Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2007, Az. 1 StR 304/07

1. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2413

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[X.] vom 16. August 2007 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 16. August 2007 beschlos-sen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] (Allg.) vom 20. November 2006 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den [X.] im Revisionsverfahren entstandenen notwendi-gen Auslagen zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes in zwölf Fällen, Totschlags in fünfzehn Fällen, versuchten Totschlags, Tötung auf Verlangen, gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Es hat die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Dem Angeklagten, einem Krankenpfleger in der Klinik S. , lag zur Last, Patienten der Inneren Station 1 verschiedene Medika-mente gespritzt zu haben, die zum Erschlaffen der Muskulatur und letztlich auch zum Atemstillstand geführt haben oder führen sollten. Auf diese Weise tötete er 28 Patienten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit [X.] und der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1 - 3 - [X.] Die Verfahrensrügen bleiben erfolglos. Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der Senat: 2 1. Eine Verletzung der §§ 136, 136a StPO liegt nicht vor. 3 a) Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte im Rahmen des ge-gen ihn geführten Ermittlungsverfahrens wegen Diebstahls von Medikamenten bei der ersten Durchsuchung am 15. Juli 2004 vom Zeugen [X.] über seine Rechte nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrt. [X.] holte er anwaltlichen Rat ein und legte zum Vorwurf des Diebstahls ein schriftliches Geständnis ab. Damit kannte der Angeklagte seine Rechte als Be-schuldigter. 4 b) Bei seiner Festnahme am 29. Juli 2004 wurde der Angeklagte auch nicht über die ihm zur Last gelegte Straftat getäuscht (§ 136a Abs. 1 Satz 1 StPO), und es bedurfte keiner weiteren Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Die [X.] hat festgestellt, der Angeklagte habe den Zeugen [X.]und [X.] während der Festnahme in seiner Wohnung ein aus sieben Seiten bestehendes Geständnis übergeben. Bevor der Sachbearbeiter das Geständnis entgegengenommen habe, habe er den Angeklagten [X.] über seine Rechte und Pflichten als Beschuldigter belehrt. Im [X.] daran hätten die Zeugen dem Angeklagten die Frage gestellt, ob er auch das Medikament [X.] entwendet und dazu verwendet habe, Menschen zu töten. Damit konfrontierten die Polizeibeamten den bereits über seine Rechte belehrten Angeklagten mit dem sich im Laufe der Ermittlungen konkretisieren-den Verdacht der Verwendung gestohlener Medikamente zur Tötung von Pati-enten. In der anschließenden Beschuldigtenvernehmung machte der [X.] durch seinen Anwalt auch zu dem Vorwurf der Tötung um-5 - 4 - fangreiche Angaben. Der Ablauf dieser Vorgänge ergibt sich - neben der frei-beweislichen Klärung durch den Tatrichter - auch aus dem von der Revision mitgeteilten Schlussbericht der Kriminalpolizeiinspektion vom 28. April 2005. c) Es ist nach den Feststellungen auch keine auf Täuschung oder [X.] eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils beruhende Zusage er-kennbar, bei einer geständigen Einlassung könnten Exhumierungen unterblei-ben. Die Revision trägt selbst eine Beschuldigtenvernehmung vom 10. August 2004 vor, aus der sich die Auffassung des zuständigen Staatsanwalts [X.]. ergibt: —[X.] , ich möchte Ihnen etwas vorhalten (–) die bisherige [X.] ist nach dem Schema verlaufen, dass man nach fünf Sekunden, nach Benennung des Falles, Namen des Patienten eigentlich schon wissen konnte, wie Ihre Antwort ist. Ich kann Ihnen sagen, ich bin verpflichtet, den Fall aufzu-klären und ich werde auch das Notwendige tun. Werde, wenn es so weiterläuft, die Exhumierungen dieser ganzen Verstorbenen anordnen.fi Solche Hinweise an den Angeklagten, eine Exhumierung komme bei seinem [X.] in Betracht und könnte nur bei geständigen Angaben verhindert werden, spre-chen gegen eine Täuschung oder ein Versprechen. Sie waren nicht nur zuläs-sig, sondern sachgerecht. 6 2. Soweit die Revision beanstandet, die [X.] habe den [X.] der Verteidigung gegen die Verwertung näher bezeichneter polizeilicher Aussagen nicht schon in der Hauptverhandlung beschieden, hat diese Rüge keinen Erfolg. Unter dem Gesichtspunkt fairer Verfahrensgestaltung ist in der tatrichterlichen Hauptverhandlung ein Zwischenbescheid, in dem sich das [X.] zur Frage eines Beweisverwertungsverbots erklären müsste, nicht vorge-sehen. Freilich ist es dem Gericht auch keineswegs verboten, seine Rechtsauf-fassung hierzu mitzuteilen, ohne dass dies etwa den Vorwurf der Befangenheit 7 - 5 - begründen könnte. Im Übrigen konnte sich der Angeklagte in seinem [X.] auf die in Betracht kommende Verwertung schon deshalb [X.], weil das [X.] die Angaben des Angeklagten bei der Polizei trotz des Widerspruchs zum Gegenstand der Beweisaufnahme machte und die Ent-scheidung über die Frage der Verwertbarkeit ausdrücklich der Urteilsberatung vorbehalten hatte. 3. Die Rüge, auch die nach § 27 StPO entscheidende Kammer sei [X.] gewesen, scheitert an § 336 Satz 2 StPO. Die zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch berufenen Mitglieder dieser [X.] sind nicht mehr —erkennende Richterfi im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO, wenn sie über das jeweilige Ablehnungsgesuch entschieden haben (vgl. [X.], [X.]. vom 22. September 2006 - 3 [X.] - in dieser Sache; OLG Ham-burg NStZ 1999, 50 und [X.], [X.]. vom 2. Februar 1995 - 1 Ws 193/94 -, www.juris.de). Gegen deren Entscheidung konnte der Angeklagte nach § 28 Abs. 2 Satz 1 StPO sofortige Beschwerde einlegen, was er auch ge-tan hat. 8 - 6 - I[X.] Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben. Die Feststellungen und die Beweiswürdigung tragen den Schuldspruch. Die von der [X.] vorge-nommene Abgrenzung zwischen den Fällen, in denen sie einen Heimtückemord und den Fällen, in denen sie wegen Fehlens der Wehrlosigkeit der Patienten einen Totschlag angenommen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Anordnung der besonderen Schwere der Schuld hält revisionsrechtli-cher Überprüfung stand. 9 [X.]Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit

Meta

1 StR 304/07

16.08.2007

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2007, Az. 1 StR 304/07 (REWIS RS 2007, 2413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2413

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