Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2014, Az. VII ZR 163/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6152

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 163/13
vom
24. April 2014
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 87 Abs. 2
Die gesetzlichen Regelungen über die [X.] sind in den allgemeinen Grenzen dispositiv. Aus Art.
7 Abs.
2
erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/[X.] des Rates vom 18.
Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handels-vertreter ([X.]. EG Nr.
L
382 S.
17) ergibt sich nichts Gegenteiliges.
[X.], Beschluss vom 24. April 2014 -
VII ZR 163/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24.
April 2014 durch den Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
[X.],
die [X.]in Safari
Chabestari, die [X.] Dr.
Eick
und
Dr.
[X.] und die [X.]in Graßnack
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§
97
Abs.
1 ZPO).
Gegenstandswert: 40.000,00

Gründe:
I.
Die Klägerin, eine ehemalige Handelsvertreterin der [X.], verfolgt mit einer Stufenklage Ansprüche auf Auskunft über bestimmte
nicht verprovisi-onierte, ihrer Meinung nach aber provisionspflichtige Geschäfte sowie auf [X.] des sich aus der zu erteilenden Auskunft ergebenden Provisionsbetrags.
Die Beklagte verlegt die kostenlose Werbezeitschrift "D.
M.", die [X.] in der Region [X.] verteilt wird. Sie schloss mit der Klägerin am 21.
September
1993 einen Handelsvertretervertrag; hierin wurde der Klägerin für einen bestimmten, gesondert festgelegten Bezirk die Vertretung der [X.] zum Zwecke der Akquisition von Zeitungsanzeigen und Werbebeilagen 1
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-

übertragen. Nach §
7 des Vertrags erhielt die Klägerin Provision nur für die von ihr während der Vertragsdauer mit Kunden in ihrem Bereich ordnungsgemäß abgeschlossenen Geschäfte; aus Aufträgen, die ohne ihr
Mitwirken erteilt wür-den, sollte kein Provisionsanspruch entstehen. Der Vertrag wurde auf [X.] geschlossen.
Eine weitere kostenlose, wöchentlich verteilte
Werbezeitschrift mit der Bezeichnung "[X.]" wurde von der [X.] herausgegeben; mit der Vertei-lung der beiden Werbezeitschriften war die [X.]. GmbH beauftragt.
Die Klägerin wie auch andere Handelsvertreter der [X.] wurden ab dem Ende der 1990er-Jahre aufgefordert, auch für die [X.]" Anzeigen und Beilagen zu akquirieren. Am 27.
November 2003 schloss die Klägerin eine schriftliche Ergänzungsvereinbarung zu dem bestehenden [X.]; darin heißt es, dass mit dieser Vereinbarung der Gegen-stand der Handelsvertretung erweitert
werde; ergänzend zu der vertraglich ver-einbarten Vertretung beauftrage die Beklagte die Klägerin zusätzlich mit der Vermittlung von Anzeigen und Beilagen für das Anzeigenblatt "[X.]"; diese [X.] werde mit dem gleichen Provisionssatz vergütet, wie im be-stehenden Handelsvertretervertrag bezüglich der Werbezeitschrift "D.
M." ver-einbart. Die zunächst bis 31.
Mai 2004 befristete Geltung der Ergänzungsver-einbarung wurde schriftlich bis 31.
Dezember 2004 verlängert. Danach setzte die Klägerin die Handelsvertretertätigkeit auch hinsichtlich des
Anzeigenblattes "[X.]" fort und erhielt hierfür von der [X.] auch Provisionen. Mit Wirkung zum 30.
September 2009 kündigte die Beklagte den Handelsvertretervertrag.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe auch Provision für Aufträge des Unternehmens
T.
P. GmbH
& Co. KG zu, die dieses Unternehmen der W.-V.
GmbH für den "[X.]" erteilt habe, auch wenn sie, die Klägerin, selbst solche Aufträge nicht vermittelt habe. Dabei gehe es um Geschäfte ab dem 3
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-

1.
Januar
2007. Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Beklagte schulde der Klägerin auch
Provision für Geschäfte, die der Kunde [X.] R. GmbH
dem "[X.]" für eine im Oktober 2009 neu eröffnete Filiale in [X.] [X.]. Schließlich macht die Klägerin geltend, ihr stünden Provisionsansprüche aufgrund von Aufträgen zu, die der [X.] M. -
ein weiterer Kunde der [X.], den die Klägerin vermittelt habe
-
ab 1.
Januar 2009 für den "[X.]" erteilt habe.
Das [X.] hat die Klage
abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Provisionsansprüche unter anderem unter Hinweis auf die in § 7 des Vertrages getroffene Regelung für nicht gegeben gehalten, weil die Klägerin an den Aufträgen nicht mitgewirkt [X.]. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die nach Zulassung der [X.] ihre vorinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgen möchte. Die [X.] beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückzuweisen.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die von der Beschwerde im Hinblick auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung aufgeworfene Rechtsfrage, ob §
87 Abs.
2 HGB insoweit dispositiv ist, als für den Provisionsanspruch eines [X.] zusätzlich eine Kausalität seiner
Tätigkeit für den Vertragsschluss vorausge-setzt wird, ist nicht klärungsbedürftig.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine ent-scheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf-6
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wirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
April 2013 -
XII ZR 159/12, NJW-RR 2013, 897
Rn.
4; [X.] vom 27.
März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 291). [X.] sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden oder die noch nicht oder
nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. [X.], [X.], 19, 20
m.w.[X.]). Vereinzelt gebliebene abweichende [X.] gebieten die Zulassung der Revision nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
September 2013 -
II ZR 308/12, NJW 2013, 3360 Rn.
10 m.w.[X.]).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die [X.] der genannten Rechtsfrage zu verneinen.
aa)
Es entspricht ganz überwiegender, mit den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 1/3856 S.
23) in Einklang stehender
Meinung, dass die gesetzlichen Regelungen über die [X.] in den allgemeinen Grenzen dispositiv sind (vgl. MünchKommHGB/von [X.], 3.
Aufl., §
87 Rn.
99; Fröhlich
in Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, §
87 HGB Rn.
102; [X.], [X.], 2.
Aufl., §
87 HGB Rn.
13
f.; [X.] in Baumbach/[X.], HGB, 36.
Aufl., §
87 Rn.
48; a.M. [X.], [X.] 156
(1992), 512, 519;
zweifelnd
[X.] in [X.]/[X.]/[X.], HGB, 7.
Aufl., §
87 Rn.
3), und dass jedenfalls durch [X.] bezüglich der [X.] von
§
87 Abs.
2 HGB Abwei-chendes vereinbart werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juni
1978

