Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2001, Az. V ZR 408/99

V. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3744

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[X.] DES VOLKESURTEILV ZR 408/99Verkündet am:26. Januar 2001K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 26. Januar 2001 durch [X.], Prof. Dr. [X.], [X.],[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des [X.] vom 24. September 1999 auf-gehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin war zusammen mit ihrem 1994 verstorbenen Ehemann, [X.] beerbt hat, Eigentümerin von vier Grundstücken in [X.], die 1984 [X.] überführt worden waren. Am 24. Juli 1990 beantragten sie [X.]. Der Beklagte war in der Folge für den Ehemann als [X.] tätig.Unter dem 18. Oktober 1990 erteilte der Ehemann der Klägerin dem [X.] Vollmacht, ihn beim Abschluß von Kaufverträgen über die vier [X.] zu vertreten, und zwar unter Befreiung vom Verbot des [X.] 3 -rens. Aufgrund dieser Vollmacht erwarb der Beklagte mit notariellem Vertragvom 20. November 1990 die Grundstücke zum Gesamtpreis von 150.000 [X.] wurde "vorbehaltlich" dessen, daß die Grundstücke restituiert [X.], abgeschlossen.Am 30. Mai 1991 "genehmigte" die Klägerin den Vertrag, und am [X.] traten die Eheleute für den Fall, daß der Verfügungsberechtigte [X.] an einen Dritten, nicht den Beklagten, veräußern sollte, die ihnendann nach dem [X.] zustehenden Ansprüche an den Beklagtenab, der ihnen im Gegenzug die Ansprüche aus dem notariellen [X.] 20. November 1990 beließ.Mit Bescheiden des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] (drei Grundstücke) und vom 5. März 1992 (ein [X.]) wurden die Grundstücke unmittelbar an den Beklagten restituiert. [X.] Mai 1992 wurde er als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.Mit notariellem [X.] tauschte der [X.] der erworbenen Grundstücke mit einem Erbteil eines Dritten an anderenGrundstücken, wobei der Verkehrswert für das Grundstück des [X.] angegeben war. Mit notariellen Verträgen vom 17. Januar und18. Dezember 1992 sowie vom 28. Oktober 1993 und vom 25. Mai 1994 ver-äußerte der Beklagte die übrigen Grundstücke nebst zwei hinzuerworbenenFlächen zum Gesamtkaufpreis von 5.950.000 DM an eine [X.] 4 -Die Klägerin ist der Auffassung, daß der Grundstückskaufvertrag vom20. November 1990 und die Abtretung der Ansprüche vom 26. Mai 1991 wegenVerstoßes gegen die guten Sitten nichtig seien. Sie hat zuletzt im Wege derTeilklage Erlösauskehr in Höhe von 100.000 DM verlangt. Land- und Oberlan-desgericht haben ihr Recht gegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte dieAbweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des [X.].Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch unter [X.] der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818Abs. 2 BGB) für begründet. Es meint, die dem Eigentumserwerb des Beklagtenzugrundeliegenden Rechtsgeschäfte, der Kaufvertrag vom 20. November 1990und der Abtretungsvertrag vom 26. Mai 1991, seien nach § 138 BGB sittenwid-rig und damit unwirksam.II.Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dieKlägerin von dem Beklagten Wertersatz für die von ihr und ihrem verstorbenenEhemann veräußerten Grundstücke verlangen kann, wenn der [X.] 5 -der Rechtsgrund fehlt, da dem Beklagten die dann geschuldete Rückübereig-nung infolge der Weiterveräußerung nicht möglich ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1,818 Abs. 2 BGB).Möglicher Rechtsgrund dieses Erwerbs ist aber - entgegen der [X.] des Berufungsgerichts - allein der Kaufvertrag vom 20. November 1990,dem die Klägerin durch ihre "Genehmigung" vom 30. Mai 1991 beigetreten ist.Der Abtretungsvertrag vom 26. Mai 1991 und die Restitutionsbescheide [X.] und vom 5. März 1992 sind nicht Bestandteile des [X.] rechtfertigenden Schuldgrundes, sondern Elemente der [X.]