagten die "[X.]" herauszugeben, und dass dem Beklagten kein Zins- und Schadensersatzanspruch wegen widerrechtlich zurückgehaltener "[X.]" gegen den Kläger zustehe. Schließlich beantragt der Kläger festzustellen, dass ein zwischen den Parteien am 25. März 1994 abgeschlossener Erb- und [X.] wirksam sei.

6

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das [X.] die Klage hinsichtlich der [X.] und der negativen Feststellungsklage als unzulässig, hinsichtlich des [X.]s als unbegründet abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist teilweise zulässig; soweit sie zulässig ist, führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, hinsichtlich des [X.] und der negativen Feststellungsklage zu Ansprüchen auf Herausgabe der Pfandbriefe und Schadensersatzansprüchen fehle es an der internationalen Zuständigkeit. Die Darlehensverträge vom 1. Juni 1999 hätten zwar eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, jedoch habe der Kläger diese Verträge mit Schreiben vom 22. März 2000 fristlos gekündigt. Es habe ein Kündigungsrecht bestanden, so dass die fristlose Kündigung die Darlehensverträge mit sofortiger Wirkung beendet habe.

9

Im Streitfall seien mündlich neue Verträge zustande gekommen, zu den Bedingungen der früheren, gekündigten Darlehensverträge. Zwar könne der Eintritt der Rechtsfolgen einer wirksam gewordenen Kündigung durch einverständliche Vereinbarung aufgehoben oder beseitigt werden. Da das Vertragsverhältnis durch die Kündigung bereits beendet gewesen sei, scheide eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aus. Es komme nur ein Neuabschluss in Betracht, für den ein etwaiges Formerfordernis erneut gelte. Für die Vereinbarung einer internationalen Zuständigkeit bestehe gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 [X.] [X.] ein Schriftformerfordernis oder das Erfordernis schriftlicher Bestätigung. Dies sei nicht eingehalten.

Die vom Kläger erfolglos in [X.] erhobene frühere Klage stehe der Ablehnung der internationalen Zuständigkeit nicht entgegen. Diese habe die alten schriftlich abgeschlossenen Verträge betroffen. Es komme auch nicht darauf an, dass die Kündigung eines Vertrags nicht die den Vertrag betreffende Zuständigkeitsvereinbarung erfasse, weil dies nichts darüber aussage, wie es sich mit der Zuständigkeitsvereinbarung für einen nachfolgend abgeschlossenen neuen Vertrag verhalte. Damit bestehe eine Zuständigkeit für die Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gemäß Art. 2 Abs. 1 [X.] [X.] am Wohnsitz des Beklagten in [X.] und hinsichtlich der Feststellungsklage gemäß Art. 22 [X.] [X.] am Ort der Belegenheit der Grundstücke in [X.].

Die Feststellungsklage hinsichtlich der Wirksamkeit des Erb- und [X.] vom 25. März 1994 sei zulässig. Es liege eine rügelose Einlassung vor. Der Feststellungsantrag sei jedoch unbegründet, weil der Kläger seinen Enkelkindern weder einen Gesellschaftsanteil an der noch zu gründenden Gesellschaft verschafft noch diesen einen Betrag in Höhe von 77.700 DM gezahlt habe. Damit sei der Erb- und [X.] nach Nummer 1 des Vertrags unwirksam geworden.

II.

Die Revision ist nur teilweise zulässig.

1. Die Revision des [X.] ist unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass der zwischen den [X.]en am 25. März 1994 geschlossene Erb- und [X.] wirksam ist. Das Berufungsgericht hat die Revision hinsichtlich dieses Feststellungsbegehrens nicht zugelassen.

