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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Anwaltliches Berufsrecht: Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls
Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes [X.] vom 21. August 2020 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
I.
Der Kläger ist seit 1994 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 20. Februar 2020 widerrief die Beklagte die Zulassung des [X.] wegen [X.] (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]). Der [X.] hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s.
II.
Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein [X.] nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - [X.] ([X.]) 47/18, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den [X.] dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. März 2019 - [X.] ([X.]) 66/18, juris Rn. 5).
Entsprechende Zweifel vermag der Kläger nicht darzulegen. Das Urteil des [X.]s steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats.
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen [X.]s, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 4. März 2019 - [X.] ([X.]) 47/18, juris Rn. 4 und vom 7. Dezember 2018 - [X.] ([X.]) 55/18, juris Rn. 5; jeweils mwN).
Die Begründung des Zulassungsantrags gibt keine Veranlassung zu einer Überprüfung der ständigen Rechtsprechung des Senats. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Hinausschieben des Zeitpunkts der Beurteilung einer Widerrufsverfügung nicht geboten. Dass der Rechtsanwalt bei nachträglichen Entwicklungen auf ein Wiederzulassungsverfahren verwiesen wird, führt entgegen der Auffassung des [X.] nicht zu unverhältnismäßigen Ergebnissen und verstößt auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die beruflichen Nachteile, die einem Rechtsanwalt durch den Verweis auf ein erneutes Zulassungsverfahren entstehen, sind vergleichsweise gering, denn der Rechtsanwalt hat bei nachträglichem Wegfall des [X.] einen Anspruch auf sofortige Wiederzulassung und kann jederzeit einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser setzt nicht voraus, dass der [X.] abgeschlossen ist. Sind die Voraussetzungen für die Wiederzulassung erfüllt, ist die Rechtsanwaltskammer vielmehr unabhängig davon zur Wiederzulassung verpflichtet. Der Rechtsanwalt kann gegebenenfalls gegen einen ablehnenden Bescheid gerichtlich vorgehen und dieses Verfahren kann mit dem [X.] verbunden werden. Auf diese Weise kann bei zweifelsfreiem Wegfall des [X.] eine lückenlose Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sichergestellt werden (vgl. nur Senat, Beschluss vom 13. Juni 2019 - [X.] ([X.]) 25/19, juris Rn. 6 mwN).
2. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung befand sich der Kläger in Vermögensverfall. Nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.]s war er zu diesem Zeitpunkt mit Forderungen in Höhe von 464.165,70 € und 33.542,13 € in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis eingetragen (§ 882b ZPO) und hat wegen dieser Forderungen die Vermögensauskunft abgegeben. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] wird der Vermögensverfall des [X.] deshalb widerlegbar vermutet.
Zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung hat der Rechtsanwalt ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorzulegen und konkret darzulegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet waren (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 21. Dezember 2018 - [X.] ([X.]) 33/18, juris Rn. 10 und vom 30. Januar 2017 - [X.] ([X.]) 61/16, juris Rn. 4). Das ist hier nicht erfolgt. Der Kläger hat nicht dargelegt, wie er die noch offenen Forderungen im Zeitpunkt des [X.] zurückführen oder anderweitig regulieren wollte. Er hat sowohl erstinstanzlich als auch im Zulassungsantrag lediglich eine grobe Vermögensübersicht mit Stand 30. Juli 2020 vorgelegt, in der als Aktiva eine Immobilie im Wert von 450.000 € sowie bestrittene eigene Forderungen in Höhe von ca. 377.000 € aufgeführt sind. Hierdurch wird - wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat - die Vermutung des [X.] nicht widerlegt. Es ist hieraus schon nicht ersichtlich, wie - bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Widerrufsverfügung - die offenen Forderungen zurückgeführt werden sollten. Das vom Kläger behauptete Immobilienvermögen kann nicht berücksichtigt werden. Denn Vermögenswerte können nur dann von Bedeutung sein, wenn sie liquide sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - [X.] ([X.]) 47/18, juris Rn. 6). Immobilienvermögen ist dementsprechend nur von Relevanz, wenn es dem Betroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hat (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2019 - [X.] ([X.]) 21/19, juris Rn. 8). Dies ist nicht ersichtlich. Der Vortrag des [X.] lässt Rückschlüsse auf eine solche Liquidität nicht zu.
