Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2006, Az. 4 StR 536/05

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 4486

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 [X.] vom 16. März 2006 Veröffentlichung: ja [X.]St: ja Nachschlagewerk: ja StGB § 224 Abs.1 Nr. 1 § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfasst auch Stoffe des täglichen Bedarfs, wenn ihre [X.] mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung im Einzelfall [X.] ist. StPO § 354 Abs. 1 a § 354 Abs. 1 a StPO findet auch Anwendung, wenn das von der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten angefochtene Urteil den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler aufweist. [X.], Urteil vom 16. März 2006 [X.] 4 [X.] [X.] LG [X.] in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 16. März 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzende [X.]in am [X.] [X.], [X.] am [X.] Maatz, [X.], [X.], [X.]in am [X.] [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwalt

als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin [X.]. , die Nebenklägerin [X.]. in Person, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - 1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 15. Juli 2005 im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft [X.] die Revisionen der Angeklagten und der Nebenklä-gerin [X.]. werden verworfen. 3. Die Angeklagte und die Nebenklägerin tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel, die Angeklagte darüber hinaus auch die durch ihre Revision dem Nebenkläger [X.]entstandenen notwendigen Auslagen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft tragen die Staatskasse und die Angeklagte je zur Hälfte. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat die Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Hiergegen wenden sich die Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und als Nebenklägerin die Mutter der durch die Tat zu Tode gekommenen [X.] mit ihren jeweils auf die Rüge der [X.] sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Während die Angeklagte das Urteil insgesamt zur Überprüfung durch das Revisionsgericht stellt, erstrebt die 1 - 4 - Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel eine Verurteilung der Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und möchte die Nebenklägerin mit ihrem Rechtsmittel eine Verurteilung der Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) erreichen. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat zum Schuldspruch Erfolg; dagegen erweisen sich die Revisionen der Angeklagten und der Nebenklägerin als unbegründet. [X.] Das [X.] hat festgestellt: 2 Die Angeklagte lebte seit Ende 2002 zusammen mit [X.] und dessen aus einer anderen Beziehung stammenden, im März 2000 geborenen Tochter [X.]. Ende November 2003 bekamen sie einen gemeinsamen Sohn. Am Nachmittag des [X.] (25. März 2004) befand sich die Angeklagte spätestens ab 16.30 Uhr allein mit beiden Kindern in ihrer Wohnung. Während sie im Wohnzimmer damit beschäftigt war, den Säugling zu füttern, begab sich [X.] in die Küche und holte sich einen 200-Gramm-Becher Schokoladen-pudding mit Sahne aus dem Kühlschrank. Ersichtlich um den Pudding zusätz-lich zu süßen, wie sie es zuvor bei Erwachsenen im Umgang mit Joghurt beo-bachtet hatte, wollte sie Zucker darüber streuen, nahm stattdessen aber irrtüm-lich eine Salzpackung und rührte ca. 32 Gramm Kochsalz in die Süßspeise. Gleich beim ersten Kosten bemerkte sie, dass der Pudding ungenießbar war, und ließ ihn stehen. Als nunmehr die Angeklagte in die Küche kam und die auf dem Boden liegende Salzpackung sowie den ungegessenen Pudding sah, [X.] sie [X.] zur Rede, die ihr bedeutete, dass der Pudding "widerwärtig" schmecke und sie ihn nicht essen wolle. Die Angeklagte wurde zornig. Obgleich sie richtig folgerte, dass das Mädchen versehentlich Salz in die Süßspeise ein-3 - 5 - gerührt hatte, veranlasste sie das sich sträubende Kind zu dessen Erziehung und Bestrafung, die Schokoladencreme vollständig auszulöffeln. Sie nahm [X.] zumindest billigend in Kauf, dass der [X.] dieser Speise bei dem [X.] zu Magenverstimmungen, Bauchschmerzen oder Unwohlsein führen wür-de. Jedoch wusste sie weder, wie viel Salz genau die Süßspeise enthielt, noch war ihr bekannt, dass die Aufnahme von 0,5 bis 1 g Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht ([X.] wog 15 