Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2015, Az. I ZB 69/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3857

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:151015BIZB69.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]

Verkündet am:

15. Oktober 2015

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 8 Abs. 2 Nr. 10
Der Umstand, dass eine Marke gegen rein dekorative Verwendungsformen ins Feld geführt wird, begründet nicht den Vorwurf einer böswilligen Anmeldung (§
8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]), wenn nicht weitere Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliches [X.] hinzutreten.
[X.], Beschluss vom 15. Oktober 2015 -
I [X.] -
[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
15.
Oktober 2015 durch die
Richter Prof.
Dr.
Koch,
Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin
Dr.
[X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der [X.] des 27.
Senats ([X.]) des Bundes-patentgerichts vom 29.
April 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe:

[X.] Für die
Markeninhaberin ist seit dem 17.
März
2011
die Wortmarke Nr.
30
2010
068
486

[X.]

für
folgende Waren eingetragen:

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise-
und Handkoffer; Re-genschirme, [X.] und [X.], Peitschen, [X.] und Sattlerwaren;

1
-
3
-
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit nicht in anderen Klas-sen enthalten;

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.

Der Antragsteller
hat beim Deutschen Patent-
und Markenamt die Lö-schung der Eintragung der Marke mit der Begründung beantragt, sie sei nicht unterscheidungskräftig
und zudem
böswillig angemeldet
worden.

Das Deutsche Patent-
und Markenamt hat die Löschung der Marke [X.]. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Markeninhaberin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.], 71). Hiergegen wendet sich die [X.] mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der
Antragsteller
beantragt.

I[X.] Das [X.] ist vom Vorliegen des
Löschungsgrundes
der böswilligen Markenanmeldung (§
8 Abs.
2 Nr.
10, §
50 Abs.
1 [X.])
ausgegangen und hat dazu
ausgeführt:

Die Markeninhaberin habe die mit der Eintragung der Marke verbundene Sperrwirkung zweckfremd einsetzen wollen. Sie habe eine Reihe von Wortmar-ken wie etwa
"[X.]", "Küchenfee", "Albglück", "Junges Gemüse", "[X.]", "[X.]"
angemeldet, die andere Hersteller von [X.] an der Verwendung
allgemein üblicher Ausdrücke hindern sollten.
Die [X.] sei eigenem Bekunden zufolge nach ihr gegenüber erfolgten [X.] aus anderen Marken, die sie bei der Verwendung ihrer Dekore behin-dert
hätten, auf den Gedanken der Anmeldung zahlreicher Marken gekommen. Es sei zwar verständlich und grundsätzlich nicht zu missbilligen, dass sie mit der Anmeldung der Marke "[X.]" eine dekorative Nutzung gegen [X.] Dritter verteidigen wolle. Dass sich die Markeninhaberin ungerechtfertig-2
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5
-
4
-
ten Angriffen ausgesetzt gesehen habe, berechtige sie aber nicht, ihrerseits mittels des Markenrechts weitere Marktteilnehmer zu behindern.

Sie sei mit zwei Abmahnungen gegen Wettbewerber vorgegangen, die [X.] mit der Aufschrift "[X.]" vertrieben hätten. Auch wenn es sich nach dem Dafürhalten der Markeninhaberin um markenmäßigen Gebrauch gehandelt habe, seien die Beweggründe der Abmahnungen gleichwohl rechts-missbräuchlich. Es liege insoweit kein markenmäßiger, sondern rein dekorativer Gebrauch vor. Die
mit diesen Abmahnungen befassten [X.] hätten wegen der Verwendung in der Angebotszeile eines Internet-Angebots
zwar
einen markenmäßigen Gebrauch angenommen, zugleich aber ausgeführt, dass der Begriff auf der [X.] selbst nur dekorativ verwendet werde. Auch wenn diese Abmahnvorgänge daher rechtmäßig gewesen seien, nutze die Mar-keninhaberin den mit
der Marke verbundenen Einschüchterungseffekt. Dies entspreche keinem markenrechtlich
gebilligten Zweck.

