Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2013, Az. 1 StR 386/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2284

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1
StR 386/13
vom
2.
Oktober 2013
in der Strafsache
gegen

wegen erpresserischen [X.] u.a.
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat am 2.
Oktober 2013 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts [X.] vom 15.
Februar 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.]
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs.
2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

-
2
-

Ergänzend
in Bezug auf einige der von der Revision erhobenen [X.] bemerkt der [X.]:
1.
Die Rüge, das Tatgericht habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dadurch verstoßen, dass dem Verteidiger des Angeklagten trotz Nachfrage die Teil-nahme an einem mit anderen Verfahrensbeteiligten im Dienstzimmer des [X.] geführten Gespräch über eine Abtrennung des Verfahrens gegen mehrere [X.] verweigert worden war, ist jedenfalls unbegründet.
Weder
der Grundsatz des fairen Verfahrens noch sonstige Regelungen des Verfassungs-
oder des Strafverfahrensrechts verbieten dem Tatgericht, das Verfah-ren betreffende Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten zunächst getrennt zu füh-ren. Selbst bei der Vorbereitung einer -
hier ohnehin nicht vorliegenden
-
möglichen verfahrensbeendenden Absprache dienenden Gesprächen sind derartige Vorgesprä-che nicht ausgeschlossen (BT-Drucks.
16/12310 S.
9 und 12; [X.], Urteil vom 19.
März 2013 -
2
BvR
2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1065 [Rn.
82]). Wie sich aus der Mitteilungspflicht des §
243 Abs.
4 Satz
1 StPO ergibt, setzt das Gesetz in Bezug auf verfahrensbeendende Absprachen die Möglichkeit solcher Vorgespräche sogar voraus. Nach der Rechtsprechung des [X.] müssen eine eventuelle Verständigung betreffende Vorgespräche nicht stets mit sämtlichen [X.] zugleich geführt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 5.
Oktober 2010
-
3
StR
287/10, [X.], 72
f.). Allerdings bedarf es bei der Sondierung der [X.] für eine solche Absprache betreffende Gespräche der anschließenden Informa-tion sämtlicher Verfahrensbeteiligter in öffentlicher Hauptverhandlung über den In-halt, den Verlauf und die Ergebnisse der außerhalb dieser geführten Gespräche ([X.] aaO).

-
3
-

Diesen Anforderungen hat das Tatgericht entsprochen. Wie sich aus der dies-bezüglichen dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden der [X.] ergibt, hat dieser in öffentlicher Hauptverhandlung über das mit dem [X.] der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern der Mitangeklagten geführte Gespräch un-terrichtet. Danach hat die [X.] die von Seiten der Mitangeklagten angeregte Verfahrensabtrennung nicht erwogen. Aus der dienstlichen Stellungnahme der (bei-sitzenden) Richterin am Landgericht Dr.
E.

vom 2.
November 2012
lässt sich er-
gänzend über den Inhalt des Gesprächs entnehmen, dass das Gespräch im Dienst-zimmer des Vorsitzenden sich darauf beschränkte, den Verteidigern der Mitangeklag-ten mitzuteilen, die Kammer verneine die von diesen angeregte Möglichkeit der [X.]. Diesen Gesprächsinhalt habe der Vorsitzende anschließend in der Hauptverhandlung mitgeteilt (zu nicht den gesetzlichen Regelungen über die Ver-ständigung unterfallenden
Gesprächen über die Organisation und Durchführung des Verfahrens vgl. [X.] aaO, NJW 2013, 1058, 1065 [Rn.
84]).
2.
Die Rüge der Verletzung von §
338 Nr.
3 StPO wegen der Ablehnung von Befangenheitsanträgen gegen die drei berufsrichterlichen Mitglieder der [X.] bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die entsprechenden Anträge sind rechtsfehlerfrei abgelehnt worden. Selbst wenn der Ausschluss des Verteidigers des Angeklagten von dem außerhalb der Hauptverhandlung geführten Gespräch über eine Verfah-renstrennung ursprünglich geeignet gewesen sein sollte, berechtigtes Misstrauen gegen die Unbefangenheit [X.] zu begründen, wäre dieses durch den Inhalt von deren dienstlicher Erklärungen über das Gespräch sowie durch die Mitteilung des Vorsitzenden darüber in öffentlicher Hauptverhandlung
ausgeräumt worden (vgl. zu der entsprechenden Bedeutung dienstlicher Stellungnahmen [X.], Beschlüsse vom 18.
Dezember 2007 -
1
StR
301/07, [X.], 229; vom 4.
März

