Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2021, Az. B 4 AS 362/20 B

4. Senat | REWIS RS 2021, 8382

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - keine ausreichende Darlegung einer nachträglichen Divergenz - Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Angemessenheitsprüfung - schlüssiges Konzept - gerichtliche Kontrolle


Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 13. August 2020 - L 7 AS 287/18 -

werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger zu 1. und 2., ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt E aus A beizuordnen, werden abgelehnt.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Kläger begehren höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung vom Dezember 2016 bis Februar 2017, welche die Beklagte auf der Grundlage eines von der Firma [X.] erstellten und nach den Urteilen des B[X.] vom [X.] ([X.] [X.]S 10/18 R, [X.] [X.]S 11/18 R, [X.] [X.]S 12/18 R, [X.] [X.]S 24/18 R, [X.] [X.]S 41/18 R) bezogen auf die Vergleichsraumbildung nachgebesserten Konzepts übernahm. Das [X.] hat die Berufung der Kläger gegen das Urteil des [X.], mit dem weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 4,53 Euro monatlich zugesprochen worden waren, zurückgewiesen (Urteil vom 13.8.2020).

2

Mit ihren Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision machen die Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Weiter machen sie das Vorliegen einer Divergenz und eines Verfahrensfehlers geltend.

3

II. [X.] sind unzulässig, weil die Kläger die Zulassungsgründe eines [X.], auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, und einer Divergenz nicht in der gebotenen Weise bezeichnet sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt haben (§ 160a [X.]bs 2 Satz 3 [X.]G). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a [X.]bs 4 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]G, § 169 [X.]G).

4

Eine [X.]bweichung (Divergenz) iS von § 160 [X.]bs 2 Nr 2 [X.]G ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen [X.]ussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen [X.]ussage des B[X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht. Eine [X.]bweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das B[X.], der [X.] oder das [X.] aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen [X.]bweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das [X.] diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen [X.]bweichung begründen (stRspr; vgl etwa B[X.] vom [X.] [X.]L 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/[X.], jurisPK-[X.]G, § 160 RdNr 119, Stand 14.10.2020).

5

Die Beschwerdebegründung der Kläger wird diesen Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Sie führen zunächst aus, das Berufungsurteil weiche von der Entscheidung des B[X.] vom 17.9.2020 (B 4 [X.]S 11/20 R) ab. Das [X.] habe dahinstehen lassen, ob die Repräsentativität und die Validität der Datenerhebung sowie anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze bei der Datenauswertung von dem [X.]B II-Träger beachtet worden seien. Das B[X.] habe entschieden, dass auch insofern eine eigenständige Prüfung und Beurteilung des Konzepts, ggf unter Mitwirkung des Jobcenters, durch das Gericht vorzunehmen sei. Mit diesem Vortrag beziehen sich die Kläger auf ein im Zeitpunkt der [X.]-Entscheidung noch nicht, sondern erst vor [X.]blauf der Beschwerdebegründungsfrist ergangenes B[X.]-Urteil. Ohnehin nur ausnahmsweise kann ein Beschwerdeführer in diesen Konstellationen eine Divergenz zulässig rügen (B[X.] vom 8.9.2015 - B 1 KR 34/15 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] RdNr 4). Dies setzt aber jedenfalls voraus, dass er geltend macht, dass es sich um ein Nichtübereinstimmen von [X.], also eine [X.]bweichung in grundsätzlichen Rechtsfragen, handelt. Daran fehlt es hier. Unabhängig hiervon legen die Kläger auch nicht schlüssig dar, dass das angefochtene Urteil auf einer [X.]bweichung in dem Sinne beruht, dass die angefochtene Entscheidung bei Zugrundelegung des Rechtssatzes, von dem abgewichen worden ist, anders hätte ausfallen müssen (vgl B[X.] vom [X.] - B 12 KR 62/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. [X.]ufl 2020, § 160a RdNr 15e). Soweit sie behaupten, das Berufungsurteil widerspreche auch den Urteilen des B[X.] vom [X.] ([X.] [X.]S 11/18 R und [X.] [X.]S 24/18 R) sind keine Rechtssätze dieser Entscheidungen herausgearbeitet. Bezogen auf die gleichfalls geltend gemachte Divergenz bei der Erhebung der kalten Betriebskosten bezeichnen sie keine Rechtssätze der Berufungsentscheidung.

6

[X.]uch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 [X.]bs 2 Nr 1 [X.]G) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa B[X.] vom [X.] [X.]L 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] S 70 mwN). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Kläger tragen nicht vor, warum sich aus den Urteilen des B[X.] vom [X.] ([X.] [X.]S 11/18 R und [X.] [X.]S 24/18 R), in denen gerade Fragen der [X.]nwendung des schlüssigen Konzeptes in [X.] thematisiert sind, keine Beantwortung der von ihnen allgemein formulierten Klärungsbedarfe zu schlüssigen Konzepten im ländlichen Raum ergeben.

7

Schließlich ist auch ein Verfahrensmangel der angegriffenen Entscheidung nicht ausreichend bezeichnet. Nach § 160 [X.]bs 2 [X.] [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 ([X.]nhörung eines bestimmten [X.]rztes) und 128 [X.]bs 1 Satz 1 [X.]G (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G ([X.]ufklärung des Sachverhalts von [X.]mts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a [X.]bs 2 Satz 3 [X.]G) die diesen Verfahrensmangel des [X.] (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits B[X.] vom 29.9.1975 - 8 [X.] 64/75 - [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. [X.]ufl 2020, § 160a RdNr 16 mwN). Insofern machen die Kläger geltend, die Beklagte sei ihrer Bitte zur Übersendung der "sog. Rohdaten für das Konzept 'Bericht, Juli 2017'," nicht nachgekommen und habe kein "Sachverständigengutachten" zum "schlüssigen Konzept" sowie zu den gesundheitlichen Einschränkungen des [X.] zu 1. eingeholt. Insofern beziehen sie sich für die Verletzung der [X.]mtsermittlungspflicht nicht auf einen auf die weitere [X.]ufklärung des Sachverhalts gerichteten Beweisantrag, was erforderlich gewesen wäre. [X.]uch haben sie nicht dazu vorgetragen, warum die angefochtene Entscheidung auf den behaupteten Verfahrensfehlern beruhen kann.

8

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende [X.]ussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.]bs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 114 [X.]bs 1 Satz 1 ZPO), ist den Klägern zu 1. und 2. auch keine PKH zu bewilligen. Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a [X.]bs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 121 [X.]bs 1 ZPO).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden [X.]nwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 4 AS 362/20 B

25.02.2021

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dortmund, 20. Dezember 2017, Az: S 19 AS 2817/17, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 22 Abs 1 S 1 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.02.2021, Az. B 4 AS 362/20 B (REWIS RS 2021, 8382)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8382

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