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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 287/14
vom
8. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen
gefährlicher Körperverletzung
u.a.
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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am
8. Juli 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28.
März 2014 aufgehoben
a) mit den zughörigen Feststellungen, soweit das [X.] davon abgesehen hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen,
b) im Strafausspruch; jedoch bleiben die zugehörigen [X.] aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hat es abgesehen. Die auf die Rüge der Verletzung 1
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materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben.
2. Das Urteil hat indes keinen Bestand, soweit das [X.] von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ab-gesehen hat.
a) Nach den Feststellungen trinkt der erheblich vorbestrafte Angeklagte seit dem 15. Lebensjahr
regelmäßig Alkohol. Er führte eine erste [X.] mit anschließender Entwöhnungstherapie für vier Monate durch, eine zweite folgte im Jahr 2006 mit anschließender Langzeittherapie, wobei der Angeklagte nach drei Monaten erneut rückfällig wurde. Eine dritte Entgiftung fand im Jahr 2007 statt. [X.] setzte der Angeklagte ihm verschriebene Antidepressiva ab, wodurch es zu einem erneuten Rückfall kam.
Am Tattag, dem 4. April 2013, begann der zu dieser Zeit obdachlose Angeklag-te,
nach längerer Zeit der Abstinenz wieder zu trinken. Im weiteren Verlauf kam es zu dem abgeurteilten Tatgeschehen, bei dem der Angeklagte eine maximale 2013 hielt sich der Angeklagte
freiwillig in der Psychiatrie in [X.] auf. Im [X.] fand er eine Wohnung und besuchte ambulant aus eigenem Antrieb u.a. eine Gruppe der anonymen Alkoholiker. Am 15. oder 16. Mai 2013 wurde der Angeklagte wieder rückfällig. Es folgte eine Entgiftung im [X.]. Vom 17. bis 29. Juli 2013 befand sich der Angeklagte zum "qualifizierten Entzug" auf einer "[X.]" der Psychiatrie in [X.]. Seit dieser Zeit konsumierte der Angeklagte keinen Alkohol mehr.
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Das [X.]
hat den Hang des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, ebenso bejaht wie den symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Hang und der abgeurteilten Straftat. Es hat jedoch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten
abgesehen. Eine Maßnahme sei dann nicht erforderlich, wenn mildere Mittel zur Verfügung ständen. Hier sei das mildere Mittel letztlich dasjenige, "was der Angeklagte bereits seit Jahren für sich bemühe und aus eigenem Antrieb [X.] umsetze". Denn er habe schon regelmäßig Entgiftungen und [X.] durchgeführt. Darüber hinaus zeige sich, dass dieses Verhalten Früchte trage. Die Sachverständige habe insoweit überzeugend ausgeführt, dass eine weitere Verbesserung der Prognose, den Angeklagten vor einem er-neuten Rückfall zu bewahren, durch die Anordnung der Maßregel nicht zu er-warten sei.
b) Diese Begründung der [X.] zur Nichtanordnung der [X.] in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifen-den rechtlichen Bedenken.
Die Ausführungen zur Unverhältnismäßigkeit der Unterbringung des [X.] sind nicht tragfähig. Soweit die [X.] die Auffassung vertritt, es beständen gegenüber der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Mittel, verkennt sie, dass im Falle der Gefährlichkeit des Täters für die Allge-meinheit die Notwendigkeit einer Unterbringungsanordnung grundsätzlich nicht durch minder einschneidende Mittel außerhalb des Bereichs der strafrechtli-chen Maßregeln aufgehoben wird, weil bei den freiheitsentziehenden Maßre-geln der Besserung und Sicherung das Subsidiaritätsprinzip nur für die Frage der Aussetzung der Vollstreckung, nicht aber für die Frage ihrer Anordnung gilt (vgl. [X.], Urteile vom 23. Februar 2000 -
3 [X.], [X.], 300, 5
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301; vom 14. Februar 2001 -
3 [X.], juris Rn. 8; vom 23. Juni 1993
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3 [X.], [X.]R StGB § 63 Beweiswürdigung 1; vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Prüfung des § 64 StGB auch [X.],
Beschluss vom 20. Juli 2010 -
4 [X.], [X.], 692, 693).