kg) in aller Regel zum Tode führt. Wenig [X.] klagte [X.] über Übelkeit und musste erbrechen; auch setzte bei ihr alsbald starker Durchfall ein. Als sich der Zustand des Kindes im Verlauf der nächsten halben Stunde zusehends verschlechterte und es schließlich kaum mehr Reaktionen zeigte, brachte die Angeklagte das Mädchen ins Kranken-haus, wo es um 17.30 Uhr bereits im komatösen Zustand eintraf. Dort wurde sogleich eine extreme Hypernatriämie (Kochsalzintoxikation) festgestellt. Trotz Notfallbehandlung verstarb das Mädchen 34 Stunden nach seiner Aufnahme. Das [X.] hat die Tat lediglich als "einfache" Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) gewertet. Die Angeklagte habe den Tatbestand erfüllt, in-dem sie das vierjährige Mädchen trotz Protesten und Abwehrversuchen entwe-der mittels Drohungen dazu gebracht habe, einen stark versalzenen Pudding zu essen, oder indem sie ihm die fragliche Speise selbst eingeflößt habe; das [X.] von Abscheu, Ekel und körperlichem Widerwillen bei dem Mädchen stelle bereits für sich genommen eine üble, unangemessene Behandlung dar, die dessen physisches Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt habe; darüber hinaus seien in der Folge bei dem Kind - wie von der Angeklagten vor-hergesehen und zur Erreichung ihres Erziehungs- und Bestrafungszweckes in Kauf genommen - auch weitergehende gesundheitliche Schädigungen in Ges-talt von Bauchschmerzen und Übelkeit aufgetreten. Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts hat das [X.] bereits mangels [X.] - 6 - chen Anhalts für einen auch nur bedingten Tötungsvorsatz ausgeschlossen. Auch eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 Abs. 1 StGB) hat es verneint; zwar sei der Tod kausal auf die der Angeklagten anzu-lastende Körperverletzung zurückzuführen, jedoch habe nur eine in Gesund-heitsfragen überdurchschnittlich sachkundige Person die Todesfolge vorauszu-sehen vermocht; dass bereits verhältnismäßig geringe Mengen Kochsalz im Körper letale Folgen haben können, gehöre weder zum vorauszusetzenden All-gemeinwissen noch sei der Angeklagten eine solche Voraussehbarkeit nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten anzulasten. Letztlich hat das [X.] aber auch eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung (in der Tatvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB) verneint, weil der Angeklagten nicht nachzuweisen sei, dass sie bei der Beibringung des Salzes vorausgese-hen und gebilligt habe, dass selbiges eine Verletzung von [X.]s —[X.] oder eine erhebliche (über bloße Magenverstimmungen hinaus-gehende) Schädigung ihrer Gesundheit verursachen würde. I[X.] Revision der Angeklagten 5 Die Überprüfung des Urteils auf Grund der [X.] der Angeklagten hat keinen sie benachteiligenden Rechtsfehler aufgedeckt. Die zum äußeren Sachverhalt und zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellun-gen beruhen auf einer tragfähigen Grundlage. Soweit die Beschwerdeführerin demgegenüber einen Verstoß gegen den Zweifelsgrundsatz rügt und insbeson-dere geltend macht, es stehe "noch nicht einmal (fest), ob die Salzmenge tat-sächlich in dem Pudding vorhanden war oder möglicherweise das Salz direkt von [X.] aufgenommen wurde", unternimmt sie lediglich den in der [X.] - 7 - on unbeachtlichen Versuch, die dem Tatrichter obliegende Würdigung des [X.] (§ 261 StPO) durch eigene Erwägungen in Frage zu stellen, wie der [X.] bereits in seiner Zuschrift an den Senat vom 23. November 2005 zutreffend ausgeführt hat. II[X.] Revision der Nebenklägerin 7 Die Revision der Nebenklägerin ist gemäß § 400 Abs. 1 i.V.m. § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. 8 Das angefochtene Urteil weist keinen die Angeklagte begünstigenden Rechtsfehler auf, soweit das [X.] einen Tötungsvorsatz der Angeklag-ten nicht angenommen und deshalb eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts ausgeschlossen hat. 9 Ohne Rechtsfehler hat das [X.] auch eine Strafbarkeit der Ange-klagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) verneint. Des Verbrechens nach § 227 StGB macht sich schuldig, wer eine vorsätzliche Kör-perverletzungshandlung begeht, der das Risiko eines tödlichen Ausgangs an-haftet, sofern sich das der Handlung eigentümliche Risiko im Eintritt des Todes des Angegriffenen verwirklicht und dem Täter hinsichtlich der Verursachung des Todes zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist; da der Täter schon durch die schuldhafte Verwirklichung eines der Grunddelikte der §§ 223 f. StGB stets ob-jektiv und subjektiv pflichtwidrig handelt, ist dabei alleiniges Merkmal der Fahr-lässigkeit hinsichtlich der qualifizierenden Tatfolge die Vorhersehbarkeit des 10 - 8 - Todes des Opfers (st. Rspr.; [X.]R StGB § 227 [i.d.