Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2004, Az. III ZR 25/04

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 983

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS [X.]/04
vom 28. Oktober 2004 in der [X.]andsache

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 39

Das Vorliegen einer "Vertrauensgrundlage" für Vorbereitungen des Eigentümers zur Verwirklichung von im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten setzt nicht voraus, daß für das beabsichtigte Vorhaben die Erschließung bereits vorhanden bzw. im Sinne des § 30 Abs. 1 [X.] "gesichert" ist. Es reicht aus, wenn mit der Erschließung in absehbarer Zeit - etwa auch durch den Eigentümer selbst in Verwirklichung seines Vorhabens - gerechnet werden kann.
[X.], Beschluß vom 28. Oktober 2004 - [X.]/04 - OLG Frankfurt am Main

LG Kassel - 2 -

[X.] hat am 28. Oktober 2004 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.]

beschlossen:
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Senats für [X.]andsachen des [X.] vom 15. Dezember 2003 - 100 U 1/03 ([X.]) - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert: 3[X.] •.

Gründe:
[X.]
Die Beteiligte zu 2 erwarb Grundstücke im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 vom 2. Juni 1975 der Beteiligten zu 1 ("Gewerbegebiet Haischwiese") und beantragte 1993 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Er-richtung eines Gefahrstofflagers. Daraufhin verhängte die Beteiligte zu 1 am 11. September 1994 eine - zur Aussetzung der Entscheidung über den [X.] 3 -

nehmigungsantrag der Beteiligten zu 2 führende - Veränderungssperre und änderte anschließend den Bebauungsplans Nr. 12 dahin, daß eine Nutzung der Grundstücke der Beteiligten zu 2 als Lager für wassergefährdende und bo-denverunreinigende Stoffe ausgeschlossen ist.

Auf das Entschädigungsbegehren der Beteiligten zu 2 gemäß § 39 [X.] hat die Beteiligte zu 3 (höhere Verwaltungsbehörde) eine von der [X.] zu 1 an die Beteiligten zu 2 zu zahlende Entschädigung in Höhe von 772.417,30 DM (richtig umgerechnet: [X.] •) festgesetzt. Im gerichtlichen Verfahren hat zwar das Landgericht (Kammer für [X.]andsachen) den Be-scheid der Beteiligten zu 3 aufgehoben, das [X.] (Senat für Bau-landsachen) hat ihn jedoch auf die Berufung der Beteiligten zu 2 wiederherge-stellt.

I[X.]
Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat keinen Erfolg. Weder ergibt sich aus ihrem Vorbringen, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch erfordert die Fortbil-dung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Was die Frage der Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans Nr. 12 vor dessen - den Entschädigungsanspruch der Beteiligten zu 2 auslösenden - Änderung angeht, hat das Berufungsgericht in nicht revisibler Anwendung des § 5 Abs. 4 [X.] angenommen, daß ein etwaiger landesrechtlicher Verfahrens-- 4 -

mangel bei der Aufstellung (Nichtanhörung des Ortsbeirats, § 82 Abs. 3 [X.]) mangels fristgerechter Geltendmachung für die Rechtswirksamkeit der Satzung unbeachtlich wäre. Diese landesrechtliche Möglichkeit der "Heilung" einer [X.] wird beim Bebauungsplan nicht durch § 215a [X.] verdrängt. Für das durch letztere Vorschrift eröffnete Verfahren ist Raum, wenn - noch - ein be-achtlicher Mangel der Satzung vorliegt; ist der Fehler nach Landesrecht bereits unbeachtlich geworden, besteht nach dem eindeutigen Regelungszusammen-hang für ein solches Verfahren kein Anlaß.

