Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2010, Az. B 1/3 KR 22/08 R

1. Senat | REWIS RS 2010, 7494

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Krankenversicherung - Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG - hinreichender Nachweis der Wirksamkeit einer bestimmten Therapie - Benennung eines im EU-Ausland tätigen Arztes als Sachverständiger - Unzulässigkeit eines Antrags auf Feststellung überlanger Dauer des Verfahrens in einer Vorinstanz zur Vorbereitung von Entschädigungsansprüchen nach der EMRK )


Leitsatz

1. Die allgemeine Frage nach dem hinreichenden Nachweis der Wirksamkeit einer bestimmten Therapie kann Gegenstand eines Antrags auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG sein.

2. Die Benennung eines im EU-Ausland tätigen Arztes als Sachverständiger nach § 109 SGG steht dem Antragsrecht jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es besondere Gründe für die Auswahl gerade eines solchen Arztes gibt.

3. Ein Antrag auf Feststellung überlanger Dauer des Verfahrens in einer Vorinstanz zur Vorbereitung von Entschädigungsansprüchen nach der EMRK ist unzulässig.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine auf [X.] durchgeführte Augenbehandlung sowie über die Feststellung einer Menschenrechtsverletzung durch überlange Verfahrensdauer.

2

Der 1984 geborene, bei der beklagten [X.] versicherte Kläger leidet an Retinitis pigmentosa, einer Netzhauterkrankung, die zu Tunnelblick und in ihrem Endstadium zur Erblindung führt. [X.] beantragte der Kläger - ua auf seine nur noch 3 % bis 5 % betragende Sehfähigkeit hinweisend - die Kostenübernahme für eine sog [X.]-Therapie bei Prof. Dr. P. in [X.] (Kostenvoranschlag 11.741 Euro für Behandlung und Reise mit Begleitperson); dieser Arzt habe eine Therapie entwickelt, die das weitere Absterben der Netzhaut verhindere und das Sehvermögen verbessern könne. Nach Einholung eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ([X.]; Dipl.-Med. S.) lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Behandlungsmethode schulmedizinisch nicht allgemein anerkannt sei (Bescheid vom 19.11.2002; Widerspruchsbescheid vom 5.2.2003).

3

Vom 10.1. bis 31.1.2003 ließ sich der Kläger auf [X.] auf eigene Kosten entsprechend behandeln.

4

Das [X.] hat die im Februar 2003 erhobene, auf Kostenerstattung gerichtete Klage - nach Ermittlungen - abgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 [X.]B V nicht vorlägen. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte führten zu keinem anderen Ergebnis; es fehle sowohl an einer lebensbedrohlichen, regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit als auch an wissenschaftlich nachprüfbaren Hinweisen auf einen Behandlungserfolg (Gerichtsbescheid vom [X.]).

5

Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen: Die [X.]-Therapie entspreche nicht dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse iS von § 18 Abs 1 [X.]B V. Nach Stellungnahmen des [X.] lehne die überwiegende Mehrheit einschlägiger Fachleute die Methode ab; sie habe auch 20 Jahre nach ihrer Einführung keine nennenswerte Verbreitung gefunden und sei lediglich pauschal auf [X.] vorgestellt, jedoch der Wissenschaft nicht im Einzelnen zugänglich gemacht worden; abgesehen von einem Ableger in [X.] werde sie nur auf [X.] praktiziert. Es fehlten wissenschaftliche Studien zu ihrer Wirksamkeit. Entsprechend den Ausführungen des [X.] komme dem Kläger die Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 = [X.]E 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.]) nicht zugute. Seinem Antrag, gemäß § 109 [X.]G Beweis durch den Sachverständigen Prof. M. /Universität [X.] zu erheben, habe nicht nachgekommen werden müssen, weil er unzulässig sei. Die Vorschrift eröffne kein Recht auf die begehrte Einholung eines Gutachtens über die allgemeine Wirksamkeit einer bestimmten Behandlungsmethode. Der im Berufungsverfahren zusätzlich gestellte Antrag auf Feststellung eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 der [X.] zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.]; [X.] 1952, 686, neu bekannt gemacht [X.] 2002, 1054) dadurch, dass es mehr als drei Jahre bis zur Entscheidung des [X.] gedauert habe, sei unzulässig, weil er nur subsidiär zulässig sei und es für ihn keine Rechtsgrundlage gebe. Nur der [X.] ([X.]) habe eine solche Feststellungsbefugnis; auch sei die Dringlichkeit wegen der bereits durchgeführten Behandlung zweifelhaft (Urteil vom [X.]).

