Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2016, Az. 28 W (pat) 502/14

28. Senat | REWIS RS 2016, 1239

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "WMM (Wort-Bild-Marke)/WMF (Wort-Bild-Marke)/WMF (Wort-Bild-Marke)" – zur Warenidentität und -ähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft – teilweise unmittelbare schriftbildliche Verwechslungsgefahr – teilweise unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft bzw. Wertschätzung der bekannten älteren Marken


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 064 183

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 7. Dezember 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. [X.], der Richterin [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 8 des [X.] vom 12. November 2013 aufgehoben.

2. Die Löschung der Eintragung der Marke 30 2011 064 183 wird aufgrund der Widersprüche aus den Marken 348 349 und 302 10 977 angeordnet.

3. Der Antrag der Beschwerdegegnerin, die Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke der Beschwerdegegnerin

Abbildung

2

ist am 4. Mai 2012 für nachfolgende Waren in das beim [X.] geführte Markenregister eingetragen worden:

3

„Klasse 08:  Nagelfeilen; Nagelscheren (elektrisch oder nicht elektrisch); Scheren; Spachtel (Handwerkzeuge); [X.] ([X.], Gabeln und Löffel); Hackmesser; Messer; Rasiermesser; [X.]; Schleifsteine

4

Klasse 21: Tassen; Küchengeschirr; Schalen; Teller; Schüsseln; Wasserkessel, nicht elektrisch; [X.] für den Haushalt; Teeservice; Kristallglaswaren; Salatschüsseln; Brotkästen; Streukästen für Haustiere

5

Klasse 24: Gewebe für textile Zwecke; Glasfaserstoffe für Textilzwecke; Wandbekleidungen aus textilem Material; Steifleinen; Grobgewebe (Sackleinen); Bettdecken; Steppdecken, Tagesdecken für Betten; Bettwäsche; Waschhandschuhe; Scheibengardinen; [X.] für Teppiche und Stickereien“.

6

Gegen die Eintragung, die am 8. Juni 2012 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin am 8. August 2012 Widerspruch aus folgenden Marken eingelegt:

7

1. Wort-/Bildmarke 348 349

Abbildung

8

eingetragen am 23. [X.]ebruar 1926 für die folgenden Waren der Klassen 3, 6, 8, 11 und 21:

9

„Beleuchtungs-, Heizungs-, Koch-, Kühl-, Trocken- und Ventilationsapparate und Geräte, privat und gewerblich nutzbare Kaffeemaschinen, Wasserleitungs-, Bade- und Klosettanlagen (soweit in Klasse 11 enthalten), rohe und teilweise bearbeitete unedle Metalle, [X.], Werkzeuge als Handwerkzeuge, Hieb- und Stichwaffen, Klein-Eisenwaren; Beschläge, Drahtwaren, Blechwaren und mechanisch bearbeitete [X.]assonmetallteile (alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 6 enthalten), Haus- und Küchengeräte (soweit in Klasse 21 enthalten), Waren aus Porzellan, Ton, Glas, Glimmer (soweit in Klasse 21 enthalten), Putz- und Poliermittel (ausgenommen für Leder), Baumaterialien aus Metall“

und

2. Wort-/Bildmarke 302 10 977

Abbildung

eingetragen am 6. [X.] für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 14, 16, 20, 21, 35, 37, 41 und 42:

„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, [X.]ettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; transportable Bauten aus Metall; Metallrohre; Schlosserwaren und Kleineisenwaren, Bauten aus Metall, insbesondere Buffetaufbauten, Verpackungsbehälter aus Metall, nicht elektrische Warmhaltebehälter aus Metall; handbetätigte Werkzeuge und Geräte für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetallen oder plattiert); [X.], Gabeln und Löffel, insbesondere [X.] und [X.] (auch aus Edelmetallen, plattiert oder verchromt); Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere Kaffee- und Heißgetränkemaschinen (z. B. Tee, Schokolade) für den gastronomischen Bedarf; Buffetwagen, Imbisswagen; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Schmuckwaren; Zeitmessinstrumente, Platzteller, Kerzenleuchter, Serviettenringe, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche aus/oder unter Verwendung von edlem Metall; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Bücher, Broschüren, Zeitschriften; Möbel, Spiegel, Rahmen, Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Weide, Horn und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Putzzeug; Stahlspäne; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere auf den Gebieten der gewerblichen Geschäftsführung, der Werbung, des Rechnungswesens, der Anschaffung und Einrichtung von EDV-Anlagen, der Datenverarbeitung und der Einrichtung von Geschäftsräumen sowie Beratung im Zusammenhang mit Schaufensterdekorationen, so genannte Dienstleistungen auch für [X.]ranchisenehmer, [X.]ranchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem und betriebswirtschaftlichem Know-how an [X.]ranchisenehmer; Installation und Montage von Ladeneinrichtungen und Werbeträgern, von Einrichtungen, Anlagen und Geräten in Hotels, Restaurants und Gaststätten, Wartung und Reparatur der vorgenannten Waren; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Schulung und Unterrichtung der Geschäftsführung und des Personals von Kaufhäusern, Ladengeschäften und [X.]ranchisenehmern, insbesondere im Zusammenhang mit verkaufsfördernden Maßnahmen; Veranstaltung von Kochkursen; technische Beratung und Planung im Zusammenhang mit der Einrichtung und Ausstattung von Kaufhäusern, Ladengeschäften, Hotels und Restaurants; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; [X.]ranchising, nämlich Vermittlung von technischem Know-how, insbesondere im Zusammenhang mit der technischen Ausstattung und Einrichtung von Geschäftsräumen; Designerdienstleistungen“.