Die Zulassung der Revision im Tenor des Berufungsurteils enthält zwar keine Einschränkung. Die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben ([X.], Urteil vom 7. März 2013 - [X.], [X.], 802 Rn. 9 mwN). Dies ist hier der Fall. Aus der Begründung des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei und deutlich, dass die Zulassung der Revision nicht auf die Feststellungsklage über die Wirksamkeit des Erb- und [X.] erstreckt werden sollte. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Revision sei zuzulassen, weil die Frage der wirksamen internationalen Gerichtsstandsvereinbarung von grundsätzlicher Bedeutung sei. Diese Frage stellt sich hinsichtlich der Feststellungsklage über die Wirksamkeit des Erb- und [X.] nicht, weil das Berufungsgericht insoweit die Voraussetzungen einer rügelosen Einlassung bejaht hat. Im übrigen haben die [X.]en insoweit auch keine Gerichtsstandsvereinbarung behauptet. Andere Gründe, die das Berufungsgericht zur Zulassung der Revision auch hinsichtlich der Feststellungsklage über die Wirksamkeit des Erb- und [X.] veranlasst haben könnten, sind nicht ersichtlich. Eine solche Teilzulassung ist wirksam, weil es sich bei der Feststellungsklage über die Wirksamkeit des Erb- und [X.] und den übrigen mit der Klage verfolgten Ansprüchen um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, über die in tatsächlicher Hinsicht unabhängig voneinander entschieden werden kann.

2. Im Übrigen ist die Revision zulässig, insbesondere rechtzeitig begründet worden. Soweit der Kläger (nur) beantragt hat, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verlängern, liegt eine offensichtliche Falschbezeichnung vor. Aus den [X.] ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger zugleich eine Verlängerung der Frist zur Begründung der Revision beantragt hat. Die Revisionsbegründung ist innerhalb der verlängerten Frist eingegangen.

III.

Soweit die Revision zulässig ist, hält die Entscheidung des Berufungsgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klage ist sowohl hinsichtlich der [X.] als auch hinsichtlich der negativen Feststellungsklage zulässig.

1. Die [X.] Gerichte sind für die Zahlungsklage hinsichtlich der [X.] zuständig.

a) Dies richtet sich nach der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (fortan: [X.] [X.]), weil das gerichtliche Verfahren im Jahr 2012 und damit nach dem 1. März 2002 (Art. 66 Abs. 1 [X.] [X.]) und vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden ist (Art. 66 der Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen). Diese Bestimmungen gelten im Streitfall auch im Verhältnis zu [X.] (Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 des Abkommens zwischen der [X.] und dem Königreich [X.] über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19. Oktober 2005, [X.]. [X.] 2005 L 299/62).

b) Die [X.] Gerichte sind gemäß Art. 23 [X.] [X.] zuständig. Die internationale Zuständigkeit für die Zahlungsklage hinsichtlich rückständiger Darlehensraten aus den Jahren 2009 bis 2012 ergibt sich aus der von den [X.]en in den Darlehensverträgen vom 1. Juni 1999 jeweils getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung.

aa) Die Gerichtsstandsvereinbarung in den beiden Darlehensverträgen ist wirksam, insbesondere formgerecht abgeschlossen. Dies richtet sich nach Art. 23 Abs. 1 [X.] [X.]. Zwar ist diese Bestimmung gemäß Art. 76[X.] [X.] erst am 1. März 2002 in [X.] getreten. Gleichwohl erfasst sie grundsätzlich auch vor dem 1. März 2002 abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarungen (vgl. [X.], [X.] 1980, 285, 286; [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., Art. 25 [X.] Rn. 60; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., Art. 66 [X.] Rn. 5 ff).

Die Vorgaben des Art. 23 Abs. 1 [X.] [X.] sind erfüllt. Die Vereinbarung bezieht sich auf künftige Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmt bezeichneten Rechtsverhältnis. Die [X.]en haben vereinbart, dass die Gerichte in [X.] über die aus Abschluss, Wirksamkeit und Rückabwicklung der [X.] entspringenden Rechtsstreitigkeiten entscheiden sollen. Diese Vereinbarung ist [X.], weil sie schriftlich geschlossen worden ist (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. a [X.] [X.]). Dies stellen die [X.]en auch nicht in Frage.

bb) Weder die vom Kläger mit Schreiben vom 22. März 2000 ausgesprochene Kündigung der Darlehensverträge vom 1. Juni 1999 noch die anschließende Einigung der [X.]en, die Darlehensverträge unverändert fortzusetzen, beeinflussen die von den [X.]en getroffene Gerichtsstandsvereinbarung. Dass die [X.]en die Gerichtsstandsvereinbarung mit der auf die Kündigung folgenden Einigung geändert hätten, hat keine der [X.]en behauptet.