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip, von Art 2 Abs 2 Satz 1 und Art 3 Abs 1 GG, von § 55 [X.]G [X.] und Art 13 [X.] von Art 6 Abs 1 [X.] sowie von § 109 [X.]G: Das [X.] habe die verfassungsrechtlichen Maßstäbe einer Leistungsgewährung in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) verkannt, wie sie dem Beschluss des [X.] vom 6.12.2005 zu entnehmen seien. Die Auslegung des Merkmals einer "nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" durch das [X.] überschätze zudem - wie ausführlich geltend gemacht wird - die Aussagekraft medizinischer Studien und die Beweiskraft von Statistiken; unter medizintheoretischen und biomathematisch-statistischen Gesichtspunkten sei praktisch jede Behandlung ein "Experiment"; auch müssten vermeintlich auf wissenschaftliche Weise gewonnene Ergebnisse mit Blick auf ökonomische Interessen hinterfragt werden. Nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] könnten bei nicht heilbaren Krankheiten erfolgreiche Vorbehandlungen anderer Personen die Wirksamkeit belegen. Hier seien zudem wissenschaftliche Veröffentlichungen über die [X.]-Therapie, ihre Entwicklung an der Universität [X.] und das weltweit hohe Ansehen der [X.] Medizin Beleg der Erfolgsaussicht. - Das [X.] habe Art 2 Abs 2 Satz 1 GG verletzt, weil der [X.]-Beschluss vom 6.12.2005 auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit betreffe. Art 3 Abs 1 GG sei verletzt, da der [X.] privat Krankenversicherten bei schweren und chronischen Krankheiten auch Anspruch auf experimentelle Therapien einräume; Versicherten der [X.] dürfe Entsprechendes nicht vorenthalten werden. - Die Verletzung von § 55 [X.]G [X.] und Art 13 [X.] ergebe sich aus dem berechtigten Interesse an der Feststellung einer konventionswidrigen überlangen Verfahrensdauer. [X.] ein solcher Sachverhalt bereits zu Beginn des [X.] vor, müsse dem Betroffenen eine wirksame Beschwerdemöglichkeit in Form eines Feststellungsantrags zur Verfügung stehen. Das bereits im Februar 2003 eingeleitete gerichtliche Verfahren leide hier - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des 4. Senats des B[X.] ([X.]-1500 § 160a [X.]) - unter einer überlangen Dauer iS von Art 6 Abs 1 [X.]. - Schließlich habe das [X.] § 109 [X.]G verletzt, weil es das beantragte medizinische Gutachten nicht eingeholt habe. Ein entsprechender Antrag müsse sich nicht auf eine Untersuchung bzw Begutachtung des Gesundheitszustandes des Versicherten beziehen, sondern könne auch zur Frage der Wirksamkeitsnachweise einer Behandlungsmethode gestellt werden.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] vom 1. August 2007 sowie den Gerichtsbescheid des [X.] vom 24. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 zu verurteilen, ihm die Kosten für die Behandlung auf [X.] in der [X.] vom 10.1. bis 31.1.2003 zu erstatten,

ferner,

unter Aufhebung des genannten Urteils des [X.] festzustellen, dass es einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 [X.] darstellt, dass es mehr als drei Jahre dauerte, bis das Sozialgericht entschieden hat, obwohl es selbst davon ausgeht, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des genannten Urteils des [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das [X.]-Urteil vor dem Hintergrund des Beschlusses des [X.] vom 6.12.2005 und der dazu ergangenen Rechtsprechung des 1. Senats des B[X.] für zutreffend und auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht für beanstandungsfrei.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] führt zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]), soweit es den Antrag auf Verurteilung der beklagten [X.] zur Kostenerstattung für die sog Kuba-Therapie betrifft (dazu 1.). In Bezug auf die darüber hinaus begehrte Feststellung eines Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 [X.] und die Rüge der Verletzung anderer Regelungen der [X.] durch die Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens ist das [X.]-Urteil dagegen nicht zu beanstanden und die Revision insoweit unbegründet und zurückzuweisen (dazu 2.).

1. Das angefochtene [X.]-Urteil ist teilweise aufzuheben, weil es zum Teil darauf beruht, dass das [X.] es unter Verstoß gegen § 109 [X.] abgelehnt hat, das vom Kläger beantragte Gutachten nach dieser Norm einzuholen. Der erkennende Senat kann daher nicht in der Sache selbst abschließend über den Erfolg der Berufung der [X.] gegen den Klage abweisenden Gerichtsbescheid des [X.] entscheiden.

§ 109 Abs 1 [X.] begründet für die dort näher bezeichneten Berechtigten abweichend von § 103 Satz 2 [X.] das antragsabhängige Recht darauf, dass das Gericht einen bestimmten Arzt gutachtlich hört (dazu a), wenn ein erhebliches, medizinischer Beurteilung zugängliches Beweisthema betroffen ist (dazu b), bei Benennung eines im Ausland tätigen Arztes ein besonderer Grund hierfür besteht (dazu c), das Antragsrecht nicht verbraucht ist und kein Fall des § 109 Abs 2 [X.] (dazu d) vorliegt (vgl [X.] in: [X.], [X.], 8. Aufl, Stand 1.11.2009, § 109 Rd[X.] 3a und 4a mwN). Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§ 109 Abs 1 Satz 2 [X.]). Das [X.] hat verkannt, dass das vom Kläger benannte Beweisthema "Ist die Wirksamkeit der Kubatherapie ausreichend nachgewiesen?" medizinischer Beurteilung zugänglich und deshalb vom Antragsrecht nach § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] erfasst ist. Das [X.]-Urteil kann auf diesem revisiblen Verfahrensfehler beruhen (dazu e).

