Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2019, Az. XI ZR 34/19

11. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1692

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Gegenstand

Verbraucherdarlehensvertrag im Altfall: Pflicht zur Angabe von Notarkosten


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des O[X.]landesgerichts Stuttgart vom 18. Dezem[X.] 2018 (6 [X.], juris) wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Insbesondere besteht weder Grundsatzbedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch Bedarf zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO), soweit die Beschwerde meint, nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung (künftig: aF) habe es für das Anlaufen der Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. [X.] in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung, § 492 Abs. 2 [X.], Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF) der konkreten Bezifferung von im Zusammenhang mit der dinglichen Sicherung der Beklagten entstehender Kosten bedurft. Das Gegenteil trifft zu und ist aus Wortlaut, Systematik und Gesetzgebungsgeschichte ohne weiteres ableitbar:

Das Gesetz unterscheidet zwischen Angaben zu "sonstigen Kosten" der Darlehensgewährung, "insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können", in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF und Angaben zu "Notarkosten" in Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF), die der Darlehensnehmer "infolge des Vertragsabschlusses" zu tragen hat. Angaben zu solchen "Notarkosten" sind nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] aF - hier für die Immobiliardarlehensverträge der Parteien maßgeblich - keine vertraglichen Pflichtangaben. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] aF verweist nur auf Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF, nicht auf Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF. Art. 247 § 4 [X.][X.] verlangt gemäß seiner Ü[X.]schrift dem Darlehensge[X.] "[w]eitere Angaben" ab. Daraus folgt, dass Angaben zu "Notarkosten" - schon infolge des [X.] und erst recht im Zusammenhang mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit - ü[X.] die von Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF verlangten Angaben hinausgehen. Weil Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF der Regelung des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF nachfolgt, erhellt aus der systematischen Stellung, dass Angaben zu "Notarkosten" - ob von Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF erfasst oder nicht - generell nicht Regelungsgegenstand des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF sind. Erst recht gilt dies für Gerichtskosten, die weder in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF noch in Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF erwähnt werden.

Auch nach der Gesetzgebungsgeschichte fallen Notarkosten (und Gerichtskosten) nicht unter Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF. Ab dem 11. Juni 2010 wollte der Gesetzge[X.] Informationspflichten auf mehrere Regelungen verteilen. Dazu sah er sich aufgrund der - auf die Immobiliardarlehensverträge der Parteien allerdings nicht anwendbaren - Richtlinie 2008/48/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 ü[X.] [X.] und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ([X.] L Nr. 133 vom 22. Mai 2008, [X.]; [X.]. [X.] L Nr. 207 vom 11. August 2009, [X.] und [X.] L Nr. 234 vom 10. Septem[X.] 2011, [X.]) veranlasst. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF diente der Umsetzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 4 Buchst. i der Richtlinie 2008/48/[X.] (BT-Drucks. 16/11643, [X.]), demzufolge zu erläutern sind "gegebenenfalls die Entgelte für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge, es sei denn, die Eröffnung eines entsprechenden Kontos ist fakultativ, zusammen mit den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sonstige Entgelte aufgrund des Kreditvertrags und die Bedingungen, unter denen diese Entgelte geändert werden können". Die Regelung sollte den Nummern 10 und 11 des [X.] gemäß Anlage 5 zu Art. 247 § 2 [X.][X.] in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung entsprechen, die sich zu Notar- und Gerichtskosten für die Bestellung von Kreditsicherheiten nicht verhalten. Mittels des Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF sollte dagegen die Vorgabe des Art. 5 Abs. 1 Satz 4 Buchst. j der Richtlinie 2008/48/[X.] umgesetzt werden (BT-Drucks. 16/11643, [X.]), dem zufolge - falls zutreffend - der Hinweis auf vom Verbraucher "bei Abschluss des Kreditvertrags zu zahlende Notargebühren" zu erteilen ist.

Zu Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF hat der Gesetzge[X.] festgehalten, da "Notarkosten von Fall zu Fall" variierten, könnten sie "nicht als Geldbetrag angegeben werden" (BT-Drucks. 16/11643, [X.]). Soweit in der Literatur Kosten für die Bestellung von Sicherheiten unter Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 [X.][X.] aF subsumiert werden ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 492 Rn. 121; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2012, § 492 Rn. 50; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 491a Rn. 22 a.E.; [X.]/[X.] in [X.]/Beule/[X.], Handbuch des Fachanwalts Bank- und [X.]italmarktrecht, 5. Aufl., [X.]. 4 Rn. 530), wird dort wie nach Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.][X.] aF jedenfalls keine konkrete Bezifferung der bei Vertragsschluss der Höhe nach nicht feststehenden Kosten verlangt ([X.]/[X.], aaO, Rn. 127; [X.]/[X.], aaO; [X.]/[X.], aaO, Rn. 531 a.E.). Die Hinweise der Beklagten in den Darlehensverträgen, es könnten "noch Fremdkosten, insbesondere im Rahmen einer dinglichen Sicherung Notar- und Grundbuchkosten […] hinzukommen", die "vom Darlehensnehmer zusätzlich zu bezahlen" seien, reichten mithin auch bei Zugrundelegung dieser Auffassung aus.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000 €.

Ellen[X.]ger     

      

Grüne[X.]g     

      

Maihold

      

Menges     

      

Derstadt     

      

Meta

XI ZR 34/19

12.11.2019

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 18. Dezember 2018, Az: 6 U 189/16, Urteil

§ 492 Abs 2 BGB vom 24.07.2010, § 495 Abs 2 S 1 Nr 2 BGB vom 24.07.2010, Art 247 § 3 Abs 1 Nr 10 BGBEG vom 29.07.2009, Art 247 § 4 Abs 1 Nr 1 BGBEG vom 29.07.2009, Art 247 § 9 Abs 1 S 1 BGBEG vom 29.07.2009

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2019, Az. XI ZR 34/19 (REWIS RS 2019, 1692)

Papier­fundstellen: WM2020,86 REWIS RS 2019, 1692

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