Die Markeninhaberin habe auch nicht vorgetragen, die bisher lediglich dekorativ genutzte Marke in Zukunft
markenmäßig verwenden zu wollen.
In ih-rem
Online-Shop verwende sie
ausschließlich die Zeichen "[X.]" und ein
Kleeblatt markenmäßig. Die Markeninhaberin habe damit zu erkennen gege-ben,
die Bezeichnung "[X.]"
dauerhaft allein dekorativ verwenden zu wollen.

Ob der Marke darüber hinaus die gemäß §
8 Abs.
2 Nr.
1 [X.] er-forderliche Unterscheidungskraft fehle, könne offenbleiben.

II[X.] [X.] hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sa-che an das [X.].
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9
-
5
-

1. Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass es auf die Entschei-dung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfragen beschränkt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Juli 1995
I
ZB
27/93, [X.]Z 130, 187, 191

Füllkörper; Beschluss vom 16.
Juli 2009
I
ZB
53/07, [X.]Z 182, 325 Rn.
14

Legostein; Beschluss vom 10. Juli 2014 -
I [X.], [X.], 872 Rn. 8 = [X.], 1062 -
Gute Laune Drops).

2. Die Eintragung einer
Marke wird nach §
50 Abs.
1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit unter anderem dann gelöscht, wenn sie entgegen §
8
Abs.
2 Nr.
10 [X.] böswillig angemeldet worden ist. Für
die Prüfung
der Böswillig-keit hat das [X.] zu Recht den Zeitpunkt der Anmeldung zu-grunde gelegt.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist für die Prüfung des Nichtigkeitsgrundes
der bösgläubigen Anmeldung nach
Art.
51 Abs.
1 Buchst.
b GMV
aF (Art. 52 Abs. 1 Buchst. [X.]) ebenso wie für die Beurteilung der Bösgläubigkeit im Sinne des Art. 4 Abs.
4 Buchst.
g Mar-kenRL auf den Zeitpunkt der Anmeldung der Marke abzustellen ([X.], Urteil vom 11. Juni 2009 -
C-529/07, [X.].
2009, [X.] = [X.], 763 Rn.
35

Lindt & [X.]/Franz [X.];
Urteil vom 27. Juni 2013 -
C-320/12,
[X.], 919 Rn. 36 = [X.], 1166 -
Malaysia [X.]/Beschwerdeausschuss).

Soweit der Senat bislang
bezüglich des Eintragungshindernisses
des §
8 Abs. 2 Nr. 10 [X.], der der Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 Buchst. d Mar-kenRL dient,
den Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung der Marke für maßgeblich gehalten hat (vgl. [X.], Beschluss vom 2. April 2009 -
I [X.], 10
11
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13
-
6
-
[X.], 780 Rn. 11 = [X.], 820 -
Ivadal
I), hält er an dieser Recht-sprechung nicht fest
(vgl. [X.], Beschluss vom 18.
April 2013
I
ZB
71/12, [X.], 1143 Rn. 15 = [X.], 1478 -
Aus Akten werden Fakten; [X.] vom 17.
Oktober 2013 -
I
ZB
65/12, [X.], 483 Rn.
22
= [X.], 438 -
test).

Dass der Zeitpunkt der Markenanmeldung für die Beurteilung der Böswil-ligkeit maßgeblich ist, schließt -
wie das [X.] mit Recht ange-nommen hat -
eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor
und nach der Markenanmeldung nicht aus. Aus diesem Verhalten können sich [X.] für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinde-rungsabsicht ergeben (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11.
Aufl., §
8 Rn.
848).