a) Der Kläger ist Berechtigter iS des § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] und hat beim [X.] eine Beweiserhebung nach dieser Norm beantragt. Er begehrt nämlich als "Versicherter" der Beklagten Kostenerstattung für seine Kuba-Therapie. Nach § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] in der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des [X.] am [X.] noch einschlägig gewesenen Fassung (durch Art 17 6. [X.]-Änderungsgesetz vom [X.], [X.] 2144) muss auf Antrag [X.] eines Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Nach dem Tatbestand des [X.]-Urteils hat der Kläger im Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt, Beweis gemäß § 109 [X.] durch den Sachverständigen Prof. M./Universität [X.] zu erheben. Er hat dabei auf seinen Schriftsatz vom 27.6.2003 Bezug genommen, in dem er sinngemäß das Beweisthema benannt hat: "Ist die Wirksamkeit der Kubatherapie ausreichend nachgewiesen?" Auch das [X.] hat das Beweisthema in dieser Weise verstanden, indem es angenommen hat, dass es dem Kläger um die "Einholung eines allgemeinen Gutachtens" und die Einholung einer "gutachterlichen Stellungnahme zur Wirksamkeit der Methode" gegangen sei.

b) § 109 Abs 1 Satz 1 [X.] erzwingt lediglich dann antragsgemäße Beweiserhebung, wenn - wie hier - ein erhebliches, medizinischer Beurteilung zugängliches Beweisthema betroffen ist. Das folgt aus Entstehungsgeschichte, Regelungssystem sowie Sinn und Zweck der Norm, auch wenn der Wortlaut - abgesehen vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 109 Abs 2 [X.] - bloß verlangt, dass ein Berechtigter beantragt hat, einen bestimmten Arzt gutachtlich zu hören.

Wie schon § 1681 [X.] und § 104 Gesetz über das Verfahren in [X.] vom 10.1.1922 ([X.]) als Vorläufer des § 109 [X.] zielt diese Regelung aus rechtsstaatlichen Gründen (vgl [X.], 255, 256) auf die Gleichbehandlung der Beteiligten vor Gericht bei der Beschaffung von Beweismitteln (vgl bereits [X.] <[X.]> Entscheidung [X.], [X.]; zur Entstehungsgeschichte näher: [X.], [X.] 1984, 89, 91 f). Im Interesse der "Waffengleichheit" und der Gleichbehandlung des betroffenen Rechtsuchenden mit seinem behördlichen [X.] schafft § 109 [X.] einen gewissen Ausgleich dafür, dass Leistungsträger durch die institutionelle Möglichkeit, zur Sachaufklärung auf eigene bzw beauftragte Sachverständige zurückzugreifen, in der Regel über einen "Beweisvorsprung" verfügen (vgl [X.] in: [X.], aaO, § 109 Rd[X.] 1b; [X.] in: [X.], [X.], Stand April 2010, § 109 Rd[X.] 5; [X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand Mai 2009, § 109 [X.] 5, [X.]/74-71 f; Roller, [X.] 2005, 616, 619; [X.], [X.], 272, 273, 276).

Rechtssystematisch geht es bei § 109 [X.] um eine Sonderregelung für das Recht der Beweiserhebung durch Sachverständige. Grundsätzlich erforscht das Gericht den Sachverhalt im sozialgerichtlichen Verfahren von Amts wegen und ist dabei an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden 103 Satz 1 und 2 [X.]; zur Aufklärungspflicht bereits vor der mündlichen Verhandlung vgl § 106, insbesondere Abs 2 und Abs 3 [X.] [X.]). Als Ausnahme von der fehlenden Bindung an Beweisanträge regelt § 109 [X.] die Pflicht des Gerichts, unter den dort näher genannten Voraussetzungen dennoch einen "bestimmten" Arzt gutachtlich zu hören (vgl zu diesem Zusammenhang zB Kolmetz [X.] 2004, 83, 84). Die Ausnahmeregelung soll aber nicht von dem allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz entbinden, dass nur über solche Tatsachen Beweis zu erheben ist, die für die Entscheidung erheblich sind ([X.], 255, 256 mwN). Das Antragsrecht, gerade einen bestimmten "Arzt" zu hören, richtet sich zudem nur an solchen Beweisthemen aus, die einer medizinischen Beurteilung zugänglich sind (vgl [X.], 255, 256 f unter Hinweis bereits auf [X.] zu § 1681 [X.], [X.], 129 [X.]; [X.] [X.] 7, 279 zu § 104 Verfahrensgesetz vom 10.1.1922, aaO). Ob es um medizinische Tatsachen geht, die für die Entscheidung erheblich sind, bemisst sich nach der materiellen Rechtsauffassung der Tatsacheninstanz (vgl [X.], 255, 257; [X.] in: [X.], aaO § 109 Rd[X.] 3d), wobei das genaue Beweisthema nicht benannt werden muss (vgl [X.], Urteil vom 7.3.1962 - 9 RV 226/59 -, redaktioneller Leitsatz bei [X.] 1962, 945), sondern sich durch Auslegung ergeben kann (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl insoweit allgemein [X.]-1500 § 158 [X.] Rd[X.] 6 mwN).