-
4
-

2009 -
1
StR
27/09, [X.], 701;
und vom 5.
Oktober 2010 -
3
StR
287/10,
[X.], 72). Danach war klargestellt, dass die [X.] die seitens der [X.] angeregte Verfahrenstrennung von vornherein nicht erwogen hat. Vom maßgeblichen Standpunkt eines vernünftigen [X.] (st. Rspr.; siehe etwa [X.], Beschluss vom 7.
August 2012 -
1
StR
212/12, [X.], 350) war daher kein Grund für Zweifel an der Unbefangenheit [X.] mehr
gegeben.
3.
Die Rügen, der Vorsitzende sei entgegen §
29 StPO nach (weiteren) gegen ihn gestellten Befangenheitsanträgen vor einer Entscheidung darüber mit Zeugen-vernehmungen fortgefahren und habe trotz einer entsprechenden Beanstandung keine Entscheidung des Gerichts gemäß §
238 Abs.
2 StPO herbeigeführt, bleiben ebenfalls ohne Erfolg.
a)
Soweit die Verletzung von §
29 StPO geltend gemacht wird, genügt die [X.] nicht den gesetzlichen Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO. Zwar lässt sich der Revisionsbegründung noch die erforderliche (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Fe-bruar 2002 -
4
StR
272/01, [X.], 429, 430
mwN) Beanstandung (§
238 Abs.
2 StPO) der Fortsetzung der Zeugenvernehmung entnehmen. Wie der Generalbun-desanwalt in seiner Antragsschrift vom 22.
August 2013 jedoch zutreffend aufgezeigt hat, teilt die Revision weder die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden vom 3.
Oktober 2012 noch den Beschluss der [X.] vom 8.
Oktober 2012 mit. Beides wäre aber erforderlich gewesen, um dem [X.] die Überprüfung zu ermögli-chen, ob der Vorsitzende unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Spielraums ([X.] aaO) die [X.] im Sinne von §
29 Abs.
1 StPO fehlerhaft beurteilt hat. Im Übrigen mangelt es an Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen des §
29 Abs.
2 StPO. Wie die Revision selbst vorträgt, hat sie die beiden hier maßgeblichen

-
5
-

Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden während laufender Hauptverhand-lung gestellt. Das Fortfahren mit Zeugenvernehmungen kann daher auch durch §
29 Abs.
2 Satz
1 StPO gestattet gewesen sein.
b)
Mit der Rüge der Verletzung von §
238 Abs.
2 StPO dringt die Revision ebenfalls nicht durch. Dabei braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob das Unter-bleiben einer Entscheidung des Gerichts trotz einer Beanstandung gemäß §
238 Abs.
2 StPO als solches
einer Revision zum Erfolg verhelfen kann. Falls überhaupt,
kann dies allenfalls dann in Frage kommen, wenn der Rechtsmittelführer durch den Fehler im Beanstandungsverfahren in seinem weiteren Prozessverhalten beschränkt worden ist (vgl. [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
238 Rn.
53 mwN). Dafür ist hier nichts ersichtlich, zumal die beiden Zeugen, auf deren Vernehmung sich die Beanstandung bezog, ausweislich der Sitzungsniederschrift nach ihren Aussagen im allseitigen [X.] entlassen worden sind.
Raum
Wahl
Graf

Cirener
Radtke

Meta

1 StR 386/13

02.10.2013

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2013, Az. 1 StR 386/13 (REWIS RS 2013, 2284)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2284

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