Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.12.2020, Az. III R 31/18

3. Senat | REWIS RS 2020, 3733

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Gegenstand

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 09.12.2020 III R 73/18 - Anrechnung von nicht im EU-Ausland beantragten Familienleistungen auf Kindergeld nach deutschem Recht)


Leitsatz

1. NV: Nimmt ein Bezieher von Kindergeld eine Erwerbstätigkeit im EU-Ausland auf, ohne die Familienkasse darüber zu informieren, so ist der Anspruch auf Familienleistungen nach dem Recht des ausländischen EU-Mitgliedstaats, der aufgrund der Erwerbstätigkeit vorrangig zuständig zur Gewährung von Familienleistungen geworden ist, auch dann nachträglich auf das nach deutschem Recht gewährte Kindergeld anzurechnen, wenn der Kindergeldberechtigte die ihm im Auslandsstaat zustehenden Familienleistungen dort nicht beantragt und bezogen hat.

2. NV: Die Fiktion des Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004, wonach der im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat gestellte Antrag auf Familienleistungen zugleich als Antrag gilt, der im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat gestellt worden ist, wirkt auch dann, wenn die Familienkasse den im Inland gestellten Kindergeldantrag nicht an den ausländischen Träger weiterleitet, weil ihr ein Auslandsbezug nicht bekannt ist.

3. NV: Erlässt die Kindergeldkasse einen Bescheid, durch den ein Kindergeld-Aufhebungsbescheid aufgehoben wird, so dass der ursprüngliche Festsetzungsbescheid wiederauflebt, und erlässt sie danach unter demselben Datum einen weiteren Bescheid, durch den der ursprüngliche Festsetzungsbescheid zum Teil aufgehoben wird, so kann nach der Aufhebung des ersten Aufhebungsbescheids Festsetzungsverjährung eingetreten sein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28.05.2018 - 7 K 1723/17 Kg aufgehoben.

Soweit das Urteil den Zeitraum [X.]anuar 2013 bis [X.]uni 2014 (Kindergeld für M) betrifft, wird die Klage abgewiesen.

Soweit es die Zeiträume Mai 2010 bis März 2012 (Kindergeld für [X.]) und Mai 2010 bis Dezember 2012 (Kindergeld für M) betrifft, wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens wird auf das Finanzgericht übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Festsetzung von Kindergeld für zwei Kinder für die Zeiträume Mai 2010 bis März 2012 sowie Mai 2010 bis [X.]uni 2014.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter der Kinder [X.] und M, die im März 1994 und im September 1997 geboren sind. Die Klägerin lebte in der [X.] ([X.]) und war zumindest seit [X.]anuar 2010 in den [X.] beschäftigt. In [X.] beantragte sie keine Familienleistungen. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse), der das Beschäftigungsverhältnis nicht bekannt war, gewährte für beide Kinder Kindergeld in gesetzlicher Höhe. In einem Kindergeldantrag vom 23.01.2012 beantwortete die Klägerin die Frage, ob sie im Ausland tätig sei, mit nein. Erst im September 2015 erfuhr die Familienkasse von der Beschäftigung in [X.]. Sie hob durch Bescheid vom 20.10.2015 die Festsetzung des Kindergeldes für beide Kinder ab [X.]anuar 2010 auf und forderte einen Betrag von 8.760,14 € zurück. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch.

3

Durch Bescheid vom 05.01.2017 hob die Familienkasse den Bescheid vom 20.10.2015 auf. Am selben Tag erließ sie gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erneut einen Bescheid, durch den sie die Festsetzung des Kindergeldes zum Teil aufhob. Sie hob die Festsetzung ab [X.]anuar 2010 für beide Kinder in Höhe des in [X.] bestehenden Anspruchs auf Kindergeld auf und kam nunmehr auf einen Rückforderungsbetrag von 8.049,34 €. Der Betrag wurde in der Anlage zu dem Bescheid nach Monaten und Kindern aufgegliedert. Dagegen ging die Klägerin mit Einspruch vor. Die Familienkasse wies den Rechtsbehelf durch Einspruchsentscheidung vom 02.06.2017 zurück. Sie war der Ansicht, der Anspruch auf Familienleistungen nach [X.] Recht mindere den Anspruch auf [X.] Kindergeld. Die Festsetzungsfrist betrage wegen der unterlassenen Anzeige des Arbeitsverhältnisses in [X.] zehn [X.]ahre, sodass keine Verjährung eingetreten sei.