c) Die Entscheidung des [X.]s erweist sich entgegen der [X.] des [X.] auch nicht deshalb im Ergebnis als rechts-fehlerfrei, weil die Feststellungen keinen Hang des Angeklagten im Sinne des §
64 Satz 1 StGB belegen. Zwar ergibt sich aus diesen, dass der Angeklagte seit [X.] 2013 keinen Alkohol mehr trank. Jedoch steht eine kurzfristige Abstinenz der Feststellung eines Hangs nicht entgegen ([X.], Beschluss vom 11.
Februar 2009 -
5 [X.], [X.], 184). Sie lässt gerade in Fällen wie dem vorliegenden, die durch eine über viele Jahre hinweg erworbene, tief verwurzelte Neigung, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, sowie eine hohe Blutalkoholkonzentration des Täters zur Tatzeit gekennzeichnet sind, nicht
ohne weiteres den Schluss zu, dass ein Hang nicht mehr besteht.
d) Dass die Unterbringung als nicht erforderlich anzusehen wäre, weil von dem Angeklagten keine Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten ausgeht, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese verhalten sich zu der Gefahrenprognose nicht. Entsprechendes gilt für die Frage der Erfolgs-aussichten einer Behandlung des Angeklagten im Wege des [X.]. Diese hat das [X.] nur in ihrer relativen Beziehung zu außerstraf-rechtlichen Maßnahmen erörtert.
e) Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unter-bringungsanordnung nicht ([X.], Beschluss vom 11. Juli 2013 -
3 [X.], 8
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juris Rn. 6; Urteil vom 10. April 1990 -
1 StR 9/90, [X.]St 37, 5, 9 f.). Der [X.] hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch den Tatrichter auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1992 -
2 StR 374/92, [X.]St 38, 362, 363).
3. Der aufgezeigte Fehler führt auch zur Aufhebung des Strafaus-spruches. Es ist nicht auszuschließen,
dass das [X.] bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt eine mildere Freiheitsstrafe verhängt hätte. Der Aufhebung der dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellun-gen bedarf es nicht.
4. Mit Blick auf die [X.] des [X.]s be-merkt der Senat ergänzend:
Nach ständiger Rechtsprechung ist in den Fällen, in denen das Gesetz bei einer Straftat einen minderschweren Fall vorsieht und im Einzelfall ein [X.] [X.] im Sinne von § 49 StGB gegeben ist, bei der [X.] vorrangig zu prüfen ist, ob ein minderschwerer Fall vorliegt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst zu prüfen, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein schon zur Annahme eines minderschweren Falls füh-ren, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB noch nicht verbraucht sind. Ist nach einer Abwägung aller all-gemeinen Strafzumessungstatsachen das Vorliegen eines minderschweren Falles abzulehnen, sind bei der weitergehenden Prüfung, ob der mildere Son-derstrafrahmen zur Anwendung kommt, gesetzlich vertypte [X.] zusätzlich heranzuziehen. Erst wenn das Tatgericht danach weiterhin die Annahme eines minderschweren Falles nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den wegen des gegebenen gesetzlich vertyp-ten [X.]es gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen ([X.] 11
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Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2011 -
2 [X.], [X.], 271, 272). Vorliegend hat das [X.] den Strafrahmen des § 224 Abs.
1 StGB gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert; dass es den vertypten [X.] auch bei der vorangegangen Prüfung, ob die Tat als minder schwer zu qualifizieren ist, im Blick gehabt hat, ergibt sich aus den [X.] indes nicht.
[X.]
Schäfer Mayer
Gericke Spaniol
Meta
08.07.2014
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2014, Az. 3 StR 287/14 (REWIS RS 2014, 4257)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 4257
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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