Demgemäß ist auch die Rechtsprechung des [X.] schon in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass alle Fragen dem Antragsrecht des § 109 [X.] unterliegen, die zu beantworten Aufgabe eines ärztlichen Sachverständigen ist; dazu gehört zB auch die Frage, ob eine bestimmte Heilbehandlung Aussicht auf Erfolg hat (so [X.], Urteil vom 20.8.1963 - 11 RV 430/61 = [X.]/4 [X.] § 109 [X.] 17 = [X.] 1964, 152). Es ist erforderlich, reicht aber auch aus, dass es um eine Tatsachenfrage geht, die einer medizinischen Beurteilung zugänglich ist bzw nur mit Hilfe ärztlichen Fachwissens beantwortet werden kann (vgl [X.] [X.] [X.] 31 zu § 109 [X.]; [X.] [X.] 1500 § 109 [X.] 1 S 2; [X.], Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, Stand 48. Lieferung August 2007, § 109 [X.] Rd[X.] 16 mwN; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, [X.] Rd[X.] 75). [X.] ist dagegen die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung anzutreffende Ansicht, ein Antrag nach § 109 [X.] über die Eignung einer durchgeführten Heilbehandlung gehe in einem Rechtsstreit über krankenversicherungsrechtliche Leistungspflichten ins Leere, wenn die dabei angewandte Methode nicht wissenschaftlich anerkannt sei (so [X.] Rheinland-Pfalz, [X.] 1977, 399 ).

Diese Voraussetzungen waren nach dem insoweit maßgeblichen Rechtsstandpunkt des [X.] erfüllt. Die Tatsache, dass die Wirksamkeit der Kuba-Therapie zum Zeitpunkt der Behandlung (vgl zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts [X.] [X.]-2500 § 27 [X.] 8, Rd[X.]3 mwN - Brachytherapie) ausreichend nachgewiesen war, ist nach seiner Sicht nämlich im Rechtsstreit entscheidungserheblich gewesen. Grundsätzlich ruhen nach § 16 Abs 1 [X.] 1 [X.] V (hier anzuwenden idF durch Art 1 [X.] Buchstabe a Zweites Gesetz zur Änderung des [X.], [X.] 2325) Ansprüche auf krankenversicherungsrechtliche Leistungen, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit im [X.] nichts Abweichendes bestimmt ist. Ausnahmen können sich [X.] aus inter- und supranationalem Vertragsrecht ergeben (vgl zB [X.] 98, 257 = [X.]-6928 Allg [X.] 1, Rd[X.] 13 ff mwN). Als eine weitere Ausnahme hiervon bestimmt § 18 Abs 1 Satz 1 [X.] V (hier anzuwenden idF durch Art 1 [X.] 6 Buchstabe b Zweites Gesetz zur Änderung des [X.], [X.] 2325): "Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen."

Daran anknüpfend hat das [X.] die Frage als entscheidungserheblich angesehen, ob die sog Kuba-Therapie dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse iS von § 18 Abs 1 [X.] V entsprach und hat diese Frage, für deren Beantwortung es keine eigene Sachkunde besaß, unter Zuhilfenahme der eingeholten [X.] bzw Stellungnahmen des [X.]. S. verneint. Schon das Tätigwerden und der Rückgriff des Gerichts auf die mit medizinischen Gesichtspunkten untermauerte Stellungnahme eines Arztes belegen hinreichend, dass hier eine nur mit ärztlichem Fachwissen zu beantwortende Frage im Raum stand. Gerade weil es der gutachtlichen Einschätzung des MDK-Arztes folgen wollte und den Sachverhalt als geklärt ansah, musste das [X.] - bei entsprechendem Antrag wie hier - dann auch Beweis durch einen ärztlichen Sachverständigen nach § 109 [X.] erheben.

c) Der Pflicht, [X.] nach § 109 [X.] zu erheben, stand nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger mit Prof. M./Universität [X.] nicht einen in [X.], sondern einen in [X.] tätigen Arzt als Sachverständigen benannt hat.

Soweit nach überkommener Rechtsprechung "auch Ausländer unter § 109 [X.]" fallen, wenn sie als "besonders geeignet" erscheinen, und soweit in diesem Zusammenhang von "im Ausland wohnenden" Ärzten die Rede ist (vgl insgesamt [X.], Urteil vom 27.1.1970 - 9 RV 80/69 - [X.] [X.] 38 zu § 109 [X.], Leitsatz und [X.] Da 27), steht ein solcher Ansatz jedenfalls mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (vgl zB Richtlinien 75/362 und 75/363/[X.] <[X.]RL> des Rates vom 16.6.1975 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeit von Ärzten und die Nachfolgeregelungen in [X.]RL 82/76 vom [X.] ; [X.]RL 89/594 vom 30.10.1989 ; [X.]RL 93/16 vom [X.] ) mittlerweile nicht mehr in Einklang und kann nicht mehr beibehalten werden. Sachlicher Anknüpfungspunkt für eine einengende Auslegung des Begriffs "Arzt" in § 109 Abs 1 [X.] kann danach weder die Staatsangehörigkeit noch der Wohnsitz des Arztes sein, sondern lediglich der Ort seiner Tätigkeit.

