Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2017, Az. 35 W (pat) 14/16

35. Senat | REWIS RS 2017, 10824

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Kosten - "Synergistische Arginin-Komnbination" – zur Besetzung des Senats bei isolierter Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung


Tenor

In der Beschwerdesache

wegen des Gebrauchsmusters …

(hier: Kosten)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 17. Mai 2017 durch [X.] sowie [X.] und die Richterin Bayer

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostengrundentscheidung im Beschluss der [X.] des [X.] vom 5. April 2016 (Ziffer 2 des Tenors) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 30. November 2004 angemeldeten Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „… “, das am 7. April 2005 in das beim [X.] ([X.]) geführte Gebrauchsmusterregister eingetragen wurde. Durch Ablauf der höchstmöglichen Schutzdauer am 30. November 2014 ist das Gebrauchsmuster inzwischen erloschen.

2

Mit Schriftsatz vom 19. November 2012, im [X.] eingegangen am gleichen Tag, hatte die Antragstellerin die Löschung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang beantragt und mangelnde Schutzfähigkeit des Gegenstandes des Gebrauchsmusters gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 bis 3 [X.] geltend gemacht. Dabei wurde auf insgesamt 9 [X.] verwiesen.

3

Der Löschungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 19. Dezember 2012 zugestellt. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag mit Eingabe vom 7. Januar 2013, im [X.] eingegangen am gleichen Tag, widersprochen.

4

Mit Eingabe vom 19. Februar 2013, im [X.] eingegangen am gleichen Tag, hatte die Antragsgegnerin beantragt, den Löschungsantrag als unbegründet zurückzuweisen und das Gebrauchsmuster auf der Basis einer der Eingabe beigefügten Anspruchsfassung nach Hauptantrag aufrechtzuerhalten. Hilfsweise hatte sie die Aufrechterhaltung des Streitgebrauchsmusters auf der Basis der ebenfalls mit Eingabe vom 19. Februar 2013 beigefügten Anspruchsfassungen gemäß den [X.] 1 und 2 beantragt.

5

Nach Ablauf der Schutzdauer des Gebrauchsmusters hat die Antragstellerin den Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2014 für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

6

Mit [X.] vom 10. Dezember 2014 wurde der Antragsgegnerin die Erledigungserklärung zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2014, im [X.] eingegangen am gleichen Tag, hat die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung widersprochen.

7

Mit [X.] vom 30. Januar 2015 hat sich die [X.] vorläufig zur Sache geäußert.

8

Mit Eingabe vom 20. Juli 2015 berief sich die Antragsgegnerin weiterhin auf ihren Hauptantrag vom 19. Februar 2013 und legte eine neue Anspruchsfassung nach neuem Hilfsantrag 1 vor. Sie führte unter anderem aus, dass die bisher eingereichten Hilfsanträge nicht mehr aufrechterhalten würden, sondern vielmehr der bereits eingereichte Hauptantrag und der neue Hilfsantrag 1 vom 20. Juli 2015 gelten solle.

9

Die Verfahrensbeteiligten wurden zur mündlichen Verhandlung am 5. April 2016 geladen, wobei die [X.] darauf hinwies, dass sie nach vorläufiger Auffassung davon ausgehe, dass die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20. Juli 2015 neu vorgelegte Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1 aufgrund der Erledigungserklärung der Antragstellerin nicht greifen dürfte.

In der mündlichen Verhandlung vor der [X.] am 5. April 2016 beantragte die Antragstellerin festzustellen, dass das Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt ist, und die Verfahrenskosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragte in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2016, den Feststellungsantrag zurückzuweisen.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis 600 mg Arginin und 20 μg bis 150 μg Folsäure, wobei jeder Bestandteil jeweils unabhängig als physiologisch annehmbares Salz vorliegen kann.“

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis 600 mg Arginin, 20 μg bis 150 μg Folsäure, 0,2 bis 10 mg Vitamin B6 und 0,5 μg bis 200 μg Vitamin B12, wobei jeder Bestandteil jeweils unabhängig als physiologisch annehmbares Salz vorliegen kann.“

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 vom 19. Februar 2013 lautet:

„Zusammensetzung, umfassend eine Kombination aus 400 mg bis 600 mg Arginin, 20 μg bis 150 μg Folsäure, 0,2 bis 10 mg Vitamin B6, 0,5 μg bis 200 μg Vitamin B12 und 20 mg bis 150 mg Magnesium, wobei jeder Bestandteil jeweils unabhängig als physiologisch annehmbares Salz vorliegen kann.“

