Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2010, Az. VII ZR 22/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 153

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 20. Dezember 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 648a in der Fassung bis zum 31. Dezember 2008 Eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung kann gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1, § 643 Satz 1 [X.] erst dann wirksam gesetzt werden, wenn die Frist zur Sicherheitsleis-tung, § 648a Abs. 1 [X.], fruchtlos abgelaufen ist. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2010 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2010 durch [X.] Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] Eick und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 25. November 2008 aufgeho-ben. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage im Hauptantrag un-ter Abänderung des Urteils der 4. Zivilkammer des [X.] vom 10. April 2008 abgewiesen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Vertragsaufhebung nach § 648a [X.] in der Fassung bis zum 31. Dezember 2008 (im Folgenden: a.F.) in Verbindung mit § 643 [X.]. 1 - 3 - Der Kläger ist Verwalter über das Vermögen der sich in Insolvenz befin-denden Bauunternehmerin (im Folgenden: Schuldnerin), die Beklagte zu 1 ver-waltet Immobilienbestände, die Beklagte zu 2 errichtet und verkauft Häuser und Eigentumswohnungen. 2 Die Schuldnerin schloss am 24. August 2006 mit der Beklagten zu 1 ei-nen [X.] betreffend ein Bauvorhaben in der B.-Straße 73-75 in [X.] und mit der Beklagten zu 2 einen [X.] betreffend ein Bauvorhaben in der B.-Straße 77 in [X.] 3 Im Frühjahr 2007 kamen die Bauarbeiten wegen Streitigkeiten der [X.] über das Vorhandensein und die Beseitigung von Schimmel zum Erliegen. 4 Mit Schreiben vom Freitag, den 1. Juni 2007, zugestellt an die [X.] als anwaltliche Vertreter der Beklagten am späten Nachmittag des gleichen Tages, forderte die Schuldnerin die Beklagten auf, bis zum Montag, den 11. Juni 2007, "Sicherheit nach § 648a [X.] in einer Höhe zu leisten, die die Auftragssummen der Höhe nach abdeckt". Weiter teilte sie mit, dass sie die Leistung bei nicht rechtzeitigem Eingang der Sicherheit verweigern würde und setzte zugleich eine Nachfrist bis zum 18. Juni 2007. Nach Ablauf der Nachfrist würde sie den Vertrag kündigen. 5 Unter dem 19. Juni 2007 erklärte die Schuldnerin die Kündigung der [X.] mit den Beklagten, da die geforderten Sicherheiten nicht geleistet worden seien. 6 Am 21. Juni 2007 leisteten die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 je-weils Sicherheit durch eine auf den 14. Juni 2007 datierte Bürgschaft. Sie [X.] mit Schreiben vom 6. Juli 2007 ihrerseits die Bauverträge mit der Schuldnerin, da diese es abgelehnt habe, die Arbeiten fortzusetzen. Am 7 - 4 - 11. Juli 2007 kündigte die Schuldnerin "hilfsweise" nochmals die Bauverträge mit den Beklagten. Mit Beschluss des [X.] vom 25. November 2009 ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt worden. 8 Er hat den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz aufgenommen und be-gehrt im Hauptantrag die Feststellung der Beendigung der Bauverträge mit [X.] zum 19. Juni 2007 durch die Kündigung der Schuldnerin sowie die weitere Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, jeglichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden sei, dass die Schuldnerin auf die Gültigkeit der [X.] vertraut habe. Hilfsweise begehrt er die Feststellung der Beendigung der Bauverträge durch die Kündigung vom 11. Juli 2007 sowie der Ersatzpflicht des der Schuldnerin insoweit entstandenen Schadens. Das [X.] hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte bis auf eine Formulierungskorrektur im Tenor keinen Erfolg. 9 Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. 10 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und unter Abweisung der Klage im Hauptantrag zur [X.] an das Berufungsgericht im Übrigen. 11 - 5 - [X.] Das Berufungsgericht führt aus, die zwischen den Parteien jeweils ge-schlossenen Bauverträge seien mit Ablauf des 18. Juni 2007 gemäß §§ 648a, 643 Satz 2 [X.] aufgehoben. Die Beklagten hätten die von der Schuldnerin mit Schreiben vom 1. Juni 2007 verlangten Sicherheiten nicht frist-gerecht geleistet. 