. Die Restitution führte die von den [X.] geschuldete Eigen-tumsübertragung herbei, und der Abtretungsvertrag mag diese Rückübertra-gung des Eigentums direkt an den Beklagten begünstigt haben. Rechtlich bliebdie Abtretung an sich aber bedeutungslos, da sie sich nur auf den hier nichteingetretenen Fall bezog, daß den restitutionsberechtigten Eheleuten infolgevorheriger Veräußerung an Dritte Entschädigungsansprüche erwüchsen.2. Entscheidend ist daher allein, ob der Grundstückskaufvertrag vom20. November 1990 wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam ist(§ 138 Abs. 1 BGB).a) Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht die Voraussetzungen, un-ter denen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.], ins-besondere auch des Senats, ein Kaufvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB nichtigsein kann, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders grobesMißverhältnis besteht (vgl. dazu Senat, [X.]. v. 18. Januar 1980, [X.]/78,WM 1980, 597 m.w.[X.]; [X.]. v. 5. Juni 1981, [X.], [X.], 1050, 1051;- 6 -[X.], [X.]. v. 26. November 1997, [X.], [X.]RR 1998, 1065, [X.].[X.]). Es sieht auch richtig, daß es in zeitlicher Hinsicht darauf ankommt, obdas zu beurteilende Rechtsgeschäft im Zeitpunkt seiner Vornahme sittenwidrigwar, also im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, nicht im Zeitpunkt der [X.] ([X.], 353, 359 f; 107, 92, 96 f; Senat, [X.]. v. 3. November1995, [X.], [X.], 155, 156 f).b) Gleichwohl war es bei dem von dem Berufungsgericht zugrunde ge-legten Sachverhalt rechtsfehlerhaft, auf den 20. November 1990, den [X.], abzustellen und zu prüfen, ob zu diesemZeitpunkt zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert [X.] ein besonders grobes Mißverhältnis bestand, das den Schluß aufeine verwerfliche Gesinnung des Beklagten zuläßt und damit zur Sittenwidrig-keit des Vertrages führt.aa) Ohne Belang ist dabei allerdings, daß die Klägerin den zunächst [X.] [X.] geschlossenen Vertrag erst später, am 30. Mai 1991, "[X.]". Denn diese Erklärung bedeutete lediglich, daß sie den bestehendenvertraglichen Vereinbarungen, so wie sie getroffen worden waren, auf [X.] beitrat. Auch der Umstand, daß der Vertrag "vorbehaltlich" einer Re-stituierung der Grundstücke geschlossen wurde, führt nicht dazu, daß es fürdie Frage der Sittenwidrigkeit auf einen späteren Zeitpunkt, den der [X.] ankäme. Zwar läßt die Klausel darauf schließen, daß der Kaufvertrag- allerdings ohne die Auflassung (§ 925 Abs. 2 BGB) - möglicherweise unterder aufschiebenden Bedingung der Restituierung geschlossen wurde. [X.] auch, daß in dem [X.] an den beurkundenden Notar dieMöglichkeit in Rechnung gestellt wird, "daß der Vertrag hinsichtlich [X.] nicht wirksam werden sollte". Dann wäre der Kaufvertrag zwarerst mit der Rückführung im September 1991 bzw. März 1992 wirksam gewor-den. Doch bleibt auch in diesem Fall der Zeitpunkt des Vertragsschlusses derfür die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebliche (Senat, [X.]. v.3. November 1995, [X.], [X.], 155, 156 f). Denn nur zu diesemZeitpunkt kann verständigerweise die Frage gestellt werden, ob der eine [X.] in verwerflicher Weise Umstände ausgenutzt hat, die den anderen Teilin seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt haben.bb) Das Datum des notariellen Grundstückskaufvertrages ist [X.] unmaßgeblich, weil nach dem in der Revisionsinstanz zu [X.] Vortrag des Beklagten davon auszugehen ist, daß, über den notariellbeurkundeten Kaufpreis hinaus, insgesamt 224.200 DM als Kaufpreis gezahltworden sind. Dem Ehemann der Klägerin - so der Vortrag - sei es nämlich ge-lungen, in Nachverhandlungen den Kaufpreis um 74.200 DM heraufzusetzen.Entspricht dies den Tatsachen, so kann darin eine nachträgliche Änderung [X.] liegen mit der Folge, daß der Zeitpunkt der Vertragsänderung fürdie Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgeblich ist ([X.], [X.]