2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich auch keine Revisionszu-lassungsgründe, soweit das Berufungsgericht der Beteiligten zu 2 zugesteht, "im berechtigten Vertrauen" auf den Bestand des Bebauungsplans Nr. 12 Vor-bereitungen für ihr Bauvorhaben getroffen zu haben.

a) Mit dem Hinweis auf ihr Vorbringen, die Aufwendungen der Beteiligten zu 2 seien von vornherein wertlos gewesen, weil die von ihr geplante und [X.] Anlage keine Genehmigung nach § 4 BImSchG erhalten hätte, wirft die Beschwerde der Sache nach keine rechtsgrundsätzliche Frage auf, son-dern sie beanstandet nur die - wie sie meint, unzureichenden - tatrichterlichen Feststellungen zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens der Beteiligten zu 2. Indessen ergibt sich aus dem Zusammenhang der Ausführungen des [X.], insbesondere auch in Verbindung mit der Begründung des [X.] der Beteiligten zu 3 vom 19. Dezember 2001, daß nach dem damaligen Kenntnisstand von der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens auszugehen war, zumal auch sämtliche im [X.] eingeholten Stellungnahmen der anzuhörenden anderen behördlichen Stellen positiv waren bzw. keine Einschränkungen erhoben wurden. - 5 -

b) Zur Zulassung der Revision nötigt auch nicht die Rüge der [X.], daß das Berufungsgericht sich nicht mit dem Vorbringen der Beteiligten zu 1 auseinandergesetzt habe, für das Vorhaben der Beteiligten zu 2 sei die für eine Baugenehmigung nach § 30 [X.] erforderliche Erschließung nicht ge-geben bzw. gesichert gewesen. Wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend [X.], kommt es für den Entschädigungsanspruch nach § 39 [X.] nicht darauf an, ob für das von der Planänderung betroffene Bauvorhaben bereits eine Erschließung vorhanden bzw. diese im Sinne des § 30 [X.] "gesichert" ist (zu letzterem Erfordernis vgl. [X.], in: [X.] Kommentar [X.], 3. Aufl. [August 2002] § 30 Rn. 12 ff, 14). Unter dem für § 39 [X.] aus-schlaggebenden Gesichtspunkt, ob sich aus der planungsrechtlichen Situation und den sonstigen rechtlichen und örtlichen Gegebenheiten eine "Vertrauens-grundlage" für Vorbereitungen des Eigentümers zur Verwirklichung von im Be-bauungsplan vorgesehenen Nutzungsmöglichkeiten ergeben hat, muß es aus-reichen, wenn mit der Erschließung in absehbarer Zeit - etwa auch durch den Eigentümer selbst in Verwirklichung seines Vorhabens - gerechnet werden kann ([X.], in: [X.], [X.] 6. Aufl., § 39 Rn. 30; [X.], in: [X.] Kommentar [X.] 2. Aufl. § 39 Rn. 9; vgl. auch [X.], in: [X.] [X.], 3. Aufl. [Juli 2004], § 39 Rn. 18; [X.], in: [X.], [X.] [April 1997], § 30 Rn. 14; enger allerdings: [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 39 Rn. 9; [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/ [X.], [X.] § 39 Rn. 14 f). Vorliegend hatte die Beteiligte zu 2 in den Tatsacheninstanzen unwidersprochen vorgetragen, es sei davon auszugehen gewesen, daß die Erschließungsanlage spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlage benutzbar sein werde.
- 6 -

3. Keine durch eine revisionsgerichtliche Entscheidung klärungsbedürftige Frage wirft die Beschwerde auf, soweit sie meint, auf den Anspruch aus § 39 [X.] müsse der das Planungsschadensrecht (§§ 40-42 [X.]) beherr-schende Rechtsgedanke des § 42 Abs. 3 [X.] übertragen werden, wonach dann, wenn die zulässige Nutzung eines Grundstücks erst nach einer Frist von sieben Jahren aufgehoben oder geändert wird, der Eigentümer grundsätzlich nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung verlangen kann (zur Reichweite dieser Reduktion vgl. Senatsurteil [X.] 141, 319, 322). Diese Rechtsauffassung, die in der Fachliteratur, soweit ersichtlich, nirgends vertre-ten wird trifft - eindeutig - nicht zu (ausdrücklich ablehnend: [X.], aaO, Rn. 4; [X.], aaO, Rn. 12; [X.], in: [X.], [X.] Praxiskommentar, § 39 Rn. 4). Im Rahmen des § 39 [X.] geht es um den Ersatz konkreter Aufwen-dungen, die im Vertrauen auf eine bestimmte Planungslage getätigt wurden. Solche Aufwendungen sind auch noch nach Ablauf der besagten [X.] grundsätzlich schutzwürdig.

4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

[X.] [X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

III ZR 25/04

28.10.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2004, Az. III ZR 25/04 (REWIS RS 2004, 983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 983

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