Die [X.] sind am 22. und 25. September 2015 auf die Beschwerdeführerin umgeschrieben worden, die durch Verschmelzung der [X.] bzw. ihrer Nachfolgegesellschaften entstanden ist.

Mit Beschluss vom 12. November 2013 hat die Markenstelle für Klasse 8 des [X.]s die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die [X.] könnten sich auf identischen Waren der Klassen 8 und 21 begegnen, die [X.] seien durchschnittlich kennzeichnungskräftig und hätten damit einen normalen Schutzumfang. Die jüngere Marke halte den deshalb erforderlichen Abstand noch ein. Es stünden sich die Buchstabenkombinationen „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, bei denen die Einzelbuchstaben ausgesprochen würden. Die Abweichung im letzten Buchstaben „M“ bzw. „[X.]“ sorge für eine hinreichende klangliche Unterscheidbarkeit. Die andere Gestalt der letzten Buchstaben führe außerdem zu einem deutlichen schriftbildlichen Abstand. Hierbei sei zu beachten, dass es sich um Kurzzeichen handele, bei denen schon geringfügige Abweichungen stärker ins Gewicht fielen. Anhaltspunkte für eine mittelbare bzw. assoziative Verwechslungsgefahr seien nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

Gegen diesen ihr am 18. November 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 9. Dezember 2013. Sie trägt vor, es sei rechtsfehlerhaft, den [X.] nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen. Das durch die beiden [X.] seit 85 bzw. 10 Jahren identisch geschützte Logo sei überragend bekannt und gehöre zu den „Marken des Jahrhunderts“. Die [X.] würden in dem Buch „Marken des Jahrhunderts“, herausgegeben von [X.], wie folgt beschrieben „ Heute gilt die Marke [X.] weltweit als Synonym für Besteck, das eine gelungene Synthese aus Qualität, Tradition und Design eingegangen ist….“. Deshalb sei ihnen eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft und ein erweiterter Schutzumfang zuzugestehen. Zudem sei es fehlerhaft, im [X.] nur auf die enthaltenen Großbuchstaben, nicht aber auf die konkret eingetragene Gestaltung abzustellen. [X.] bestehe zwischen den [X.] nahezu Identität. Die jüngere Marke sei gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auch für Waren der Klasse 24 zu löschen, da sie die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten [X.] ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutze und beeinträchtige. [X.]ür den [X.]all der Zurückweisung der Beschwerde regt die Widersprechende an, die Rechtsbeschwerde zum [X.] zuzulassen.

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 8 vom 12. November 2013 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der Wort-/Bildmarke 30 2011 064 183 aufgrund der Widersprüche aus den Marken 348 349 und 302 10 977 anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß die Anträge,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

Sie trägt vor, die überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Marke könne nicht mit der Nennung im Buch „Marken des Jahrhunderts“ begründet werden. Die [X.] seien wie jede andere Marke zu behandeln. Die Vergleichsmarken wiesen deutliche Unterschiede auf. So überschnitten sich bei den [X.] die Linien des Buchstabens „W“, zudem seien die rechte obere Seite des „M“ und die linke obere Seite des „[X.]“ abgeflacht. Diese Merkmale weise die jüngere Marke nicht auf. Zudem münde bei ihr jeweils eine Seite des „M“ einseitig erhöht in der Lücke des „W“. Durch die Abweichungen im dritten Konsonanten sei auch eine deutliche klangliche Unterscheidbarkeit gegeben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in vollem Umfang Erfolg. Die angegriffene Marke hält den erforderlichen Abstand zu den [X.] nicht ein und ist deshalb gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3, 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] in vollem Umfang zu löschen.