. v. 27. [X.], [X.], [X.], 399, 400; [X.], 353, 359). Allerdingsmuß die Vertragsänderung wirksam sein. Entgegen der Auffassung der [X.] kann dies nicht damit begründet werden, daß vor Inkrafttreten des2. [X.] die Abtretung von [X.], und damit auch die Änderung solcher Abtretungsverträge, formlos mög-lich gewesen sei. Es geht hier - wie bereits dargelegt - nicht um die Beurteilungdes Abtretungsvertrages, sondern um den Grundstückskaufvertrag. Insoweitbedurfte eine Änderung der notariellen Beurkundung (§ 313 Satz 1 BGB). [X.] Einhaltung dieser Form vereinbarte Vertragsänderung wäre aber durch- 8 -eine nachfolgende Eintragung des Beklagten als Eigentümer geheilt (§ 313Satz 2 BGB).c) Nach allem kann das angefochtene [X.]eil nicht bestehen bleiben, daFeststellungen dazu fehlen, ob und wann der Kaufvertrag geändert wurde mitder Folge, daß auf einen anderen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sittenwidrigkeitabzustellen wäre.[X.] Ausführungen des Berufungsgerichts zur Ermittlung der [X.] geben Veranlassung zu den folgenden [X.] Die Erwägungen zu den Risiken bei der Verwirklichung der Restituti-onsansprüche sind für die Frage der Sittenwidrigkeit ohne Bedeutung. Es gehthier - wie dargelegt - nicht um den Kauf von [X.], [X.] den Kauf mehrerer Grundstücke. Zu Recht hat das Berufungsgericht daherim Ergebnis auch nur auf das Verhältnis von [X.] abgestellt.2. [X.], auf den sich das Berufungsgerichtstützt, hat die Grundstücke nach dem Sachwertverfahren (§§ 21 bis 25[X.]) bewertet. Nach der Rechtsprechung des [X.] bietet sich bei der Bewertung von Grundstücken, die mit Mietshäusern - wie hier - bebaut sind, in erster Linie nicht die Sachwertmethode an, sonderndie [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 13. Juli 1970, [X.], [X.] 9 -1970, 2018, 2019; s. auch schon Senat, [X.]Z 10, 171, 180). [X.], und ihm folgend das Gericht, hiervon abweichen, muß das [X.] werden. [X.] kann die Anwendung der Sachwertmethode sein,wenn die erzielbaren Mieten sehr gering und die Erträge nicht den [X.] des Grundstücks widerspiegeln. Dies kann im Jahr 1990 so gewesensein, dürfte aber für einen deutlich späteren Zeitpunkt nicht mehr naheliegen.3. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß der Beklagte Abbruchko-sten in Höhe von 276.188,02 DM geltend gemacht hat und daß diese Kostenauf Gebäude entfallen seien, die abbruchreif gewesen seien. Trifft dies zu, sinddiese Kosten bei der Bewertung zu berücksichtigen, und zwar unabhängig da-von, nach welcher Methode der Verkehrswert ermittelt wird.Bei der [X.] sind sie im Regelfall vom gesondert zu er-mittelnden Bodenwert abzuziehen, da ertraglose Bauwerke abgerissen [X.], damit der Grund und Boden wieder ertragreich bebaut werden kann(vgl. Zimmermann, [X.], 1988, § 20 Rdn. 11). Bei der [X.] ist der Bodenwert in der Regel ebenfalls um die [X.] kürzen, da andernfalls keine Vergleichbarkeit hergestellt werden kann zwi-schen den zu bewertenden Grundstücken und den [X.] den Vergleichspreisen für unbebaute Grundstücke [X.] aaO§ 25 Rdn. 25). [X.] das Berufungsgericht zu einer anderen Bewertung gelan-gen, muß es dies begründen. Das Gutachten des Sachverständigen [X.],auf den sich das Berufungsgericht gestützt hat, läßt eine nachvollziehbare Be-gründung dafür, daß der Gutachter die - nach Darstellung des Beklagten - ab-bruchreifen Gebäude teilweise noch als Sachwerte bewertet und die [X.] außer Ansatz gelassen hat, nicht [X.] 10 -4. Bleibt es bei einer Bewertung zu dem von dem Berufungsgericht an-genommenen Stichtag 20. November 1990, ist eine Übernahme der von [X.] [X.]ermittelten Werte nur rechtsfehlerfrei, wenn sich [X.] mit den - nicht weniger plausiblen - Wertangaben der vondem Beklagten beauftragten Sachverständigen [X.] begründet, weshalb es dem Sachverständigen [X.] folgt. Die Revisionrügt zu Recht, daß dies in dem angefochtenen [X.]eil nicht geschehen ist. [X.] fehlt auch eine Begründung dafür, daß es sachgerecht ist, hinsicht-lich der aus einer internen Bodenleitwertkarte entnommenen Werte angesichtsder bestehenden Unsicherheiten zwar bei den gewerblich genutzten [X.]n (und das auch nicht gleichmäßig) einen Abschlag vorzunehmen, nichtaber bei den Wohngrundstücken.Tropf[X.]KleinLemkeGaier

Meta

V ZR 408/99

26.01.2001

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2001, Az. V ZR 408/99 (REWIS RS 2001, 3744)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3744

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