Die Kündigung des materiell-rechtlichen Vertrags führt nicht dazu, dass die in diesem Vertrag getroffene Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit außer [X.] tritt. Insoweit ist zunächst zwischen einer Gerichtsstandsvereinbarung und den materiellen Bestimmungen des Vertrages, in den diese Vereinbarung eingefügt ist, zu unterscheiden ([X.], [X.], 1549 Rn. 24). Selbst wenn geltend gemacht wird, dass der Vertrag, in dem eine gemäß Art. 23 Abs. 1 [X.] [X.] wirksam getroffene Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist, unwirksam sei, bleibt das Gericht eines Vertragsstaates, das in dieser Vereinbarung als zuständiges Gericht bestimmt ist, grundsätzlich für die von dieser Gerichtsstandsvereinbarung erfassten Streitigkeiten ausschließlich zuständig (vgl. [X.], aaO Rn. 29 f, 32). Die Gerichtsstandsvereinbarung soll gerade im Fall von Streitigkeiten aus dem Vertrag gelten. Daher bleibt insbesondere eine Gerichtsstandsvereinbarung auch nach der Kündigung oder Beendigung eines schuldrechtlichen Vertrags wirksam, selbst wenn sie in der gleichen Urkunde enthalten ist ([X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., Art. 25 [X.] Rn. 40). Dies gilt auch im Streitfall.

cc) Das Berufungsgericht übersieht rechtsfehlerhaft, dass die Gerichtsstandsvereinbarung in den Darlehensverträgen vom 1. Juni 1999 auch den Streitfall ergreift. Sie gilt auch für solche Rückzahlungsansprüche, die sich daraus ergeben, dass die [X.]en das mit den Darlehensverträgen vom 1. Juni 1999 eingegangene [X.] nach einer Kündigung aufgrund einer neuen - mündlichen - Vereinbarung unverändert fortsetzen (vgl. auch [X.], arrêt du 5 avril 2016, [X.]:[X.]:[X.]; arrêt du 18 janvier 2017, [X.]:[X.]:CCASS:2017:C100081).

(1) Die sachliche Reichweite einer Gerichtsstandsvereinbarung ist durch Auslegung zu ermitteln ([X.]/Mankowski, [X.], 4. Aufl., Art. 25 [X.] Rn. 164, 208; vgl. auch [X.], [X.], 472, 475). Die Auslegung einer Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit ist Sache des nationalen Gerichts ([X.], aaO; [X.], 1549 Rn. 31; [X.], 2043 Rn. 67). Sie richtet sich, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - Teil einer umfassenderen Vereinbarung ist, regelmäßig nach dem für diesen Vertrag geltenden Recht, soweit Art. 23 [X.] [X.] keine Maßstäbe und Vorgaben enthält ([X.], Urteil vom 21. November 1996 - [X.], [X.], 2184, 2188 mwN, insoweit in [X.]Z 134, 127 nicht abgedruckt; ebenso [X.]/Mankowski, aaO Rn. 83, 149). Das jeweilige Auslegungsergebnis ist daraufhin zu überprüfen, ob es nach den Maßstäben des Art. 23 Abs. 1 [X.] [X.] hinreichend bestimmt ist ([X.]/Mankowski, aaO Rn. 164).

Mithin unterliegt die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung [X.] Recht. Die [X.]en haben nach Nr. 6 der Darlehensverträge [X.] Recht gewählt. Diese Rechtswahl ist wirksam (Art. 27 Abs. 1 [X.]BGB in der bis 16. Dezember 2009 gültigen Fassung). Maßgebend für die Auslegung ist deshalb der wirkliche Wille der [X.]en, so wie [X.] und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern (§§ 133, 157 BGB). Geboten ist dabei insbesondere eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung ([X.], Urteil vom 21. Januar 2015 - [X.], [X.], 692 Rn. 27 mwN; vom 14. November 2017 - [X.], NJW 2018, 391 Rn. 22 mwN).