Widerspruch aus der Marke 348 349

Zwischen den Marken besteht Verwechslungsgefahr bezüglich der Waren der Klassen 8 und 21 der jüngeren Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und bezüglich der Waren der Klasse 24 der jüngeren Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

I. Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]

Die [X.]rage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden [X.]aktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] [X.] 2010, 1098, Rdnr. 44 – [X.]/[X.]; [X.] 2010, 933, Rdnr. 32 – [X.]; [X.] 2006, 237 - PICARO/[X.]; [X.] 2014, 488, Rdnr. 9 – [X.]/ [X.]; [X.] 2012, 1040, Rdnr. 25 – [X.]/pure; [X.] 2010, 235, Rdnr. 15 – [X.]/[X.]; [X.] 2009, 484, [X.] – [X.]; [X.] 2008, 905, Rdnr. 12 – [X.]; [X.] 2008, 258, Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.] 2006, 859, Rdnr. 16 – [X.]; [X.] 2006, 60, Rdnr. 12 – [X.]). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], a. a. O. – [X.]; [X.] Int. 2010, 129, Rdnr. 60 – [X.]/[X.]; [X.] 2013, 833, Rdnr. 30 – Culinaria/[X.]; a. a. O. – [X.]/pure).

1. Eine Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Waren ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen [X.]aktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] 2015, 176, Rdnr. 16 – [X.]/[X.]).

Zwischen den Waren der jüngeren Marke in Klasse 8 „Nagelfeilen; Nagelscheren (elektrisch oder nicht elektrisch); Scheren; Spachtel (Handwerkzeuge)“ und den [X.] „Werkzeuge als Handwerkzeuge“ besteht engste Ähnlichkeit bis Identität. Identisch sind auch die Waren der jüngeren Marke „[X.] ([X.], Gabeln und Löffel); Hackmesser; Messer; Rasiermesser; [X.]“ und die „[X.]“ bzw. „Klein-Eisenwaren“ der Widerspruchsmarke. Auf die unterschiedliche Einordnung der [X.] in Klasse 8 bei der jüngeren Marke und in Klasse 6 bei der Widerspruchsmarke kommt es hierbei nicht an, da die [X.]unktionsweise, die Beschaffenheit und das verwendete Material übereinstimmen können.

Die Waren der jüngeren Marke „Schleifsteine“ sind mit den für die Widerspruchsmarke geschützten „Werkzeuge als Handwerkzeuge“ identisch und mit „[X.]“ eng ähnlich, da sie als Hilfswaren der Schärfung der [X.] dienen und häufig als Sortimentsergänzung von Herstellern von [X.] mit angeboten werden.

Den Waren der jüngeren Marke in Klasse 21 „Tassen; Küchengeschirr; Schalen; Teller; Schüsseln; [X.] für den Haushalt; Teeservice; Kristallglaswaren; Salatschüsseln; Brotkästen; Streukästen für Haustiere“ stehen auf Seiten der Widerspruchsmarke „Waren aus Porzellan, Ton, Glas, Glimmer (soweit in Klasse 21 enthalten)“ gegenüber. Auch hier besteht Identität, da die genannten Waren der jüngeren Marke aus Porzellan, Ton oder Glas gefertigt sein können.

Identität besteht auch zwischen den Waren der jüngeren Marke „Wasserkessel, nicht elektrisch“ und den Waren der Widerspruchsmarke „Haus- und Küchengeräte (soweit in Klasse 21 enthalten)“. Denn „Wasserkessel“ werden von dem von der Widerspruchsmarke beanspruchten Oberbegriff „Haus- und Küchengeräte“ umfasst.

Keine Ähnlichkeit besteht dagegen zwischen den in Klasse 24 beanspruchten Waren „Gewebe für textile Zwecke; Glasfaserstoffe für Textilzwecke; Wandbekleidungen aus textilem Material; Steifleinen; Grobgewebe (Sackleinen); Bettdecken; Steppdecken, Tagesdecken für Betten; Bettwäsche; Waschhandschuhe; Scheibengardinen; [X.] für Teppiche und Stickereien“ und den [X.]. Bei den Waren der jüngeren Marke handelt es sich ausschließlich um Produkte aus dem Textilbereich, die zwar ebenso wie die [X.] Haushaltszwecken dienen und an übereinstimmenden Vertriebsstätten wie Kauf- und Einrichtungshäuser anzutreffen sind. Allerdings werden die [X.] regelmäßig nicht von den gleichen Herstellern aus einer Hand angeboten und gemeinsam beworben, worauf bei der [X.]rage der [X.] in erster Linie abzustellen ist ([X.] 2004 Rdnr. 17 - [X.]/[X.]). Damit scheidet für diese Waren eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] schon deshalb aus, weil sich die Marken nicht auf gleichen oder verwandten Gebieten begegnen werden.

2. Bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (ständige Rechtsprechung, zuletzt [X.] Urteil vom 2. Juni 2016, [X.].: [X.]/15 – [X.], [X.]. 19, 29 m. w. N.). Im Widerspruchsverfahren kommt es hierbei auf den Zeitpunkt der Priorität der angegriffenen Marke und den Entscheidungszeitpunkt an (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage, § 9, Rdnr. 211).

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. [X.] 2013, 833, Rdnr. 45 – Culinaria/[X.]; [X.] 2012, 1040, Rdnr. 25 – [X.]/pure; [X.] 2012, 930, Rdnr. 22 – [X.]/Barbie B; [X.] 2012, 64, Rdnr. 15 – Maalox/[X.]; [X.] 2010, 729, Rdnr. 23 - [X.]). Dabei gilt der allgemeine Erfahrungssatz, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 237).

Die [X.]rage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.] 2006, 413, Rdnr. 19 – [X.]/SIR; [X.] 2005, 1042, Rdnr. 28 – [X.] LI[X.]E; [X.] Int. 2004, 843, Rdnr. 29 - [X.]; [X.] 2010, 235, Rdnr. 15 – [X.]/[X.]; [X.] 2009, 484, Rdnr. 32 – [X.]; [X.] 2006, 60, Rdnr. 17 – [X.]; [X.] 2004, 779, 781 – Zwilling/[X.]). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr., vgl. z. B. [X.] 2010, 235, Rdnr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 254 m. w. N.).

Gleiches gilt von der gewählten Schrifttype. Die Buchstaben des angegriffenen Zeichens bestehen aus gleich breiten Linien, während die Buchstaben der Widerspruchsmarke aus unterschiedlich breiten Linien zusammengesetzt sind. Die Linien des „W“ in der Widerspruchsmarke überkreuzen sich zudem, was bei dem „W“ der jüngeren Marke nicht der [X.]all ist. Diese Abweichungen treten jedoch gegenüber den Übereinstimmungen zurück, zumal die Schrifttypen auch Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Buchstaben in beiden Marken enthalten sowohl flach als auch spitz auslaufende Kanten, wobei das „M“ in beiden [X.]ällen über eine spitze als auch eine abgeflachte Ecke verfügt. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Marken gerade im Bereich der [X.] naturgemäß nur klein auf den Waren abgebildet sind und die Buchstabenanordnung hier einen besonders großen Wiedererkennungswert hat, während kleinere Abweichungen kaum ins Auge fallen.

Damit liegt insgesamt eine hochgradige bildliche Ähnlichkeit vor, die den Anforderungen an den zu der Widerspruchsmarke zu haltenden [X.] nicht genügt. Ob daneben auch eine klangliche Ähnlichkeit vorliegt, kann im Ergebnis dahinstehen, da die Ähnlichkeit in einem Bereich genügt, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

II. Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]

Eine Marke ist bekannt, wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen angesprochen wird, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind. Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen alle relevanten Umstände des [X.]alles, also insbesondere der Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer [X.]örderung getätigt hat ([X.], a. a. O., Rdnr. 37 – [X.], m. w. N.). Wie bereits bei der [X.]rage der Kennzeichnungskraft ausgeführt, hat der Senat, dessen Mitglieder dem maßgeblichen Verkehr angehören, eigene Kenntnis von dem jahrzehntelangen breiten Marktauftritt der Widerspruchsmarke im Bereich von [X.] und ihrer massiven Präsenz in Haushaltswarengeschäften als auch in den Haushaltsabteilungen von Warenhäusern. Dies deckt sich mit der Einordnung der Marke als berühmte Marke in der von der Beschwerdeführerin zitierten und auszugsweise in Kopie vorgelegten Veröffentlichung „Marken des Jahrhunderts“. Aufgrund dieser Anknüpfungspunkte ist – wie oben bereits ausgeführt – die Widerspruchsmarke als eine in [X.] bekannte Marke anzusehen.

Die Verwendung der jüngeren Marke würde die Unterscheidungskraft und die Wertschätzung der bekannten Widerspruchsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen. Von der Ausnutzung der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke ist auszugehen, wenn ein Dritter durch Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist ([X.]Z 205, 22 – 24, Rdnr. 38 – Springender Pudel).