Entsprechendes gilt für die ihm nach seinen Angaben zustehenden Forderungen. Diese sind streitig und nicht tituliert, so dass nicht ersichtlich ist, dass sie dem Kläger als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden haben (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2019 - [X.] ([X.]) 6/19, juris Rn. 30). Abgesehen davon ergeben sich selbst bei deren Berücksichtigung noch offene Forderungen in Höhe von über 120.000 €.
3. Das Vorbringen des [X.], dass es mit der Gläubigerin der Hauptforderung eine Vereinbarung über die Tilgung der Verbindlichkeiten gegeben habe, die von dieser gebrochen worden sei, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Es ergibt sich aus diesem Vortrag schon nicht, welche Vereinbarung wann geschlossen worden sein soll und wie sich diese auf die titulierte Forderung auswirken soll. Abgesehen davon geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von einer Tatbestandswirkung der Titel und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus. Im [X.] nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] werden demnach Titel und Vollstreckungsmaßnahmen nicht auf ihre inhaltliche und verfahrensrechtliche Richtigkeit überprüft. Behauptete Fehler sind in den jeweils vorgesehenen Verfahren geltend zu machen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. Februar 2019 - [X.] ([X.]) 65/17, juris Rn. 8 mwN).
4. Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.] zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2018 - [X.] ([X.]) 65/18, juris Rn. 7). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern.
Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung zum maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] ausnahmsweise nicht bestand, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere reicht der Vortrag des [X.], dass sich seine anwaltliche Tätigkeit auf die Prüfung und Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen beschränke, er keine forensische Tätigkeit in anderen Rechtsgebieten als dem Steuerrecht ausübe, er keine Angestellten und keinen Umgang mit Mandantengeldern habe und auf den Konten kein Mandantengeld liege, hierfür nicht aus. Denn derartige selbst auferlegte, aber rechtlich nicht abgesicherte und deshalb jederzeit abänderbare Beschränkungen des Rechtsanwalts genügen nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats nicht, um eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Januar 2020 - [X.] ([X.]) 70/19, juris Rn. 10 mwN).
5. Ohne Erfolg macht der Kläger schließlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend, weil der Widerruf als existenzvernichtender Eingriff in die Freiheit des Berufes unverhältnismäßig und verfassungswidrig sei. Der Widerruf der Zulassung beruht auf gesetzlichen Regelungen, gegen deren Verfassungsmäßigkeit der Senat keine Bedenken hat. Er bewirkt kein endgültiges Berufsverbot und vernichtet damit entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht dessen berufliche Existenz oder treibt ihn in die Insolvenz. Die Nachteile, die einem Rechtsanwalt durch den Widerruf der Zulassung entstehen, sind vielmehr vergleichsweise gering, denn der Rechtsanwalt hat bei nachträglichem Wegfall des [X.] - wie ausgeführt - einen Anspruch auf sofortige Zulassung und kann jederzeit einen solchen Antrag stellen. In Anbetracht dessen ist der Widerruf der Zulassung auf Grund des durch die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vermuteten [X.] und der damit verbundenen Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig und verstößt nicht gegen die Verfassung (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2019 - [X.] ([X.]) 6/19, juris Rn. 35). Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich im Hinblick hierauf entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht unter Berücksichtigung dessen, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nach oben genannten Kriterien nicht voraussetzt, dass dem Rechtsanwalt - vermögensbezogene - Straftaten vorzuwerfen sind.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].
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01.02.2021
Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen
Beschluss
Sachgebiet: False
vorgehend Anwaltsgerichtshof Hamm, 21. August 2020, Az: 1 AGH 7/20, Urteil
§ 14 Abs 2 Nr 7 BRAO, § 807 Abs 1 S 1 ZPO, § 882b ZPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.02.2021, Az. AnwZ (Brfg) 34/20 (REWIS RS 2021, 9028)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 9028
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