(2) Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, nachdem das Berufungsgericht eine entsprechende Auslegung unterlassen hat und keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind.

(a) Danach erfasst die Gerichtsstandsvereinbarung vom 1. Juni 1999 auch Rechtsstreitigkeiten, die aus einer im [X.] an eine Kündigung der Darlehensverträge vom 1. Juni 1999 mündlich vereinbarten Fortsetzung der [X.] zu unveränderten Bedingungen entspringen. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist Teil der Darlehensverträge vom 1. Juni 1999. Dabei regelt Nr. 6 der Darlehensverträge unmittelbar vorausgehend, dass "für Abschluss, Wirksamkeit und Rückabwicklung dieses Vertrages" [X.] Recht gilt. Diese [X.] erstreckt sich umfassend auf alle Rechtsfragen, die sich auf das [X.] beziehen. Hierzu zählt auch die mündlich vereinbarte Fortsetzung des Darlehensvertrags zu unveränderten Bedingungen. Im gleichen umfassenden Sinn ist die daran anschließende Gerichtsstandsvereinbarung in Nr. 6 des jeweiligen Darlehensvertrags zu verstehen.

Weder die [X.] noch die Rechtswahl noch die übrigen Bestimmungen der Darlehensverträge vom 1. Juni 1999 enthalten einen Anhaltspunkt, dass der Wille der [X.]en darauf gerichtet war, die Gerichtsstandsvereinbarung auf materiell-rechtliche Ansprüche zu beschränken, die in den Darlehensverträgen vom 1. Juni 1999 selbst begründet sind. Im Gegenteil zielt die [X.] auf eine möglichst umfassende Regelung für mögliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Hingabe, Rückzahlung und Abwicklung der Darlehen. Damit entspricht es nach dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung den Vorstellungen der [X.]en bei Abschluss des ursprünglichen Darlehensvertrags, dass jedenfalls sämtliche Streitigkeiten bis zur endgültigen Rückzahlung der Darlehensvaluta von der [X.] erfasst werden, soweit es sich dabei um Streitigkeiten handelt, die in der Sache dem ursprünglichen Darlehensvertrag entspringen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nach einer Kündigung eine Fortsetzung des Darlehensvertrags zu unveränderten Bedingungen vereinbart wird. Ob etwas anderes gilt, wenn die [X.]en das ursprüngliche [X.] vollständig neu regeln, kann dahinstehen.

Hierfür spricht weiter, dass bei einer Gerichtsstandsvereinbarung das [X.] regelt, welche Anforderungen an eine Verlängerung befristeter Verträge zu stellen sind ([X.]/Mankowski, [X.], 4. Aufl., Art. 25 [X.] Rn. 148), auch wenn dies die Reichweite der auf den befristeten Vertrag bezogenen Gerichtsstandsvereinbarung erweitert. Demgemäß bleiben die [X.]en auch ohne Einhaltung der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 [X.] [X.] vorgesehenen Schriftform an die ursprünglich getroffene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden, wenn für diese eine entsprechende Einigung der [X.]en in der durch Art. 23 [X.] [X.] vorgesehenen Form feststeht und das anwendbare Recht eine Verlängerung des ursprünglichen Vertrags ohne Einhaltung der dafür ausdrücklich vorgesehenen Schriftform zulässt ([X.], NJW 1987, 2155). Für eine im [X.] an eine Kündigung mündlich vereinbarte Fortsetzung des ursprünglichen Vertrags zu unveränderten Bedingungen gilt nichts anderes, sofern - wie im Streitfall - diese Vereinbarung formfrei getroffen werden kann. Das Schriftformerfordernis des Art. 23 [X.] [X.] soll gewährleisten, dass eine Einigung über den Gerichtsstand zwischen den [X.]en tatsächlich feststeht ([X.], [X.], 475 Rn. 17; [X.] 1999, 1184 Rn. 19; [X.] 2013, 316 Rn. 28). Eine solche Willenseinigung besteht im Streitfall.