Mit den unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Waren verbindet der inländische Verkehr seit Jahrzehnten die Vorstellung von Modernität und solider Qualität. Zwischen den Vergleichsmarken besteht – wie bereits dargelegt – eine hohe bildliche Ähnlichkeit. Zwar besteht keine markenrechtlich relevante [X.] zwischen den [X.]n, für die die Widerspruchsmarke Schutz und seit Jahrzehnten Bekanntheit genießt, und den Waren aus dem Textilbereich der Klasse 24 der jüngeren Marke. Gleichwohl bestehen hinsichtlich der angesprochenen Verkehrskreise nicht zu übersehende Überschneidungen. Beide Warengebiete wenden sich an die Allgemeinheit der Verbraucher und dienen der Ausstattung von Wohnbereichen. Die von Küchenutensilien und Essbesteck angesprochenen Verkehrsteilnehmer erwerben auch die von der jüngeren Marke beanspruchten Textilwaren „Gewebe für textile Zwecke; Glasfaserstoffe für Textilzwecke; Wandbekleidungen aus textilem Material; Steifleinen; Grobgewebe (Sackleinen); Bettdecken; Steppdecken, Tagesdecken für Betten; Bettwäsche; Waschhandschuhe; Scheibengardinen; [X.] für Teppiche und Stickereien“ und stellen an beide [X.] vergleichbare Ansprüche bezüglich [X.]unktionalität und Ästhetik. Sie würden daher Qualitätsvorstellungen, die sie mit der bekannten Widerspruchsmarke verbinden, auch auf die Textilwaren übertragen, wenn sie mit der ähnlich gestalteten jüngeren Marke gekennzeichnet sind. In diesem [X.]all leitet die jüngere Marke den guten Ruf der Widerspruchsmarke in unlauterer Weise auf sich um, ohne einen entsprechenden eigenständigen Beitrag zu seinem Erwerb erbringen zu müssen und ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund ersichtlich wäre.

Daher ist die angegriffene Marke in vollem Umfang zu löschen.

Widerspruch aus der Marke 302 10 977

Zwischen den Waren der jüngeren Marke in Klasse 8 „Nagelfeilen; Nagelscheren (elektrisch oder nicht elektrisch); Scheren; Spachtel (Handwerkzeuge); [X.] ([X.], Gabeln und Löffel); Hackmesser; Messer; Rasiermesser; [X.]; Schleifsteine“ und den Waren der Widerspruchsmarke „[X.]“ besteht überwiegend – schon nach ihrem Wortlaut – Identität, im Übrigen enge Ähnlichkeit. Die Waren der angegriffenen Marke in Klasse 21 „Tassen; Küchengeschirr; Schalen; Teller; Schüsseln; Wasserkessel, nicht elektrisch; [X.] für den Haushalt; Teeservice; Kristallglaswaren; Salatschüsseln; Brotkästen; Streukästen für Haustiere“ sind identisch oder eng ähnlich mit den Waren der Widerspruchsmarke „Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert)“, da die [X.] die Waren der jüngeren Marke als Oberbegriffe erfassen.

[X.]ür die Waren der jüngeren Marke in Klasse 24, die keine Ähnlichkeit zu den [X.] aufweisen, ist die Eintragung der angegriffenen Marke gemäß §§ 43 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu löschen, da sie die Wertschätzung oder Unterscheidungskraft der bekannten älteren Widerspruchsmarke in unlauterer Weise ausnutzen würde. Auch insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen unter [X.] verwiesen, die auch hier gelten.

Kosten

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Dem Antrag der Beschwerdegegnerin, die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, ist schon deshalb unbegründet, weil die Beschwerde erfolgreich war.

Meta

28 W (pat) 502/14

07.12.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.12.2016, Az. 28 W (pat) 502/14 (REWIS RS 2016, 1239)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1239

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 20/16 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 13/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "JOPP-Group/JOOP/JOOP! (Wort-Bild-Marke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung – zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität und -ähnlichkeit …


29 W (pat) 15/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "loop LUXURY ON OUR PLANET (Wort-Bild-Marke)/JOOP" – Einrede mangelnder Benutzung – keine Waren- …


29 W (pat) 101/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Real (Wort-Bild-Marke)/real (Wort-Bild-Marke)" – Waren- und Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – …


29 W (pat) 51/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "MAKS MOBIL/MOBIL/Mobil (Wort-Bild-Marke)/MOBIL/MOBIL AUTOCARE" – zur Kennzeichnungskraft - zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 75/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.