Nach der zitierten Rechtsprechung ([X.], Urteil vom 27.1.1970 - 9 RV 80/69 - [X.] [X.] 38 zu § 109 [X.], [X.] Da 27) geht es nämlich im [X.] allein um die Möglichkeit, den nach § 109 [X.] zum Sachverständigen ernannten Arzt notfalls mit Zwangsmitteln dazu zu bringen, pflichtgemäß - nach seiner Bereiterklärung - das Gutachten zu erstatten. § 109 [X.] schränkt danach lediglich die Freiheit des Gerichts ein, eine ihm spruchreif erscheinende Sache zu entscheiden; alle übrigen Regeln über den Beweis durch Sachverständige bleiben jedoch unberührt (vgl bereits [X.], [X.] 1954, 101). Der ernannte Sachverständige ist somit nach den §§ 407, 407a, 409, 411 ZPO zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet, er kann im [X.] mit einem Ordnungsgeld belegt und notfalls durch Wiederholung zur Erstattung des Gutachtens sowie zum Erscheinen vor Gericht gezwungen werden. Der nach § 109 [X.] zum Sachverständigen ernannte Arzt muss deshalb in diesem Sinne für die [X.] Gerichtsbarkeit erreichbar sein. Dies ist aber bei einem im Ausland befindlichen Arzt grundsätzlich nicht der Fall. Denn die [X.] Gerichtsbarkeit macht an den Grenzen [X.]s halt (vgl [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 68. Aufl 2010, § 363 Rd[X.]). Es kann daher nicht der Sinn des § 109 [X.] sein, das [X.] Gericht zur Anhörung eines Sachverständigen im Ausland zu zwingen, obwohl dieser nicht den Vorschriften des [X.]n Prozessrechts unterliegt und deshalb die Beweisaufnahme nach den geltenden Verfahrensvorschriften nicht durchgeführt werden kann oder das Gericht zumindest die ordnungsgemäße Prozessführung aus der Hand geben müsste. Damit kann aber eine uneingeschränkte Pflicht des Gerichts, nach § 109 [X.] auch einen lediglich im Ausland tätigen Arzt entweder unmittelbar oder durch Vermittlung einer ausländischen Behörde ( §§ 363 , 402 ZPO ) mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen, nicht anerkannt werden. Das Recht auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 [X.] findet daher weiterhin grundsätzlich dort seine Grenze, wo auch der [X.]n Gerichtsbarkeit Schranken gesetzt sind, nämlich an den Grenzen der Bundesrepublik [X.].

Ob insoweit durch die Regelung der §§ 1072 ff ZPO aufgrund der Verordnung ([X.]) [X.] 1206/2001 des Rates vom [X.] über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (A[X.] [X.] L 174, 1) für alle Verfahren nach dem [X.] eine Erweiterung stattgefunden hat, weil der Begriff der Zivil- oder Handelssachen europarechtskonform weit auszulegen ist, bedarf hier indes keiner Vertiefung. Auch soweit diese Regelungen nicht über § 202 [X.] in Verfahren nach dem [X.] einbezogen sind, muss das Gericht dem Antrag auf Anhörung eines im Ausland wohnhaften Arztes jedenfalls dann entsprechen, wenn besondere Gründe für die Auswahl gerade eines solchen Arztes vorliegen (so [X.] [X.] [X.] 38 zu § 109 [X.]; [X.] in: [X.], aaO, § 109 Rd[X.]a; [X.] in: [X.], aaO, § 109 Rd[X.]5; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 109 Rd[X.] 5a; Roller in: [X.], Hk-[X.], 3. Aufl 2009, § 109 Rd[X.] 7). Das ist zB anzunehmen, wenn eine Spezialfrage zu beantworten ist und der ausländische Arzt hierfür eine besondere Sachkunde aufweist (so: [X.] und Roller, ebenda). [X.] macht auch vorliegend der Kläger geltend, indem er sich darauf stützt, dass gerade [X.] dieser Arzt in [X.] die gewünschte "Kuba-Therapie" im [X.] ebenfalls in [X.] mit Erfolg angewandt habe.

d) Das Antragsrecht des [X.] nach § 109 [X.] war im [X.]-Verfahren auch nicht verbraucht, da bisher kein Gutachten nach § 109 [X.] eingeholt wurde (vgl hierzu allgemein [X.] [X.] [X.] 18 zu § 109 [X.]; [X.] in: [X.], aaO, § 109 Rd[X.]a). Nach den [X.] und damit bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) liegt auch kein Fall des § 109 Abs 2 [X.] vor.

e) Der erkennende Senat kann die Revision des [X.] auch nicht deshalb zurückweisen, weil die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung ergeben, die Entscheidung sich selbst aber aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 170 Abs 1 Satz 2 [X.]). Vielmehr kann das [X.]-Urteil auf dem revisiblen Verfahrensfehler beruhen.

aa) Das [X.] hat durch die unterlassene Beweisaufnahme §109 Abs 1 [X.] verletzt und so die Verfahrensrechte des [X.] als Versicherter auf Einholung eines Gutachtens verkürzt. Ein Verstoß gegen § 109 [X.] stellt - anders als im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 2 [X.]) - einen im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensfehler dar (so schon [X.], 255, 258 und Leitsatz 1; ebenso [X.] [X.] 3-1500 § 109 [X.] 1).