Dem steht nicht entgegen, dass die Gerichtsstandsvereinbarung damit auch Ansprüche erfasst, die sich erst aus dem mündlich im [X.] an die Kündigung neu abgeschlossenen Darlehensvertrag ergeben. Eine Gerichtsstandsvereinbarung stellt eine selbständige Abrede dar, die nicht gleichzeitig mit dem Hauptvertrag geschlossen sein muss, sondern vor oder nach dem Hauptvertrag geschlossen werden kann ([X.]/Mankowski, aaO Rn. 81). Damit kann sie auch Ansprüche erfassen, die erst nach ihrem Abschluss entstehen.

(b) Dieses Verständnis der [X.] ist hinreichend bestimmt. Dies ist nach autonomen Maßstäben des Art. 23 [X.] [X.] zu entscheiden. Der Begriff der Gerichtsstandsvereinbarung ist als autonomer Begriff anzusehen ([X.], [X.], 472, 473; [X.] 2004, 289 Rn. 51). Die Gerichtsstandsvereinbarung soll nur auf solche Rechtsstreitigkeiten angewandt werden, die ihren Ursprung in dem Rechtsverhältnis haben, anlässlich dessen die Vereinbarung getroffen wurde ([X.], [X.], 472, 474; [X.], 2043 Rn. 68; [X.]/von [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 23 [X.] Rn. 69). Es soll vermieden werden, dass eine [X.] dadurch überrascht wird, dass die Zuständigkeit eines Gerichts für sämtliche Rechtsstreitigkeiten begründet wird, die sich eventuell aus beliebigen Beziehungen mit ihrem Vertragspartner ergeben und ihren Ursprung in einer anderen Beziehung als derjenigen haben, anlässlich derer die Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde ([X.], aaO).

An die Bestimmtheit der erfassten Rechtsverhältnisse sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen ([X.]/Mankowski, [X.], 4. Aufl., Art. 25 [X.] Rn. 165). Wenn die Vereinbarung auch für andere Streitigkeiten als das ursprüngliche Vertragsverhältnis wirksam sein soll, ist zu beachten, dass das diesen anderen Streitigkeiten zugrunde liegende Rechtsverhältnis im [X.]punkt der Einigung über die Zuständigkeit nach Art und Gegenstand bereits hinreichend bestimmbar sein muss; zu bestehen braucht es zu dieser [X.] noch nicht ([X.]/von [X.], aaO Rn. 70; [X.]/Mankowski, aaO). Es genügt, wenn nach dem Inhalt der [X.] der Wille der [X.]en feststeht, für möglichst alle Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis eine Gerichtsstandskonzentration zu erzwingen.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall auch bei der vom Senat vorgenommenen Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung erfüllt. Denn diese betrifft nur die bestimmten Rechtsstreitigkeiten, die aus den ursprünglichen [X.]n oder deren Abwicklung folgen. Sie haben dabei stets ihren Ursprung in der Beziehung zwischen den [X.]en, die zum Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung vom 1. Juni 1999 geführt hat. Dies gilt auch dann, wenn - wie im Streitfall - die Fortsetzung des gekündigten [X.]s zu unveränderten Bedingungen vereinbart wird.

(3) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des [X.] vom 24. Juni 1998 ([X.], [X.]Z 139, 123 ff). Diese Entscheidung betrifft Formvorschriften, die auf den materiell-rechtlichen Vertrag anzuwenden sind. Darum geht es im Streitfall nicht. Ein Darlehensvertrag ist vielmehr grundsätzlich formfrei. Die Gerichtsstandsvereinbarung haben die [X.]en weder gekündigt noch aufgehoben, so dass die hierfür geltenden Formvorschriften ebenfalls nicht betroffen sind.

