25. Senat | REWIS RS 2016, 3645
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Markenbeschwerdeverfahren - "myProtection" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 049 266.8
hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 20. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
myProtection
ist am 4. September 2013 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] geführte Markenregister für die nachfolgenden Dienstleistungen der Klasse 36 angemeldet worden:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; [X.]; Vermögensplanung; Vermögensverwaltung; Informationen (Auskünfte) zu und Beratung in Finanzierungs-, Vermögensanlage-, Vermögens- und Versicherungsangelegenheiten; finanzielle Anlagenberatung; Vermittlung von Vermögensanlagen, Kapitalanlagen, Immobilienanlagen, Versicherungen, Bausparverträgen; Finanzierungen und Vermögensschutz, soweit in Klasse 36 enthalten.
Die Markenstelle für Klasse 36 des [X.]s hat diese unter der Nummer 30 2013 049 266.8 geführte Anmeldung mit Beschluss vom 26. März 2014 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich das Zeichen aus den beiden [X.] Begriffen „my“ und „protection“ zusammensetze. Beide Begriffe seien dem Grundwortschatz zuzuordnen. Das Possessivpronomen „my“ bedeute „mein“, der Begriff „protection“ bedeute „Schutz“, „Sicherung“, „Absicherung“. In diesem Sinne würden wesentliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen mit der Bedeutung „mein Schutz“ bzw. „meine Absicherung“ verstehen. Die Kombination des Possessivpronomens „my“ mit einem beworbenen Produkt sei im Verkehr üblich und allgegenwärtig, etwa in den Begriffen „[X.]“, „[X.]“ oder „myToys“. Der Verkehr sei an die Wortkombinationen, die den Eindruck eines personalisierten Produkts erwecken sollten, gewöhnt. Der Verkehr werde daher das Zeichen als die gattungsmäßige Bezeichnung einer Absicherung bzw. eines Schutzes gegenüber Gefahren, allgemeinen Lebensrisiken und Vermögensverlust verstehen. Damit stehe für die beanspruchten Dienstleistungen ein objektiv beschreibender Sachhinweis im Vordergrund, insbesondere die Absicherung gegenüber Verlusten. Aus diesem Grund bestehe auch ein Freihaltebedürfnis. Dies zeige schon der Werbeslogan der Anmelderin: „Wir helfen Ihnen, sich optimal gegen alle finanziellen Unwägbarkeiten abzusichern“.
Die Anmelderin vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass es fraglich sei, ob die Wortkombination von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden werde. Etwa drei Viertel der Konsumenten würden englischsprachige Werbung falsch oder gar nicht verstehen. Darüber hinaus könne der Begriff „protection“ auch mit den Begriffen „Geborgenheit“, „Wahrung“, „Schonung“ sowie „Hut“ übersetzt werden. Die Bedeutung „Absicherung“ habe „protection“ nur im technischen Sinne. Deswegen sei eine Übersetzung mit „meine Absicherung“ besonders fernliegend. Hinsichtlich keiner der beanspruchten Dienstleistungen habe das Zeichen einen beschreibenden Begriffsinhalt. So verstehe man z. B. unter „Geldgeschäften“ jeglichen Zahlungsverkehr. Der Inhalt eines solchen Geldgeschäfts werde aber nicht durch die Wortkombination „myProtection“ beschrieben. Auch die Dienstleistung „Vermögensschutz“ sei nicht generell als Dienstleistung zum Schutz bzw. zur Absicherung vor verschiedenen Ereignissen anzusehen. Der Begriff „myProtection“ sei daher ausreichend schwammig, vage und interpretationsbedürftig. Er erläutere nicht, ob und was für eine Dienstleistung angeboten werde.
Im Übrigen habe sich der Prüfer des [X.] mit der Voreintragung des Zeichens „my Protect“ inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Zudem seien auch folgende, ähnliche Marken eingetragen worden: „[X.]“ für die Vermittlung von Vermögensanlagen sowie „Investment Protection“ (Wort/Bildmarke), „Capital Protection“ (Wort/Bildmarke) und „[X.]“ jeweils eingetragen für Versicherungs-, Finanz-, und [X.] und Geldgeschäfte bzw. Dienstleistungen auf dem Gebiet offener Investmentfonds.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.]s vom 26. März 2014 aufzuheben.
