24. Senat | REWIS RS 2011, 6799
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Markenbeschwerdeverfahren – "46/46 (Gemeinschaftsmarke, Wort-Bild-Marke)" – zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit im Bereich Informationsvermittlung, Telekommunikation und Internet – teilweise klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 304 66 511
hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Paetzold
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 8. März 2007 und vom 24. Juli 2009 aufgehoben, soweit die Marke 304 66 511 wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 2 276 483 für folgende Dienstleistungen gelöscht worden ist:
"Bereitstellen von Informationen im [X.], Bereitstellung von Plattformen im [X.], Bereitstellung von Portalen im [X.], Betrieb von [X.], [X.] und Foren; Aktualisieren von [X.]seiten, Beratung bei der Gestaltung von Homepages und [X.]seiten, Dienstleistungen einer Datenbank, Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte, Konzeptionierung von Webseiten, Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Dritte, redaktionelle Betreuung von [X.]auftritten, Styling (industrielles Design), Vergabe und Registrierung von Domainnames."
Insoweit wird der Widerspruch zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I.
Die am 22. November 2004 als Wortmarke angemeldete Zahl
46
ist am 8. Juni 2005 unter der Nr. 304 66 511 für folgende Waren und Dienstleistungen in das Markenregister des [X.] eingetragen worden:
„25: Kopfbedeckungen;
38: Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, Bereitstellen von [X.]zugängen, Bereitstellen von Informationen im [X.], Bereitstellung von Plattformen im [X.], Bereitstellung von Portalen im [X.], Betrieb von [X.], [X.] und Foren, E-Mail-Dienste, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an [X.]adressen (Webmessaging);
42: Zur-Verfügung-Stellen von Webspace (Webhosting), Aktualisieren von Computersoftware, Aktualisieren von [X.]seiten, Beratung bei der Gestaltung von Homepages und [X.]seiten, Beratung für Telekommunikationstechnik, Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen, Betrieb von Suchmaschinen für das [X.], Computersystemdesign, Datensicherung, Datenverwaltung auf Servern, Design von Computersoftware, Design von Homepages und Webseiten, Dienstleistungen einer Datenbank, EDV-Beratung, Erstellen von Webseiten, Gestaltung und Unterhalt von Websites für Dritte, Hard- und Softwareberatung, Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken, Installieren von Computerprogrammen, Konfiguration von Computernetzwerken durch Software, Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderung), Konzeptionierung von Webseiten, Kopieren von Computerprogrammen, Nachforschungen, Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Dritte, redaktionelle Betreuung von [X.]auftritten, Serveradministration, Styling (industrielles Design), technische Beratung Vergabe und Registrierung von Domainnames, Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (Hosting), Vermietung von Computersoftware, Vermietung von Speicherplatz im [X.], Vermietung von Webservern, Wartung von [X.]zugängen, Zur-Verfügung-Stellen von Speicherkapazitäten zur externen Nutzung (Webhosting), Zurverfügungstellung von Speicherplätzen im [X.].“
Die Veröffentlichung erfolgte am 8. Juli 2005.
Widerspruch erhoben ist u. a. aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 2 276 483 (angemeldet am 27. Juni 2001 und eingetragen am 20. März 2003)
die u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen Schutz genießt:
"9: Elektrische, fotografische, Film, optische, [X.], Mess, Signal, Kontroll, Rettungs, Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild, Ton und Daten; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Kassetten, [X.], CDROMs, DVDs; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte; Computerhardware und software;
25: Bekleidung; Kopfbedeckungen; Schuhwaren."
Seitens der Markenstelle für [X.] ist die angegriffene Marke in einem ersten Beschluss vom 8. März 2007 wegen bestehender [X.] gelöscht worden. Die [X.] seien einander ähnlich; sie würden mit "sechsundvierzig" bzw. "vier, sechs" benannt. Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen lägen teils im Identitäts- und teils im [X.] (wird im Einzelnen näher ausgeführt).
Die im Einzelnen näher (u. a. mit Entscheidungen der Markenstelle in parallel anhängigen Widerspruchsverfahren) begründete Erinnerung der Markeninhaberin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 24. Juli 2009 zurückgewiesen worden. Die Erinnerungsprüferin eine Beamtin des höheren Dienstes ist der Auffassung, die sich gegenüberstehenden Marken seien einander verwechselbar ähnlich. Der klangliche Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde durch die Zahl "46" bestimmt; die graphische Gestaltung in Form der Kursivschrift blieben bei der phonetischen Wiedergabe unberücksichtigt. Für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sei von der [X.] auszugehen. Die Waren "Kopfbedeckungen" seien identisch. Zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke in den Klassen 38 und 42 und einem Teil der Waren der jüngeren Marke in [X.] (insbesondere "Datenverarbeitungsgeräte; Computerhardware und software") bestehe in unterschiedlichem Grade Ähnlichkeit.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie stellt den Antrag,
die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 8. März 2007 und vom 24. Juli 2009 aufzuheben und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 2 276 483 zurückzuweisen.
Der Widersprechende stellt den Antrag,
die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2011 haben die Beteiligten ihre gegensätzlichen Standpunkte dargelegt.
Der Senat hat die Zustellung einer Entscheidung an [X.] Statt beschlossen.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nur teilweise in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist ihr wegen der Gefahr einer Verwechslung der sich gegenüberstehenden Marken im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b [X.] (wobei § 42 Abs. 2 Nr. 1 hier noch in der alten, bis zum 30. September 2009 gültigen Fassung anzuwenden ist; vgl. § 165 Abs. 2 [X.] n. F.) der Erfolg zu versagen.