bb) Das [X.]-Urteil stellt sich selbst auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Allerdings hat das [X.] in verfahrensrechtlicher Hinsicht schon nicht beachtet, dass eine Klage auf Kostenerstattung beziffert werden und vom Gericht auf einen entsprechenden Antrag hingewirkt werden muss (vgl zB zuletzt [X.], Urteil vom [X.] KR 5/09 R, Rd[X.] 14, [X.]-2500 § 31 [X.] 15 vorgesehen). Weil das [X.] hierauf aber bisher nicht hingewirkt hat, ist dem Kläger Gelegenheit zur Bezifferung seines Erstattungsbegehrens zu geben.

Entgegen dem Revisionsvorbringen des [X.] führt die - hier in Betracht kommende - grundrechtsorientierte Auslegung des § 18 [X.] V nicht dazu, dass unabhängig von wissenschaftlichen Maßstäben allein die entfernte Hoffnung auf eine positive Einwirkung der "Kuba-Therapie" zu einer Kostenerstattung zwingt, sodass - nach Bezifferung des Begehrens - ohne weitere Beweisaufnahme der Klage stattgegeben werden könnte.

Grundsätzlich setzt ein Kostenerstattungsanspruch aus § 18 [X.] V nach der Rechtsprechung des Senats [X.] voraus, dass die Leistung im Ausland den Kriterien des Q[X.]litätsgebots ( § 2 Abs 1 Satz 3 [X.] V ) entsprochen hat. Das wiederum ist der Fall, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Q[X.]lität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein ( [X.] 84, 90 , 96 f = [X.] 3-2500 § 18 [X.] S 18 f - [X.]; [X.]-2500 § 18 [X.] 6 S 23 ff - [X.]I; [X.]-2500 § 18 [X.] 5 Rd[X.]2 - [X.]II).

Abmilderungen dieser Anforderungen kommen indes infolge grundrechtsorientierter Auslegung der Regelungen des Leistungsrechts der [X.] im [X.] an den Beschluss des [X.] vom 6.12.2005 ([X.]E 115, 25 = [X.]-2500 § 27 [X.] 5) und die dazu inzwischen ergangene umfangreiche Folgerechtsprechung des Senats (vgl zB [X.] 96, 153 = [X.]-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.] 31 - D-Ribose; [X.] 96, 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]1 und 30 f mwN - Tomudex; [X.] 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.] 12, Rd[X.]0 ff mwN - [X.]; [X.] 100, 103 = [X.]-2500 § 31 [X.] 9, Rd[X.] 32 - [X.] Öl; [X.]-2500 § 27 [X.] 16, Rd[X.] 9 mwN - [X.]; vgl zu weiteren Anwendungsfällen zB: [X.], [X.] 2009, 54 ff) auch im Anwendungsbereich des § 18 [X.] V in Betracht (vgl [X.] in: Festschrift 50 Jahre [X.] Sozialgerichtsbarkeit, 2009, [X.], 67). Ist für Versicherte eine nach den Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der [X.] zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich, besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach § 18 [X.] V.

Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nicht nur bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden (vgl [X.] 96, 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]1, 29 mwN - Tomudex), sondern abweichend von der Rechtsauffassung des [X.] auch bei [X.] damit vergleichbaren Erkrankungen wie einer drohenden - hier auch vom Kläger geltend gemachten - Erblindung in Betracht (vgl [X.] 96, 153 = [X.]-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.] 31 - D-Ribose); hochgradige Sehstörungen reichen demgegenüber nicht schon aus (vgl [X.]-2500 § 27 [X.] 16 Rd[X.] 13 ff mwN - [X.]).

Die Folge der verfassungskonformen Auslegung ist es indessen, dass selbst bei Vorliegen einer notstandsähnlichen behandlungsbedürftigen Sit[X.]tion zur Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten bei neuen Behandlungsmethoden ebenso die Einhaltung des Arztvorbehalts (§ 15 [X.] V) und die Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich bleiben. Gleichermaßen ist das Bestehen von mehr als bloß ganz entfernt liegenden Aussichten auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch die streitige Therapie nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu beurteilen (vgl näher [X.] 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.] 12, Rd[X.]2 ff mwN - [X.]). Dies ändert mithin nichts an der Heranziehung und Maßgeblichkeit allein wissenschaftlicher Maßstäbe zur Beurteilung eines Behandlungserfolgs im Recht der [X.], wie sie sich zB in § 2 Abs 1 Satz 3 [X.] V und auch in § 18 Abs 1 [X.] V niederschlagen und in Sondersit[X.]tionen evidenzbezogen abgestuft zur Anwendung gelangen können (vgl auch [X.], Beschluss vom 28.8.2007 - 1 BvR 1617/05 - zur "Kuba-Therapie" bei Retinitis pigmentosa, [X.]beschwerde [X.] gerichtet gegen den Beschluss des Senats vom 15.6.2005 - B 1 KR 111/04 B und das Urteil des Bayerischen [X.] vom 11.11.2004 - L 4 KR 296/03).