Die Anmelderin hat ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, den Hinweis des Senats vom 23./26. September 2016 und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 [X.]).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - [X.]; [X.], 850 Rn. 17 - [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a. a. O.).
Die angemeldete Bezeichnung ist für den Verkehr inhaltlich ohne weiteres verständlich. Zum einen darf das Verständnis fremdsprachiger Begriffe auch beim Durchschnittsverbraucher nicht zu gering veranschlagt werden (Stöbele/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 168). Zum anderen sind – wie das [X.] zutreffend dargelegt hat – beide Begriffe, aus denen die Bezeichnung zusammengesetzt ist, zum [X.] Grundwortschatz zu zählen. Zudem besteht die Bezeichnung schon im Hinblick auf die Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar aus zwei Begriffen, nämlich „my“ und „Protection“. Der Begriff „my“ bedeutet „mein“ und wird in der Produktwerbung und -anpreisung auch im Inland häufig dazu verwendet, auf ein individuelles, auf den jeweiligen Verbraucher abgestimmtes Produktangebot hinzuweisen ([X.], Beschluss vom 8. Oktober 2015, [X.]. 25 W (pat) 21/13 – [X.] – [X.] ist über die Homepage des [X.] im Volltext zugänglich; [X.], [X.], 949 - [X.]). „Protection“ bedeutet „Schutz“ und ist nicht zuletzt auch im Hinblick auf im Inland sinnverwandte geläufige Fremdwörter wie „Protektion, Protektionismus, Protektorat oder Protegé“ selbst ohne Englischkenntnisse ohne weiteres verständlich.
Ausgehend davon wird ein ausreichend relevanter Teil des Verkehrs die Bezeichnung „myProtection“ als sachlichen Hinweis auf eine Absicherung gegen Risiken verstehen, die sich bei sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen ergeben können. Die Begriffe „Protect“ oder „Protection“ werden insbesondere im Versicherungsbereich häufig als (werbe)übliche Bezeichnung bzw. als Hinweis auf den „(Versicherungs-)Schutz“ selbst verwendet (vgl. Rechercheunterlagen des Senats zum Ladungszusatz vom 23./26. September 2016, [X.]. 126 – 139 d. A.). Entsprechende Risikoabsicherungen sind auch im Zusammenhang mit anderen Finanzdienstleistungen üblich (z. B. zur Absicherung von Krediten etwa durch Lebensversicherungen oder im Zusammenhang mit der Absicherung von Währungsrisiken). Insbesondere hinsichtlich der Dienstleistung „Geldgeschäfte“ – für welche die Anmelderin keinen beschreibenden Begriffsinhalt erkennen will – besteht ein erheblicher Bedarf an Absicherung. Bei Geldgeschäften ist die Sicherheit der Transaktionen geradezu essenziell, so dass entsprechende Dienstleister vor allem die Sicherheit ihres Angebots werbend in den Vordergrund stellen. Entsprechendes gilt auch im Zusammenhang mit den Dienstleistungen „[X.]“, da auch bei Immobiliengeschäften entsprechende Risikoabsicherungen z. B. im Zusammenhang mit der Finanzierung - um nur einen Aspekt zu nennen - üblich sind.
Soweit sich die Anmelderin auf [X.] beruft, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des [X.] (vgl. [X.], 1093 Rn. 18 - [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 - [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach bei [X.], aber auch bei abweichenden Entscheidungen weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). [X.] über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung.
Ausgehend von den Ausführungen zur Unterscheidungskraft, spricht einiges dafür, dass auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht. Dies kann im Ergebnis offen gelassen werden.
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.
Meta
20.10.2016
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.10.2016, Az. 25 W (pat) 546/14 (REWIS RS 2016, 3645)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 3645
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
33 W (pat) 100/10 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "BerufsunfähigkeitsVorsorge" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
33 W (pat) 56/10 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "ErwerbsunfähigkeitsVorsorge" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
25 W (pat) 570/18 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "MyFuel" – fehlende Unterscheidungskraft
25 W (pat) 567/18 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "My Cell" – fehlende Unterscheidungskraft
25 W (pat) 504/19 (Bundespatentgericht)
Markenbeschwerdeverfahren – "MyLocation" – fehlende Unterscheidungskraft
Keine Referenz gefunden.