12 Die gesetzlich normierten Voraussetzungen des § 648a [X.] hätten vor-gelegen. Es könne insbesondere nicht festgestellt werden, dass die Schuldnerin nicht zur Fertigstellung des geschuldeten Werks bereit gewesen sei oder be-rechtigte Mängelbeseitigungsansprüche der Beklagten endgültig habe [X.] wollen. 13 Die von der Schuldnerin mit Schreiben vom 1. Juni 2007 bis zum 11. Juni 2007 gesetzte Frist gemäß § 648a [X.] sei angemessen gewesen. 14 Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Nachfrist bereits in dem Schreiben vom 1. Juni 2007 zusammen mit dem Sicherungsverlangen und der diesbezüglichen Fristsetzung gesetzt worden sei. Es entstünden dem Auftrag-geber keinerlei Nachteile dadurch, dass er von vornherein wisse, dass der Un-ternehmer aus einer nicht fristgerechten Sicherheitsleistung nicht nur die Kon-sequenz eines Leistungsverweigerungsrechts ziehen wolle, sondern sich auch vom [X.] werde. Auch unter der Geltung des § 326 [X.] a.F. sei es anerkannt, dass die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung mit der den Verzug begründenden Mahnung verbunden werden könne. Warum das im Falle der §§ 648a, 643 [X.] nicht gelten solle, sei nicht ersichtlich. 15 - 6 - I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. 16 Der Vertrag ist nicht dadurch aufgehoben worden, dass die Schuldnerin mit dem Verlangen nach Sicherheit im Schreiben vom 1. Juni 2007 gleichzeitig eine Nachfrist gesetzt hat und diese Frist fruchtlos abgelaufen ist. Denn die Nachfrist ist nicht wirksam gesetzt worden. Eine Nachfrist zur Sicherheitsleis-tung kann gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 a.F., § 643 Satz 1 [X.] erst dann wirk-sam gesetzt werden, wenn die Frist zur Sicherheitsleistung, § 648a Abs. 1 [X.] a.F., fruchtlos abgelaufen ist. 17 a) Nach § 648a Abs. 1 [X.] a.F. kann der Unternehmer eines Bauwerks vom Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen in der Weise verlangen, dass er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine ange-messene Frist mit der Erklärung bestimmt, er verweigere nach dem Ablauf der Frist die Leistung. Leistet der Besteller die Sicherheit nicht fristgemäß, so bestimmen sich die Rechte des Unternehmers gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 a.F. nach §§ 643 und 645 Abs. 1 [X.]. Nach § 643 Satz 1 [X.] ist der [X.] berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Sicherheitsleistung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den [X.], wenn die Sicherheit nicht bis zum Ablauf der Frist geleistet wird. Der [X.] gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablauf der Frist erfolgt. 18 b) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, sind der Wortlaut und die Systematik des Gesetzes eindeutig. Danach bestimmen sich die Rechte des Unternehmers erst dann aus § 643 [X.], wenn der Besteller die Sicherheit nicht fristgemäß geleistet hat. Folglich kann der Unternehmer erst dann eine Nach-frist setzen, wenn die Frist zur Sicherheitsleistung abgelaufen ist (so auch 19 - 7 - [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 648a Rn. 28; [X.]/[X.], Privates Baurecht, § 648a Rn. 71; a.A. ohne weitere Begründung [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., Anhang 2 Rn. 177). Nichts anderes ergibt sich aus der Begründung zum Entwurf des [X.]. Danach kann der Unternehmer sich zunächst durch Verweigerung der Vorleistung vor wirtschaftlichen Nachteilen schützen, § 648a Abs. 1 [X.] a.F. Ihm soll jedoch die Möglichkeit gegeben werden, mit dem Vorgehen nach § 643 [X.] einen Schwebezustand zu beseitigen, der eintritt, wenn die [X.] nicht innerhalb der zunächst gesetzten Frist geleistet wird (BT-Drucks. 