Mit in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2016 verkündetem Beschluss hat die [X.] entschieden, dass sich das Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt hat. Die Kosten des Verfahrens hat die [X.] der Antragsgegnerin auferlegt. Die [X.] erachtet den Feststellungsantrag der Antragstellerin für begründet, da ihr Löschungsantrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei und erst nach Rechtshängigkeit durch das erledigende Ereignis, nämlich das Erlöschen des Gebrauchsmusters durch Zeitablauf um 30. November 2014 unbegründet und unzulässig geworden sei.

Der Löschungsantrag sei zum Zeitpunkt des [X.] am 30. November 2014 zulässig und auch begründet gewesen, da der Gegenstand des Gebrauchsmusters weder nach dem Hauptantrag, noch nach den [X.] 1 oder 2, jeweils vom 19. Februar 2013, schutzfähig gewesen sei. Die jeweiligen [X.] könnten nicht als ursprünglich offenbart angesehen werden. Im Ergebnis sei der Hauptantrag daher nicht zulässig. Zumindest der Gegenstand des Anspruchs 8 gemäß Hauptantrag sei auch nicht mehr neu. Weiterhin seien auch die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 15 und 23 des [X.] angesichts der [X.] der entgegengehaltenen Schrift D3 [X.] 99 / 59433 [X.]), in der bereits Zusammensetzungen, die u. a. Arginin und Folsäure umfassten, nicht mehr als neu anzusehen. Auch der Hilfsantrag 1 sei nicht zulässig. Außerdem liege keine erfinderische Leistung vor. Ebenfalls sei der Hilfsantrag 2 nicht zulässig und es liege insoweit auch keine erfinderische Leistung vor.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 17 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 [X.] und § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 27. Juli 2016 zugestellt.

Am 24. August 2016 hat die Antragsgegnerin isoliert gegen die Kostengrundentscheidung in diesem Beschluss Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin meint, es sprächen [X.] dafür, vom Unterliegensprinzip des § 91 ZPO abzuweichen und die Kosten gegeneinander aufzuheben, da der Löschungsantrag erst zwei Jahre vor Ablauf der Schutzdauer gestellt worden sei und nur den Zweck gehabt haben könne, Gebührenansprüche geltend zu machen. Die Antragstellerin habe kein eigenes Interesse an der Löschung gehabt und durch ihr Verhalten gezeigt, dass es ihr nur um die Gebühren ging, da sie ohne Anhaltspunkte behauptet habe, es seien mit dem Gebrauchsmuster Umsätze in mindestens …stelliger wenn nicht …stelliger …höhe pro Jahr erzielt worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der [X.] I des [X.] vom 5. April 2016 in Bezug auf die Kostengrundentscheidung aufzuheben und die Kosten der Parteien gegeneinander aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen, die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Sie ist der Auffassung, dass es für den Löschungsantrag nicht darauf angekommen sei, dass sie ein eigenes Interesse an der Löschung gehabt habe, solange das Gebrauchsmuster in [X.] gewesen sei. Im Übrigen habe sie auch ein eigenes Interesse an der Löschung gehabt. Unabhängig von den Kostenregelungen der ZPO entspräche es im vorliegenden Fall auch der Billigkeit, dass die Antragsgegnerin die Kosten trage, da sie selbst noch nach einem [X.] der [X.] daran festgehalten habe, dass sich das Löschungsverfahren nicht erledigt habe und somit die Kosten der mündlichen Verhandlung veranlasst habe.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die isolierte Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung im Beschluss der [X.] I des [X.] vom 5. April 2016 ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

2. Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.

a) Für die Entscheidung über die isolierte Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung im Beschluss der [X.] I des [X.] vom 5. April 2016 ist der Gebrauchsmustersenat in der Besetzung mit drei juristischen Mitgliedern zuständig.