[X.]] Todesfolge 1 m.w.N.). Hierfür ist entscheidend, ob vom Täter in seiner konkreten Lage nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Eintritt des Todes des Opfers - im Ergebnis und nicht in den Einzelheiten des dahinführenden Kausal-verlaufs - vorausgesehen werden konnte ([X.]R StGB § 226 [a.F.] Todesfolge 6 m.w.N.) oder ob die tödliche Gefahr für das Opfer so weit außerhalb der [X.] lag, dass die qualifizierende Folge dem Täter deshalb nicht zuzurechnen ist (vgl. [X.]St 31, 96, 100; [X.] NStZ 1997, 82 f. und 341). Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil gerecht. Das [X.] hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Angeklagte [X.] und zwar nicht vorwerfbar [X.] keine Kenntnis besaß, dass bereits geringe Mengen an Kochsalz bei einem Kleinkind lebensgefährliche Vergiftungserscheinungen hervorzurufen vermö-gen; denn das Wissen hierum sei wenig verbreitet und gehöre keinesfalls zu jener medizinischen Sachkenntnis, welche sich fast jede Mutter über kurz oder lang aneigne. Auch wenn es sich nicht um den Fall einer "medizinischen Rari-tät" (vgl. dazu [X.]R StGB § 226 [a.F.] Todesfolge 9) handelt, lässt dabei auch der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht besorgen, die [X.] habe hinsichtlich der individuellen Vorhersehbarkeit des Todes-eintritts zu hohe Anforderungen gestellt. IV. Revision der Staatsanwaltschaft 11 Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten ein-gelegten Revision zu Recht, dass das [X.] die Angeklagte nicht wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt hat. 12 - 9 - 1. a) Der objektive Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist - was das [X.] ersichtlich auch nicht verkannt hat - erfüllt. Die Vorschrift erfasst das Beibringen von Gift und allen gesundheitsschädlichen Stoffen, die im [X.]n Fall die Eigenschaft eines Giftes haben. Abweichend von der [X.] § 229 Abs. 1 StGB in der Fassung vor Inkrafttreten des [X.] ([X.]), setzt § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht mehr [X.], dass das Gift oder die ihm gleichgestellten Stoffe die Gesundheit zu [X.] geeignet sind. Anders als dies noch in der Entwurfsfassung des 6. [X.] als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der —einfachenfi Körperver-letzung vorgesehen war, verlangt die Gesetz gewordene Vorschrift als Folge der Beibringung von Gift auch nicht mehr die dadurch verursachte Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung (vgl. [X.]. 13/8587 S. 27/28, 36 und [X.]. 13/9064 S. 15). Vielmehr genügt danach für den objektiven Tatbe-stand bereits die Gesundheitsschädlichkeit des Stoffes, dessen Beibringung das Opfer im Sinne des § 223 StGB an der Gesundheit schädigt. Dafür erfor-derlich, aber auch genügend ist, dass die Substanz nach ihrer Art und dem konkreten Einsatz zur erheblichen Gesundheitsschädigung geeignet ist. Entge-gen einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung (Nachweise bei [X.] 53. Aufl. § 224 Rdn. 5) werden danach [X.] im Ergebnis in Über-einstimmung mit der Rechtsprechung zum Begriff des gefährlichen Werkzeugs im Sinne der Nr. 2 des § 224 Abs. 1 StGB [X.] auch an sich unschädliche Stoffe des täglichen Bedarfs erfasst, wenn ihre Beibringung nach der Art ihrer Anwen-dung oder Zuführung des Stoffes, seiner Menge oder Konzentration, ebenso aber auch nach dem Alter und der Konstitution des Opfers mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung im Einzelfall verbunden ist (vgl. [X.]/[X.] aaO a.E.; Horn/[X.] in [X.]. § 224 Rdn. 8a; [X.] in [X.]