Ob [X.] im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren/Dienstleistungen und der bei der Auswahl und Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 Sabèl/[X.]; [X.], 343, Nr. 48 [X.]; BGH [X.], 903, Nr. 10 SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33). Eine gänzlich fehlende Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kann allerdings nicht durch die anderen Tatbestandsmerkmale der [X.] ausgeglichen werden ([X.] GRUR 1998, 922 [X.]; vgl. auch [X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 27, 57 m. w. Nachw.).
Beide sich gegenüberstehenden Zeichen verkörpern die Zahl 46, die jüngere Marke in normaler Schreibweise, die Widerspruchsmarke graphisch gestaltet, jedoch ohne sonderliche Verfremdung. Zumindest klanglich sind die Vergleichsmarken daher bei [X.] Aussprache auf eine solche ist vorliegend auch bei der Widerspruchsmarke abzustellen völlig identisch. Sie stimmen insoweit auch begrifflich überein.
Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke mag je nach Art der Waren und Dienstleistungen unterschiedlich sein, wobei sich dieser Umstand aber letztlich nicht auf die [X.] auswirkt. Ob "46" für Kopfbedeckungen ebenso wie für sonstige Bekleidungsstücke und für Schuhe eine Konfektionsgröße verkörpert, kann dahingestellt bleiben; denn selbst wenn man der Marke insoweit nur einen geringen Schutzumfang zubilligt, kann eine [X.] angesichts der sonstigen maßgeblichen Faktoren (klangliche) Zeichen- und Warenidentität hier nicht verneint werden. Dass die Zahl "46" für die Waren der Widerspruchsmarke in [X.] eine sachbezogene Bedeutung hätte, ist seitens der Markeninhaberin nicht aufgezeigt worden und auch sonst in keiner Weise ersichtlich.
Gleichwohl ist die jüngere Marke nicht für sämtliche von ihr beanspruchten Dienstleistungen in den Klassen 38 und 42 zu löschen, weil diese im Verzeichnis der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finden und auch zu den Waren in [X.] nicht durchweg ähnlich sind.
Zwar ist die Annahme von Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch ist wegen der unterschiedlichen Beschaffenheit von (körperlichen) Erzeugnissen und (nichtkörperlichen) Dienstleistungsangeboten schon im Regelfall nicht von einer besonderen Nähe auszugehen ([X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 93 m. w. Nachw.). Was die Geräte zur Datenverarbeitung und -übertragung sowie Computerhardware und software anbetrifft, für welche die Widerspruchsmarke u. a. Schutz genießt, so kommen diese heute auf so zahlreichen Gebieten des Geschäftslebens, der Technik, der Verwaltung und Rechtspflege, der Wissenschaft, des Gesundheitswesens usw. zum Einsatz, dass es keinesfalls gerechtfertigt erscheint, diese Waren mit sämtlichen Dienstleistungen, die (auch) unter Zuhilfenahme der elektronischen Datenverarbeitung und -übertragung erbracht werden, als ähnlich anzusehen ([X.], 241 GeDIOS; [X.] 43, 115 = GRUR 2001, 518 d3.net/d.3).
Diese Beurteilung gilt im Grundsatz auch auf den hier betroffenen Gebieten der Informationsvermittlung und Telekommunikation (vgl. auch [X.] GRUR Int. 2006, 49, [X.] - [X.]) sowie des [X.]s, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass derartige Dienstleistungen jedenfalls, soweit sie auf das [X.] bezogen sind sich weitgehend erst entwickelt haben, nachdem die elektronische Datenübertragung ihren Durchbruch erzielt hat, und auf entsprechende Geräte sowie Software angewiesen sind. Um eine uferlose Ausdehnung des [X.]s zwischen Waren und Dienstleistungen auf diesen Gebieten zu vermeiden, hält es der Senat für geboten, im Wesentlichen zwischen Dienstleistungen auf technischem Gebiet und solchen inhaltlicher Art zu differenzieren. Soweit Dienstleistungen in den Klassen 38 und 42, wie sie im vorliegenden Fall beansprucht werden, sich (vorwiegend) mit technischen Aspekten befassen (z. B. Entwicklung, Herstellung, Wartung von Datenverarbeitungsgeräten und Software bzw. Beratung in Bezug auf diese Erzeugnisse) ist von Ähnlichkeit auszugehen. Soweit es dagegen um das Bereitstellen inhaltlicher Informationen (zu beliebigen Themen) und von Diskussionsforen aller Art, Recherchedienstleistungen, die inhaltliche bzw. ästhetische Gestaltung von [X.]auftritten usw. geht, ist mangels eines engen Bezugs zu den betreffenden Geräten die Annahme von Waren/Dienstleistungsähnlichkeit nicht geboten.
Ausgehend von diesen Überlegungen hat der Senat die aus der [X.] ersichtliche Differenzierung getroffen, wobei er in Zweifelsfällen, auch unter Berücksichtigung der bisherigen, teilweise recht weit gehenden Bejahung einer Ähnlichkeit auf den betreffenden Sektoren in der Rechtsprechung des [X.], von einem (überwiegend) technischen Charakter der betreffenden Dienstleistungen ausgegangen ist.
Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 [X.]) besteht kein Anlass.
Meta
11.05.2011
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.05.2011, Az. 24 W (pat) 30/10 (REWIS RS 2011, 6799)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 6799
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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