Der Gebrauchsmustersenat entscheidet zwar gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz [X.] in der Besetzung mit einem juristischen und zwei technischen Mitgliedern, wenn es sich um eine Beschwerde gegen Beschlüsse der [X.] über [X.] handelt, jedoch wird mit der vorliegenden Beschwerde nicht eine Sachentscheidung über einen Löschungsantrag angegriffen, sondern lediglich isoliert die Kostenentscheidung. Wird lediglich die Kostenentscheidung angegriffen, ohne dass auch die Sachentscheidung in der Beschwerdeinstanz anhängig ist oder zumindest auch anhängig war, ist der Fall nach Ansicht des Senats in der gleichen Besetzung zu entscheiden, wie sie für eine Beschwerde gegen eine isolierte Kostenentscheidung maßgeblich gewesen wäre (vgl. [X.]/Goebel/[X.], [X.], 11. Aufl., § 18 [X.] Rdnr. 11). Soweit der Senat entgegen der bis dahin herrschenden Meinung in der Entscheidung 35 W (pat) 402/10 und ebenso auch in der Entscheidung 35 W (pat) 1/13 für die Frage der Besetzung lediglich darauf abgestellt hat, ob die Kostengrundentscheidung zusammen mit der Sachentscheidung oder isoliert getroffen wurde und eine Besetzung mit einem juristischen Vorsitzenden und zwei technischen Richtern als Beisitzer allein schon deshalb für zutreffend hielt, weil der angegriffene [X.] ein Teil des Beschlusses war, in dem auch über die Löschung des Gebrauchsmusters entschieden worden ist, hält der Senat an dieser Auffassung nicht mehr fest. Vielmehr stellt der Senat nunmehr darauf ab, ob der Beschluss allein im Kostenpunkt angegriffen wurde. Denn eine isolierte Beschwerde gegen eine im Rahmen eines [X.] getroffene Kostenentscheidung stellt gerade keine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Löschungsantrag i. S. d. § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. [X.] dar, weil die Hauptsache nicht angegriffen ist. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine spezielle Bestimmung über die Senatsbesetzung im Falle eines konkret benannten [X.] handelt, ist diese Bestimmung nicht im Wege einer weiten Auslegung auf sog. „isolierte Kostenbeschwerden“ anwendbar. Daher ist vorliegend die allgemeine Bestimmung des § 67 Abs. 1 Nr. 4 [X.] maßgebend für die Besetzung. Soweit [X.] für die Beteiligung technischer Mitglieder an Entscheidungen in Fällen sog. „isolierter Kostenbeschwerden“ sprechen, ist es Sache des Gesetzgebers entsprechende Regelungen zu treffen. Da vorliegend isoliert der [X.] angegriffen ist, ist zur Entscheidung über die Beschwerde der Senat in der Besetzung nach § 67 Abs. 1 Nr. 4 [X.] zuständig.

b) Der Beschwerdeführerin wurden zu Recht die Kosten des Verfahrens auferlegt (§ 17 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 [X.] und § 91 Abs. 1 ZPO). In der Sache war die Beschwerdeführerin unterlegen und der Feststellungsantrag der Beschwerdegegnerin hatte Erfolg. In der Hauptsache wurde der Beschluss auch nicht angegriffen.

Billigkeitserwägungen gemäß § 17 Abs. 4 [X.] i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] erfordern entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine andere Kostenentscheidung. Ein Löschungsantrag, der zwei Jahre vor Ablauf der Schutzfrist gestellt wird, ist nicht rechtsmissbräuchlich, unabhängig davon, ob für den Antragsteller ein eigenes Interesse an der Löschung bestand. Solange das Schutzrecht besteht, hat jeder das Recht, Löschungsantrag zu stellen. Es sind keinerlei Gesichtspunkte zu erkennen, dass ein Gebrauchsmusterinhaber vom Kostenrisiko befreit werden soll, nur weil sich das Schutzrecht demnächst dem Ende zuneigt. Eine im Zeitpunkt der Antragstellung relativ kurze verbleibende Laufzeit könnte lediglich den Gegenstandswert beeinflussen, nicht aber das Kostentragungsrisiko als solches zugunsten des [X.] verschieben. Unerheblich ist, dass im angegriffenen Beschluss auf [X.] für eine abweichende Kostenregelung nicht speziell eingegangen worden war, da keine solchen Einwände gemacht worden waren und auch nicht ersichtlich waren.

3. Da die Beschwerde keinen Erfolg hat, hat die Beschwerdeführerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 84 Abs. 2 [X.], § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Meta

35 W (pat) 14/16

17.05.2017

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2017, Az. 35 W (pat) 14/16 (REWIS RS 2017, 10824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10824

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