4

Die anschließend erhobene Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) hob den (Teil-)Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 05.01.2017 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung insoweit auf, als die Zeit bis einschließlich [X.]uni 2014 betroffen war. Es war der Ansicht, der Klägerin stehe Kindergeld für [X.] für die Zeit von Mai 2010 bis März 2012 sowie für M für die Zeit von Mai 2010 bis [X.]uni 2014 ohne Anrechnung von [X.] Familienleistungen zu. Nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 883/2004 des [X.] und des [X.] ([X.] --ABlEU-- 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für die Streitzeiträume geltenden Fassung ([X.] 883/2004 --Grundverordnung--) seien im Ausland gewährte Familienleistungen nur dann auf das [X.] Kindergeld anzurechnen, wenn der in [X.] gestellte Kindergeldantrag an den vorrangig zuständigen ausländischen Staat weitergeleitet worden sei. Werde dieses Verfahren nicht eingehalten, so sei das volle Kindergeld zu gewähren. Dies gelte insbesondere dann, wenn der ausländische Staat aus [X.] nicht bereit sei, für zurückliegende Zeiträume Kindergeld zu gewähren. Im Übrigen --Kindergeldfestsetzung für M für die Zeit von [X.]uli 2014 bis September 2015-- wies das [X.] die Klage ab; für diesen Zeitraum habe die Klägerin Familienleistungen nach [X.] Recht erhalten.

5

Gegen das Urteil wendet sich die Familienkasse insoweit mit der Revision, als es die Festsetzung und Rückforderung von Kindergeld für [X.] für die Monate Mai 2010 bis März 2012 und für M für die Monate Mai 2010 bis [X.]uni 2014 betrifft (Streitzeiträume). Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Rechtsansicht des [X.] sei Art. 68 der [X.] 883/2004 im Streitfall anwendbar. Die unterbliebene Antragstellung in [X.] hindere die Anwendung der Vorschrift nicht, da nach Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der [X.] 883/2004 der in einem Mitgliedstaat gestellte Antrag auf Familienleistungen die formellen Anspruchsvoraussetzungen im anderen Mitgliedstaat wahre.

6

Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als dieses das Kindergeld für [X.] für den Zeitraum Mai 2010 bis März 2012 und für M für den Zeitraum Mai 2010 bis [X.]uni 2014 betrifft und die Klage auch insoweit abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Sie ist wie das [X.] der Ansicht, dass ihr wegen der unterbliebenen Antragstellung in [X.] das volle [X.] Kindergeld zustehe. Die Familienkasse habe die Pflicht zur Weiterleitung des Kindergeldantrags verletzt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Familienkasse zur Ansicht komme, sie habe vorsätzlich falsche Angaben gemacht.

Entscheidungsgründe

I[X.]

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Insoweit, als dieses das für M festgesetzte Kindergeld für den [X.]raum [X.]anuar 2013 bis [X.]uni 2014 betrifft, ist die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Soweit es die Kindergeldfestsetzung für die [X.]räume Mai 2010 bis März 2012 (Kindergeld für [X.]) und Mai 2010 bis Dezember 2012 (Kindergeld für M) betrifft, wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

1. Das [X.] war zu Unrecht der Ansicht, dass der Klägerin wegen der unterbliebenen Beantragung von Familienleistungen in [X.] Kindergeld nach [X.] Recht in ungeminderter Höhe zusteht.

a) Die im Inland wohnende Klägerin erfüllte unstreitig die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld für [X.] und M, die ebenfalls im Inland lebten (§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 3 EStG).

b) Dieser Anspruch wird wegen des Anspruchs der Klägerin auf Familienleistungen nach [X.] Recht unionsrechtlich auf den Betrag begrenzt, der sich bei Anrechnung des Anspruchs auf Familienleistungen in [X.] ergibt.

aa) Sind für denselben [X.]raum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der [X.] 883/2004 Ansprüche auf Familienleistungen, die durch eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden, an erster Stelle. Der entsprechende Mitgliedstaat ist somit vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen zuständig. Der nachrangig verpflichtete Staat, in dem der [X.] wohnt, aber nicht beschäftigt oder selbständig erwerbstätig ist, ist nur dann zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet, wenn seine Familienleistungen höher sind als die im Beschäftigungsstaat bzw. im Staat der selbständigen Erwerbstätigkeit vorgesehenen Leistungen, und zwar in Höhe des [X.] (Art. 68 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 der [X.] 883/2004).

