Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2017, Az. I ZB 9/17

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5368

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Rechtsbeschwerde im Zwangsvollstreckungsverfahren: Erfordernis der Beschwer im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel; Berücksichtigung von Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer


Leitsatz

1. Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung.

2. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht. Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 4. Zivilkammer - vom 24. Januar 2017 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: 2.000 €

Gründe

1

I. Der Schuldner wurde mit rechtskräftigem Urteil des [X.] vom 1. September 1991 zur Zahlung von 8.562,99 DM zuzüglich Zinsen an die Gläubigerin verurteilt. Die Gläubigerin betreibt auf der Grundlage dieses Urteils gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen einer Teilforderung in Höhe von 5.000 €. Die Gläubigerin beantragte - vertreten durch die [X.] - mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 die Abnahme der Vermögensauskunft und für den Fall der Weigerung des Schuldners den Erlass eines Haftbefehls gegen ihn und seine anschließende Verhaftung. Im von der zuständigen Gerichtsvollzieherin bestimmten Termin vom 27. November 2014 verweigerte der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft.

2

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22. Januar 2015 Haftbefehl gegen den Schuldner erlassen, um die Abgabe einer Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO zu erzwingen.

3

Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners ist ohne Erfolg geblieben. Mit am 14. Februar 2017 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz hat der Schuldner die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.

4

Mit Beschluss vom 20. Februar 2017 hat das [X.] den Haftbefehl vom 22. Januar 2015 gemäß § 802h Abs. 1 ZPO mit der Begründung aufgehoben, die Vollziehung des Haftbefehls sei unstatthaft, da nach dessen Erlass mehr als zwei Jahre vergangen seien.

5

Mit seiner Rechtsmittelbegründung vom 13. April 2017 beantragt der Schuldner,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der sofortigen Beschwerde gemäß dem Antrag des Schuldners stattzugeben, das heißt den Haftbefehl des Vollstreckungsgerichts [X.] vom 22. Januar 2015 aufzuheben.

6

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die sofortige Beschwerde des Schuldners sei unbegründet. Die Voraussetzungen eines Haftbefehls gemäß § 802g ZPO seien gegeben. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung lägen vor. Die [X.] habe den [X.] vom 31. Oktober 2014 in wirksamer Stellvertretung für die Gläubigerin gestellt. Der Schuldner sei wirksam von der Gerichtsvollzieherin zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen worden. Er habe die Abgabe der Vermögensauskunft ohne Grund verweigert.

7

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist jedoch nicht mehr zulässig, weil die Beschwer des Schuldners nach ihrer Einlegung entfallen ist.

8

1. [X.] muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein; ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung ([X.], Beschluss vom 29. Juni 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1365; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 574 Rn. 6, Vor § 511 Rn. 10 f.; [X.] in MünchKomm.ZPO, 5. Aufl., § 577 Rn. 7; in [X.], Stand 15. Juni 2017, § 577 Rn. 1).

9

2. Der Schuldner war durch den angefochtenen Beschluss beschwert, der seine sofortige Beschwerde gegen den Erlass des Haftbefehls zurückgewiesen hat. Diese Beschwer ist nach Einlegung der Rechtsbeschwerde dadurch entfallen, dass das Vollstreckungsgericht den Haftbefehl aufgehoben hat.

3. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich eine Beschwer nicht aus dem Fortbestand der Entscheidung des [X.] und der mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundenen Kostenlast des Schuldners.

a) Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelklägers voraus, die nicht allein in der Kostenlast besteht ([X.]/[X.] aaO Vor § 511 Rn. 10; [X.]/[X.] aaO § 99 Rn. 4). Ist die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits, sind Prozesskosten bei der Bestimmung der Beschwer nicht zu berücksichtigen (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1026 Rn. 7; [X.] aaO § 511 Rn. 18.15).

b) So liegt es hier. Mit seiner Rechtsmittelbegründung hat der Schuldner geltend gemacht, er [X.] die Aufhebung des Haftbefehls vom 22. Januar 2015. Gegenstand des Rechtsstreits in der Hauptsache war danach auch in der Rechtsbeschwerde die Aufhebung des Haftbefehls. Die mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde verbundene Kostenlast hat bei der Bestimmung der Beschwer daher außer Betracht zu bleiben. Der Schuldner hat aus der prozessualen Überholung dieser in der Hauptsache auf Aufhebung des Haftbefehls gerichteten sofortigen Beschwerde in der [X.] keine Konsequenzen gezogen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

      

Schaffert     

      

[X.]

      

Löffler     

      

Schwonke     

      

Meta

I ZB 9/17

14.09.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Memmingen, 24. Januar 2017, Az: 44 T 1803/16

§ 574 ZPO, § 802c ZPO, § 802g ZPO, § 802h Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2017, Az. I ZB 9/17 (REWIS RS 2017, 5368)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 360 WM2018,331 REWIS RS 2017, 5368


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 9/17

Bundesgerichtshof, I ZB 9/17, 14.09.2017.


Az. 44 T 1803/16

LG Memmingen, 44 T 1803/16, 24.01.2017.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 9/17 (Bundesgerichtshof)


I ZB 54/17 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Aufhebung des Haftbefehls zur Erzwingung der Vermögensauskunft bei der Erbringung von Teilleistungen; Beschränkung des …


I ZB 54/17 (Bundesgerichtshof)


I ZB 102/22 (Bundesgerichtshof)


44 T 1803/16 (LG Memmingen)

Sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.