3. Die Beurteilung des [X.]s, die Markeninhaberin habe die Marke im Sinne von
§
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] böswillig angemeldet, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist von der Böswilligkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Das [X.] knüpft an die unter der Geltung des [X.] ergangene Recht-sprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus §
1
UWG aF
oder § 826 BGB an. Die dazu entwickelten Grundsätze sind auch zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders unter Geltung des § 50 Abs.
1 Nr.
4 [X.] aF heranzuziehen ([X.], Beschluss vom 30.
Oktober 2003

I
ZB 9/01, [X.], 510, 511 = [X.], 766 -
S100; [X.], [X.], 780 Rn. 11 -
Ivadal I; [X.], Beschluss vom 24. Juni 2010 -
I [X.], [X.], 1034 Rn. 13 = [X.], 1399 -
LIMES LOGISTIK). Sie gelten 14
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16
-
7
-
nach der Novellierung des § 50 Abs. 1 [X.] und
der Einführung des [X.] der böswilligen Markenanmeldung nach §
8 Abs.
2 Nr.
10 [X.] weiter, weil hierdurch die für die böswillige Markenanmeldung beste-henden Maßstäbe nicht geändert werden sollten, sondern das Entstehen unge-rechtfertigter Markenrechte im Interesse der Rechtssicherheit bereits im [X.] verhindert werden sollte (vgl. Begründung des [X.] Geschmacksmusterrechts -
Ge-schmacksmusterreformgesetz, BT-Drucks. 15/1075, S. 67 f.).

Eine böswillige Markenanmeldung kommt danach in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Um-stände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig er-scheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der [X.] in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des [X.] ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der [X.], für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen,
oder dass der [X.] die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. [X.], [X.], 780 Rn. 13 -
Ivadal I; [X.], 1034 Rn.
13 -
LIMES LOGISTIK; [X.], Beschluss vom 27.
Oktober 2011
-
I [X.], [X.], 429 Rn. 10 = [X.], 555 -
Simca; zu § 4 Nr. 10 UWG vgl.
[X.], Versäumnisurteil vom 10. Januar 2008 -
I [X.], [X.], 621 Rn. 21 = [X.], 785 -
AKA[X.]MIKS; Urteil vom 26. Juni 2008
-
I [X.], [X.], 917 Rn. 20 = [X.], 1319 -
EROS; zu Art. 51 17
-
8
-
Abs. 1 Buchst. b GMV
vgl. [X.], [X.], 763 Rn. 53
-
Lindt & [X.]/
[X.]). Als bösgläubig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. [X.], [X.], 763 Rn. 44 -
Lindt & [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 23.
November 2000

I
ZR
93/98, [X.], 242, 244 = [X.], 160 -
Classe E; [X.], [X.], 429 Rn. 10 -
Simca).

b) Von diesen Grundsätzen ist auch das
[X.]
ausgegan-gen. Seine Beurteilung, die Markeninhaberin habe die Marke in der Absicht [X.] lassen, ihre Sperrwirkung
zweckfremd als Mittel des [X.]kamp-fes einzusetzen, hält der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand. Zu [X.] hat das [X.] die Annahme der Böswilligkeit auf den feh-lenden Benutzungswillen
der Markeninhaberin (dazu III
3
b
aa) und ihr [X.] gegen Wettbewerber (dazu [X.] b
[X.]) gestützt.

aa) Die Rechtsbeschwerde beanstandet mit Recht
die Annahme des [X.]s, es fehle an einer Absicht der Markeninhaberin
zur [X.] Benutzung des eingetragenen Zeichens.

(1) Das [X.] hat angenommen, die bisherige Verwen-dung des Zeichens "[X.]" durch die Markeninhaberin auf Waren sei bloß dekorativ; insoweit sei der Bewertung durch das Deutsche Patent-
und Markenamt beizutreten. Das [X.] hat weiter ausgeführt, die Markeninhaberin habe in ihrem Online-Shop lediglich die Zeichenfolge "[X.]" und ein Kleeblatt-Zeichen markenmäßig benutzt, nicht aber das Wort "[X.]", bei dem es sich nur um ein dekoratives Element handele.