bb) In verfahrensrechtlicher Hinsicht sieht Art. 68 Abs. 3 Buchst. a der [X.] 883/2004 vor, dass der bei einem nachrangigen Träger gestellte [X.] von diesem an den vorrangig zuständigen weiterzuleiten ist (s.a. Art. 81 der [X.] 883/2004, Art. 60 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 987/2009 des [X.] und des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung ([X.]) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der [X.] Sicherheit --[X.] 987/2009 --, [X.] 2009 Nr. L 284, S. 1). Der Normgeber geht bei diesen Vorschriften offensichtlich davon aus, dass die nachrangig verpflichteten Träger umfassende Kenntnisse über mögliche Leistungsansprüche nach den Rechtsvorschriften des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats haben. Der Träger des vorrangig zuständigen Mitgliedstaats bearbeitet den Antrag so, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung beim ersten Träger gilt aber als der Tag der Einreichung beim vorrangig zuständigen Träger (Art. 68 Abs. 3 Buchst. b, Art. 81 Satz 3 der [X.] 883/2004). Dies bedeutet, dass der im nachrangig verpflichteten Staat gestellte Antrag auf Familienleistungen als Antrag auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des vorrangig verpflichteten Mitgliedstaats gilt. Art. 68 Abs. 3 der [X.] 883/2004 regelt damit das "Prinzip der europaweiten Antragstellung" ([X.] in: juris [X.], 3. Aufl. 2018, Art. 69 der [X.] 883/2004, Rz 60, m.w.N.).

c) Entgegen der Ansicht des [X.] ist die Koordinierungsregelung des Art. 68 der [X.] Nr. 883/2004 im Streitfall anwendbar, obwohl das Verfahren zur Weiterleitung des im nachrangig zuständigen Staat gestellten [X.]s an den vorrangig zuständigen, wie es in Art. 68 Abs. 3 der [X.] 883/2004, Art. 81 der [X.] 987/2009 vorgesehen ist, nicht eingehalten wurde (anderer Ansicht [X.] in [X.]/[X.], [X.], Kommentar, Fach D, [X.] Kommentierung, Art. 68 [X.] 883/2004 Rz 4). Eine unterbliebene Weiterleitung hindert nicht die [X.] des Art. 68 Abs. 3 Buchst. b Halbsatz 2, Art. 81 der [X.] 883/2004. Eine entsprechende Einschränkung sehen die genannten Verordnungen nicht vor. Ein in einem nachrangig zuständigen Mitgliedstaat der [X.] gestellter Antrag auf Familienleistungen löst die [X.], wonach er zugleich als im vorrangig zuständigen Staat gestellt gilt, auch dann aus, wenn der Träger, bei dem der Antrag gestellt wird, keine Kenntnis davon hat, dass ein Sachverhalt mit Auslandsbezug vorliegt, z.B. weil der [X.] --wie im [X.] eine Auslandstätigkeit aufgenommen hat, ohne die Familienkasse hiervon zu informieren. Die Wirkung tritt somit auch dann ein, wenn zu dem [X.]punkt, als der [X.] gestellt wurde, noch gar kein Anlass bestand, ihn an einen ausländischen Träger von Familienleistungen weiterzuleiten.

d) Nichts anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang aus dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) Schwemmer vom 14.10.2010 - [X.]/09 ([X.]schrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht 2011, 86). Die Entscheidung erging noch zur Regelung des Art. 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 574/72 des Rates vom [X.] über die Durchführung der Verordnung ([X.]) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der [X.] Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der [X.] zu- und abwandern ([X.] 574/72). Im zeitlichen Anwendungsbereich dieser Regelung galt aber noch nicht eine Regelung wie die des Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der [X.] 883/2004, die dazu führt, dass ohnehin bereits die Antragstellung in einem Mitgliedstaat die entsprechende formelle Anspruchsvoraussetzung im anderen Mitgliedstaat wahrt. Soweit der [X.] im Urteil [X.] vom 22.10.2015 - [X.]/14 ([X.]:C:2015:720, [X.] 2015, 1501) auf sein Urteil in der Rechtssache Schwemmer Bezug nahm, betraf dies --wie sich aus dem Vorlagebeschluss des [X.]s vom 08.05.2014 - III R 17/13 ([X.], 522, [X.], 329) ergibt-- nicht den Fall einer fehlenden formellen, sondern den Fall einer --in Form des Überschreitens der [X.] fehlenden materiellen Voraussetzung des Anspruchs auf Familienleistungen ([X.]surteil vom 22.02.2018 - III R 10/17, [X.], 214, BStBl II 2018, 717, Rz 36). Die Familienkasse ist somit nicht zu einer Antragsweiterleitung an die im ausländischen Mitgliedstaat zuständige Behörde verpflichtet, wenn sie keine Kenntnis von einem vorrangigen Anspruch in diesem Staat hat.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall scheidet die Gewährung von Kindergeld in Höhe der Beträge, die nach § 66 Abs. 1 EStG für die einzelnen [X.]ahre des [X.] vorgesehen sind, aus. Die Familienkasse hat den Anspruch auf Familienleistungen nach [X.] Recht zu Recht angerechnet. Der Anspruch auf Kindergeld nach [X.] Recht und der Anspruch auf Familienleistungen nach [X.] Recht sind nach Art. 68 der [X.] 883/2004 zu koordinieren. Die [X.] waren wegen der Erwerbstätigkeit der Klägerin gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 der [X.] 883/2004 vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig.