Ebenso führt das Vorbringen des [X.] zu keinem anderen Ergebnis, dass Art 3 Abs 1 GG verletzt sei, weil die zivilgerichtliche Rechtsprechung ([X.], [X.], 285; [X.], NJW 1993, 2369) privat Krankenversicherten bei schweren und chronischen Krankheiten auch Anspruch auf experimentelle Therapien einräume und Versicherten der [X.] Entsprechendes nicht vorenthalten werden dürfe. Dem [X.] war in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (aaO) die Rechtslage in der privaten Krankenversicherung durchaus bewusst (vgl [X.]E 115, 25, juris Rd[X.]4, 45, insoweit in [X.] nicht abgedruckt); gleichwohl hat das [X.] angesichts der Besonderheiten der [X.] von [X.] wegen keine uneingeschränkte Übertragung von Maßstäben aus dem Leistungsrecht der privaten Krankenversicherung angeordnet, sondern hierfür bereichsspezifische Grundsätze aufgestellt. Leistungs- und Erstattungsansprüche des [X.] über diese Rechtsprechung und die konkretisierenden, verfassungsgerichtlich nicht beanstandeten Maßstäbe der Folgerechtsprechung des [X.] hinaus scheiden damit aus.

f) Nach alledem ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Bei seiner ggf neu zu treffenden Entscheidung ist das [X.] an die unter a) bis e) dargestellte Beurteilung der Rechtslage durch den Senat gebunden (§ 170 Abs 5 [X.]). Das gilt sowohl hinsichtlich der Pflicht und der Grenzen zur Einholung eines Gutachtens nach § 109 [X.] als auch in Bezug auf die Ausführungen unter e) bb) zu den materiell-rechtlichen Anforderungen an eine hier vom Kläger geltend gemachte verfassungskonforme Auslegung der leistungsrechtlichen Regelungen des Rechts der [X.] sowie zu den Anforderungen an einen auf § 18 [X.] V gestützten Anspruch, der auch im Lichte dieser Grundsätze zu würdigen ist.

2. Die Revision des [X.] ist indessen spruchreif und zurückzuweisen, soweit der Kläger die Verletzung von § 55 [X.] und Regelungen der [X.] rügt. Der Antrag, "festzustellen, dass es einen Verstoß gegen Art 6 Abs 1 [X.] darstellt, dass es mehr als drei Jahre dauerte, bis das [X.] entschieden hat, obwohl es selbst davon ausgeht, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist", ist unzulässig, wie das [X.] im [X.] zutreffend entschieden hat.

Für den erstmals im Berufungsverfahren gestellten Feststellungsantrag fehlt es - unbeschadet der Frage, ob es sich dabei um eine zulässige Klageerweiterung (§ 99 [X.]) handelte - an einem allgemeinen Rechtsschutz- und Feststellungsinteresse (zum fehlenden Anspruch auf förmliche Feststellung einer Menschenrechtsverletzung durch überlange Verfahrensdauer bereits: [X.] <9. Senat> [X.]-3100 § 60 [X.] Leitsatz 3 und Rd[X.] 66 ff). Ein solches Interesse ist generell zu verneinen, wenn (außerhalb von [X.]) einzelne Verfahrensakte und vermeintliche Verfahrensfehler des Gerichts isoliert neben dem [X.] des Rechtsuchenden (hier: Aufhebung des Berufungsurteils und Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung) zur Überprüfung durch ein Rechtsmittelgericht gestellt werden sollen (vgl § 172 Abs 1 und 2, § 177 [X.]; § 153 [X.] iVm § 512 ZPO; § 202 [X.] iVm § 557 Abs 2 ZPO). [X.] verfahrensbezogene gerichtliche Akte sind vielmehr im Zusammenhang mit der instanzabschließenden Entscheidung vom Rechtsmittelgericht im Rahmen der Regelungen des Prozessrechts regelmäßig ohnehin rechtlich mit zu überprüfen. Speziell bezogen auf ein gesondertes, vom Kläger hervorgehobenes Feststellungsinteresse gilt, dass ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses nur ausnahmsweise Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann, nämlich dann, wenn durch diese der zwischen den Beteiligten bestehende Streit im Ganzen bereinigt wird (vgl zuletzt [X.], Urteil vom [X.] - B 1 KR 4/09 R - Rd[X.] 36 mwN, zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] vorgesehen; [X.]-2500 § 124 [X.] 9 S 58 mwN; [X.] in: [X.], [X.], aaO, § 55 Rd[X.] 9, 9a mwN); nichts anderes gilt erst recht, wenn das streitige Rechtsverhältnis in prozess[X.]len Fragen im Rahmen eines ohnehin anhängigen Rechtsstreits besteht. Welches über die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen hinausgehende rechtliche Interesse der Kläger an der Entscheidung des Senats über den Feststellungsantrag haben könnte, ist auch nicht ersichtlich. So macht er selbst nicht etwa geltend, dass ihm der in der Hauptsache begehrte (materielle) krankenversicherungsrechtliche Kostenerstattungsanspruch deshalb zustehe, weil das [X.]-Verfahren überlang gedauert habe. Insgesamt hat die in einem Revisionsverfahren erhobene Rüge der überlangen Verfahrensdauer letztlich keinen Sinn, weil entsprechende Mängel im Vorgehen eines Gerichts sowieso nicht mehr behoben werden können und eine - denkbare - darauf gestützte Zurückverweisung zu einer weiteren Verfahrensverzögerung führen würde (vgl [X.], jurisPR-[X.] 8/2008 [X.] 3 unter C.).