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9
-
(2) Dieser
Beurteilung liegen keine hinreichenden Feststellungen zu-grunde.

Die markenmäßige Benutzung ist eine Rechtsfrage, deren Feststellung weitgehend von tatsächlichen Feststellungen zum Verkehrsverständnis abhängt und daher im Wesentlichen der Beurteilung des Tatrichters obliegt.
Im Rechts-beschwerdeverfahren ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zu-treffend erfasst und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Le-benserfahrung geurteilt hat und ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt sind und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getra-gen wird (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 4. Februar 2010 -
I
ZR
51/08, [X.], 835 Rn. 24 = [X.], 1165 -
POWER [X.]; Beschluss vom 9.
Juli 2015 -
I [X.]/13, [X.], 1012 Rn. 25 = [X.], 1108 -
Nivea-Blau, mwN).

Eine markenmäßige Verwendung oder -
was dem entspricht -
eine Ver-wendung als Marke setzt voraus, dass die Bezeichnung
im Rahmen des Pro-dukt-
oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2002 -
C-206/01, [X.]. 2002, [X.] = [X.], 55
Rn. 51 ff. -
Arsenal Football Club; [X.], Urteil vom 30. April 2008 -
I [X.], [X.], 793 Rn. 15 = [X.], 1196 -
Rillenkoffer; [X.], Urteil vom 14.
Januar 2010 -
I
ZR
92/08, [X.], 838 Rn. 19 = [X.], 1043 -
DDR-Logo).

Der
Annahme des
[X.]s, es fehle am Benutzungswillen der Markeninhaberin, liegen keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde. Bezogen auf die von der Markeninhaberin geltend gemachte Benut-zung durch Anbringung des Zeichens auf Waren erschöpfen
sich die Feststel-21
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23
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-
10
-
lungen des [X.]s in der pauschalen Bezugnahme auf die Be-wertung des Deutschen Patent-
und Markenamts, die
die Annahme
fehlenden markenmäßigen
Gebrauchs
nicht
trägt. Eine im Rechtsbeschwerdeverfahren nachvollziehbare Würdigung der von der Markeninhaberin vorgetragenen Be-nutzungsformen hat das [X.] nicht vorgenommen. Das [X.] hat ferner den Vortrag der Markeninhaberin nicht gewürdigt, das Zeichen nicht nur auf den Waren selbst, sondern auch in der
jeweiligen An-gebotszeile im Internet-Angebot "[X.]laden" verwendet zu haben.

[X.]) Die Rechtsbeschwerde beanstandet weiter mit Recht die Annahme des [X.]s, das bisherige Vorgehen der Markeninhaberin gegen Wettbewerber indiziere
die Böswilligkeit der Anmeldung im Sinne des §
8 Abs.
2 Nr. 10 [X.].

(1) Das [X.] hat angenommen, die Markeneintragung ziele darauf, andere Hersteller von [X.] an der Verwendung allgemein üblicher Ausdrücke zu hindern. Die Markeneintragung sei erster Teilakt eines im Hinblick auf die spätere Ausübung des Monopolrechts insgesamt unlauteren Einsatzes. Die Markeninhaberin
sei
bereits gegen zwei Wettbewerber marken-rechtlich vorgegangen, die das Markenwort auf [X.] lediglich dekorativ verwendet hätten. Die Ansprüche der Markeninhaberin seien zwar nach [X.] der mit ihnen befassten Gerichte wegen der Verwendung des [X.] in der Angebotszeile der jeweils beanstandeten [X.] gewesen. Jedoch entspreche das Vorgehen der Markeninhaberin, den mit der Marke verbundenen Einschüchterungseffekt
auch rein dekorativen Gestal-tungen entgegenzuhalten, keinem markenrechtlich
gebilligten Zweck.

(2) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
Die Feststellungen des [X.]s tragen seine Annahme 25
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27
-
11
-
nicht, die Markeneintragung habe zweckfremd als Mittel des [X.] eingesetzt werden sollen.