3. Die Sache ist hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung für die [X.] vor 2013 nicht spruchreif, da der [X.] nicht entscheiden kann, ob insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

a) Auf die Festsetzung von Kindergeld als Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG) sind gemäß § 155 Abs. 5 der Abgabenordnung ([X.]) die Vorschriften über die Steuerfestsetzung --somit auch die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 [X.])-- sinngemäß anzuwenden (z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 09.09.2015 - XI R 9/14, [X.], 166, m.w.N.). Die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] im Regelfall vier [X.]ahre und beginnt bei entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 1 [X.] mit Ablauf des [X.]ahres, in dem der Kindergeldanspruch entstanden ist.

b) Im Streitfall hob die Familienkasse den Aufhebungsbescheid vom 20.10.2015 durch einen Bescheid vom 05.01.2017 auf. Durch die Aufhebung des mit Einspruch angefochtenen Aufhebungsbescheids vom 20.10.2015 entfiel die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a [X.]. Bei Erlass des weiteren Bescheids vom 05.01.2017 konnte die Kindergeldfestsetzung bis Dezember 2012 wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr geändert werden, sofern die Verjährungsfrist nicht wegen eines Steuerdelikts verlängert sein sollte (§ 169 Abs. 2 Satz 2 [X.]) und der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 [X.] deshalb bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung gehemmt gewesen sein sollte ([X.]surteil vom 26.06.2014 - III R 21/13, [X.], 102, [X.], 886).

c) An diesem Ergebnis ändert nichts der Umstand, dass sowohl der Aufhebungsbescheid, durch den der frühere Aufhebungsbescheid vom 20.10.2015 beseitigt wurde, als auch der (Teil-)Aufhebungsbescheid, durch den die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung zum Teil aufgehoben wurde, das gleiche Datum tragen (05.01.2017). Denn jedenfalls in der logischen Sekunde zwischen Aufhebung des angefochtenen Aufhebungsbescheids und ([X.] trat Festsetzungsverjährung ein, sofern kein Steuerdelikt vorgelegen haben sollte. Das Ergebnis steht nicht in Widerspruch zum BFH-Urteil vom 05.10.2004 - VII R 18/03 ([X.], 292, [X.], 323). In diesem Fall waren die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und der Erlass des neuen Bescheids im selben Schreiben zusammengefasst, sodass [X.]gleichheit angenommen werden konnte. Nicht nur hierdurch unterscheidet sich der Streitfall von dem durch das Urteil in [X.], 292, [X.], 323 entschiedenen Sachverhalt, sondern auch dadurch, dass bei der Aufhebung des angefochtenen Bescheids auf den neu zu erlassenden Bescheid hingewiesen wurde. Die Bescheide wurden somit nicht zeitgleich, sondern nacheinander erlassen.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O. Das [X.] hat mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch über die Kosten des durch dieses Urteil rechtskräftig abgeschlossenen Teils des Verfahrens zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2011 - IV R 2/09, [X.], 1309, sowie [X.]surteil vom 13.06.2013 - III R 10/11, [X.], 562, [X.], 706).

Meta

III R 31/18

09.12.2020

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 28. Mai 2018, Az: 7 K 1723/17 Kg, Urteil

§ 32 Abs 3 EStG 2009, § 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 70 Abs 2 EStG 2009, § 169 Abs 2 S 2 AO, § 171 Abs 3a AO, § 171 Abs 7 AO, Art 68 EGV 883/2004, Art 81 EGV 883/2004, Art 60 Abs 3 EGV 987/2009, Art 10 EWGV 574/72, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, EStG VZ 2012, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.12.2020, Az. III R 31/18 (REWIS RS 2020, 3733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3733

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

3 K 783/21

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