Eine Anspruchsgrundlage für einen durch eine überlange gerichtliche Verfahrensdauer eingetretenen Schaden, der schon in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit selbst geltend gemacht werden könnte, kennt das nationale Recht im Übrigen aktuell nicht (vgl dagegen zur Möglichkeit von Ansprüchen des Betroffenen aus Amtshaftung <§ 839 BGB> sowie aus enteignungsgleichem Eingriff bei vermeidbaren Verzögerungen durch gerichtliche Entscheidungen: [X.]Z 170, 260 = NJW 2007, 830). Lediglich Art 41 [X.] eröffnet einer verletzten [X.] schon im Zuge eines noch laufenden Rechtsstreits einen Anspruch auf "eine gerechte Entschädigung", wenn der [X.]MR feststellt, dass die [X.] verletzt worden ist und das innerstaatliche Recht nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Verletzung gestattet; in einem solchen Fall spricht der [X.]MR eine solche Entschädigung zu, "wenn dies notwendig ist". Die richterrechtliche Anerkennung außerordentlicher Rechtsbehelfe im nationalen Recht zur Vorbereitung der Durchsetzung derartiger Entschädigungsansprüche nach der [X.] scheidet aus. Denn gesetzlich nicht vorgesehene, richterrechtlich geschaffene Rechtsmittel verstoßen im [X.]n Recht gegen das Gebot der Rechtsmittelklarheit und sind somit nicht statthaft (vgl [X.]E 107, 395, 416 ff = [X.]-1100 Art 103 [X.] 1 Rd[X.] 56 ff; [X.]-1500 § 160 [X.] 1 Rd[X.] 11; [X.]-1500 § 160a [X.] 18 Rd[X.] 18 f; [X.] in: [X.], [X.], aaO, § 172 Rd[X.] 8 mwN; abweichend in Bezug auf überlange Verfahrensdauer im Rahmen einer Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde: [X.] <4. Senat> [X.]-1500 § 160a [X.] 11).

Selbst wenn man indessen unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des 9. Senats des [X.] ([X.]-3100 § 60 [X.] Leitsatz 3 und Rd[X.] 68) das Revisionsgericht für berechtigt hält, bei seiner Revisionsentscheidung über das Vorliegen einer überlangen Verfahrensdauer in den Vorinstanzen mit zu befinden, führt dies hier zu keinem dem Kläger günstigen Ergebnis. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass vorliegend entgegen der Ansicht des [X.] nicht ohne Weiteres davon auszugehen ist, dass das im Febr[X.]r 2003 eingeleitete sozialgerichtliche Verfahren unter einer verfahrensfehlerhaften überlangen Dauer iS von Art 6 Abs 1 [X.] gelitten hat. Der [X.]MR macht das Vorliegen einer angemessenen Verfahrensdauer nicht von einem schematischen Zeitablauf abhängig, sondern beurteilt die Angemessenheit im Lichte der Umstände der Rechtssache, des Verhaltens der Beschwerdeführer und der zuständigen Behörden sowie der Bedeutung des Rechtsstreits für die Beschwerdeführer und auch unter Berücksichtigung der Komplexität und Schwierigkeit des Falles (vgl zB [X.]MR, Urteil vom 22.12.2009 - Individ[X.]lbeschwerde [X.] 10053/08, Rd[X.]1; [X.]MR, Urteil vom 26.4.2007 - Individ[X.]lbeschwerde [X.] 30979/96, Rd[X.]3, [X.] 2000-VII; vgl [X.] in: [X.], [X.], aaO, Rd[X.] 3f Vor § 143 mwN). Das [X.]-Verfahren hat hier bis zur Entscheidung durch den Gerichtsbescheid vom [X.] etwa drei Jahre gedauert und ist in eine Zeit gefallen, in der erst der Beschluss des [X.] vom 6.12.2005 (aaO) Klarheit über die höchst umstritten gewesenen maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze bei der Behandlung schwerster Krankheiten und die sich daraus ergebenden Folgerungen für Leistungsansprüche von Versicherten der [X.] brachte.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem [X.] vorbehalten.

Meta

B 1/3 KR 22/08 R

20.04.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend SG Neubrandenburg, 24. März 2006, Az: S 4 KR 5/03, Gerichtsbescheid

§ 55 Abs 1 SGG, § 103 S 1 SGG, § 103 S 2 SGG, § 109 Abs 1 S 1 SGG vom 17.08.2001, § 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 18 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 20.12.1991, EWGRL 362/75, EWGRL 363/75, EWGRL 76/82, EWGRL 594/89, EGRL 16/93, Art 6 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.04.2010, Az. B 1/3 KR 22/08 R (REWIS RS 2010, 7494)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7494

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