I
ZR
136/76, [X.], 982,
983).
[X.]) Aus Art.
7 Abs. 2 erster Gedankenstrich der -
Warenvertreter betref-fenden und deshalb im Streitfall nicht unmittelbar einschlägigen
-
Richtlinie 86/653/[X.] des Rates vom 18.
Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handels-vertreter ([X.]. EG Nr. L 382 S.
17) ergibt sich nichts Gegenteiliges
(a.M. 10
11
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-
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-

[X.], [X.] 156 (1992), 512, 517 ff.; zweifelnd [X.] in [X.]/[X.]/[X.], HGB, 7.
Aufl., §
87 Rn.
3). Angesichts der Entstehungsgeschichte dieser Richt-linie besteht keinerlei Raum für einen vernünftigen
Zweifel (vgl. [X.], [X.]. 1982, 3415 Rn. 16 -
C.I.L.F.I.T.), dass Art.
7 Abs.
2 erster Gedankenstrich Ver-einbarungen der Parteien des Handelsvertretervertrags
nicht hindert, die von der in der genannten Richtlinienbestimmung vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des [X.] abweichen. Im Vorschlag einer Richtlinie des [X.] die (selbständigen) Handelsvertreter betreffend, [X.].
EG
Nr.
C
13/2 vom 18.
Januar
1977,
ist die betreffende Regelung, soweit sie für den Handelsver-treter vorteilhaft ist, zwingend ausgestaltet. Nach Art.
35 Abs.
1 des genannten Vorschlags ist eine Vertragsbestimmung nichtig, mit der die Parteien zum Nach-teil des Handelsvertreters unter anderem von Art.
12 Abs. 1 abweichen. Die Endfassung der Richtlinie 86/653/[X.] enthält eine Art.
35 Abs.
1 des [X.] entsprechende Bestimmung nicht. Vielmehr ist nur in einzelnen [X.] der Endfassung der Richtlinie 86/653/[X.] (vgl. Art.
10 Abs.
4, Art.
11 Abs.
3, Art.
12 Abs.
3, Art.
19) statuiert, dass
von bestimmten Artikeln nicht durch Vereinbarung zum Nachteil des Handelsvertreters abgewichen wer-den kann. Art.
7 der Richtlinie 86/653/[X.] enthält eine
solche Regelung gera-de nicht. Dem Urteil des Gerichtshofs vom 12.
Dezember 1996
[X.]/95, [X.]. 1996 [X.] (Kontogeorgas)
ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Nach [X.] ist Art.
7 Abs.
2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/[X.] dahin auszulegen, dass ein Handelsvertreter, dem ein Bezirk zugewiesen ist, Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte hat, die ohne seine Mitwirkung mit Kunden abgeschlossen wurden, die diesem Bezirk angehören. In dem zu-grunde liegenden Fall hatten die Parteien eine [X.] nicht ausdrück-lich ausgeschlossen oder eingeschränkt, sondern insoweit keinerlei Regelung getroffen (vgl. von Hase, BuW 2003, 685, 689). Im Übrigen sehen die gesetzli-

-
7
-

chen Regelungen zur Umsetzung von Art.
7 Abs.
2 der Richtlinie 86/653/[X.] in Österreich (Art.
8 Abs.
4 österreichisches Handelsvertretergesetz) und [X.] (Art.
1748 Abs.
2 Codice Civile) ausdrücklich vor, dass Vereinbarungen der [X.] zulässig sind, die von der in Art.
7 Abs.
2
erster Gedankenstrich der [X.]/653/[X.] vorgesehenen Provisionsregelung bezüglich der Provision des [X.] abweichen (vgl. von Hase, BuW 2003, 685, 689).
cc) Vor diesem Hintergrund hält der Senat ein [X.] an den [X.] zur
Auslegung von Art.
7 Abs.
2 erster Gedankenstrich der Richtlinie 86/653/[X.] im Streitfall nicht für veranlasst.
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8
-

2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeig-net wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine
[X.] zuzulassen ist (§
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO).

[X.]
Safari Chabestari
Eick

[X.]

Graßnack

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.10.2012 -
2 [X.] 7843/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 07.06.2013 -
5 U 2094/12 -

14

Meta

VII ZR 163/13

24.04.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2014, Az. VII ZR 163/13 (REWIS RS 2014, 6152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6152

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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