Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.09.2022, Az. IX B 69/21

9. Senat | REWIS RS 2022, 5561

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Gegenstand

Grundsätzliche Bedeutung: Darlegungsanforderungen; unzulässige Beschwerde bei ausgelaufenem Recht


Leitsatz

1. NV: Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten --abstrakt beantwortbaren-- Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar/klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist.

2. NV: Betrifft die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, müssen in der Beschwerdebegründung besondere Gründe geltend gemacht werden, die ausnahmsweise eine Abweichung von der Regel rechtfertigen, wonach Rechtsfragen, die solches Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt. So ist u.a. darzulegen, dass sich die Frage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen kann.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 13.08.2021 - 8 K 343/20 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--, dazu unter 1.) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O, dazu unter 2.) zuzulassen.

2

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) innerhalb der [X.] nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt.

3

a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten --abstrakt beantwortbaren-- Rechtsfrage, die im konkreten [X.]reitfall voraussichtlich klärbar/klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der einschlägigen Rechtsprechung, insbesondere des [X.] ([X.]), sowie den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Dabei sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.

4

Betrifft die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, müssen in der Beschwerdebegründung besondere Gründe geltend gemacht werden, die ausnahmsweise eine Abweichung von der Regel rechtfertigen, wonach Rechtsfragen, die solches Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt. So ist u.a. darzulegen, dass sich die Frage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft weiterhin stellen kann, wie dies bei Fragen aus fortgeltendem Recht regelmäßig der Fall ist (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 29.03.2018 - I B 79/17, [X.]/NV 2022, 23, Rz 8, und vom 14.12.2020 - IV B 27/20, [X.]/NV 2021, 538, Rz 3).

5

b) Den vorgenannten Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6

aa) Der Kläger hat zwar in seiner Beschwerdebegründung vom 15.12.2021 zur Frage der Ermittlung der Absetzungen für Abnutzung ([X.]) bei der Herstellung einer gemischt genutzten Immobilie eine abstrakt beantwortbare Rechtsfrage angeführt. Es fehlt aber jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.] sowie einschlägigen Fundstellen im Schrifttum. Insbesondere fehlen Ausführungen dazu, in welchem Umfang und von welcher Seite die Frage der Ermittlung der [X.] bei gemischt genutzten und noch nicht fertiggestellten Gebäuden umstritten und nicht durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt sein soll.

7

Zudem kam es im [X.]reitfall auf die vom Kläger aufgeworfene Frage auf der Grundlage des vom Finanzgericht ([X.]) festgestellten Sachverhalts nicht entscheidungserheblich an. Denn der Kläger hatte bereits höhere [X.]-Beträge beantragt und erhalten, als insgesamt auf den letztlich zur Einkunftserzielung genutzten Gebäudeteil entfallen. Eine Abschreibung über die tatsächlichen Herstellungskosten des Wirtschaftsguts ([X.]-Volumen) hinaus ist jedoch nicht möglich (vgl. [X.]-Urteil vom 28.04.2020 - IX R 14/19, [X.]E 269, 28, [X.], 545, Rz 16, m.w.N.).

8

Auch die vom Kläger in seiner Beschwerdebegründung zitierten Verwaltungsanweisungen (vgl. [X.] --OFD-- [X.] vom 22.02.2000 - S 2196 [X.] [X.] 23, juris; [X.] vom 26.05.1993 - S 2196 -62 - [X.] 12-31, [X.] 1993, 447, sowie [X.] vom 31.12.1994, B[X.]Bl I 1994, 887, Rz 53) vermögen die grundsätzliche Bedeutung nicht zu begründen. In diesen werden Abschreibungen bei den Vermietungseinkünften insgesamt nur in Höhe der tatsächlichen und auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten zum Abzug zugelassen, nicht jedoch darüber hinaus.

9

Das vom Kläger zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung angeführte [X.]-Urteil vom 09.08.1989 - X R 77/87 ([X.]E 158, 51, B[X.]Bl II 1991, 132) betraf einen anderen Sachverhalt. So wurden in der Entscheidung sämtliche Teile des Gebäudes nach Fertigstellung zur Einkunftserzielung im Rahmen der gewerblichen Einkünfte und der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Eine Nutzung von Teilen des Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken --wie im Fall des [X.] lag nicht vor. Weiter war im Verfahren in [X.]E 158, 51, B[X.]Bl II 1991, 132 nach den Ausführungen unter 2. der Entscheidungsgründe im [X.]reitjahr noch unklar, welcher Nutzungsweise (eigenbetriebliche Nutzung oder Überlassung zu fremden Wohnzwecken) der noch nicht fertiggestellte Teil der Immobilie zugeführt werden sollte. Nur solange die Nutzungsweise noch nicht feststeht, bestimmt sich nach den Grundsätzen der [X.]-Entscheidung die Zugehörigkeit des Gebäudes (zum Betriebs- oder Privatvermögen) nach der Nutzung des bereits fertiggestellten Gebäudeteils. Im vorliegenden [X.]reitfall hingegen war nach den Feststellungen des [X.] von Beginn an beabsichtigt, das Erdgeschoss zu eigenen und das Untergeschoss zu fremden Wohnzwecken zu nutzen. Der [X.] kann daher offenlassen, ob er der Entscheidung folgen könnte (kritisch [X.]/[X.], E[X.]G, 41. Aufl., § 7 Rz 143; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 7 E[X.]G Rz 160).

bb) Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung einen abstrakten Rechtsatz mit Blick auf die Vorschrift des § 10e Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (E[X.]G) formuliert hat, folgt die Unzulässigkeit der Beschwerde bereits daraus, dass die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage (hier: Zeitraum für die Berücksichtigung von Aufwendungen als Vorkosten) ausgelaufenes Recht betrifft und der Kläger nicht hinreichend dargelegt hat, dass sich die Rechtsfrage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin stellen kann. Die nicht weiter begründete oder belegte Behauptung, die Fallgestaltung betreffe eine Vielzahl von [X.]euerpflichtigen, reicht dazu nicht (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2022, 23, Rz 10).

2. Aus den vorgenannten Gründen hat der Kläger ebenfalls nicht ausreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O dargelegt, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative [X.]O; zu den [X.] vgl. u.a. [X.]-Beschluss vom 23.10.2019 - IX B 54/19, [X.]/NV 2020, 219, Rz 4; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 116 Rz 38).

3. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX B 69/21

15.09.2022

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 13. August 2021, Az: 8 K 343/20, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 10e Abs 6 EStG 2009, EStG VZ 2016, EStG VZ 2017

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.09.2022, Az. IX B 69/21 (REWIS RS 2022, 5561)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5561

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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