2. Hinsichtlich der negativen Feststellungsklage zum Fehlen einer Herausgabepflicht und zum Fehlen von Schadensersatzansprüchen sind die [X.] Gerichte ebenfalls gemäß Art. 23 [X.] [X.] international zuständig. Auch diese Ansprüche werden von der Gerichtsstandsvereinbarung in den beiden Darlehensverträgen vom 1. Juni 1999 erfasst.

a) Dies folgt ebenfalls aus der Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung. Zu den aus den [X.]n entspringenden Rechtsstreitigkeiten zählt auch der Streit darüber, ob dem Beklagten ein Anspruch auf Rückgabe der nach Nr. 4 des Darlehensvertrags I und nach Nr. 5 des [X.] vom ihm als Sicherheit gestellten "[X.]" zusteht und ob der Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine bestehende Rückgabepflicht nicht oder verspätet erfüllt. Dieser Streit hat seinen Ursprung in den ursprünglichen Darlehensverträgen, selbst wenn deren Regelungen nunmehr erst aufgrund der mündlichen Einigung unverändert fortgelten.

b) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass sich die Zuständigkeit für die negative Feststellungklage hinsichtlich einer Herausgabepflicht nach Art. 22 Nr. 1 [X.] [X.] richte. Danach sind für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedsstaats ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Eine Gerichtsstandsvereinbarung wäre insoweit gemäß Art. 23 Abs. 5 [X.] [X.] ausgeschlossen, weil sie die Zuständigkeit eines aufgrund des Art. 22 [X.] [X.] ausschließlich zuständigen Gerichts abbedingen würde.

Die Voraussetzungen des Art. 22 Nr. 1 [X.] [X.] sind jedoch nicht erfüllt. Die Vorschrift umfasst nicht alle Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, sondern nur solche, die darauf gerichtet sind, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern ([X.], [X.] 2006, 624 Rn. 30). Es genügt nicht, dass ein solches Recht von der Klage berührt wird oder dass die Klage in einem Zusammenhang mit einer unbeweglichen Sache steht. Die Klage muss vielmehr auf ein dingliches Recht und - unbeschadet der für Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen vorgesehenen Ausnahme - nicht auf ein persönliches Recht gestützt sein ([X.], Urteil vom 4. August 2004 - [X.], [X.] 2004, 783, 784; vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.], 3502 Rn. 8 mwN). Daran fehlt es. Die Klage betrifft die Frage, ob dem Beklagten - insbesondere aus den Darlehensverträgen und den hinsichtlich der "[X.]" insoweit abgeschlossenen Sicherungsabreden - persönliche Ansprüche gegen den Kläger auf Rückgabe der "[X.]" zustehen.

c) Damit kann dahinstehen, ob - was das Berufungsgericht nicht erörtert - die Zuständigkeit [X.] Gerichte hinsichtlich der Feststellungsklage nicht schon daraus folgt, dass mit der Abweisung der Feststellungsklage des Beklagten durch das [X.] Gericht im Verhältnis der [X.]en zueinander rechtskräftig feststeht, dass [X.] Gerichte zuständig sind.

3. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 A[X.]V an den [X.] ist im Streitfall nicht erforderlich. Die Frage, wie die Gerichtsstandsvereinbarung auszulegen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Ob die tatsächlich getroffene Gerichtsstandsvereinbarung im Streitfall den Maßstäben des Art. 23 [X.] [X.] entspricht, kann anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofs abschließend und zweifelsfrei geklärt werden.

IV.

Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob die geltend gemachten Ansprüche bestehen.

Kayser     

      

Lohmann     

      

Pape   

      

Schoppmeyer     

      

Röhl     

      

Meta

IX ZR 22/18

06.12.2018

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 9. Januar 2018, Az: 2 U 26/15

Art 22 Nr 1 EGV 44/2001, Art 23 Abs 1 EGV 44/2001, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2018, Az. IX ZR 22/18 (REWIS RS 2018, 768)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 303-305 WM2019,232 REWIS RS 2018, 768

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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