12/1836, S. 11). Es spricht nach diesen Erwägungen nichts dafür, dass der Un-ternehmer bereits in einem Zeitpunkt, in dem nicht feststeht, ob der [X.] überhaupt eintritt und ob und wie er ihm entgegentreten will, bereits eine Nachfrist setzen können soll. c) Die Erwägungen des Berufungsgerichts tragen nicht seine Auffassung, eine Nachfrist könne bereits mit dem Sicherungsverlangen gesetzt werden. Es trifft nicht zu, dass dem Besteller keine Nachteile entstehen, wenn ihm sofort eine Nachfrist gesetzt wird. Denn die Nachfrist wird in einem Zeitpunkt gesetzt, in dem überhaupt noch nicht feststeht, ob ein Schwebezustand eintritt. Sie hat deshalb wegen ihrer fiktiven Voraussetzungen eine deutlich schwächere Warn-funktion als die Nachfrist, die erst dann gesetzt wird, wenn feststeht, dass der Unternehmer berechtigt ist, die Leistung zu verweigern. [X.] ist auch die Bezugnahme des Berufungsgerichts auf die Rechtsprechung zu der [X.], eine Frist mit Ablehnungsandrohung nach § 326 Abs. 1 [X.] a.F. gleichzei-tig mit der Mahnung zu verbinden ([X.], Urteil vom 10. Januar 1990 - [X.]I ZR 337/88, NJW-RR 1990, 442, 444 m.w.N.). Denn mit der Mahnung tritt der Verzug ein, so dass die Voraussetzungen des § 326 Abs. 1 [X.] a.F. vor-liegen, wenn dem Schuldner die Mahnung zugeht und gleichzeitig die Fristset-zung mit Ablehnungsandrohung. Anders ist es aber, wenn eine Nachfrist [X.] - 8 - aussetzt, dass zuvor eine andere Frist abgelaufen ist. So ist es nach der Sys-tematik des § 648a Abs. 5 Satz 1 [X.] a.F. in Verbindung mit § 643 Satz 1 [X.]. Diese gesetzliche Systematik kann nicht zum Nachteil des Bestellers durch vermeintliche Billigkeitserwägungen ersetzt werden. d) Da die Schuldnerin keine wirksame Nachfrist gesetzt hat, lagen die Voraussetzungen für die Aufhebung des [X.] nicht vor. Dementsprechend bestand auch kein Grund für die am 19. Juni 2007 ausge-sprochene Kündigung des Vertrages. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Frist zur Sicherheitsleistung bis zum 11. Juni 2007 angemessen war. 21 Insoweit ist lediglich klarstellend darauf hinzuweisen, dass bei der [X.], ob eine angemessene Frist zur Sicherheitsleistung gesetzt worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 31. März 2005 - [X.] ZR 346/03, [X.], 1009 = NZBau 2005, 393 = [X.] 2005, 462), auch in die Erwägung einfließen muss, ob die Rechtslage klar ist. Ist eine unklare Rechtslage etwa dadurch geschaffen [X.], dass der Unternehmer sich weigert, nach dem Vertrag noch geschuldete Vorleistungen ohne zusätzliche Vergütung zu erbringen, und die Höhe der [X.] mangels verlässlicher Angaben in der Anforderung der Sicherheit noch durch den Besteller ermittelt werden muss (vgl. [X.], Urteil vom 9. [X.] - [X.] ZR 82/99, [X.] 146, 24, 36), kann es geboten sein, eine längere Frist zu setzen. Bei der Fristsetzung muss berücksichtigt werden, dass in einem solchen Fall möglicherweise eine anwaltliche Beratung notwendig ist. Auch muss darauf Rücksicht genommen werden, dass die Beschaffung einer Bürgschaft jedenfalls nicht an Wochenenden möglich ist und auch nicht an ei-nem Feiertag, der in die Frist fällt. Bleiben danach, wie hier, nur fünf Werktage, dürfte eine Frist zur Stellung einer Sicherheit nach § 648a [X.], wenn keine anderweitige Ankündigung des [X.] vorausgegangen ist, re-gelmäßig zu kurz sein. 22 - 9 - Hinzuweisen ist auch darauf, dass eine endgültige [X.] regelmäßig auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer nur noch bereit ist, geschuldete Leistungen gegen zusätzliche Vergütung zu erbringen. Stehen nur noch diese Leistungen als Vorleistungen aus, ist das Sicherungsverlangen un-berechtigt ([X.], Urteil vom 27. September 2007 - [X.] ZR 80/05, [X.], 2052 = NZBau 2008, 55 = [X.] 2008, 39). 23 II[X.] 1. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben, auf die Berufung das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage im Hauptantrag abzuweisen, der darauf gerichtet war, festzustellen, dass die Bauverträge durch die [X.] mit Wirkung zum 19. Juni 2007 beendet sind und die Beklag-ten deswegen zum Ersatz des [X.] verpflichtet sind. In diesem Umfang ist die Sache zur Endentscheidung reif, § 563 Abs. 3 ZPO. 24 - 10 - 2. Hinsichtlich des [X.] kann der Senat nicht in der Sache [X.], da die insoweit erforderlichen Feststellungen durch das Berufungsge-richt nicht getroffen worden sind, § 563 Abs. 1 ZPO. 25 [X.] [X.] [X.] Eick [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.04.2008 - 4 O 448/07 - [X.], Entscheidung vom 25.11.2008 - I-19 U 89/08 -

Meta

VII ZR 22/09

20.12.2010

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2010, Az. VII ZR 22/09 (REWIS RS 2010, 153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 153

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZR 22/09

19 U 89/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.