Ein Verhalten ist erst dann als böswillig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]
anzusehen, wenn seine Wirkungen über eine als bloße Folge des [X.] hinausgehen und es bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchti-gung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die [X.] des eigenen [X.] gerichtet ist (vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 2005 -
I [X.], [X.], 581, 582 = [X.], 881 -
The [X.]; Urteil vom
11. Januar 2007 -
I [X.], [X.], 800 Rn. 23 = [X.], 951 -
Außendienstmitarbeiter; [X.], [X.], 621 Rn. 32

AKA[X.]MIKS).

Die
vom [X.] zum Nachteil der Markeninhaberin heran-gezogene Rechtsverfolgung gegenüber Wettbewerbern im Vertrieb
von [X.] rechtfertigt nicht die Bewertung, die Markeninhaberin habe ihre Marke zweckfremd im Wettbewerb eingesetzt. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass das [X.] die von der Markeninhaberin beanstandete Verwen-dung des Zeichens auf [X.] als rein dekorativ, also nicht markenmäßig angesehen hat. Der Umstand, dass eine
Marke auch gegen rein dekorative Verwendungsformen ins Feld geführt werden kann, begründet ohne weitere Anhaltspunkte für rechtsmissbräuchliches Verhalten noch nicht den Vorwurf
einer böswilligen Anmeldung. Ein solcher Einsatz der Marke entspricht zwar, wie vom [X.] ausgeführt, nicht dem Zweck des Markenrechts; dieses gewährt jedoch dem Markeninhaber in einem solchen Fall auch keine Ansprüche. Im Hinblick darauf, dass
sich die Abgrenzung von markenmäßigem und rein dekorativem Gebrauch im Einzelfall als schwierig erweisen
kann und der Markeninhaber in entsprechenden Fällen gegebenenfalls mit dem
Prozess-28
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-
12
-
verlust
rechnen muss,
ist der [X.] ohne das Hinzutreten weite-rer Umstände nicht gerechtfertigt.
Fehlt es an solchen Umständen, bewirkt auch ein etwaiger Einschüchterungseffekt, den das [X.] der marken-rechtlichen Inanspruchnahme von Wettbewerbern zuschreibt, keine über den zweckentsprechenden Einsatz des Monopolrechts hinausgehende Behinde-rung.

Der Markeninhaberin kann vorliegend auch nicht zur Last gelegt werden, die
Monopolisierung allgemein gebräuchlicher Begriffe beabsichtigt
zu haben. Sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, rechtfertigt dies nicht die An-nahme einer böswilligen Anmeldung im Sinne des
§ 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.].
Die Ausschlusswirkung
einer Marke, hinsichtlich derer
nicht die [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] bestehen,
ist gerade rechtmäßiger Zweck
ihrer Eintragung
(vgl. [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
8 Rn.
310).
Ob das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] besteht, hat das [X.] bisher nicht geprüft. Auch der Umstand, dass die Markeninhaberin eine Vielzahl von Marken angemeldet hat, kann den [X.] nicht begründen, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten (vgl. [X.]/[X.]/[X.],
Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 14 [X.] Rn. 45). Solche besonderen Umstände, die die Markeneintragung als böswillig
erscheinen ließen, sind vorliegend
weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

30
-
13
-
4. Nach allem ist die Entscheidung des [X.]s
aufzuhe-ben und die Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen (§
89 Abs.
4 Satz
1 [X.]).

Koch
Schaffert
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 29.04.2014 -
27 W(pat) 8/14 -

31

Meta

I ZB 69/14

15.10.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2015, Az. I ZB 69/14 (REWIS RS 2015, 3857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3857

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "DPV (Wort-Bild-Marke)" – keine bösgläubige Markenanmeldung – keine Kostenauferlegung


Referenzen
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Zitiert

I ZB 69/14

I ZB 18/13

I ZB 40/09

I ZB 23/11

I ZB 65/13

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