Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2006, Az. 1 StR 409/05

1. Strafsenat | REWIS RS 2006, 5522

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 19. Januar 2006 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 19. Januar 2006 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. April 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendi-gen Auslagen zu tragen. Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat: Der Rüge der Revision, das [X.] habe das Recht des [X.] auf Beistand durch den Verteidiger seines Vertrauens und damit zugleich seinen Anspruch auf ein faires Verfahren ver-letzt (§ 265 Abs. 4 StPO i.V.m. § 338 Nr. 8 StPO), liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde: Die Hauptverhandlung umfasste zunächst zwei Sitzungstage, den 17. und 18. März 2005. Am zwei-ten Hauptverhandlungstag, dem 18. März 2005, beschloss die [X.], noch ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ein-zuholen. Die Hauptverhandlung wurde sodann zur Fortsetzung am 7. April 2005, 8.00 Uhr, unterbrochen. Nach Ablauf des zweiten [X.] empfand der Angeklagte [X.] 3 - heit über den Ablauf der Hauptverhandlung und fand sich durch seinen Wahlverteidiger Dr. S.

nicht mehr hinreichend vertei-digt. Er nahm deshalb Kontakt zu anderen Rechtsanwälten auf und vereinbarte einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt [X.] auf den 1. April 2005. Mit Rechtsanwalt Dr. S. ver-einbarte er einen weiteren Besprechungstermin auf den 4. April 2005. Nachdem er beide Termine wahrgenommen hatte, entzog er mit Schreiben vom 5. April 2005 Rechtsanwalt [X.]unter Hinweis auf das seines Erachtens gestörte Vertrauensverhältnis das Mandat, wovon Rechtsanwalt Dr. S. das [X.] am 6. April 2005 per Telefax in Kenntnis setzte. Der [X.] bestellte daraufhin Rechtsanwalt Dr. S. zum Pflichtver-teidiger, weil der Angeklagte bisher nur behauptet habe, das [X.] sei gestört, dies jedoch nicht näher dargelegt habe. Ebenfalls am 6. April 2005 erteilte der Angeklagte [X.]. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage teilte Rechtsanwalt [X.]

dies dem [X.] mit und bat um Akteneinsicht und Aufhebung des Termins vom 7. April 2005; ab 14.00 Uhr sei er zur Erörterung der Angele-genheit erreichbar. Das [X.] teilte ihm am Nachmittag tele-fonisch mit, dass es bei dem für den folgenden Tag vorgesehenen Fortsetzungstermin bleibe und er auf der Geschäftsstelle Einsicht in die Akten nehmen könne. Die Akteneinsicht noch an diesem Nachmittag war Rechtsanwalt [X.] wegen anderer [X.] nicht möglich. Zum Fortsetzungstermin am 7. April 2005 er-schien der Angeklagte mit Rechtsanwalt [X.]als Pflichtver-teidiger und Rechtsanwalt [X.]

als Wahlverteidiger. Auf Frage des Gerichts erklärte Rechtsanwalt [X.] , dass - 4 - weitere Angaben zur Störung des Vertrauensverhältnisses des Angeklagten zu Rechtsanwalt Dr. S. nicht erfolgen würden. Um 8.30 Uhr verließ Rechtsanwalt [X.] den Sitzungssaal, um einen anderen Termin wahrzunehmen. Seine Anträge auf Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung und Auf-hebung der Pflichtverteidigung lehnte das Gericht ab. Nach [X.] der Beweisaufnahme, in der u.a. ein Zeuge vernommen wurde und der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten er-stattete, wurde gegen Mittag das Urteil verkündet. Die Rüge ist unbegründet. Das [X.] hat den Antrag auf Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung rechtsfeh-lerfrei abgelehnt. Grundsätzlich hat ein Angeklagter das Recht, sich in einem Straf-verfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen ([X.], 53; [X.], 311, 312). Daraus folgt aber nicht, dass bei jeder Verhinderung des gewählten [X.] eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht durchgeführt werden könnte. Die Terminierung ist grundsätzlich Sache des Vorsitzenden; allerdings ist er gehalten, über Anträge auf Verlegung des Termins nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelas-tung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleuni-gung und der berechtigten Interessen der Prozessbeteiligten zu entscheiden ([X.], 311, 312). Für die Beurteilung ei-nes Antrags, die Hauptverhandlung wegen Verhinderung des [X.] auszusetzen oder zu unterbrechen, gilt nichts anderes. - 5 - Hier war für das [X.] zur Klärung der Frage, ob wegen des nicht vorbereiteten und am 7. April 2005 verhinderten neuen Wahlverteidigers die Hauptverhandlung unterbrochen oder gar ausgesetzt werden sollte, schon im Ausgangspunkt nicht ersicht-lich, dass der zum Pflichtverteidiger bestellte bisherige Wahlver-teidiger nicht zu einer ordnungsgemäßen Verteidigung des Ange-klagten in der Lage gewesen wäre. Der Angeklagte hat die Stö-rung des Vertrauensverhältnisses zu Rechtsanwalt Dr. S. ohne jeden inhaltlichen Beleg lediglich behauptet und auch auf [X.] keine Gründe hierfür genannt. Schon von daher war das [X.] nicht ohne weiteres gezwungen, von einer von dem Angeklagten nicht zu vertretenden Veränderung der Sachlage im Sinne des § 265 Abs. 4 StPO auszugehen. Dabei musste das [X.] auch noch in Rechnung stellen, dass die nach § 229 Abs. 1 StPO höchstmögliche Unterbrechungsdauer bereits am [X.] Tag, dem 8. April 2005, endete. Es kommt hier folgendes hinzu: Wenn der Angeklagte von seinem Recht Gebrauch machte, seinem bisherigen Wahlverteidiger das Mandat zu entziehen und einen neuen Verteidiger zu beauftragen, so war ihm in der vorliegenden konkreten Prozesssituation zuzu-muten, dies so rechtzeitig vor dem nächsten Verhandlungstag zu veranlassen, dass der neue Verteidiger sich hinreichend auf die weitere Verhandlung vorbereiten konnte. Er erteilte Rechtsanwalt [X.] jedoch erst 19 Tage nach der Unterbrechung der Hauptverhandlung und nur einen Tag vor dem nächsten [X.] das Mandat. Ferner hatte der Angeklagte aus-reichend Gelegenheit, einen Verteidiger zu wählen, der auch in der Lage war, den bevorstehenden Termin wahrzunehmen. Die - 6 - weitere Durchführung des [X.] vom 7. April 2005 in Abwesenheit eines neuen Verteidigers beruhte daher auf Umständen, auf die der Angeklagte sich rechtzeitig hätte einstel-len können. Das [X.] konnte daher auch eine kurzfristige Unterbrechung der Hauptverhandlung ermessensfehlerfrei ableh-nen. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von dem dem Beschluss des 2. Strafsenats vom 14. Januar 2004 (NStZ 2004, 637) zugrunde liegenden Fall, auf den die Revision hingewiesen hat. Dort war das Recht auf eine sachgerechte [X.] aufgrund von Umständen, die der Angeklagte nicht zu vertreten hatte - nämlich die rechtswidrige Inverwahrnahme des Angeklagten -, beeinträchtigt. [X.]Wahl Kolz Elf [X.]

Meta

1 StR 409/05

19.01.2006

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.01.2006, Az. 1 StR 409/05 (REWIS RS 2006, 5522)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5522

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.