/[X.] StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 2d a.E.). Dass diese Vorausset-zungen im vorliegenden Fall durch das Zuführen der versalzenen Speise und 13 - 10 - der dadurch bei dem Mädchen eingetretenen Kochsalzintoxikation mit unmittel-bar darauf zurück zu führendem tödlichen Ausgang vorliegen, versteht sich von selbst. b) Auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen ist - insoweit entgegen der Auffassung der Schwurgerichtskammer [X.] aber auch der subjektive Tatbestand hinreichend belegt. Auch wenn die Angeklagte die [X.] Menge des von dem Mädchen aufgenommenen Salzes und das Ausmaß der durch den Verzehr der versalzenen Speise begründeten Gesundheitsgefahr nicht erkannte (und nach Auffassung des [X.]s auch nicht erkennen konnte), so nahm sie bei ihrer Tathandlung nicht nur eine erhebliche Beein-trächtigung des physischen Wohlbefindens des Mädchens in Kauf, sondern auch weitergehende gesundheitliche Schädigungen in Gestalt von Bauch-schmerzen und Übelkeit. Ein solcher Zustand kann, zumal bei einem kleinen Kind, auch pathologischer Art sein und damit dem Begriff der Gesundheits-schädigung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB entsprechen. Dass der Zustand nach der Vorstellung der Angeklagten nicht dauerhaft, sondern nur vorüberge-hend sein würde, steht dem nicht entgegen (vgl. [X.]/[X.] aaO § 223 Rdn. 6). Schon die Heftigkeit, mit der das Mädchen sich gegen den ihm von der Angeklagten abgeforderten Verzehr der "schlichtweg ekelerregenden" und "un-genießbaren" Nachspeise zur Wehr setzte, und die Intensität, mit der die Ange-klagte das Mädchen zwang, lassen auch ohne weiteres den Schluss zu, dass der Angeklagten auch ein solcher durch den Verzehr des Puddings hervorgeru-fener pathologischer Zustand bei dem Kind einerlei war und sie ihn gebilligt hat. 14 c) Soweit nach den Feststellungen das Verhalten der Angeklagten auch den Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) erfüllen kann, kommt dem jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen gegenüber der [X.] - 11 - zungshandlung kein eigenständiger Unrechtsgehalt zu, der zur Klarstellung (vgl. [X.]St 39, 100; 44, 196) die Aufnahme in den Schuldspruch gebieten könnte. 2. Der Senat kann den Schuldspruch von sich aus in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ändern. § 265 StPO steht dem nicht entge-gen. Zwar wurde der Angeklagten mit der unverändert zugelassenen Anklage [X.] zur Last gelegt und erteilte die Vorsitzende in der [X.] lediglich den rechtlichen Hinweis dahingehend, dass eine Veruteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder wegen vorsätzlicher Körperverlet-zung in Betracht komme. Doch schließt der Senat bei der gegebenen Sachlage aus, dass sich die Angeklagte wirksamer als geschehen verteidigt hätte, wäre sie auch ausdrücklich auf eine Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB hin-gewiesen worden. 16 3. Die Schuldspruchänderung lässt hier den Strafausspruch im Ergebnis unberührt. Ausweislich ihrer [X.] beanstandet die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch als solchen nicht. Vielmehr erachtet sie danach die verhängte Freiheitsstrafe unter Zugrundelegung des erhöhten Straf-rahmens des § 224 Abs. 1 StGB für tat- und schuldangemessen. Der Senat teilt diese Auffassung der Beschwerdeführerin. In Anwendung der durch das [X.] vom 24. August 2004 ([X.] 2198, 2203) ein-geführten Vorschrift des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO kann der Senat deshalb hier von einer Aufhebung der Strafe absehen (vgl. Senatsurteil vom 30. August 2005 - 4 StR 295/05). Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die bereits durch § 337 Abs. 1 StPO vorgegebene Möglichkeit, von der Aufhebung eines Urteils im Strafausspruch bei fehlendem Beruhen abzusehen, —behutsam [X.], indem das Revisionsgericht trotz [X.] bei der Strafzumessung auch dann von einer Aufhebung absehen kann, wenn die verhängte [X.] - 12 - ge nach seiner Meinung angemessen ist (vgl. [X.]. 15/3482 S. 21/22). Soweit ersichtlich, hat die revisionsgerichtliche Rechtsprechung hiervon bislang nur bei Angeklagtenrevisionen Gebrauch gemacht. Weder dem Wortlaut der Vorschrift noch den Gesetzesmaterialien ist aber ein Hinweis darauf zu [X.], dass die behutsame Erweiterung des [X.] Beurtei-lungsspielraums nur bei einen Angeklagten benachteiligenden [X.] gelten soll, nicht aber auch bei ihn begünstigenden [X.], die die Staatsanwaltschaft mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel rügt. Damit hat es hier bei dem Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils sein Bewenden. 18 Tepperwien Maatz [X.] Ernemann Sost-Scheible

Meta

4 StR 536/05

16.03.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2006, Az. 4 StR 536/05 (REWIS RS 2006, 4486)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4486

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